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allgemein

Allianz von FIFA und Schurkenstaaten: Wer nicht aufsteht und handelt, macht sich mitschuldig. 

DOHA. Wer in den vergangenen Wochen über eine angebliche Zeitenwende im Weltsport orakelt hat, sollte sich nochmal die Aufzeichnung des 72. FIFA-Kongresses anschauen. Im Doha Exhibition and Convention Center, wo am vergangenen Freitagabend die Gruppen der Fußball-WM 2022 ausgelost werden, gab es am Donnerstag auf der Vollversammlung des Weltverbandes einen Vorgeschmack darauf, wie die FIFA und Katar im nächsten Dreiviertel Jahr argumentieren werden. In Kurzfassung:

Die WM in Katar ist ein Segen für die Menschheit.

Kritik an den Zuständen an den WM-Baustellen, den vielen tausend Toten, an der Beschneidung der Pressefreiheit, an der Menschenrechtslage, an Korruption – all das mit dieser Männer-WM in Katar seit mehr als einem Jahrzehnt verbunden – oder gar Boykottforderungen? Alles bösartige und verlogene Voreingenommenheit des Westens, basierend auf Unkenntnis der wirklichen Lage. Darauf lassen sich die Botschaften reduzieren, die FIFA-Präsident Gianni Infantino, Mitglieder der feudalistischen Herrscherfamilie Al-Thani und Hassan Al-Thawadi, weltgewandter CEO des Organisationskomitees, in Doha verbreiteten.

„Meine Tür ist offen für alle, die die Themen verstehen“, sagte Al-Thawadi. Er unterstellte der norwegischen Verbandspräsidentin Lise Klaverness, die eine bemerkenswert kritische Rede gehalten hatte, sie habe zuvor nicht den Kontakt gesucht. Was Lise Klaverness umgehend zurückweisen musste.

The coalition of Olympic perpetrators

The IOC and the Olympic federations are obliged to do much more to punish Russia and its warmonger, Vladimir Putin, argues investigative reporter Jens Weinreich and provides a long list of examples. He calls for a comprehensive independent criminal investigation of the longstanding deep connection of the Olympic institutions with the Kremlin within the framework of the EU. (Comment first published by Play the Game)

A week after the Russian invasion in the Ukraine, world sport led by the International Olympic Committee (IOC) has largely cut ties with the aggressors Russia and Belarus.

Under great public pressure, the IOC gave direction in a statement on 28 February. A few hours later, the two federations with the highest turnover in the Olympic business besides the IOC acted: the International Federation of Association Football (FIFA) and the Union of European Football Associations (UEFA). Both excluded Russian teams from their competitions.

At the same time, in the middle of a war, UEFA terminated the sponsorship agreement with its long-time partner Gazprom. While the IOC decisions affect Russia and Belarus, FIFA and UEFA exempt Belarus from the sanctions.

This came a week after the first of so far five sanctions packages by the European Union – and two days after the Norwegian Olympic and Paralympic Committee and Confederation of Sports and the The National Olympic Committee and Sports Confederation of Denmark called for Russia and Belarus to be completely excluded from sports. Two days feel like two months in times of war, when events are overlapping. Two days are half an eternity. 

Auch in Peking 2022: Relativ schwache Medaillenausbeute der SportsoldatInnen

Siegerehrung Viererbob. (Foto: Imago)

Das Abschneiden der deutschen Athleten1 in Peking in 2022 ist insgesamt mit 27 Medaillengewinnen und dem zweiten Platz im Nationen-Ranking erfreulich. Die folgenden Ausführungen sollen dies nicht in Abrede stellen, sondern einen Beitrag leisten, dass die AthletInnen aus denjenigen deutschen Sportverbänden mit relativ wenig Medaillen in Zukunft bessere Bedingungen vorfinden.2

Vor zehn Jahren wurde für London 2012 erstmals anhand von Statistiken darauf hingewiesen, dass SportsoldatInnen – entgegen einer allgemeinen Wahrnehmung – weniger erfolgreich bei Olympischen Spielen abschließen als andere Berufsgruppen.3

Geändert hat sich (zu) wenig: 55 SportsoldatInnen konnten sich für Peking 2022 qualifizieren; damit stellten die SportsoldatInnen 37% der insgesamt 150 AthletInnen starken deutschen Olympiamannschaft (Bundeswehr 2022).4 Die Berufsgruppe der SportsoldatInnen ist am stärksten vertreten, gefolgt von den 30 PolizistInnen und 26 VollzeitsportlerInnen.

Allerdings erwiesen sich die SportsoldatInnen auch in Peking 2022 im Vergleich mit anderen Berufsgruppen erneut als weniger erfolgreich.

Bachs Vermächtnis – The legacy of Thomas Bach

(Geschrieben vor der Eröffnungsfeier. Written before the Opening Ceremony. See an English version below.)

Die Geschäfte laufen blendend. 4,2 Milliarden Dollar hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) im vergangenen Jahr eingenommen. Am 31. Dezember 2021 lagerten 5,6 Milliarden auf den Konten des Olympiakonzerns. Viele Verträge mit TV-Stationen und anderen Sponsoren laufen bis 2032. Darauf sind sie mächtig stolz in Lausanne, der Capitale Olympique, und das lässt die Propaganda-Abteilung des IOC die Welt gern wissen.

IOC President Thomas Bach during the Opening Ceremony of Beijing 2022. (Photograph by IOC/Greg Martin)

Zum ersten Teil der 139. IOC-Vollversammlung in Peking verkündete zunächst der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon, eine Art Maskottchen des IOC, in seiner Eigenschaft als Chef der sogenannten Ethikkommission ein paar salbungsvolle Worte. Der aktuelle UN-Generalsekretär Antonio Guterres tauchte auch wieder auf (und war im Olympiastadion an Bachs Seite). Dann wurde eine Videobotschaft von Papst Franziskus eingespielt. Am Freitag, wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier, übergab IOC-Präsident Thomas Bach als einer der Fackelläufer die olympische Flamme an Abdulla Shahid, den amtierenden Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Das IOC versucht alles, um das Projekt Peking 2022, das weltweit mit Begriffen wie Propagandaspiele oder Genocide Games beschrieben wird, im besten Lichte erscheinen zu lassen.

Doch die Milliarden auf den Konten und die bestellten Botschaften helfen wenig, es geht dem IOC wie einst dem Fußball-Weltverband FIFA: In demokratischen Nationen ist das Image dieser globalen Institutionen am Boden. Kein Geld der Welt kann diesen rasant Ansehensverlust aufhalten. Zumal auch die Eröffnungsfeier der Winterspiele zeigt, in welchen Kreisen sich das FDP-Mitglied Thomas Bach mit seinem IOC am wohlsten fühlt. Viele Politiker bleiben der Zeremonie fern und vollziehen den diplomatischen Boykott. Zu Gast waren allerdings zahlreiche Spezialdemokraten, Diktatoren und Despoten. Allen voran Russlands Präsident Wladimir Putin, der drauf und dran ist, nach 2008 (Georgien) und 2014 (Ukraine, Krim) zum dritten Mal die vom IOC (und den UN) stets pompös verkündete traditionelle olympische Waffenruhe zu brechen. Putin steht zudem für die irregulären Olympischen Winterspiele 2014, die das IOC längst nicht so aufgearbeitet hat, wie es im Interesse jener Sportler sein müsste, die von Putins gedopten Staatssportlern betrogen wurden.

Live-Blog von der Eröffnungsfeier der Propaganda Games in Peking – gegen die hässlichen Fratzen des Boykotts!

Moin moin. Wir haben eine Tradition zu verteidigen. Seit 2008 gibt es in diesem Theater Live-Blogs von olympischen Eröffnungsfeiern (Peking, Vancouver, London, Sotschi, Rio de Janeiro, PyeongChang, Tokio).

Zuletzt nannte ich es vor einem halben Jahr: Live-Blog von der Friedensnobelpreisgala der Corona Games. So könnte es heute wieder heißen. Anyway, einst von Trilliarden Menschen gelesen (auf jeden Fall von mehr Menschen, als sich in China neuerdings mit dem Wintersport-Virus haben anstecken lassen, das behaupte ich einfach mal so, sollen mich die IOC-Anwälte doch verklagen), zuletzt immer noch von mindestens zehn Milliarden Besuchern verfolgt, soll es auch diesmal einige Beobachtungen und Anmerkungen geben. Das bin ich mir schuldig, auch wenn ich diesmal daheim geblieben bin, das sind wir uns schuldig.

Auf geht’s, Freitagmittag, Punkt 12.10 Uhr – ich steige ein, wenn das ZDF die Übertragung beginnt.

Thomas Bach und Xi Jinping laden uns herzlich ein zu einer völlig unpolitischen, selbstlosen, ganz bescheidenen Messe für den Weltfrieden, die Menschheit und überhaupt – gegen jegliche politische Vereinnahmung des Sports. Gegen die Geister des Boykotts, die immer wieder ihre hässlichen Häupter erheben!

IOC President Thomas Bach, 139th IOC session, Beijing, February 3rd, 2022

Bis gleich.

Let‘s get on with it! What would Andrew Jennings do?

The most important investigative Olympic journalist has died in the year of the sporting rogue states, with mega events in China and Qatar. We honour the legacy of Andrew Jennings by not letting 2022 go unchallenged.

My editorial in the Andrew Jennings Edition of SPORT & POLITICS magazine.

Andrew would like this, I’m sure. He wants us to laugh. So: Andrew’s alter ego Juan Antonio Samaranch Sr. has had meticulous accounts kept of his official activities as President of the International Olympic Committee. In 1997, the IOC even published a statistics book on this by the Swedish sports historian and Samaranch fan Wolf Lyberg: The seventh President of the IOC – facts and figures. It is one of my favourite books. It listed pretty much everything that mankind desperately wanted to know about the day-to-day business of Samaranch’s first 17 years in office:

How many days Samaranch flew (2,116), the number of days he travelled (3,520), the number of hours he flew (4,805), the number of Olympic medals distributed (679), the number of kilometres travelled (3,480,280), the number of NOCs visited (193) and the heads of state, kings, queens, princes, emirs, sultans and premiers he shook hands with (179). Some of them, Lyberg obviously noted enthusiastically, Samaranch had visited “four or even six times”!

Wow.

Why am I reminding you of this?

I nimbly counted the photos of Samaranch printed in the IOC booklet: 92. Of course, the IOC did not publish any photos showing Samaranch Sr. with his revered Caudillo and with his right arm outstretched.

In this magazine in honour of Andrew Jennings, there are currently – at the time I am writing these lines – my editorial has yet to be illustrated, 29 photos of Andrew. There may be a few more to come.

92-29, then, for Samaranch against Jennings. A commanding victory.

But instead, as Andrew would have wanted, you will find four photos in this issue that show the Franquist Samaranch as the IOC has never shown him. And that is how it should be.

As I said, Andrew would like this statistic. But you, dear reader, might ask yourself: Damn, why does this Weinreich start his text with such a stupid statistic about pictures?

I can offer you an answer to that: Because Andrew Jennings was not only a man of documents, as described first and foremost and rightly by many authors of this magazine – Andrew was also a man of images.

Besides the motto get the documents!, I learned something else from Andrew that was extremely important to him: we need colourful notes! (That is the wording as I have memorised it).

Without documents, Andrew would never have been able to achieve such a brilliant impact and shape generations of journalists. But neither would he have done so without his colourful notes. Otherwise, he would never have been able to captivate his readers, listeners and viewers. 

Warum ich nicht zu den Propagandaspielen nach Peking fliege. Why I stay away from the Genocide Games hosted by CCP and IOC

Please read a rough English translation below.

Einige Dutzend Leser haben bereits gefragt, normalerweise hätte ich mich längst von den Olympischen Spielen gemeldet. Bei den meisten Winter- und Sommerspielen, von denen ich bisher berichtet habe, dreizehn Mal insgesamt, habe ich genau eine Woche vor der Eröffnungszeremonie meine Berichterstattung aufgenommen. 

Ich möchte Ihnen und Euch heute skizzieren, warum ich nicht nach Peking geflogen bin, zu den Genocide und Propaganda Games von CCP und IOC. 

Ich verzichte auf den Begriff Boykott, das wäre übertrieben. Mag sein, dass meine Entscheidung boykotthafte Züge hat, so kann man es durchaus ungelogen formulieren, glaube ich. Aber das möchte ich nicht in den Vordergrund stellen. 

Das Akkreditierungskärtchen, das auch in China wieder als Visum gilt, liegt seit ein paar Wochen hier auf dem Schreibtisch. Der Vollständigkeit halber, wie so oft:

COVID spielte eine Rolle in meinen Überlegungen, aber nicht die entscheidende. Ich habe mich seit zwei Jahren vorsichtig und angemessen verhalten, bin nur einmal geflogen (zu den Sommerspielen nach Tokio), habe kein Dutzend Mal das Berliner Umland verlassen, ganz bewusst, und bin selbstverständlich dreimal geimpft – und weiß, wie Sie alle, dass das kein Schutzschild ist. Mehr kann man nicht tun, Angst vor einer Infektion aber war unerheblich für meine Absage.

Tausendmal wichtiger: 

COVID minimierte die Bewegungsfreiheit und damit auch die journalistische Freiheit vor Ort.

Unter dem Deckmäntelchen COVID werden in China tausend Dinge verschärft und beliebig angepasst, so wie es dem Staats- und Parteichef Xi Jinping, Träger des Olympischen Ordens des IOC, und seinen Geschäftspartner aus Lausanne genehm ist. Natürlich ist dort keine Pressefreiheit gewährleistet, machen wir uns nichts vor und glauben wir nicht den ewigen Propagandabotschaften, die das IOC in die Welt hinausposaunt. 

Das Jahr der Schande: Katar und China sind Krebsgeschwüre der olympischen Bewegung

Olympische Würdenträger Xi Jinping, Tamim Bin Hamad Al-Thani. (Foto: IMAGO/UPI)

Reden wir Klartext, es wird zu viel beschwichtigt, verfälscht und gelogen. Vergessen wir das irreführende Geschwafel vom Soft-Power-Potential des Sports und von angeblichen Segnungen von Mega-Events, die in Diktaturen ausgetragen werden. Sagen, was ist:

2022 ist ein Jahr der Schande für den olympischen Sport.

Weder sollten die Winterspiele in China, noch die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar stattfinden.

China und Katar sind Sport-Schurkenstaaten.

Beide Großereignisse hätten aus vielerlei Gründen nie dorthin vergeben werden dürfen. 

In China werden unter der Diktatur der kommunistischen Partei Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen getreten. China verübt einen Genozid an den Uiguren. Die Sommerspiele 2008 in Peking, die von den Propagandisten Olympias als Öffnung des Landes gepriesen wurden, haben nichts zum Positiven verändert. Es ist viel schlimmer geworden: in Tibet, in Hongkong, in Xinjiang und anderen Regionen.

Das kleine aber steinreiche Katar ist eine Erbmonarchie, in der die Scharia gilt. Katar hat den Weltsport in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit einem beispiellosen, engmaschigen korruptiven Netz überzogen. Katar kauft und infiltriert alles und jeden: Weltmeisterschaften, Verbände, Funktionäre, Sportler, Vereine, Staats- und Regierungschefs, Abgeordnete, Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen, politische Gremien, Medien und Journalisten.

Black Card für den Modernen Fünfkampf

URAYASU. Einige Hintergründe zu einem der Aufreger aus deutscher Sicht: dem Modernen Fünfkampf, wo die Berlinerin Annika Schleu eine traumatische olympische Erfahrung machen musste, wie Sie alle längst wissen: Sie lag auf Gold-Kurs, dann verweigerte das ihr zugeloste Pferd die Arbeit. Rang 31 – von 36 – statt einer Medaille. So eine Situation möchte niemand erleben.

Ohne Worte. Das Drama kann jeder sehen und begreifen. (Foto: IMAGO/Sven Simon)

Da brechen Welten zusammen. Ähnlich erging es der Peking-Olympiasiegerin Lena Schöneborn 2016 in Rio de Janeiro.

Die bewegten bewegenden und erbittert diskutierten Bilder dazu finden Sie auf den Webseiten der TV-Rechteinhaber, auch die Interviews und die Tränen. Auf den Social-Media-Kanälen Ihrer Wahl finden Sie ebenfalls viel dazu – nebst allen Diskussionen über Tierquälerei u.a.m.

Klaus Schormann (75) aber sagt, es sei alles genial und super gewesen.Schormann ist Jahrhunderten Präsident der Union Internationale de Pentathlon Modern (UIPM), war sogar schon Präsident dieses Verbandes, als dieser gemeinsam mit Biathlon eine Föderation bildete – wer weiß das heute schon noch, deshalb gibt es diesen Newsletter und das Magazin SPORT & POLITICS für olympische Bildung.

Schneller als der Wind? Elaine Thompson-Herah jagt Flo-Jo

TOKYO/OLYMPIC STADIUM. Zwar haben wir heute Morgen schon den Fabel-Weltrekord von Karsten Warholm erlebt, der seine eigene Bestmarke aus dem Juni um 0,76 Sekunden verbesserte, ach was: pulverisierte. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es in 72 Minuten, um 21.50 Uhr Ortszeit (14.50 MESZ) nicht noch doller geht. Sie wissen schon, Elaine Thompson-Herah jagt über 200 Meter den Rekord von Flo-Jo.

Alles kaum zu glauben, nicht wahr, Karsten Warholm?

Can you see my emotions? Karsten Warholm. (Foto: IMAGO/Xinhua)

Was vom Tage übrig bleibt (101): das Freund-Feind-Syndrom – IOC-Bach und der Journalismus

[caption id="attachment_26248" align="aligncenter" width="594"]Sportkameraden Lamine Diack (unter Hausarrest), Scheich Ahmad (verklagt im Emirat Kuwait), Thomas Bach Garantiert keine Freunde: die Sportkameraden Lamine Diack (unter Hausarrest), Scheich Ahmad (verklagt im Emirat Kuwait), Thomas Bach (Foto: ANOC)[/caption]

Interessante Auseinandersetzung da auf der Webseite des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS). Günter Deister, ehemaliger Tennispartner von Thomas Bach und langjähriger Sportchef der Deutschen Presse-Agentur (dpa), kritisiert den seiner Meinung nach unfairen Umgang mit dem IOC-Präsidenten in deutschen Medien.

Deister schießt sich in dem Beitrag, der auch im Januar-Heft „Der Sportjournalist“ erscheint, auf die Berichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ ein. Inhaltlich bleibt das dünn. Deister echauffiert sich, wenn ich das richtig verstehe, vor allem über Kommentierungen und Titulierungen („Putin-Freund Bach“). Der Text liest sich, sorry, in weiten Teilen so als hätte ihn die Propaganda-Abteilung des IOC verfasst, finisht allerdings mit diesen beiden Absätzen, die über die SZ-Kritik hinaus durchaus diskussionswürdige Anmerkungen enthalten:

Statt kontinuierlicher Berichterstattung Lücken- und Gelegenheitsjournalismus, oft ohne notwendiges Hintergrundwissen. Sessionen oder Sitzungen der IOC-Exekutive, früher noch regelmäßig besucht von einer größeren Gruppe deutscher Journalisten, werden nun fast ausschließlich aus der Entfernung wahrgenommen. Fernjournalismus als Zusammenklauben von Zweit- oder Drittquellen, dies zum Teil selektiv zur Verfestigung eines Vorurteils. Die meist gedruckten Beiträge zur Sportpolitik bestehen dann aus Meldungen wie dieser zu Thomas Bach: „Robert Harting: Ich verabscheue diesen Menschen mehr denn je.“

Lückenjournalismus statt kontinuierlicher Berichterstattung, Fernjournalismus. Das verstehe ich medienübergreifend. Das geht in Ordnung. Ärgert mich auch täglich.

Wobei ich mich unweigerlich an die Berichterstattungen von Deisters Agentur zu zahlreichen Sportskandalen und Kriminalfällen erinnere, die mit dem Begriff Lückenjournalismus ziemlich passend umschrieben wären.

Jedenfalls, Thomas Bach konnte sich selten beschweren. Jahrzehntelang erschien es mir als eine Art dpa-Naturgesetz, dass kein sportpolitischer Beitrag über den Ticker gehen durfte, der nicht im ersten Absatz mit einem Zitat des deutschen Ober-Olympiers versehen war. In der FAZ war das ähnlich.

Bach wusste das Entgegenkommen der Journalisten, in diesen und anderen Leitmedien, stets für seine Propaganda zu nutzen. Auch das zieht sich durch die Jahrzehnte, kürzlich habe ich an eine dieser Finten erinnert. Beispiele sind Legion und können jederzeit hervorgekramt und belegt werden.

Für die „Süddeutsche Zeitung“ hält nun Claudio Catuogno dagegen, der stellvertretende Sport-Ressortleiter. Seine Replik auf Deister steht zunächst online und wird erst im kommenden Monat gedruckt erscheinen.

Catuogno schreibt u.a.:

Es ist gerade sehr in Mode, Fakten zu ignorieren und stattdessen einfach zu behaupten, dass man auf der richtigen Seite steht. Nur „die Medien“ hätten es halt noch nicht kapiert. Dem als Sportredaktion erstens eine fundierte Recherche entgegenzusetzen, zweitens aber auch – auf der Basis dieser Recherche! – eine klare Wortwahl in der Kommentierung, ist keine „Grenzüberschreitung“, wie Günter Deister das unterstellt. Sondern Ausdruck von Unabhängigkeit und, ja, vielleicht, Haltung.