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Das Olympische Bildungsmagazin

Live-Blog von der Eröffnungsfeier der Propaganda Games in Peking – gegen die hässlichen Fratzen des Boykotts!

Moin moin. Wir haben eine Tradition zu verteidigen. Seit 2008 gibt es in diesem Theater Live-Blogs von olympischen Eröffnungsfeiern (Peking, Vancouver, London, Sotschi, Rio de Janeiro, PyeongChang, Tokio).

Zuletzt nannte ich es vor einem halben Jahr: Live-Blog von der Friedensnobelpreisgala der Corona Games. So könnte es heute wieder heißen. Anyway, einst von Trilliarden Menschen gelesen (auf jeden Fall von mehr Menschen, als sich in China neuerdings mit dem Wintersport-Virus haben anstecken lassen, das behaupte ich einfach mal so, sollen mich die IOC-Anwälte doch verklagen), zuletzt immer noch von mindestens zehn Milliarden Besuchern verfolgt, soll es auch diesmal einige Beobachtungen und Anmerkungen geben. Das bin ich mir schuldig, auch wenn ich diesmal daheim geblieben bin, das sind wir uns schuldig.

Auf geht’s, Freitagmittag, Punkt 12.10 Uhr – ich steige ein, wenn das ZDF die Übertragung beginnt.

Thomas Bach und Xi Jinping laden uns herzlich ein zu einer völlig unpolitischen, selbstlosen, ganz bescheidenen Messe für den Weltfrieden, die Menschheit und überhaupt – gegen jegliche politische Vereinnahmung des Sports. Gegen die Geister des Boykotts, die immer wieder ihre hässlichen Häupter erheben!

IOC President Thomas Bach, 139th IOC session, Beijing, February 3rd, 2022

Bis gleich.

Freitag, 4. Februar, 12.04 Uhr, immerhin pünktlich:

Auf geht’s. Ich dachte zunächst, dies hier wäre nur Bachs alter IOC-Kumpel Sam Ramsamy …

Foto: IOC/Greg Martin

… aber es ist ein weiteres IOC-Maskottchen von den Vereinten Nationen: Abdulla Shahid. Dazu veröffentlichte die IOC-Propaganda-Abteilung ein mehrminütiges Video sowie Story script und shot log:

20220204_IOC_VNR_UNPGA-1

Die Liste der Fahnenträger, enjoy:

Beijing-2022-Opening-Ceremony-Flag-Bearers

Und die WM-Organisatoren des Emirs von Katar sind auch nicht untätig heute, kam gerade rein:

„Die pure Vorfreude auf tollen Sport ist natürlich ein bisschen getrübt“, sagt Katrin Müller-Hohenstein im ZDF. Sie versucht irgendwie ernst zu sein. Kann ihr das nie abnehmen. Sie kann es nicht. Sie ist keine politisch denkende Journalistin.

Der erste Einspieler selbstverständlich politisch und okay. Chinas Sportsoldaten loben den Großen Führer:

Screenshot ZDF

Das war vor einer Stunde:

Pressemitteilung DOSB, Freitag, 11.04 Uhr

KMH sagt gerade, von den Top 7 des Gesamt-Weltcups in der Nordischen Kombination sind nur noch drei Sportler übrig.

Lotterie.

Wie schon in Sotschi kann das IOC die Integrität des Wettbewerbs nicht garantieren.

12.32 Uhr: Ich will nun wirklich nicht jeden Einspieler und jeden Interviewfetzen kommentieren. Nach den ersten beiden Einspielern offenbart sich mal wieder eine Diskrepanz zwischen dem ersten Bericht einer politischen Korrespondentin und dem zweiten Bericht aus dem Sportressort.

12.44 Uhr: Das werde ich dieser Tage nochmal aufbereiten, keine Sorge. Dafür habe ich schließlich wochenlang gearbeitet und viele Tausend Dokumente studiert. Ich sitze an meinem Schreibtisch inmitten von Papierstapeln, die noch eingescannt werden müssen:

Entschuldigt bitte, ich verspreche, damit nicht weiter zu nerven (oder nur selten): Aber wie unerheblich, wie langweilig, wie bizarr unwichtig wird die Übertragung jetzt, da das ZDF irgendwelche lustigen Tagebuch-Notizen und nun auch erste Sport-Vorberichte sendet – zum Beispiel aus dem Biathlon-Stadion, „wo weiter fleißig geschossen und gelaufen wird“. Ach was.

12.59 Uhr: Da sind sie. Blutsbrüder. Freunde. Brüder im Geiste. Der olympische und der chinesische Diktator.

Weniger Stechschritt. Schon klar.

Nils Kaben ist gut vorbereitet. Ulf Röller, Leiter des ZDF-Studios Peking, steht sowieso im Thema.

13.24 Uhr: Und im Vogelnest kämpfen manche Journalisten mit der WLAN-Verbindung. Down. Erinnert mich an 2008.

Bin nicht mal angemeldet für das olympische sogenannte Informationssystem. Werde das auch nicht nachholen. Insofern müsst Ihr diesmal auf die gewohnten Zusatzinfos verzichten, etwa das Script der Zeremonie mit Musiklisten etc. Aber die meisten Titel kennt man ja, da überfordert diejenigen nichts, die nur manchmal eine Klassik-Sample hören.

13.41 Uhr: Wie immer bei Winterspielen gilt – die sind nicht wirklich ein weltumspannendes Ereignis. Im Grunde nur in der nördlichen Hemisphäre interessant, und auch dort nicht in allen Nationen.

Chinas Staatsmedien derweil:

14.11 Uhr: Weiß jemand, ob die Sause in China wieder eine Minute verspätet übertragen wird, wie 2008, damit bei möglichen Zwischenfällen das chinesische Volk nicht zu sehr verunsichert werden kann?

Danke für die Auskunft!

Okay, gebe es zu: Es interessiert mich nicht. Kann da nicht aus meiner Haut.

Es wird vorbei gehen. Einfach weiter arbeiten in der Zwischenzeit.

14.39 Uhr: Der OK-Chef. Saubere und grüne Spiele. Termingerecht. Ein Wintermärchen. Der Geist der Freundschaft. Hier erfüllen sich Träume. Hier zeigt sich die Solidarität der Menschheit. Das ist der Geist des olympischen Geistes (richtig verstanden?). Schlichte, sichere und doch auch strahlende Olympische Spiele. Brücken bauen. Verständigung. Gemeinsame Zukunft bauen, Hand in Hand. Neues Kapitel in der Schicksalsgemeinschaft der Menschheit.

Nun bestellter Beifall für Bach.

Danke an unsere chinesischen Freundinnen und Freunde! Special thanks natürlich an volunteers. Your smiling eyes are warming our hearts! Danke, nun an China und seine Führung, dass ihr diese Olympischen Spiele auf eine für jedermann sichere Art und Weise Wirklichkeit werden lasst.

Hunderte von Millionen frisch gebackene chinesische Wintersport-Enthusiasten.

Love it.

Dabei sage ich doch, es seien Trilliarden. Mindestens.

Menschheit.

Vorbild für die Menschheit.

So fantastisch könnte die Welt aussehen, wenn ganze Völker die Regeln des IOC beachten würden. Korrekt?

Menschheit in ganzer Vielfalt vereinen!

Schneller! Höher! Stronger! Together!

Kraft des Tigers. Jahr des Tigers.

Frieden.

Nun Seine Exzellenz Xi Jinping.

14.51 Uhr: It is done.

Chinesische Wachmänner derweil:

Ein Kinderchor. Muss sein. Natürlich. Olympische Hymne.

Danke, Xi!

15.04 Uhr: Na dann beeidet mal schön!

Kein Doping. Kein Betrug. Keine Diskriminierung. Die Welt zu einem besseren Ort machen.

15.16 Uhr: Ein Herz. Eine Mikroflamme. Umwelt. Naturschutz. „Na ja“, sagt Nils Kaben.

Nicht zu vergessen, dies:

Sehr schön, wie Wenzel Michalski von HRW im Studio abnimmt:

„Ich fand, dass das ein unglaublicher Kitsch war.“

Jetzt sagt er sogar: „Bösartiger Kitsch, was er (Bach) da macht.“

Feines Schlusswort.

So eine Propaganda-Show hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun.

15.41 Uhr: Und nun zum Sport. „Alle waren restlos begeistert von dieser Piste, von diesem Schnee!“
Ich schalte ab und beende die Übertragung.


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32 Gedanken zu „Live-Blog von der Eröffnungsfeier der Propaganda Games in Peking – gegen die hässlichen Fratzen des Boykotts!“

  1. Neben der Kammer des Schreckens vermisse ich die gewohnten Informationen, was Holger Gertz oder andere Sitznachbarn so treiben und meinen. Das ist irgendwie für mich die olympische JW-Famillie…
    Vielleicht kannst du ja eine (Blog-) Direktschaltung machen?

  2. Holger ist ebenfalls daheim geblieben und beschreibt die Eröffnung jetzt garantiert für die SZ, wie sonst aus dem Stadion. Für die Süddeutsche sitzt Barbara Klimke im Vogelnest – neben Christoph Becker von der FAZ, wenn ich richtig informiert wurde. Die Direktschaltung gab es längst.

  3. Wird Thomas Bach noch während der Spiele die chinesische Staatsangehörigkeit erhalten, oder erst danach?

  4. Das war aber Satire dein Kommentar zu ZDFler Möller, oder? Stichwort „der Westen“ und Relativismus….

  5. Dann im Zweifel Satire :-) Stimme da mit Grit Hartmann überein, die das drüben auf Twitter zurecht moniert hat:
    Kopiere das mal herein: „Unerträgliches Gelaber im @ZDF. „Der Westen“ und seine Arroganz („wir alle“) sind irgendwie schuld am Totalitarismus eines #XiJinping einschließlich des Genozids an den Uiguren, wenn ich das richtig verstehe.

  6. Keine Putin Einblendung beim Einlauf der nicht russischen Athleten. Wasndalos?
    Und allgemein recht wenig Audio Atmosphäre in der Abmischung des Feeds

  7. Berni, hörst Du denn nicht das begeisterte Staatsvolk und die Thomas-Bach-Gesänge? Hast Du eine andere Tonspur?

  8. Also falls Ulf Röller gemeint ist, dann würde ich da nicht zustimmen. Finde der ist ein guter Korrespondent und macht gute Arbeit

  9. Hab ich doch geschrieben. Wir reden aneinander vorbei, so wie alle paar Jahre, wenn es um die Kammer des Schreckens geht.

  10. Sitze im Transmission der Bubble …. kann die Bach Tonspuren nur bestätigen….der Westen hat wohl beim Downlinken den Vuvuzela-Filter wieder aktiviert:-)

  11. War auf der Best Of Classic CD, die im Stadion durchdudelt, der Imperial March nicht verfügbar?
    Hätte jetzt so schön in die freudige Atmosphäre gepasst.

  12. MetaloplastikaCvetković

    yes, liveblog, olyzeit und los gehts, da kommt mein spezialfreund- omg nils nimmt das wort „sportpolitisch“ in den mund; morgen ausweisung durhc ioc^^und abmahnungen hahahaha.
    „Entschuldigt bitte, ich verspreche, damit nicht weiter zu nerven (oder nur selten)“.
    also von mir aus öfter, ich wil ja auch dazulernen. die blogs sind alle immer zu oly endgeil und ich finde die verstrickungen des herrn b., dem zukünfitgen friedensnobelpreisträger, schon ausserordentlich spannend(alleine die ferrostaal klamotte).
    dem grunde nach gehört hr.b geteert und gefedert, lock them up und nix anderes.
    weiss man, ob hr. b. eigentlich noch in dt. gemeldet ist und eine ladungsfähige anschrift hat oder ob er nach § 17 Abs. 2 BMG sich aus dt. abgemeldet hat und wann.

  13. Bach wirft sich bei seiner Bergpredigt so tief in den Staub, gleich lobt er China noch als „The Home Of Covid“ und das Klatschvieh jubelt.

  14. MetaloplastikaCvetković

    sind (Armee) Uniformen bei der Feier als reine Repräsentanz eigentlich erlaubt (nicht als „Sicherheitspersonal“)? war das in USA LA, Atlanta, Salt Lake C. auch so; habe natürlich die Charta nicht im Kopf; dachte IOC unpolitisch und so.

  15. @ Berni:

    Wärst Du jetzt lieber in Almaty? Bzw würdest Du eher dort sein?

    Nein. Almaty oder Peking, die Unterschiede sind für mich minimal, ganz oberflächlich gesprochen. Ich hatte in dem kleinen Text zu meiner Absage ja notiert: Gewiss auch aus Eitelkeit möchte man/ich eigentlich immer vor Ort sein. Hier war es nun aber so, dass ich in der Tat frei entschieden habe, auch gegen eine gewisse Eitelkeit, die nächste olympische Kerbe in den Wanderstab zu ritzen. Ist alles nicht mehr wichtig. Es ist komisch, am Schreibtisch zu sitzen und nicht den geliebten Stress in der Arena zu haben und zu fluchen und sich zu wundern und mit der Technik zu kämpfen und dort zu frieren (2008 lief uns an gleicher Stelle das Schwitzwasser in Strömen herunter), aber es lässt sich aushalten. Wir werden doch alle mal erwachsen, selbst Du, oder?

  16. Pingback: Bachs Vermächtnis – The legacy of Thomas Bach – SPORT & POLITICS

  17. Almaty (falls das zur Absendung dieses Kommentars immer noch so heißt) hat in Sichtweite immerhin ständig schneebedeckte Berge mit Gletschern und allem und ein ernstzunehmendes Skigebiet. Also sowas wie Innsbruck, nur in einer durchgeknallten postsowjetischen Diktatur und ohne Almdudler. Dafür mit schön ordentlich Fantasten-Gewinne der Junta durch örtliche Ressourcen. Also im Grunde ein hervorragender Ort für Winterspiele.

    @JW: Ich glaube, Herr Bach hat durchaus noch eine ladungsfähige Anschrift in Deutschland. Ob er einer Ladung folgen würde und müsste, das steht auf einem anderen Blatt.

    „Wer zu spät kommt, sternburg“

    Ich hätte es ungelogen tatsächlich gerne gesehen. Ich gönne Euch natürlich den Spaß ohne mich (grmpf).

  18. @jw
    „Wir werden doch alle mal erwachsen, selbst Du, oder?“

    Ich versuche mich, so gut es geht, dagegen zu wehren.
    Aber Altern definitiv.

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