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Das Olympische Bildungsmagazin

Das Jahr der Schande: Katar und China sind Krebsgeschwüre der olympischen Bewegung

Olympische Würdenträger Xi Jinping, Tamim Bin Hamad Al-Thani. (Foto: IMAGO/UPI)

Reden wir Klartext, es wird zu viel beschwichtigt, verfälscht und gelogen. Vergessen wir das irreführende Geschwafel vom Soft-Power-Potential des Sports und von angeblichen Segnungen von Mega-Events, die in Diktaturen ausgetragen werden. Sagen, was ist:

2022 ist ein Jahr der Schande für den olympischen Sport.

Weder sollten die Winterspiele in China, noch die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar stattfinden.

China und Katar sind Sport-Schurkenstaaten.

Beide Großereignisse hätten aus vielerlei Gründen nie dorthin vergeben werden dürfen. 

In China werden unter der Diktatur der kommunistischen Partei Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen getreten. China verübt einen Genozid an den Uiguren. Die Sommerspiele 2008 in Peking, die von den Propagandisten Olympias als Öffnung des Landes gepriesen wurden, haben nichts zum Positiven verändert. Es ist viel schlimmer geworden: in Tibet, in Hongkong, in Xinjiang und anderen Regionen.

Das kleine aber steinreiche Katar ist eine Erbmonarchie, in der die Scharia gilt. Katar hat den Weltsport in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit einem beispiellosen, engmaschigen korruptiven Netz überzogen. Katar kauft und infiltriert alles und jeden: Weltmeisterschaften, Verbände, Funktionäre, Sportler, Vereine, Staats- und Regierungschefs, Abgeordnete, Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen, politische Gremien, Medien und Journalisten.

Einige Staaten werden in fünf Wochen keine Politiker zu den Winterspielen schicken. Das nennt man diplomatischen Boykott. Vielleicht bleiben manche Politiker in einem Jahr auch der Fußball-WM fern. Aber nur vielleicht, denn es ist Fußball, da zeigt man sich gern auf der Ehrentribüne – und manches politisches Schwergewicht wird argumentieren, Katar sei nicht mit China zu vergleichen, die Probleme rund um die WM im Emirat seien harmlos im Vergleich zu China, Katar baue immerhin keine Internierungslager.

All that jazz. Hören wir alles seit Jahren.

Es ist meistens verlogen.

Dabei ist es keine Raketenwissenschaft, sondern relativ einfach: Menschenrechte sind unteilbar. Menschenrechte sind universell. Es gilt die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, selbst wenn diese rechtlich nicht bindend ist. 

Debatten darüber, dass Nationen wie die USA, die sich zum diplomatischen Boykott bekennen, ihrerseits Menschenrechte verletzen, sind Ablenkungsmanöver. Diese Art Whataboutismus ist eine Propagandataktik, nicht mehr. Es geht jetzt um China und Katar, ganz konkret, um nichts anderes. Alles, was man darüber weiß, rechtfertigt jede Art von Boykott, auch einen harten.

Dazu wird es aber nicht kommen. Bei den Winterspielen, die nur einen kleineren Teil der Nationen weltweit interessieren, wird es vielleicht einzelne Athleten geben, die sich gegen eine Teilnahme entscheiden, aber keines der 206 Nationalen Olympischen Komitees wird sich zu einem Boykott bekennen. Und bei der Fußball-WM werden alle 32 Mannschaften, die sich qualifiziert haben, auch beim Turnier spielen. Die Qualifikation läuft noch, bislang stehen neben dem Gastgeber nur zwölf weitere Nationen als WM-Teilnehmer fest.

Ein Aspekt einer Boykottdiskussion wird leider akut vernachlässigt: Boykotte sollten sich auch gegen jene richten, die für diese schändlichen Mega-Events in China und Katar verantwortlich sind – also gegen die Besitzer der Olympischen Spiele und der Fußball-WM, gegen zwei Monopolisten, zwei milliardenschwere Weltkonzerne: das Internationale Olympische Komitee (IOC) und den Fußball-Weltverband (FIFA).

Das IOC und die FIFA sind nicht nur Geschäftspartner Chinas und Katars, beide verdienen prächtig an den schmutzigen Joint Ventures. Das IOC und die FIFA sind Komplizen der chinesischen Führer und des Herrscherfamilie Al-Thani. Das IOC und die FIFA müssten in die Verantwortung genommen werden. Ihnen müssten Daumenschrauben angesetzt statt rote Teppiche ausgerollt werden. 

Von der Politik ist da leider nichts zu erwarten.

Vergessen wir nicht, eine nachweislich schwer korrupte Truppe wie die FIFA entging vor wenigen Jahren nur knapp der Einstufung als kriminelle Organisation nach dem RICO-Act zur Bekämpfung der Mafia. Die juristische Aufarbeitung von Verbrechen unter dem Dach der FIFA läuft noch immer, nicht nur in den USA, wo die spektakulären FIFA-Prozesse durchgezogen wurden. Einige der in den US-Verfahren Angeklagten wurden auch vom WM-Gastgeber Katar mit märchenhaften Segnungen bedacht. Das Korruptionsgeschehen rund um die WM 2022 stellt alles bisher Dagewesene in den Schatten.

Und in der IOC-Familie wurden gerade wieder zwei langjährige Mitglieder zu Haftstrafen verurteilt: Scheich Ahmad Al-Fahad Al-Sabah aus Kuwait, einst wichtigster Wahlhelfer des deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach, und der Brasilianer Carlos Nuzman. Scheich Ahmad soll wegen Betruges 30 Monate in den Knast. Nuzman bekam als Mitglied einer kriminellen olympischen Organisation 31 Jahren Haft aufgebrummt.

„Katar ist ein Krebsgeschwür des Fußballs“, hat der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger mal gesagt. Zwanziger erhielt vor Gericht Recht, nachdem nachdem der Fußballverband des Emirats eine Klage angestrengt hatte. Man sollte diesen Begriff erweitern:

Katar und China sind Krebsgeschwüre der olympischen Bewegung.

Doch diese Bewegung, die Träume und Emotionen verkauft und dabei stets von Moral und Anstand und Werten palavert, macht sich nichts daraus. 

Katar und China sind sportpolitisch fest in der olympischen Familie verwurzelt. Katars Emir Tamim Bin-Hamad Al-Thani ist seit 2002 IOC-Mitglied. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, der maßgeblich schon die Spiele 2008 organisiert hatte, wurde vom IOC-Präsidenten Thomas Bach (FDP) mit dem Olympischen Orden geehrt.

Bestens begründete Kritik an den Peking-Spielen wird vom IOC reflexartig als „Politisierung der Olympischen Spiele“ umgedeutet. Eine weitere schamlose Propagandafinte: Nicht etwa China politisiert die Spiele, sondern die Kritiker. Ähnliche Reflexe sind seit dem 2. Dezember 2010 von Katar und seinen gekauften PR-Dienern und Vasallen zu beobachten.

Wir werden in diesem Jahr auch die Propagandadienste von Journalisten und anderen Helfershelfern brandmarken müssen.

Die Winterspiele von Peking darf und muss man mit den Nazi Olympics 1936 in Garmisch-Partenkirchen und Berlin vergleichen. Die Propaganda wirkt bis heute: im Sport, in Deutschland. Im Ausland aber haben die Nazi Olympics das Bild von Deutschland nicht verändert. Die Boykottdiskussionen im Vorfeld der Spiele von 1936 haben dagegen einiges zur Aufklärung beigetragen. 

Propaganda wirkt bei Mega-Events vor allem nach innen, weniger nach außen. Das war auch 2008 bei den Sommerspielen in Peking so und 2014 bei den Winterspielen in Sotschi. Die Sotschi-Spiele waren nicht nur irregulär wegen des russischen Staatsdopings und des Betruges an den Athleten anderer Nationen; parallel dazu, mitten im sogenannten Olympischen Frieden, den das IOC gemeinsam mit den Vereinten Nationen auch jetzt wieder promotet, bereitete Wladimir Putin die Annexion der Krim vor. In Russland aber stärkten Sotschi und alles, was drumherum geschah, Putins Herrschaft.

Niemand sollte von einem Missbrauch des Sports sprechen.

Die Figuren an der Spitze von IOC und FIFA wissen genau, was sie tun.

Sie haben es genau so gewollt. Und deshalb sind sie mitschuldig.


Translation by DeepL:

The Year of Shame: Qatar and China are Cancers of the Olympic Movement

Let’s be clear, there is too much appeasement, distortion and lies. Let’s forget the misleading drivel about the soft power potential of sport and the supposed blessings of mega-events held in dictatorships. Say what is:

2022 is a year of shame for Olympic sport.

Neither the Winter Games should be held in China, nor the Men’s World Cup in Qatar.

China and Qatar are rogue sports states.

Both major events should never have been awarded there for many reasons.

In China, under the dictatorship of the Communist Party, human and civil rights are trampled underfoot. China is committing genocide against the Uyghurs. The 2008 Summer Games in Beijing, which were praised by Olympic propagandists as opening up the country, have changed nothing for the better. Things have become much worse: in Tibet, in Hong Kong, in Xinjiang and other regions.

Small but rock-rich Qatar is a hereditary monarchy where Sharia law applies. Qatar has covered world sport with an unprecedented, tightly meshed corrupt web over the past two decades. Qatar buys and infiltrates everything and everyone: World Cups, federations, officials, athletes, clubs, heads of state and government, MPs, academics and non-governmental organisations, political bodies, media and journalists.

Some states will not send any politicians to the Winter Games in five weeks. This is called a diplomatic boycott. Maybe some politicians will also stay away from the World Cup in a year’s time. But only maybe, because it’s football and people like to be in the VIP box – and some political heavyweights will argue that Qatar cannot be compared to China, that the problems surrounding the World Cup in the Emirate are harmless compared to China, and that Qatar is not building any internment camps.

All that jazz. We’ve heard it all for years.

It’s mostly mendacious.

But it’s not rocket science, it’s relatively simple: human rights are indivisible. Human rights are universal. The United Nations Charter on Human Rights applies, even if it is not legally binding.

Debates about the fact that nations such as the USA, which profess diplomatic boycotts, are themselves violating human rights, are red herrings. This kind of whataboutism is a propaganda tactic, nothing more. It is now about China and Qatar, very specifically, nothing else. Everything that is known about them justifies any kind of boycott, even a harsh one.

But it will not come to that. At the Winter Games, which only interest a smaller proportion of the nations worldwide, there may be individual athletes who decide not to participate, but none of the 206 National Olympic Committees will commit to a boycott. And at the World Cup, all 32 teams that have qualified will play in the tournament. Qualification is still ongoing, and so far only twelve other nations besides the host have been confirmed as World Cup participants.

Unfortunately, one aspect of a boycott discussion is acutely neglected: boycotts should also be directed against those who are responsible for these shameful mega-events in China and Qatar – that is, against the owners of the Olympic Games and the World Cup, against two monopolists, two global corporations worth billions: the International Olympic Committee (IOC) and the Football World Federation (FIFA).

The IOC and FIFA are not only business partners of China and Qatar, both earn handsomely from the dirty joint ventures. The IOC and FIFA are accomplices of the Chinese leaders and the ruling Al-Thani family. The IOC and FIFA should be held accountable. They should be given the thumbscrews instead of the red carpets.

Unfortunately, nothing can be expected from politics.

Let’s not forget that a demonstrably corrupt organisation like FIFA only narrowly escaped being classified as a criminal organisation under the RICO Act to combat the Mafia a few years ago. The legal processing of crimes under the FIFA umbrella is still ongoing, not only in the USA, where the spectacular FIFA trials were carried out. Some of the defendants in the US trials were also granted fairytale blessings by the World Cup host Qatar. The corruption surrounding the 2022 World Cup dwarfs anything seen before.

And in the IOC family, two long-standing members have just been sentenced to prison again: Sheikh Ahmad Al-Fahad Al-Sabah from Kuwait, once the most important election aide of the German IOC President Thomas Bach, and the Brazilian Carlos Nuzman. Sheikh Ahmad is to serve 30 months in jail for fraud. Nuzman got 31 years in prison as a member of a criminal Olympic organisation.

„Qatar is a cancer of football,“ former DFB President Theo Zwanziger once said. Zwanziger was proven right in court after the emirate’s football association filed a lawsuit. One should expand this notion:

Qatar and China are cancers of the Olympic movement.

But this movement, which sells dreams and emotions while always palavering about morality and decency and values, does not care.

Qatar and China are firmly rooted in the Olympic family in terms of sports politics. Qatar’s Emir Tamim Bin-Hamad Al-Thani has been an IOC member since 2002. China’s head of state and party leader Xi Jinping, who was instrumental in organising the 2008 Games, was honoured with the Olympic Order by IOC President Thomas Bach (FDP).

Well-founded criticism of the Beijing Games is reflexively reinterpreted by the IOC as „politicisation of the Olympic Games“. Another shameless propaganda feint: it is not China that is politicising the Games, but the critics. Similar reflexes have been observed since 2 December 2010 by Qatar and its bought PR servants and vassals.

This year, we will also have to brand the propaganda services of journalists and other abettors.

The Beijing Winter Games may and must be compared with the Nazi Olympics in 1936 in Garmisch-Partenkirchen and Berlin. The propaganda is still effective today: in sport, in Germany. Abroad, however, the Nazi Olympics have not changed the image of Germany. The boycott discussions in the run-up to the 1936 Games, on the other hand, have contributed a great deal to enlightenment.

Propaganda at mega-events works mainly internally, less externally. This was also the case in 2008 with the Summer Games in Beijing and in 2014 with the Winter Games in Sochi. The Sochi Games were not only irregular because of Russian state doping and the cheating of athletes from other nations; at the same time, in the midst of the so-called Olympic Truce, which the IOC is again promoting together with the United Nations, Vladimir Putin was preparing the annexation of Crimea. In Russia, however, Sochi and everything that happened around it strengthened Putin’s rule.

No one should speak of an abuse of sport.

The figures at the top of the IOC and FIFA know exactly what they are doing.

They wanted it exactly this way. And therefore they are complicit.

3 Gedanken zu „Das Jahr der Schande: Katar und China sind Krebsgeschwüre der olympischen Bewegung“

  1. Es gibt eigentlich nur eine Instanz, die IOC und FIFA von ihrem korrupten Handeln abbringen kann: die weltweite Zuschauerschaft an den TV-Geräten. Nur dann, wenn Einschaltquoten sinken, wenn Werbeinnahmen infolge dessen ausbleiben, könnten die Funktionäre der Verbände umschwenken und künftig keine Spiele mehr an Diktaturen vergeben. Denn Geld ist das einzige, womit man sie packen kann. Warum noch z. B. Almaty als Candidate City wählen, wenn man mit Spielen in den französischen Alpen das doppelte verdienen kann?

    Aber dazu wird es leider nie kommen. Der gemeine in einem westlichen Land wohnende Zuschauer braucht offenbar ständig diese Bilder von Athleten, die jubelnd eine Ziellinie überqueren und danach in Tränen ausbrechen. Der Genozid an Uighuren lässt sich ja auch so schön verdrängen, weil man ihn gar nicht sieht.

  2. Pingback: Let‘s get on with it! – SPORT & POLITICS

  3. Pingback: Im Jahr der Sport-Schurkenstaaten: Was würde Jennings tun? Was ist Journalismus, was Propaganda? – SPORT & POLITICS

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