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Das Olympische Bildungsmagazin

live aus PyeongChang (8): Kommunikationsherrschaft und andere Feuchtträume

ALPENSIA. Ein besonderer Tag, dieser 8. Februar 2018. Einer meiner Twitter-Götter ist gerade in Incheon gelandet und auf dem Weg nach PyeongChang. Freue mich drauf und werde höchstwahrscheinlich etliche seiner Tweets, sofern jugendfrei, in den kommenden Wochen hier einbauen.

„Matchday minus one“, las ich gerade irgendwo … auf Twitter. Ab morgen brennt hier die Flamme, heute Morgen hat es in Gangneung schon mal gebrannt, am Meer, in der Nähe des olympischen Dorfes und des Mediendorfes. Hitzig dürfte es in Kürze auch wieder in Sachen Russen-Doping werden, wenn die Ad hoc Division des Welt-Sportgerichtshofes CAS die ersten Beschlüsse zu den zahlreichen russischen Einsprüchen fällt. Mal schauen, was der Tag so bringt. Ich versuche, bis gegen Mitternacht möglichst live einige Eindrücke, Informationen und Hintergründe zu liefern.

Der gestrige Unsinn von IOC-Leuten, mir mit dem Entzug der Akkreditierung zu drohen, macht mich nicht nervös:

Habe Schlimmeres und Dümmeres erlebt in dieser olympischen Familie. Andere Drohungen und komische Situationen. Oder einen IOC-Kommunikationsdirektor, Mark Adams, der mir auf Twitter Fake News unterstellt. Dummes Zeug. Wären es Fake News, hätten sie mir mit all ihrem Geld und ihren Advokaten längst das Handwerk gelegt. Indes ging es gestern doch nicht spurlos an mir vorbei, ein paar Diskussionen und Gespräche forderten Tribut, am Ende gingen ein halber Arbeitstag und einige potenzielle Einnahmen flöten.

Darum geht es schließlich bei derlei schmutzigen Drohgebärden und dauerhaften Versuchen, Journalismus zu beeinflussen und zu verhindern. Und um Kommunikationsherrschaft. Sie begreifen einfach nicht, dass sie die längst verloren haben. Wir leben im dritten Jahrtausend.

Wer unten das Tag Kommunikationsherrschaft klickt, findet übrigens ganz erstaunliche Stücke aus einem prallen Jahrzehnt Blogjournalismus.

Wie dieser von Thomas Bach nach Lausanne gelockte ehemalige DOSB- und DOSB-Präsidentensprecher Christian Klaue agiert, hat man nicht nur gestern beobachten können, ich habe das u.a. mal ausführlich aufgeschrieben, nachdem ich gemeinsam mit Frederik Richter vom Recherchezentrum correctiv! im April 2017 exklusiv über einen bis dahin unbekannten Beratervertrag des Wirtschaftslobbyisten Thomas Bach berichtet hatte.

Ich empfehle ernsthaft die Lektüre meines damaligen Beitrages, der beschreibt, wie IOC-Propagandisten vorgehen:

Über Bach und die Medienarbeit, über Medien und Bach habe ich vor einem Jahr diesen grunsätzlichen Text gedichtet, der nichts von seiner Aktualität verloren hat:

Es geht immer um Beeinflussung, um Drohungen, oft genug mit einem Einschüchterungsanwalt aus Berlin, der gern vorab strafrechtliche Konsequenzen in Aussicht stellt, weil sich Journalisten erlaubt haben, Fragen an den Großen IOC-Vorsitzenden (oder bis 2013: den Großen DOSB-Vorsitzenden) zu stellen, der kein Putin-Freund sein will und in seinem Leben nie von unsauberen Machenschaften in der olympischen Familie oder bei Firmen (Adidas) mitbekommen hat, für die er als Lobbyist und in anderer Tätigkeit aktiv gewesen ist und die in durchaus spektakuläre Korruptionsfälle verwickelt waren (Siemens, Ferrostaal).

Feine Schachtelsätze, nicht wahr.

Helfen mitunter gegen anwaltliche Begierde.

Und Sie haben es übrigens in der Hand, unabhängigen Journalismus zu fördern, um weiter hinter die Kulissen blicken zu können. Auch Sie! Nur zu.

* * *
Auch diesmal wird es für einige Beiträge eine olympische Bezahlschranke geben, denn ich blogge hier ja nicht nur aus Spaß. Es ist ein Job, ich muss davon leben.

Nebenan im Shop finden Sie einige Optionen – ob Olympiapass oder Jahresabo -, wie Sie die Winterspiele hier gemeinsam mit mir verbringen und Journalismus finanzieren können.

Dieses Magazinprojekt, in das ich schon Monate investiert habe, wird in PyeongChang nun endlich durchgezogen:

Ich wünsche Ihnen und Euch viel Vergnügen in diesem Theater in den nächsten Wochen (und darüber hinaus) und hoffentlich viele erhellende Momente.

* * *
21.03 Uhr: OMG. Schon wieder ein Tag vergangen und gut acht Stunden seit dem letzten Eintrag. Sitze im Deutschen Haus, das heute Abend eröffnet wird, und werde noch eine Weile warten, weil wohl DOSB-Präsident Alfons Hörmann mit dem Fahnenträger Eric Frenzel vorbei schauen wird. Frenzel zählte wie Lindsey Vonn und Spiegel-Online-Star Peter Ahrens zu jenen, die am Flughafen München aufgehalten wurden. LH718 flog irgendwann, bloß sechs oder sieben Stunden später.

21.18 Uhr: Die Ad hoc Division des CAS hat sich am Nachmittag und Abend drei Mal geäußert. In einigen Fällen sieht man sich nicht zuständig. Dort, wo man sich zuständig sieht, wird am Freitag, 11.00 Uhr (3.00 MEZ), also neun Stunden vor der Eröffnungsfeier, die Entscheidung über die Einspruch erhebenden Russen verkündet.

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, da noch freihändig durchzusehen. Muss mich schon wieder reinlesen. Damit ich das nicht allein machen muss, hier flink die drei Mitteilungen von heute. Viel Spaß beim Selbststudium!

22.01 Uhr: Frenzel und Hörmann sind da. Halbleeres oder halbvolles Haus (vielleicht auch nur zu einem Drittel gefüllt). Noch keine Olympiastimmung. Gleich kurze Pressekonferenz. Morgen um 11.00 Uhr, zeitgleich zur CAS-Verkündung, sitzt Hörmann schon wieder hier, mit seinem Leistungssportchef Dirk Schimmelpfennig, auch Chef de Mission des Deutschen Teams, das sie im DOSB gern TeamD nennen. Dazu später mal mehr, vielleicht mache ich mich morgen schon im live-Blog darüber lustig.

Muss auch die Medienwirklichkeit neu durchdenken. Ich meine, dass Pressekonferenzen live übertragen werden, kennt man in Deutschland seit der WM 2006 und den Fußballern, würde ich sagen. Aus dem Deutschen Haus wird alles gezeigt, nicht zum ersten Mal, und alles steht on demand zur Verfügung. Ist letztlich wie in fast allen Bereichen: umso wichtiger sind Einordnung, Analyse, Recherche, Hintergrund. Muss das in den nächsten beiden Wochen mal vertiefen, spätestens aber im Magazin.

22.06 Uhr: Eric Frenzel für 15 Minuten an der Seite der DOSB-Sprecherin Ulrike Spitz.

Frenzel berichtet von der Anreise, von den Problemen am Flughafen MUC, was in den Twitter-Accounts von Lindsey Vonn, Peter Ahrens und anderen unterhaltsam nachzuvollziehen ist.

26 Stunden Anreise. Ansonsten hat Frenzel, sagt er, im Training „was das Springen betrifft, einen großen Sprung nach vorn machen können“. Er hat „relativ viel Euphorie in mir drin“.

Die üblichen Fragen. Ob er das Fahnenschenken geübt hat oder noch üben kann usw usf. Und natürlich der Fanreporter. Ehrlich gesagt: Nervend. Bin ich schon zu alt?

Das war’s auch schon. Bin froh darüber.

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