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Das Olympische Bildungsmagazin

Deutschland und seine Olympiabewerbungen …

… es bleibt ein Jammer. Es tut weh, das weitgehend embryonale Niveau der medialen Diskussion zu verfolgen.

Deshalb ein bisschen Bildung. Fakten, so wichtig.

Fast alles, was ich vor 17 Monaten in meiner Stellungnahme für den Sportausschuss des Bundestages zusammengetragen habe, ist noch brandaktuell.

Das Papier vermittelt ein Mindestmaß an Wissen, bestens belegt übrigens, das man sich für eine angemessene Diskussion über deutsche Olympiabewerbungen aneignen sollte – ob als Sportpolitiker (BMI, SMK, Parteien), Sportfunktionär (DOSB et al) oder Journalist.

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Alles weitere in einigen Wochen in einem kompletten Heft von SPORT & POLITICS: u.a. mit der Auswertung aller Olympiabewerbungsakten, die ich über einen langen Zeitraum auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) einsehen konnte. Das Zeug, viele tausend Seiten, liegt teilweise noch ungescannt hier im Arbeitszimmer. Niemand außerhalb der für die sieben gescheiterten Olympiabewerbungen zuständigen sportpolitischen Kaste hat diese Aktenkonvolute je studiert. Kleiner Spoiler: Im BMI (mit IFG) und im Bundesarchiv gibt es einigermaßen Zugang – der DOSB aber verweigert auch unter der neuen Führung, Thomas Weikert (SPD) und Torsten Burmester (SPD), Einsicht in seine Akten.

Einige Kernpunkte aus der Stellungnahme, aktueller denn je:

  • Führende Kräfte des organisierten deutschen Sports leugnen und negieren ihre Verantwortung für die Jahrzehnte währenden deutschen olympischen Bewerbungskatastrophen, auch wenn sie öffentlich gern anderes behaupten. Kernfragen wie diese – Verantwortung zu erkennen und zu übernehmen – haben die Arbeit an der Nationalen Strategie Sportgroßveranstaltungen überschattet.
  • Autonomie des Sports heißt in Deutschland: Olympiabewerbungen gegen die Wand fahren.
  • Für den DOSB gelten keine Transparenzgesetze wie das IFG, obgleich mit dem Sport ein öffentliches Gut verwaltet wird, das in Deutschland alljährlich insgesamt mit mehr als vier Milliarden Euro aus Steuermitteln alimentiert wird (Bund, Länder, Kommunen, Summe ohne Aufwendungen für Schul- und Hochschulsport).
  • Es hat im deutschen Sport, weder im DOSB noch seinen Vorgänger-Organisationen, je eine unabhängige, systematische, kritische Aufarbeitung/Analyse der vielen gescheiterten Olympiabewerbungen gegeben, die den Namen wirklich verdient. Eine solche Analyse hätte zwingend Ausgangspunkt bei der Erarbeitung der Nationalen Strategie sein müssen.
  • (Die Nationale Strategie, erstellt für 2,4 Millionen Euro, interessiert im DOSB heute ohnehin niemanden mehr!)
  • Jene Form der Geschichtsklitterung wie in der sogenannten Vermächtnisanalyse vermeintlich positiver Wirkung vergangener Bewerbungen dominiert einen ganz entscheidenden Teil der Sportfamilie, die in diesem Konzept nicht in die Pflicht genommen wird.
  • Proprojekt hat fachliche Kompetenz, nimmt aber eine beinahe monopolähnliche Stellung ein: Die Firma arbeitete für das IOC (bei der Erstellung von The New Norm), in vielen Projekten für den DOSB, für BMI/DOSB (Nationale Strategie), im weiteren Sinne für NRW (Universiade 2025) sowie zahlreiche nationale und internationale Bewerbungen. Interessenkonflikte weist man von sich.
  • Ähnlich verhält es sich mit Funktionsträgern des Sports/der Sportpolitik, die immer wieder in verschiedenen Positionen bei Bewerbungen auftauchen, trotz ihrer insgesamt desaströsen Bilanz: Zu den für die Vermächtnisanalyse von Proprojekt interviewten Personen zählten zwei Teilnehmer der Arbeitsgruppen der Nationalen Strategie. Wobei eine Person auch damit quasi ihre eigene Arbeit evaluierte, was leicht gefallen sein muss, da nur Positives thematisiert wurde.
  • Im akademischen Bereich lässt sich bei deutschen Olympiabewerbungen (und anderen Anlässen) Ähnliches beobachten. Ein Ärgernis sind nicht nur die wiederholten Auftrags- und Jubelstudien zu Sportgroßereignissen – darauf lassen sich Karrieren mit vielen Nebenaufträgen begründen.
  • Das Schönrechnen der angeblich gewaltigen positiven Auswirkungen von Olympischen Spielen (oder Fußball-Weltmeisterschaften) hat beispielsweise Tradition. Damit kommt man gut an in jenen Medien, die nicht so genau hinschauen. Die IOC-Propaganda baut ebenfalls darauf.
  • Es ist ein ewiger Kreislauf im Sport und den verbundenen Organisationen, akademischen Einrichtungen und Firmen: Leidtragende sind die Steuerzahler, Gewinner sind jene, die trotz olympischen Dauer-Scheiterns immer wieder in leitende Positionen und Arbeitsgruppen gelangen.
  • Ich kann im Themenbereich Olympiabewerbungen nicht erkennen, dass der Sportausschuss des Bundestages seiner Kontrollfunktion konsequent nachgekommen wäre. Ich habe für diese Expertise natürlich ältere Protokolle studiert. Einige Abgeordnete werden sich gewiss an die Versuche erinnern, führende DOSB-Vertreter nach dem Scheitern von Hamburg 2024 zu befragen. Die Herren hatten leider keine Zeit. Und Sie, liebe Abgeordnete, ließen es geschehen.
  • An dieser Stelle sei ausdrücklich wiederholt, was ich ebenfalls oft beschrieben habe: Das aktuelle Procedere des IOC zu Olympiabewerbungen, New Approach genannt (kombiniert mit The New Norm, der Umsetzung, die sich aber noch auf alte Zeiträume von sieben Jahren zwischen Olympiavergabe und Ausrichtung bezieht), das andere Sachverständige so sehr loben, bewerte ich als eine völlig intransparente und undemokratische Katastrophe.
  • Das IOC-Verfahren New Approach ist intransparenter als alle Verfahren in 50 Jahren zuvor.

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