Zum Inhalt springen

Das Olympische Bildungsmagazin

Anklageverweigerung in Freiburg: die Einstellungsverfügungen. Dagegen: das Beispiel USA, USADA vs Armstrong

[Beginnen wir mit einem Nachtrag, den ich am Freitag, 24. August, um 12.01 Uhr, notiere. Der nachfolgende Beitrag von Grit Hartmann über real existierendes und nicht geahndetes deutsches Doping (und Dopingärzte), gestern Abend hier veröffentlicht, wurde über Nacht wunderbar ergänzt durch die Meldung aus den USA, dass Armstrong gegen die USADA kapituliert, die ihn lebenslang sperrt und die sieben TdF-Siege aberkennt.

Das passt zusammen: Armstrong und Ulle und Klöden, die seine TdF-Siege erben? Doper, die unterschiedlich gewürdigt/belohnt/bestraft werden. NADAs, die unterschiedlicher nicht arbeiten können. Verwendung von Steuermitteln für Dopingzwecke, die unterschiedlicher nicht geahndet werden könnte (illegal in den USA, praktisch legal in Deutschland). Die Fälle haben viele wunderbar vergleichbare Aspekte. (Habe dazu gerade einen Kommentar für Spiegel Online gedichtet, wird später verlinkt.)]

Hier nun die Arbeit und die Dokumente von Grit Hartmann:

* * *

von Grit Hartmann

Schon fast ein Nachtrag zu dem, was einige einen „Justizskandal“ nennen – die Einstellung der Ermittlungen zum systematischen Doping an der Universität Freiburg durch Oberstaatsanwalt Christoph Frank nach reichlich fünf Jahren Dauer.

Zunächst die beiden Einstellungsverfügungen, zum einen gegen die früheren Mediziner der Telekom-Radler, Andreas Schmid und Lothar Heinrich, darunter die im Ermittlungsverfahren gegen Mario Kummer, Olaf Ludwig und Rudy Pevenage.

Schmid, Heinrich

Kummer, Ludwig, Pevenage

Der Spiegel (Udo Ludwig und Michael Wulzinger), der das systematische Doping an einer deutschen Universität 2007 mit der Titelgeschichte „Dickes Blut“ aufgedeckt hatte, hat den Abschluss zuerst vermeldet und am Dienstag eine Geschichte mit Hintergründen nachgelegt:

Darin ist auch nachzulesen, dass Werner Franke, der die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen mit seinen Strafanzeigen ins Rollen brachte, Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens gegen die Ärzte bei der Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe einlegen wird. Franke meint, dass die Begründung deutlich macht, wie „die subjektive Sicht eines Staatsanwalts Aufklärung verhindert“. Mir hat er am Telefon einen schönen Satz vorgelesen. Er stammt aus einer Einstellungsverfügung gegen den westdeutschen Dopingtrainer Christian Gehrmann aus dem Jahr 1978, und lautet:

Von der Bejahung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ist nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen, da grundsätzlich das Strafrecht kein geeignetes Mittel ist, sportliche oder sportpolitische Entscheidungen herbeizuführen.

Der Oberstaatsanwalt hieß Rummel und war gleichzeitig Rechtswart des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes, der Gehrmann beschäftigte. Außerdem sagt Werner Franke:

Es kommt in Deutschland nicht zu Anklagen gegen einen Arzt. Jeder darf dopen, wie er will, und noch dazu behält er seine Approbation.

So ist es seit Jahrzehnten. Und, diese Selbstverständlichkeit muss gesagt werden: Kein Verfahren hat das deutlicher gezeigt als dieses, weil (DDR-Doping ausgenommen) nirgendwo klarer und mit eindeutigeren Zeugenaussagen belegt war, dass über viele Jahre systematisch gedopt wurde.

War aus Freiburg anderes zu erwarten als eine Einstellung? Ich habe nichts anderes erwartet, seit ich, das war Ende 2010 bis Frühjahr 2011, dort recherchiert habe, auch hier unter Doping, Politik und Kies in Freiburg. Einzelfälle mit System veröffentlicht. Es war der Versuch einer Annäherung an die politischen und sportpolitischen Geflechte im Breisgau, die Aufklärung behindern. Schon damals wurde, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, das erste Verfahren eingestellt – das gegen die Apothekerin, die Schmid und Heinrich mit Dopingsubstanzen beliefert hatte (siehe S. 6/7 der Verfügung).

Ein Aperçu, nach Angaben der Beteiligten eins, das purer Zufall ist: Die Apotheke befand sich im selben Haus wie die Arztpraxis des Bruders eines Freiburger Sonnenkönigs, des CDU-Politikers Gundolf Fleischer, u.a. Trägervereins-Vorsitzender am Olympiastützpunkt, seit 1995 Präsident des Badischen Sportbundes, Urgestein der CDU im Ländle, einst Minister, Staatssekretär, jahrzehntelang Landtagsabgeordneter. Fleischers Bruder, der Arzt, hatte beim Doyen der deutschen Sportmedizin, dem Leiter der Abteilung an der Universität, bei Joseph Keul, promoviert. Es gibt viele solcher Zufälle rund um die Freiburger Doping-Usancen.

In der Verfügung steht nun erstaunlich viel über diese Apotheke – Erwähnung findet sogar, dass der Kontakt durch eine „persönliche Bekanntschaft“ der Apothekerin mit Andreas Schmid zustande kam. Fand ich interessant.

Oberstaatsanwalt Christoph Frank, der jetzt eingestellt hat, kennt die Freiburger Gesellschaft bestens. Mit Fleischer, das erzählt er recht freimütig, war er in Jugendjahren sogar mal Messdiener. Ich habe Frank, der auch dem Deutschen Richterbund vorsitzt, zweimal für Interviews getroffen. Frank bestritt im Frühjahr 2011 jeden äußeren Einfluss auf das Verfahren. Er sagte zum Beispiel:

Frank1

Das klang schon vor einem reichlichen Jahr nach Einstellung. Aber wenigstens „das System der Behandlungen am Universitätsklinikum Freiburg“ wollte Frank offenlegen.

Ich habe in diesen Einstellungsverfügungen vergeblich etwas darüber gesucht, das man noch nicht wusste – dafür aber viele denkwürdige Entlastungsstrategien zugunsten der Mediziner, die Schule machen könnten. Dies betrifft die geringe Glaubwürdigkeit, die Staatsanwälte dann einem Zeugen beimessen sollten; die Frage, welche Hürden sie aufstellen, bevor sie einen Prozess eröffnen: So werden die hier als Argument zur Verfahrenseinstellung vorgetragenen Lücken bei der Feststellung von „Tatzeit, Tatort und näheren Umständen der Tat“ gelegentlich vor deutschen Gerichten geklärt. Die Verfügung (S. 20) enthält auch einen Satz, aus meiner Sicht einer der wichtigsten, der die Einzeltäterthese bestätigt: Dass nämlich „das Dopen von Radrennfahrern dem Beschuldigten Dr. Heinrich als Dienstauftrag für die Universitätsklinik Freiburg übertragen wurde“ – das hätten die Ermittlungen nicht ergeben.

Übersetzt: Abteilungsleiter Keul soll von nichts gewusst haben, die Dopingpraktiken wurden ihm von seinen Assistenten Schmid und Heinrich, so steht es da sogar, „verheimlicht“. Über Jahre.

Bei der Lektüre drängt sich vor allem diese Frage auf: Was an diesen Ausführungen rechtfertigt fünf Jahre Ermittlungsdauer? Eine Antwort darauf findet wohl auch der Gutwilligste nicht. Allerdings darf man nun die Gründung der Freiburger Doping-Schwerpunktstaatsanwaltschaft im April diesen Jahres in anderem Licht sehen. Der SPD-Justizminister Rainer Stickelberger trat gemeinsam mit DOSB-Generaldirektor Michael Vesper auf.

Es war damals schon kurios – und ist es jetzt erst recht – wie Stickelberger Giftpfeile gen Bayern und seine Kollegin Beate Merk (CSU) abschoss und vermeintlich exzellentes Freiburger Ermittlungs-Know-How im Spitzensport pries. Noch grotesker war, wie die beiden Herren vorab die großartige Arbeitsteilung zwischen Staat und Sport im Kampf gegen Doping lobten.

Warum die nicht funktioniert, hat Merk, haben ihre Staatsanwälte oft erklärt. Kurz vor den Olympischen Spielen hat sie dennoch einen neuen Gesetzentwurf vorgestellt, über den sie selbst sagte:

Mir sind Fortschritte in der Sache wichtig. Und auch kleine Fortschritte sind Schritte in die richtige Richtung!

Merk hat damit ihren letzten Entwurf für ein umfassendes Sportschutzgesetz aus dem Jahr 2009 in der Schublade verschwinden lassen. Dessen Kern, die Einführung eines Straftatbestandes Sportbetrug, ist von den Lobbyisten aus dem DOSB und den Koalitionsparteien im Sportausschuss erfolgreich blockiert worden. In der Länderkammer hat den Job, so hörte man hin und wieder, Vesper erledigt, einst Vize-Regierungschef in NRW.

Dass die Freiburger Pleite an dieser Blockadehaltung etwas ändert, auch wenn Merk nun einen entschärften Gesetzentwurf vorgelegt hat, muss bezweifelt werden. Im BMI – und der Sportausschuss ist wie zumeist willig gefolgt – hat man sich ja schon einen Gutachter für die Evaluierung der zahnlosen Gesetzgebung ausgesucht, der als Gegner jeglicher Änderung gilt, ganz im Sinne des DOSB. Der Erlanger Professor Matthias Jahn wird dem Sportausschuss noch in diesem Jahr seine Ergebnisse vorlegen.

Ob er die Nada konsultiert? Die hat nun, nach Bekanntwerden der Einstellungsverfügung, via PM mitgeteilt, sie werde Antrag auf Akteneinsicht in Freiburg stellen. Das wurde medial auch gleich gewürdigt. Bloß: Warum erst jetzt? Und gespannt sein darf man, was dabei herauskommen wird.

Zuletzt lieferte die Nada nämlich wohl eher unfreiwillig eine ganz erstaunliche Begründung dafür, warum die vielbeschworene Arbeitsteilung zwischen Staat und Sport gar nicht funktionieren kann. Antwort vom 16. Juli auf meine Frage, auf welche gesetzlichen Regelungen exakt sich die Nada berufe, wenn sie – wie im Fall Erfurt geschehen – Fragen nach nicht eingeleiteten Dopingverfahren damit beantworte, dass „die Erkenntnisse aus den staatsanwaltlichen Ermittlungsakten in einem Schiedsverfahren gegen eine andere Person aufgrund der nationalen Gesetzeslage nicht ohne Weiteres nutzbar“ sind:

Im Strafrecht gibt es eine Vielzahl von Beweisverwertungsverboten. Das bedeutet, dass Beweise und Beweismittel – obwohl sie tatsächlich greifbar sind – nicht zur Überführung eines Täters herangezogen werden dürfen. Gleiches gilt dann auch für disziplinarrechtliche Verfahren.

Insbesondere verfassungsrechtlich geschützte (Grund-) Rechte wie z.B. das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art 1 Grundgesetz), Brief- Post und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) sind nicht nur in strafprozessualer Hinsicht maßgeblich, sondern bilden auch die Grenze sport- oder verbandrechtlicher Sanktionshoheit.

Zu beachten ist zudem, dass sich das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den Arzt und nicht gegen einzelne Athleten gerichtet hat. Auch hieraus ergibt sich, dass Erkenntnisse über Dritte in den sportrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht ohne Weiteres verwertet werden dürfen.

Klöden et al. wird’s freuen.

Zurück nach Freiburg: An der Universität ringt man um etwas, das „Neuausrichtung der Sportmedizin“ heißt. Andreas Strepenick, hoch geschätzter Kollege von der „Badischen Zeitung“, hat die Fronten beschrieben.

Indes: Wer weitere Aufklärung übers Dopingsystem made in Freiburg erwartet, von dem nicht nur ein paar Radprofis profitierten, muss warten – auf den Abschlussbericht der Großen Kommission unter der belgischen Kriminologie-Professorin Letizia Paoli. Vorausgesetzt, die Universität legt diesen Bemühungen nicht noch mehr Steine in den Weg, als sie es ohnehin schon getan hat.

67 Gedanken zu „Anklageverweigerung in Freiburg: die Einstellungsverfügungen. Dagegen: das Beispiel USA, USADA vs Armstrong“

  1. Ich habe in diesen Einstellungsverfügungen vergeblich etwas darüber gesucht, das man noch nicht wusste

    Folgender Satz könnte doch evtl. noch von Interesse sein, falls die NADA hier etwas nachweisen könnte (oder heißt „Anfangsverdacht“, daß sich sich dies nicht erhärten ließ?):

    Konkret bestanden bei Einleitung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht, dass beide Beschuldigte die Radrennfahrer Jan Ullrich und Steffen Wesemann in den Jahren 2002 bis 2006, Rolf Aldag und Erik Zabel in den Jahren 2002 bis 2005 sowie Udo Bölts und Jens Heppner im Jahr 2002 mit jeweils einer EPO-Kur pro Jahr versorgt haben.

    Selbst wenn die NADA dies nicht verwerten kann, steht für mich persönlich folgendes fest:

    1) Jan Ullrich wurde nicht exklusiv von Fuentes versorgt, sondern auch während der Blutpanscher-Zeit noch zusätzlich von Freiburg aus.

    2) Steffen Wesemanns Sieg bei der Flandern-Rundfahrt 2004 ist endgültig entwertet.

    3) Rolf Aldag hat bei seinem „Geständnis“ gelogen:

    Da war für mich klar, das ist lebensbedrohlich, was du hier gerade machst. Ich weiß nicht mal wie gut oder wie schlecht ich gefahren bin 2002, es war einfach vom Kopf unmöglich darüber nachzudenken, da noch weiter zu machen. Das war dann halt der Schlussstrich.

    4) Erik Zabel hat bei seinem „Geständnis“ gelogen:

    So ging es dann bis 1996. Es gab Gerüchte, man kann einfach gar nicht mehr erfolgreich sein, ohne Doping zu benutzen. In meinem Fall war es dann so, dass ich mich kurz vor der Tour de France auch dazu entschieden habe, Epo zu benutzen. Das war ein Test, es war einmalig und ich habe am Ende der ersten Tour-Woche diesen Test beendet.

    5) Team NetApp unter Sportdirektor Jens Heppner müßte sich eigentlich mit sofortiger Wirkung vom Rennbetrieb zurückziehen:

    Wir sind auch bereit, sofort und unverzüglich die Konsequenzen zu tragen, sollte einem unserer Fahrer Doping nachgewiesen werden. In diesem Fall beenden wir unser Sponsoring sofort und kompromisslos.

    Auch schön die Aussage von „Senior Vice President und General Manager Europe“ Andreas König:

    Nach allem, was ich über [Jens Heppner] weiß, ist er ein absoluter Gegner des Dopings.

  2. @Ralf
    Ging mir um die angekündigte Offenlegung des „Systems der Behandlungen“. Dazu gibt es nichts Neues. Ich hatte zum Beispiel erwartet, dass geklärt wird, was denn Heinrich und Schmid in ihren Erst-„Geständnissen“ 2007 meinten, als sie behaupteten, sie hätten das nicht erfunden.
    Bei der Einschränkung, die Du aus „Anfangsverdacht“ und „Anhaltspunkten“ liest, schwant mir dasselbe wie Dir.

    Trotzdem: Feststellungen eines Radsportexperten sind immer gut ;-D

  3. Was an diesen Ausführungen rechtfertigt fünf Jahre Ermittlungsdauer? Eine Antwort darauf findet wohl auch der Gutwilligste nicht.

    Welche Antwort findet der Böswillige? Der Ablauf welcher (absoluten) Verjährungen musste noch abgewartet werden?

  4. Ja, immer diese vielfältigen Beweissachverhalte…
    Morgen läuft ja die Frist für Armstrong ab, ob sich wohl Jan Ullrich freuen würde, wenn er noch ein paar Toursiege aufgedrückt bekäme? Oder die berühmten Sportjournalisten?

  5. Was mich mal interessieren würde, was muß ein Mediziner eigentlich machen, damit er die Approbation entzogen bekommt? Jahrzehntelanges Doping ist es nicht. Da wäre ich mal interessiert zu hören was denn nach Meinung der Landesärztekammern erfoderlich ist um diesen Menschen die Approbation zu entziehen.

    Das Bild in der Öffentlichkeit im Bezug auf Radsport dürften die Herren Doktoren ja in vorbildlicher Manier zerstört haben.

  6. Immer nur ein Y im Namen von Vonn. Muss aber auch jedes Mal überlegen, wo:
    „Lindsey Vonn“ ist richtig.

    @ Grit Hartmann
    Großartiger Text.
    Wer den lesen und verstehen will, ist schon recht nah dran an der Profiradsport-Wahrheit.
    Nur, dass Klöden keine Rolle spielt. Der ist wirklich unwichtig und fährt nur Rad. Das übrigens auch noch schöner als fast alle anderen.

  7. @Ralf

    Bevor Sie übereilig den einen oder anderen der unter „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht“ erwähnten Fahrer der Lüge bezichtigen, sollten Sie zunächst mal Ihre Gedanken ordnen. Alle diese genannten Fahrer und vermutlich noch einige mehr waren 2007, ebenso wie die beiden Teamärzte, nach Veröffentlichung des Buches von Jeff D´Hont und dem darauf basierenden Interview im Spiegel und Eingeständnissen verschiedener Fahrer von Prof. Franke angezeigt worden. Gegen die Ärzte wurden daraufhin Ermittlungsverfahren eingeleitet, gegen die Sportler nicht. Die den Namen zugeordneten Zeitspannen bedeuten nichts anderes, als mit dem Jahr 2002 beginnend (dem Jahr der zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht der Verjährung unterlag), die Zugehörigkeit der Fahrer zum Team bis zu ihrem Ausscheiden. Das dürfte auch der Grund dafür sein, warum Fahrer wie z. Bsp. Bert Dietz, Christian Henn und Jörg Jaksche, die Doping im Team Telekom zugegeben haben, in dieser Aufzählung fehlen. Ihre Teamzugehörigkeit fällt komplett in den zum Zeitpunkt der Anzeige bzw. Aufnahme der Ermittlungen bereits verjährten Zeitraum.

  8. Hier mein zweiter Versuch, da mein erster Kommentar, warum auch immer, nicht erschienen ist.

    @Ralf

    Bevor Sie übereifrig reagieren und die unter „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Anfangsverdacht“ namentlich erwähnten ehemaligen Teammitglieder irgendwelcher Lügen bezichtigen, sollten Sie das Gelesene genau durchdenken. Ich habe gründlich nachgedacht und bin zu folgender Erkenntnis gekommen: Die den Sportlern zugeordneten Zeitspannen umfassen lediglich die Jahre ihrer Zugehörigkeit zum damaligen Profiradteam, jeweils 2002 beginnend, dem ersten Jahr der Nichtverjährung. 2007 war nach dem Erscheinen von D´Honts Buch und dem darauf basierenden Spiegel-Interview sowohl gegen die Teamärzte als auch gegen eine Reihe von D´Hont namentlich des Dopings bezichtigter bzw. geständiger Fahrer durch Prof. Franke Anzeige erstattet worden. Dass einige Fahrer in obiger Aufzählung fehlen, wie u. a. die geständigen Bert Dietz und Jörg Jaksche, dürfte wohl daran liegen, dass ihre Teamzugehörigkeit komplett in den bereits verjährten Zeitraum fällt.

  9. #8
    Angekommen, Arnesen.
    Nur: Die „Profiradsport-Wahrheit“ – also wer wo wann bei wem gedopt hat/haben soll – steht in den Einstellungsverfügungen s.o. ;) und seit einer Woche auch in Medien.
    Nicht mehr ganz so ein Aufreger bzw. (für mich) der kleinere.

    Und: Keiner fährt so schön wie Ulle ! (Weshalb Klöden nur einmal erwähnt ist.)

  10. Passend dazu auch diese Meldung von heute morgen, zu finden z. B. bei Spiegel Online

    Armstrong steht vor Verlust aller Tour-de-France-Titel
    Die US-amerikanische Anti-Doping-Agentur Usada hat angekündigt, Lance Armstrong mit einer lebenslangen Sperre zu belegen und ihm seine sieben Tour-de-France-Titel zu entziehen. Der frühere Radprofi hatte zuvor den Rechtsstreit um die Dopingvorwürfe aufgegeben.

    Wird jetz Ulle jetzt doch noch TdF-Sieger 2000, 2001 und 2003? Ich mein, offziell gedopt war der doch erst ab 2005 … (scnr)

    Schon bei der Balco-Geschichte hatte ich den Eindruck, das in den USA Staatsanwälte etwas forscher ermitteln. (Wikipedia, Tag BALCO @ hier im Hause.)

  11. @ Panni #10: Ich kann die Regeln gern noch einmal erklären.

    Nichts wird hier gelöscht, was nicht von mir auch kenntlich gemacht wird. Das unterscheidet dieses Blog deutlich von anderen Angeboten. Manchmal landet ein Kommentar im Spam-Filter, wie Ihrer (#9), manchmal muss ich frei schalten (bei neuen Kommentatoren).

    That’s it.

    Da gibt es absolut nicht hineinzugeheimsen.

  12. #11
    In diesem Fall, vor allem: die USADA ermittelt forscher als die Nada ;-)
    Der ja nun auch aufgegangen ist, dass ihr Code tatsächlich Sperren für Ärzte hergibt. Weshalb sie mal „prüft“, ob sich da mit Schmid und Heinrich was machen lässt, so fünf Jahre nach deren „Geständnissen“.

    Was bei Schmid (dem die Uni nun übrigens den außerplanmäßigen Professor aberkannt hat) noch Folgen hätte; er betreut, so behaupten mit den Freiburger Verhältnissen Vertraute, noch einzelne Behindertensportler. (War auch da Verbandsarzt, neben BDR.)

  13. @Jens Weinreich

    Danke für die Erklärung, aber ich hatte keine Löschung vermutet. Es passierte mir mitten in der Nacht dass mein Kommentar, für mich unerklärlich weil ich ihn doch abgesandt hatte, nicht erschien. Es war keine große Sache für mich es heute nochmals zu probieren. Ich hatte lediglich befürchtet, dass mein ursprünglicher Beitrag doch noch irgendwann „auftaucht“ und ich mit einer Wiederholung langweile.

  14. @ Horst #12:

    Wenn alles eins raufrutscht, ja, dann ist Ulle jetzt vierfacher Toursieger. Und noch eins obendrauf: Andreas Klöden gehört auch zu den Glücklichen, der hat dann auch einmal gewonnen.

  15. @16 Und das zu recht. Wie man ja mittlerweile weiß, war Ullrich einer der talentiertesten Radwettdoper. Morgens nach Freiburg und abends zu Fuentes, und zur Regeneration die ein- oder andere Pille in lokalen Discotheken, das muss man erstmal hinkriegen!

  16. Ach, noch was: Wenn die NADA ähnlich konsequent wäre wie die USADA, wäre er dann nicht ein- oder fünfmaliger, sondern nullmaliger Sieger.

  17. #18
    Ullrich – Schweiz.
    Klöden: Toursieg als Ausweis für das Leistungsvermögen der deutschen Nada.

  18. Was die USADA geschafft hat, ist schon bemerkenswert. Die Anwälte von Armstrong geben auf, allerdings gibt es kein Schuldbekenntnis.
    Wer darf die Tourtitel überhaupt aberkennen?
    Ich nehme an die UCI, die wollten ja vergeblich das ganze Verfahren übernehmen. Ullrich wäre nun der „neue Sieger“. Das wird die UCI nicht machen, also bleiben die Titel wahrscheinlich vakant, aus Angst sich klar zu bekennen. Denn das USADA-Ergebnise wäre eine Chance für einen Neuanfang.

  19. Wer Spaß haben möchte, kann in den nächsten Tagen den Tanz der UCI auf rohen Eiern bewundern. Ich freu mich jetzt schon.

  20. Interessant ist, dass Armstrong nicht bestreitet, gedopt zu haben. Er sagt nicht: Ich habe nie gedopt. Er sagt nur: Es gibt keine Beweise. Ganz sicher scheint er also nicht zu sein.

    Und selbst die Aussage, es habe bei der dreiwöchigen Tour „keine spezielle Behandlung“ gegeben, könnte man so auslegen: War auch nicht speziell, es gab ja ein paar andere Radfahrer, also nur gaaaaaaanz wenige, versteht sich, die genauso „behandelt“ wurden.

  21. SpOn (Jan Ullrich: „Ich bin auch auf meine zweiten Plätze stolz“ (Sport, 13:10)) ganz putzig:

    Beide Sportler [L. A., J. U.] stehen seit langem unter Dopingverdacht

    (Hervorhebung von mir)
    steht im Teaser. Immerhin bekommt man es dann im Text hin, den gegen Ullrich zu konkretisieren.

    Der inzwischen 38-jährige Ullrich war im Februar vom Internationalen Sportgerichtshof CAS wegen nachgewiesenen Dopings im Rahmen der Fuentes-Affäre für zwei Jahre bis zum 22. August 2013 gesperrt worden.

    Ich hatte da beim Teaser schon fast Angst, das würde man unter den Tisch fallen lassen.
    (Es ist übrigens nicht der Artikel bei Spon, den jw oben erwähnt.)

  22. Dann verlinke ich mal den Cheffe:

    Wenn dagegen in Deutschland staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgrund mangelnder Rechtslage eingestellt werden, obwohl Doping belegt ist, zuletzt in den Fällen der Blutbestrahlung am Olympiastützpunkt Erfurt und dem Dopingsystem der Uniklinik Freiburg im Profiradsport, dürfte bei Nada, DOSB und BMI vor allem Erleichterung einkehren. Die Nada findet dann allerlei Begründungen für ihre Untätigkeit, führt „eine Vielzahl von Beweisverwertungsverboten“ auf und beruft sich sogar auf das Grundgesetz.

  23. Auf SpON hat der Hausherr gerade die Entscheidung der USADA kommentiert und dieser Kommentar ist mindestens so bemerkenswert wie das Urteil.
    Volle Anerkennung und Lob für eine Sportorganisation vom kritischen Beobachter Weinreich!
    Hoffentlich bleibt es nicht bei dieser seltenen Ausnahme, was die Gerechtigkeit, Mut und Kampf der Manipulation betrifft.

    http://www.spiegel.de/sport/sonst/kommentar-lance-armstrong-ist-endlich-als-dopingsuender-ueberfuehrt-a-851892.html

  24. Wie kurios ist denn eigentlich das: Nach Strafrecht nicht zu verurteilen, aber nach Sportrecht zu sanktionieren ?
    Das Ganze grenzt ja an Schizophrenie. Das müßte eigentlich jedem normalen Menschen auffallen, insbesondere denjenigen, die Tag ein Tag aus damit befasst sind. Ansonsten – so könnte man annehmen – stimmt etwas mit den kognitiven Wahrnehmungen nicht.
    Und ich bleibe dabei, ein System – das Antidopingsystem – das sich immer wieder vor allem ausschließlich an den Athleten, den verdächtigten und den sündigen Sportlern reibt, ist ein krankes und ungerechtes System. So lange das nicht geändert wird, bleibt der Kampf um einen sauberen Sport ungerecht, unglaubwürdig und ist letztlich zum Scheitern verurteilt.

    @ Grit

    Indes: Wer weitere Aufklärung übers Dopingsystem made in Freiburg erwartet, von dem nicht nur ein paar Radprofis profitierten, muss warten – auf den Abschlussbericht der Großen Kommission unter der belgischen Kriminologie-Professorin Letizia Paoli.

    Ich würde ja gern Ihren Optimismus und Ihre Erwartung teilen. Sie wissen jedoch genau so gut wie ich, dass das nicht passieren wird. Oder meinen Sie, dass es politisch gewollt ist, zugeben zu müssen, dass man über die Jahre 3.5000 Bundeskaderathleten in Freiburg „übergemäß“ sportmedizinisch betreut und vor der DDR mit der Anabolikaforschung begonnen hat ?
    Jeder der ggw. Verantwortlichen hat Interesse, die Schindmähre von der überdopten DDR und der dadurch so benachteiligten BRD weiter zu reiten. Und Journalisten, die sich mal der Entzauberung dieser lächerlichen Mär annehmen, werden sich wohl kaum finden. Wo sollte man so etwas auch honoriert bekommen ? Aber dieses Thema – nämlich, dass Berufsethos und Wirtschaftlichkeit zwei verschiedene Paar Schuhe sein können- hatten wir ja gerade in einem anderen Zusammenhang erörtet.

    Und hier für die, die es interessiert:

    Die Anklageschrift der USADA gegen Lance Amstong und Teamleiter und Ärzte,…

    http://online.wsj.com/public/resources/documents/armstrongcharging0613.pdf

  25. @ Ralf

    Noch ist das Fenster einen Spalt offen. Die Reaktion der UCI würde doch noch interessieren.

  26. @Herbert
    Recht und Unrecht haben keinen Platz im Leben. Es kommt nur darauf an, zu wählen, wer darüber entscheidet.

  27. thelepathy (@thelepathy)

    Was ich bemerkenswert finde, ist, dass der hier von Grit Hartmann angedeutete Rollenkonflikt des Oberstaatsanwaltes keine Konsequenzen für das Verfahren hatte.
    Prof. Franke deutet eine Befangenheit ja an, indem er die subjektive Betrachtung und sukzessive Verneinung der strafrechtlichen Relevanz für das Freiburger Dopingsystem anhand eines ähnlich gelagerten Falles aus der Vergangenheit kritisiert.

    Frage: Wie kann ein Mann, wie Christoph Frank, mit den staatsanwaltlichen Ermittlungen am Olympiastützpunkt Freiburg betraut werden, wenn er seit Kindheitstagen mit einem der wichtigsten Sportfunktionäre (Fleischer) dort gut bekannt ist?

  28. @telepathy
    In Freiburg kennt beinahe jeder jeden, so groß ist die Stadt ja nun nicht. Das gehört dazu, darstellen kann man das, auch zum Beispiel, wer mit wem in welchem Rotary-Club verkehrt – aber es heißt erst mal noch gar nichts. Und von einem „Rollenkonflikt“ habe ich nicht gesprochen.

    Frank hat in den 80er Jahren ein Verfahren gegen Armin Klümper zur Anklage gebracht, da ging es um Abrechnungsbetrug, nicht um Doping. In diesem Verfahren gab es erhebliche Versuche der Einflussnahme, von denen er sich nicht hat beeindrucken lassen.

  29. thelepathy (@thelepathy)

    @GritHartmann

    Okay, danke für die Klarstellung. Das war auch nur meine Lesart. ;-) Bei all diesen Verquickungen à la Staatsanwalt-kennt-Funktionär-kennt-Arzt-kennt-Apotheker…
    Trotzdem interessante Recherche, und leider ziemlich enttäuschender Ausgang einer Affäre.

  30. Werner Franke im DRadio-Kultur-Gespräch mit Marietta Schwarz: UCI ist „total korrupter Haufen“

    Marietta Schwarz: Sie haben eben Einspruch eingelegt im Fall der Freisprüche der Freiburger Mediziner Heinrich und Schmid.

    Franke: Nein, habe ich noch nicht.

    Marietta Schwarz: Werden Sie aber tun?

    Franke: Na, ich prüfe das noch. […] Die Körperverletzung ist gar nicht ermittelt worden, das ist unabhängig übrigens davon, ob sie eintritt oder nicht. Wenn ich keinen ärztlichen Grund habe, weder einen therapeutischen noch einen diagnostischen, ein solches Mittel zu geben, das immer mit der Möglichkeit auch von schädlichen Nebenwirkungen […] behaftet ist, dann begehe ich eine Straftat. Und dieses ist erstaunlicherweise wieder einmal in Freiburg überhaupt nicht beachtet worden […]

  31. Pingback: Armstrong vs Telekom oder: der erschreckende Unterschied zwischen USADA und NADA : jens weinreich

  32. SpOn: Strafbefehl gegen ehemaligen Telekom-Teamarzt

    „Wir haben zwar die Ermittlungen gegen die früheren Teamärzte Lothar Heinrich und Schmid eingestellt. Im Falle Schmid allerdings bis auf einen Punkt. Wir sind überzeugt, dass er in fünf Fällen Epo verabreicht hat“, sagte Maier. Der Jurist wollte allerdings nicht die Namen der Epo-Empfänger nennen.

    Sollte das Gericht dem Strafbefehl über die Zahlung von drei Monatsgehältern stattgeben, wovon Maier ausgeht, könnte Schmid Widerspruch einlegen. „Wenn er den Strafbefehl akzeptiert, ist er vorbestraft, wenn nicht, kommt es zu einer Verhandlung“, sagte Maier.

  33. S. 4 der Einstellungsverfügung ist das erklärt.

    Ansonsten kam die Staatsanwaltschaft wohl zu dem Schluss, dass Schmid/Heinrich eher als Beschaffer von ziemlichen u.a. Epo-Mengen gearbeitet haben, aber niemals als Ärzte Spritzen gesetzt haben.
    Wohl ärztliches Ethos, das über Jahre als Teamdoktoren durchzuhalten ;)

  34. Er hat „in fünf Fällen“ an ein und denselben Fahrer (C. W.) EPO verabreicht, und nicht an fünf Fahrer? Habe ich das jetzt richtig verstanden?

  35. Und dieses ist erstaunlicherweise wieder einmal in Freiburg überhaupt nicht beachtet worden, was deshalb besonders grotesk ist, weil die Staatsanwaltschaft Freiburg gerade zur Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Dopingfragen …

    Ja, da haben wir wieder das Thema, ich komme wieder in dieses Wort, was ich „Staatskorruption“ nenne: Man wollte das nicht. Man war ja fast schon so weit, es auch direkt ins Strafgesetzbuch aufzunehmen, ins Strafrecht. Und dann ist das ja in letzter Minute anscheinend durch eine Intervention von Herrn Bach oder von einem Olympiamenschen wieder mal daran gescheitert. Also das ist – bei uns gibt es Kräfte, die es im Staatssinne halten, sportliche Erfolge auch damit in Kauf zu nehmen. Ich erinnere nur an Herrn Schäuble, nicht wahr, von dem es ja direkte Zitate aus früheren Jahrzehnten gibt dazu.

    Wenn man das von Prof. Franke liest, kann man nur bedauern, dass er die Große Kommission verlassen hat. Hat denn dort überhaupt noch einer das Potential, quer zu denken und zu reden ?

  36. Das lange Schweigen der UCI kann ich mir nur so erklären, dass über die Installation einer Ethikkommission beraten wird. Dort sollen dann Hein und Pat offen reden dürfen. :D

    Klarer wird mir jetzt auch, weshalb Anne Gripper, die ehemalige Dopingbeauftragte der UCI, sich kurz nach Verabschiedung des neuen Antidopingprogramms so plötzlich verabschiedet hat. Man ist immer hinterher schlauer.

  37. Hier noch die vermutlich finale Version der dpa-Meldung: Fünf Packungen Epo

    Der Mediziner Andreas Schmid akzeptierte einen Strafbefehl der Freiburger Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz. Das sagte sein Rechtsanwalt Ferdinand Gillmeister am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. „Mit diesem Strafbefehl ist Herr Schmid nicht vorbestraft. Das Verfahren ist folgenlos eingestellt“, erklärte Gillmeister.
    […]
    „Herr Schmid darf sich also als nicht vorbestraft bezeichnen“, stellte Maier klar. Der Fall lande aber im Bundeszentralregister.“

  38. Interessant an diesem Strafbefehl – den ich oben zu Unrecht vernachlässigt habe – ist, dass er die generelle Betrachtungsweise der Staatsanwaltschaft erhellt. Unter zwei Aspekten, die man auch schon aus der Einstellungsverfügung Schmid/Heinrich ableiten konnte und die aus Sicht der Freiburger Staatsanwaltschaft die Ärzte entlasten:

    1) Offensichtlich ist nun festgestellt (das 2006 noch nicht strafbare Eigernblutdoping vernachlässigt), dass die Ärzte Dopingsubstanzen zwar besorgt („zugänglich gemacht“), aber niemals selbst verabreicht haben. Bis auf diese eine und mit Strafbefehl belegte Ausnahme: die von Schmid an dem Zeugen „mit Epo durchgeführten und gesondert zu bewertenden Behandlungen“ (S. 4). Dass es so gelaufen sein soll, ist einigermaßen ungewöhnlich.

    2) Dazu wird mehrfach betont, dass eine Einwilligung der Radler vorgelegen habe, niemand geschädigt worden sei. Offensichtlich wird also die Sittenwidrigkeit von Doping verneint.

    Vor allem dieser zweite Punkt wirft die Frage auf, warum man denn da fünf Jahre ermittelt hat. Wenn es ohnehin die wirksame Einwilligung war, die in den Augen der Ermittler zählte – und nicht etwa der Umstand, dass auch das „Inverkehrbringen“ von Dopingsubstanzen (und die wurden laut Einstellungsverfügung sogar „in großen Mengen“ bezogen; wobei jede exakte Angabe fehlt) durch das AMG unter Strafe gestellt ist.

    Wenn man das zuende denkt, ist in Deutschland nur Minderjährigen-Doping bzw. die Abgabe von Dopingmitteln an Minderjährige strafbar, weil dann die Einwilligung unwirksam wäre. So schwach ist nicht einmal das AMG.

  39. @ Grit

    Verstehen Sie jetzt, weshalb ich mich aus Prinzip gegen das einseitige Sportlerbashing und
    – verurteilen aus Prinzip wehre ?
    Wenn stets nur ein Glied in der Kette geputzt wird, bleiben die anderen stumpf. Das Problem ist, dass das gleiche Delikt in Abhängigkeit vom Status der Person mit unterschiedlichen rechtlichen und gesetzlichen Regelungen behandelt wird. Wenn hier keine Waffengleichkeit hergestellt wird, bleibt alles so wie es ist. Für die einen ist der Regelverstoß mitunter folgenreich, die anderen wissen im voraus, dass mehr als ein müdes Lächeln es sie kaum kosten wird.
    Ersatzweise wird sich dann noch von den Verbänden und auch von Journalisten an den (scheinbar) überführten Einzeltäter über Gebühr schadlos gehalten.
    Und das ist Prinzip und es wird alles getan, dass es so bleiben kann. Mir fallen hier unweigerlich die Gladiatoren aus dem dem alten Rom ein, nur dass das Gaudi der Zuschauer öfters erst mit deren Tod endete.
    Wenn wir nicht den Antidopingkampf vom Kopf auf die Füsse stellen – um einen in London (!)begrabenen Deutschen zu zitieren- werden wir endlos weiter so ungerecht und ziellos bis zur Freigabe von Dope herumwerkeln.

  40. @Herbert

    Ich verstehe es mit Einschränkungen. Nicht, wenn Sie unterstellen (wozu Sie ja ein bisschen neigen), es sei immer der Sportler, der als Einzeltäter behandelt werde. Denn das geht an den Realitäten vorbei. Zumindest ist, seit ich das Thema Doping wahrnehme, immer versucht worden (von einigen wenigen), das System sozusagen „haftbar“ zu machen. Franke z.B. geht es seit jeher um die beteiligten Mediziner, Trainer – um Athleten erst in zweiter Linie. Dieses Herangehen ist durch Dutzende Anzeigen historisch gut dokumentiert, es gilt auch für das Doping in der alten Bundesrepublik.

    Wenn Sie damit sagen wollen: Die „Hintermänner“ (Verbandsfunktionäre schließe ich ein) sind noch immer zumeist unbeschadet davon gekommen – sagen Sie dasselbe wie die Dopingaufklärer. Freiburg steht nun in dieser schönen deutschen Tradition; dass hier keine Anklage erhoben wird, wie diese Einstellungsverfügung die Ärzte entlastet, das bleibt hinter den Möglichkeiten sogar des laschen deutschen AMG zurück. Das ja nicht umsonst als Anti-Dealing-Gesetz verspottet wird; und gedealt, um diese Feststellung kommt sogar die Staatsanwaltschaft nicht herum, haben Schmid/Heinrich offenbar massiv. Sportrechtlich wird das „System“ (jedenfalls in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Staaten) ebenso vernachlässigt: Die Nada hat noch nie Betreuer belangt. Und man darf gespannt sein, was diesmal wird.

    Andererseits ist das kein wirkliches Argument dafür, Sportler als Unschuldslämmer zu betrachten, etwa: nicht über Doper zu schreiben. Jedenfalls ich bin keine Freundin der Argumentation, die Sportler lediglich als Opfer des Systemzwangs sieht, obgleich das im Radsport sicher noch am ehesten der Fall ist. Athleten sind ebenso Profiteure.

    Die USADA zielt mit dem Vorwurf der „Dopingverschwörung“, der Anklage gegen einen Teammanager, gegen Ärzte, Betreuer und Athleten, inklusive der Außerkraftsetzung der Verjährung, die auch die UCI in Bedrängnis bringt, auf diese Profiteurskette. So etwas würde ich von der Nada auch gern einmal hören; in Bezug auf Freiburg wäre es längst angemessen gewesen.

  41. Andererseits ist das kein wirkliches Argument dafür, Sportler als Unschuldslämmer zu betrachten, etwa: nicht über Doper zu schreiben. Jedenfalls ich bin keine Freundin der Argumentation, die Sportler lediglich als Opfer des Systemzwangs sieht, obgleich das im Radsport sicher noch am ehesten der Fall ist. Athleten sind ebenso Profiteure.

    Absolutement d´accord. Ich habe es nie anders gesehen. Nur das Wie und vor allem die Vorwegnahme der Verurteilung sind/waren meine Probleme.

    Ob die USADA wirklich nur eherne Zeile verfolgt, wird sich noch zeigen müssen. Tygart erinnert mich ein wenig an Pierre Bordry, dem früheren Chef der französischen Anti-Dopingagentur (AFLD).

  42. Beinahe bedauerlich, dass das mit den Funktionären in der Regel etwas komplizierter ist.
    Bei uns gab’s maximal vom bösen Matschiner in die Welt gesetzte Gerüchte, dass einer Blutbeutel nach Sydney transportiert haben soll … und nicht mal für den Eigenbedarf ;-D

  43. Andreas Strepenick in der BadZ: Warum sind die Ermittlungen gegen Dopingärzte eingestellt worden?

    „Die Szene ist in der Lage, sich erfolgreich abzuschotten“, sagte Oberstaatsanwalt Christoph Frank

    Ist das in anderen Bereichen (Drogenhandel, Organisierte Kriminalität, etc.) anders?

    Das Verfahren habe auch deshalb so lange gedauert, weil er immer wieder geglaubt habe, dass die Mauer des Schweigens in der Radsport- und Ärzteszene eines Tages bröckeln würde. „Ich verhehle nicht, dass wir gehofft haben, dass vielleicht doch noch ein Dominoeffekt entstehen und Sportler Aussagen machen würden, die uns in der Sache voranbringen.“

    dpa: Staatsanwaltschaft Freiburg zieht Schlussstrich

  44. Schön, Ralf, wie Du diese kleinen Idiotien („ausführliches“ Geständnis, das sich auf fünf Dosen Epo bezog und vor allem auf das, was ein Zeuge ausgesagt hat) immer bemerkst. Hunderte weitere Packungen haben sich am Ende aufgelöst – bisher in enem Gutcachten ;-D

    Interessanter Fakt von der PK in Freiburg: Keiner der Zeugen ist vereidigt worden. (Ein „Vorteil“ des Umstands, dass Athleten nicht strafrechtlich zu belangen sind – sie könnten zur Aussage an Eides statt verpflichtet werden.)

    Dies Hörensagen eines entsetzten PK-Besuchers, dessen Bilanz lautete, es sei das Minimum des juristisch Notwendigen getan worden in fünf Jahren.

  45. justiz.bayern.de: Bayerns Justizministerin Merk fordert Kronzeugenregelung gegen Doping

    „Wenn gesagt wird, dass Profis mitgeteilt hätten, dass man ohne Doping im Radsport keine Chance habe, die Ermittlungen aber ganz überwiegend eingestellt werden mussten, weil sich die Szene erfolgreich abschottet, dann braucht man dringend ein wirksames Mittel, um den Sumpf trocken zu legen“
    […]
    „Wenn uns deshalb immer wieder entgegen gehalten wird, mit einer guten Schwerpunktstaatsanwaltschaft bräuchte man kein Gesetz, so ist das spätestens jetzt eindeutig widerlegt.“

  46. DOSB: Beschluss des DOSB-Präsidiums

    Das Präsidium stellt fest, dass die ehemaligen Verbandsärzte und Mitarbeiter des Universitätsklinikums Freiburg, Herr Dr. Lothar Heinrich und Herr Priv.-Doz. Dr. Andreas Schmid, gegen die Anti-Doping-Bestimmungen verstoßen haben.
    […]
    Da die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen keinen hinreichenden Verdacht auf Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz ergaben, wurden sie im Juli 2012 eingestellt. Davon unberührt bleiben jedoch die offenkundigen Verstöße gegen die im Betrachtungszeitraum geltenden Anti-Doping-Bestimmungen im Sport.

    Und was macht die NADA??

  47. Merke: Wenn es dem DOSB-Präsidium in den Kram passt, dann kann man auch mal schnell die Steiner-Kommission übergehen.

  48. Die DOSB Stellungnahme zu Heinrich und Schmid ist lächerlich und zeigt die Notwendigkeit einer Verschärfung der Gesetze. Viele saubere Spitzenathleten, die es in Deutschland glücklicherweise noch gibt, sind frustriert, weil die Offiziellen nicht konsequent handeln. Diese Athleten müssen geschützt werden.

  49. Pingback: Armstrong vs Telekom oder: der erschreckende Unterschied zwischen USADA und NADA • Sport and Politics

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

What they say
"I give a shit on you!
I shit on German media!"
Husain Al-Musallam
President World Aquatics
and Co-Conspirator #3
coming soon
fund journalism
FIFA Watch
best of