Zum Inhalt springen

Brief an IOC-Boss Bach: 14 NADAs fordern Russlands Olympia-Ausschluss. CAS-Entscheid pro IAAF

Brief an IOC-Boss Bach: 14 NADAs fordern Russlands Olympia-Ausschluss. CAS-Entscheid pro IAAF

Es ist ein kraftvoller und klug argumentierender Brief, den 14 NADAs gestern an IOC-Präsident Thomas Bach geschrieben haben. Die Agenturchefs aus Österreich, Kanada, Dänemark, Neuseeland, Ägypten, Norwegen, Finnland, Spanien, Deutschland, Schweden, Japan, der Schweiz, den Niederlanden und den USA argumentieren streng an der Olympischen Charta, die eindeutige Regelungen vorsieht und dem IOC-Exekutivkomitee alle Entscheidungsbefugnis einräumt, und sie messen Bach an seinen eigenen Worten, wenn sie fordern:

[caption id="attachment_26099" align="aligncenter" width="400"]14 Nadas schreiben dem IOC-Präsidenten Dear President Bach: …[/caption]

In light of the strength of the IP Report which the IOC, WADA and the Olympic Movement have fully accepted, and given the short amount of time remaining before the Rio Olympic Games, we believe it is appropriate and necessary for the IOC to take decisive action to uphold the Olympic Charter and the integrity of the Rio Olympic Games. This is a responsibility that cannot and should not be delegated by the IOC. As a consequence, we call upon the IOC to exercise its leadership authority under the Olympic Charter and take the following steps in response to the IP Report to protect the Rio Olympic Games:

Crowdfunding für die Whistleblower-Familie Stepanow

In dieser Minute, 14.00 MESZ, startet eine große Crowdfunding-Aktion für die Doping-Whistleblower Julia Stepanowa und Witali Stepanow, die Russland verlassen mussten und seit 2014 im Ausland leben.

Hier kann man für die Stepanows spenden, ich mache das gleich:

Außerdem:

Zur Unterstützung rufen u.a. die WADA-Athletensprecher Olympiasiegerin Beckie Scott, Olympiasiegerin Lauryn Williams, Ben Sandford sowie Olympiasieger Robert Harting auf.

Übersetzungshilfe zur Erklärung des IOC-Exekutivkomitees

Dieser Beitrag enthält u.a. ein bislang unveröffentlichtes Dokument, das wegweisend für die Sperren russischer Athleten in Rio sein kann: Das Urteil das CAS vom Januar 2016, in dem der Einspruch des bulgarischen Gewichtheber-Verbandes gegen die Kollektivstrafe abgeschmettert wurde.

Handshake zwischen Bach und Putin beim "World Olympians Forum and WOA Genral Assembly"

Der unvergleichliche, freidemokratischste und unpolitischste IOC-Präsident der Welt, Thomas Bach, hat dem Planeten Erde gestern Nachmittag eine echte Denksportaufgabe erteilt. Die Erklärung des IOC-Exekutivkomitees, nach einer Telefonkonferenz am Tag nach Veröffentlichung des McLaren-Reports, ist ein Meisterwerk des Bach’schen Propaganda-Arsenals. Routinierte Verschleierungstaktik habe ich das in meinem ersten Kommentar auf Spiegel Online genannt: „Olympia-Ausschluss Russlands: da fließt noch viel Wasser den Bach runter“. Thomas Bach hat, so wie man das von ihm kennt und nicht anders erwartet, wieder einmal vielfältige Lebenssachverhalte kreiert.

Propagandamaschine: das IOC und Putin und die Einheit von Sport und Politik

[caption id="attachment_26024" align="aligncenter" width="525"]Sport hat nichts mit Politik zu tun. Nicht in Russland. (Fotoquelle: President of Russia) Sport hat nichts mit Politik zu tun. Nicht in Russland. (Fotoquelle: President of Russia)[/caption]

Die Namen der beiden politisch Hauptverantwortlichen für das gigantische, kriminelle Dopingbetrugssystem des russischen Sports (inklusive des Betruges an vielen tausend Athleten aus aller Welt) tauchen insgesamt nur drei Mal im eher vorläufigen Untersuchungsbericht von Richard McLaren auf.

Wladimir Putin und Dmitri Medwedew.

Präsident und Ministerpräsident.

In jener Zeit, da das nun zusammengebrochene System ersonnen und in Auftrag gegeben wurde, war – Rollentausch – der eine Ministerpräsident und der andere Präsident. Macht es einen Unterschied?

Putin und Medwedew also. Jene Männer, die seit gestern Entlassungen „der Verantwortlichen“ versprechen und vornehmen und die Justiz beauftragen. Die jüngste „Meldung“ dazu: Medwedew sagt, Sportminister Witali Mutko werde im Amt bleiben.

Der Reihe nach.

live-Blog: der McLaren-Report zum russischen Dopingsystem #Sotschi2014

Auf geht’s. Was haben der kanadische Jurist Professor Richard McLaren und sein Investigator Mathieu Holz (ehemals Interpol) zu bieten in Sachen staatlich orchestriertes Doping in Russland und Großbetrug im Dopingkontroll-Labor der Winterspiele 2014 in Sotschi? Werden die Forderungen nach einer Suspendierung des vom IOC-Mitglied und Duma-Mann Alexander Schukow geführten russischen NOK (ROC) lauter?

Es ist soweit. In Toronto tritt McLaren 15.00 MESZ vor die Medien.

In Vorbereitung habe ich in diesem Beitrag Material zusammengetragen und die erbitterten Diskussionen des Wochenendes zusammengefasst:

Einen Livestream gibt es zumindest beim Guardian. Wer andere/bessere Angebote findet, bitte in die Kommentare stellen.

Ich bette RT ein, Achtung:

The Empire strikes back: IOC-Attacken auf Doping-Aufklärer und mündige Athleten

Heute um 15 Uhr (MESZ) wird der Untersuchungsbericht der Welt-Antidoping-Agentur WADA zum staatlich orchestrierten Betrug im Dopingkontroll-Labor in Sotschi 2014 und zum russischen Staatsdoping veröffentlicht. Davon ausgehend wird die Frage neu beantwortet werden müssen, ob das russische NOK komplett den Sommerspielen in Rio fernbleiben soll. Diese Variante, von einer erstaunlich ausdauernden olympischen Opposition gefordert, hatte IOC-Präsident und Putin-Freund Thomas Bach mit seiner Finte des Olympic Summit nur einige Wochen vertagt.

Doping in Freiburg: das Gutachten zu Herbert Reindell

titel-reindell-gutachten

Die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat nach ewigem Gezerre vor wenigen Minuten ein weiteres Doping-Gutachten veröffentlicht. Wer hier im Blog Tags und/oder die Suchfunktion nutzt, findet Dutzende Beiträge und Dokumente zum Hickhack um die Doping-Evaluierungskommission und die eigentlichen Sachverhalte.

Das nun veröffentlichte Gutachten trägt den Titel: „Herbert Reindell als Röntgenologe, Kardiologe und Sportmediziner: Wissenschaftliche Schwerpunkte, Engagement im Sport und Haltungen zum Dopingproblem“. Dazu gibt es eine Zusammenfassung von Andreas Singler und einen Zusatz von Gerhard Treutlein. Am Gutachten hat Lisa Heitner mitgewirkt. Die Autoren Singler und Treutlein haben sich inzwischen heillos und unschön zerstritten. Den Stand dieser Streitigkeiten, auch zwischen Uni und Letizia Paoli, hat Grit Hartmann heute in der Berliner Zeitung zusammengefasst. Zunächst wie gewohnt Ihr Beitrag, danach folgen die Dokumente:

* * *

Freiburger Kulissenschiebereien

von Grit Hartmann

Die Veröffentlichung von Gutachten zu den Breisgauer Dopingärzten verzögert sich, aber daran ist nicht die Universität schuld

Es war lange still um die Freiburger Dopingskandale und ihre Aufarbeitung. Zuletzt, seit März 2016, seit sich die mit dem Job betraute Evaluierungskommission um die belgische Mafia-Expertin Letizia Paoli geräuschvoll aufgelöst hatte, war das größte Aufklärungsprojekt der deutschen Dopinghistorie sogar für gescheitert erklärt worden. Es schien perfekt zur Skandalchronik aus dem Breisgau zu passen, dass der Auftraggeber, die Universität, weiteren Imageschaden abwenden wollte und deshalb, im Bund mit subtilen Kräften aus Sport und Landespolitik, die Kommission zermürbt hatte. Ein Ruf, den sich die Uni über Jahre tatsächlich verdient hat. Und nun? Das Bild ist längst nicht mehr so klar:

Fünf noch unveröffentlichte Gutachten liegen vor, rund 1500 Seiten. Nach Informationen dieser Zeitung hat die Universität jetzt grünes Licht gegeben wenigstens für die Expertise zu Herbert Reindell, zum 1990 verstorbenen Nestor der deutschen Sportmedizin. Sie soll in diesen Tagen publiziert werden, obwohl die Autoren – der Mainzer Dopinghistoriker Andreas Singler und der Heidelberger Sportpädagoge Gerhard Treutlein – heillos zerstritten sind. Das Gutachten ist lange überfällig, nicht nur, weil es schon 2014 von der Kommission angenommen wurde. Die Autoren präsentieren auch mindestens einen brisanten neuen Fund: Untersuchungen bei Gewichthebern in Freiburg ergaben schon in den 70er Jahren verdickte Herzkammer-Wände, und Reindell deutete dergleichen als „unbedenklichen Anpassungsvorgang“. Tatsächlich aber handelt es sich um eine hoch gefährliche Folge von Anabolika-Doping. „Bis heute“, so kritisieren Singler/Treutlein, seien in Freiburg „keinerlei Konsequenzen“ gezogen worden – „etwa in Richtung einer dringend erforderlichen systematischen kardiologischen Nachsorge von ehemaligen Kraftsportlern.“

IAAF olympic statistics #Rio2016

Und nochmal was anderes, ein wirklich wunderbares IAAF-Produkt, wie ich finde. Gerade hat der Leichtathletik-Weltverband das neue olympische Statistik-Handbuch bereitgestellt. Ein Nachschlagewerk nicht nur für Nerds der Olympiageschichte und/oder der Leichtathletik, inzwischen auch für all jene, die dem Zirkus nicht mehr trauen und mehr am verbundenen Dopingthema interessiert sind. Dieses Kompendium umfasst also nicht nur Hochdopingdisziplinen, sondern auch längst vergessene Olympiawettbewerbe wie Hochsprung aus dem Stand, Weitsprung aus dem Stand, Dreisprung aus dem Stand, 200 Meter Hürden, Diskuswerfen mit beiden Armen, 3.500 Meter Gehen, 60 Meter und allerlei andere Leibesübungen. Dazu kommen hunderte Statistiken wie Länderwertungen in Disziplinen und bei allen Spielen undsoweiterundsofort. Mit all den Randnotizen und Ergänzungen, eben auch den nachträglich aberkannten Medaillen, und einem Länder-Index ergibt sich ein fantastischer Überblick auf 420 Seiten. Für Berichterstatter von Olympischen Spielen unentbehrlich – für viele andere Beobachter gewiss auch.

Dass Olympische Spiele – wie ich seit Ewigkeiten erkläre – ja nicht nur 19 Wettkampftage dauern (in Rio beginnen die ersten Wettbewerbe zwei Tage vor der Eröffnungsfeier), sondern mindestens acht oder gar zwölf Jahre, müssen natürlich auch in diesem Büchlein einige Kapitel bzw. Ergebnislisten umgeschrieben werden. Und da das IOC sich mit den Disziplinarmaßnahmen zu den positiven Nachtests der Peking-Spiele 2008 und der London-Spiele 2012 viel Zeit lässt, konnten einige Doper noch nicht als solche markiert werden und stehen weiter auf Medaillen- und anderen Rängen. Die Autoren notieren dazu:

As this book’s deadline is reached, there are numerous unconfirmed and ongoing cases such as the mass IOC re-tests from Beijing 2008 and London 2012. These pages contain the ranking changes resulting from cases closed by the IAAF as at June 10, 2016. In some events the IOC have yet to confirm the resultant re-allocation of medals. On May 17, 2016 the IOC reported that they are also re- testing the samples of those athletes who could be awarded medals following the disqualification of others.“

Das Statistik-Werk:

Was vom Tage übrig bleibt (96): Infantino, Samoura, Stepanowa, DOSB und unethische Olympialasten

[caption id="attachment_25847" align="aligncenter" width="674"]Startliste 2. Vorlauf 800 m Frauen bei der EM in Amsterdam am 6. Juli 2016 Startliste 2. Vorlauf 800 m Frauen bei der EM in Amsterdam am 6. Juli 2016[/caption]

Damit es nicht untergeht im Euro-Rauschen, einige Links, Docs und Lektüre-Hinweise.

1) Am Wochenende veröffentlichten Tages-Anzeiger/Sonntagzeitung ein internes Schriftstück aus der FIFA, aus dem seit Ende Mai zitiert wird (etwa in der FAZ) – und in dem Gianni Infantino so einiges vorgeworfen wird. „Wer den FIFA-Chef kritisiert, fliegt raus“, titelt Arthur Rutishauser. Es geht, wie seit etlichen Wochen debattiert, um die Kosten für Flüge (Alischer Usmanow zeigt sich sehr spendabel), Matratzen, Fitnessgeräte, Blumen, Luxus-Limousinen, teure Berater (u.a. Luís Figo), Reinigungen und andere Spesen – und natürlich um Infantinos Millionen-Gehalt, das er als „beleidigend“ empfindet.

Hier das Papier:

Dazu gab es bereits einige Beiträge mit weiterführenden Links und dem Mitschnitt der FIFA-Councilsitzung im Mai:

:

Im Übrigen nimmt die von Infantino betriebene Säuberungswelle in der FIFA-Administration kein Ende, die nächsten beiden Manager wurden gefeuert: Severin Podolak, Chef der FIFA Travel GmbH, und Christoph Schmidt, Bürochef des Generalsekretariats, das bis vor kurzem von Markus Kattner geführt wurde, der ja nun auch gefeuert wurde. Dabei ist Infantino nach den neuen FIFA-Statuten doch gar nicht mehr fürs Tagesgeschäft verantwortlich, sondern quasi außenpolitisch tätig. Doch halt, hat er nicht in einem seiner vielen Alleingänge als CEO und Generalsekretärin die Senegalesin Fatma Samoura, installiert, die gerade bei Elfmeterschießen gegen Italien in Bordeaux dem CDU-DFB-Präsidenten Reinhard Grindel um den Hals gefallen ist?

Na klar.

Von Opdi & Scholli und anderen vergebenen Möglichkeiten

Eine kleine TV-Kritik zur Euro 2016 war vorbereitet, da kommt der von der ARD fürstlich entlohnte Mehmet Scholl daher und macht endlich mal das, wofür er seit Jahren bezahlt wird. Scholl, dem viele in diesem Internet aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen den Fußball-Sachverstand absprechen (darauf muss man erstmal kommen), kritisierte also die Taktik des Bundes-Jogi gegen Italien – nach einem nervenzehrenden Duell mit grotesk-spannendem Elfmeterschießen, das sich würdig einreihte in die Chronik deutsch-italienischer Auseinandersetzungen bei großen Turnieren.

[caption id="attachment_25814" align="aligncenter" width="924"]screenshot ARD Screenshot ARD[/caption]

Die Sache ist, wie vieles im Fußball, zu einem kleinen Politikum geworden, der Boulevard hat sich des Themas angenommen, La-Mannschaft-Chefvermarkter Oliver Bierhoff findet die Kritik „unmöglich“, „unglaublich“ und sieht den „gesamten Trainerstab“ angegriffen.

All that jazz.

Dreier- oder Viererkette? Defensive zu Ungunsten der Offensive stärken? Mit breiter Weltmeister-Brust den Italienern seinen Stil aufzwingen, statt auf die Stärken des Gegners mit Systemanpassungen zu reagieren? Das sind so Fragen, die seit gestern Abend gegen Mitternacht mit Verve diskutiert werden. (Einen Teil der Ausführungen Scholls hat die ARD auf Youtube veröffentlicht, eine Einbindung dieser Sequenz ist nicht möglich. In der Mediathek findet sich womöglich das komplette Stück.)

Mag sein, dass die öffentliche Diskussion um sein öffentlich-rechtliches Jahressalär (ein sogenannter Branchendienst spekulierte über bis zu 1,6 Millionen Euro) das Unterbewusstsein des ARD-Experten Mehmet Scholl stimulierte, ein Mal während der EM etwas mehr von sich zu geben, als nur ein oder zwei Sätze auf jene Stichpunkte hin, die ihm sein Partner Matthias Opdenhövel darbietet. Vielleicht war es aber auch Berechnung: Wollte er ausgerechnet in jenen Minuten, da das Ergebnis doch alle Mittel heiligt (nicht meine Sicht aber wohl zweifellos die Sicht der Mehrheit), beweisen, dass er das ARD-Honorar wert ist? Antworten darauf kann nur Mehmet Scholl geben.

Vielleicht nicht mal er.

Was mich an dieser Episode mehr beschäftigt als die inhaltliche Frage, sich mit der von Joachim Löw gewählten Taktik auseinander zu setzen (wenn er sie denn gewählt hat, denn Scholl insinuierte mit dem Verweis auf die WM 2014 ja auch, dass die Spieler damals in der entscheidenden Phase die Taktik festgelegt hätten), ist der, sagen wir, im weitesten Sinne: journalistische Aspekt des Ganzen.

Aber vielleicht hat es auch nichts mit Journalismus zu tun, wenn ich nun auf Scholls Kompagnon Matthias Opdenhövel zu sprechen komme, den ARD-Presenter aus den EM-Stadien.

Olympic Summit: die schmierigen Finten des Putin-Kumpels Thomas Bach #Rio2016

Es wird immer wilder. Schon fällt in Russland das B-Wort.

Boykott.

Thomas Bachs handverlesener Olympic Summit ist nach etwas mehr als vier Stunden gerade beendet. In Kürze gibt es eine Pressekonferenz mit Bach in Lausanne. Ich höre am Telefon zu und werde den Tag über einiges bloggen. Eine aktuelle Analyse des Geschehens in Lausanne schreibe ich für Spiegel Online. Dort heute morgen auch mein Zwischenstand kurz vor dem Meeting:

14.10 Uhr: We have to join forces of all olympic stakeholders. Sagt der UDIOCP Thomas Bach.