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Jens Weinreich

Notizen vom Sportausschuss (4): „Mangel kann man nicht durch Mangel beseitigen.“

Ich kann auch nichts dafür. Ich konnte es einfach nicht lassen. Hier also in der Tradition einiger anderer früherer Beiträge meine Notizen von der ersten Sitzung des Bundestags-Sportausschusses 2009.

Zuvor aber noch einige Verlinkungen. (Die Beiträge in der Süddeutschen und der Welt hat Ralf hier bereits angeboten.) Ein paar Aspekte zur Diskussion über die Trainerproblematik des deutschen Sports habe ich am Sonnabend im Deutschlandfunk behandelt:

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Dazu ein Interview von Jessica Sturmberg mit Brigitte Michel

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… und ein Gespräch mit Armin Baumert

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Die drei Beiträge sind als Package zu sehen bzw. zu hören.

Nun also die Notizen zur 65. Ausschuss-Sitzung und der Anhörung über den „Stellenwert der Trainer im deutschen Spitzensport“.

„Der Appetit kam beim Essen“

Ich wollte diesen Eintrag schon immer mal schreiben und finde, das passt jetzt ganz gut, da Andreas Krieger hier gerade einen bemerkenswerten Kommentar geschrieben hat – und überhaupt. Worum geht es? Um die banale Erkenntnis, dass man nicht ewig auf der Stelle treten muss. Dass die Dinge sich entwickeln und dass sich eher selten etwas so gestaltet, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Wer mag, kann flink mal meinen ersten journalistischen Schreibversuch begutachten und sich darüber wundern, dass unter meinem Namen Formulierungen auftauchen wie „unsere Leichtathletik“ oder „unser Olympiasieger“. Probleme sind übrigens da, um gelöst zu werden. Ich sage nicht mal, dass mir das jemand reinredigiert hätte. Spielt keine Rolle, das war damals so. Ich wusste es nicht besser. Dem ersten Text sind rund 3000 andere gefolgt, ein paar Bücher und TV-Dokumentationen auch. Vielleicht war nicht alles so dämlich.

Voila, hier sind also die Zeilen über den Entdecker „unserer“ Kugelstoß-Europameisterin Heidi Krieger, aus der inzwischen Andreas Krieger geworden ist, und der seine Goldmedaille aus jenem Jahr für einen einzigartigen Anti-Doping-Preis gespendet hat. Den SC Dynamo Berlin gibt es nicht mehr, so weit ich weiß, eben so wenig wie das Land, das „unsere Helden“ hervor gebracht hat. Ich sag‘ doch, die Dinge entwickeln sich.

Was vom Tage übrig bleibt (15)

Neue Lesebefehle. Zunächst die Nachzügler, die ich beim letzten Mal vergessen oder übersehen hatte:

  • Michael Reinsch in der FAZ mit einer Betrachtung zum Ethos des Sports/der Sportler: „Der Keim der Sumpfblüten“. Das Problem dabei: Als ich mich eingelesen hatte in die spannenden Überlegungen, war der Text leider zu Ende. Das Thema hätte die doppelte Länge verdient:

„Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“, heißt es im Alten Testament. Nicht einmal im Sport kann davon noch generell die Rede sein. Wer in unserer Gesellschaft beackert, bitte schön – anders als in den Hallen des chinesischen Sportapparats, in den Laufgruppen Afrikas und den Krafträumen osteuropäischer Olympiakader –, noch den sprichwörtlichen Ackerboden, auf dem Dornen und Disteln wachsen? Unsere Athleten haben, wie es sich gehört, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, verbunden mit Studium, Berufsausbildung und Zahlung in die Rentenkasse. Sie treiben nicht Hunger und Verzweiflung. Sie lockt die Aussicht auf bescheidenen Ruhm und einen Lebensstil, der sie ihre Arbeit in Trainingslagern am Mittelmeer und in den Rocky Mountains tun lässt.

In der ausdifferenzierten Hierarchie des Hochleistungssports trägt diese Stufe der Gesellschaft ihre Vorsilben wie eine hoffnungslose Prognose: Mittelschicht, Mittelmaß. Vielleicht ist Ernüchterung am Platze. Doch das Fehlen von Extremen, der Umstand, dass in einer freien Gesellschaft Athleten weder metaphorisch noch existentiell um ihr Leben kämpfen, ist gewiss auch ein Grund zur Erleichterung.

  • Enno Aljets bietet auf Welt Hertha Linke ein Dossier zur Berichterstattung über Doping im Fußball. Unbedingt pflegen!

Und nun aktuellere Texte: