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Jens Weinreich

Antidopingberichte 2007 der deutschen Sportfachverbände

Sorry, aber dieser Eintrag wird sehr hölzern-nüchtern-sachlich-bürokratisch. Ganz ernst. Dabei hat doch Staatssekretär Christoph Bergner gestern verärgert angemerkt, auch ich würde „Klamaukberichterstattung“ betreiben. Seine Meinung. Dabei geht es nur um ein bisschen Transparenz im Umgang mit öffentlichen Mitteln, um ein bisschen Journalismus, mehr nicht.

Schon klar, dass Bergner nicht gefiel, was er hier (Süddeutsche Zeitung: „Ein Transparenzproblem“) oder hier im Blog („Das Eigenleben der BMI-Sport­abteilung“, „Facetten der Wahrheit“, „DOSB-Mitgliederversammlung“) oder hier (Berliner Zeitung: „Peinliche Momente im Ausschuss“) lesen musste. Egal, ich will noch ausführliche Notizen (ähnlich diesen hier) zur bemerkenswerten Diskussion gestern Nachmittag im Bundestags-Sportausschuss veröffentlichen. Das dauert aber ein Weilchen.

Wer mag, kann sich bis dahin mit einem ziemlich exklusiven, bislang unveröffentlichten Dokument trösten. Es ist ein Papier, das Christoph Bergner (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI), lieber nicht im Sportausschuss verhandelt haben mochte, wie gestern herauskam. Deshalb liegt das Papier den Parlamentariern, die die Spitzensportförderung kontrollieren und gewissermaßen gutachterlich begleiten sollen, noch immer nicht offiziell vor.

Olympische Jugendspiele

Eine Entscheidung fiel auch noch in Lausanne: Innsbruck richtet 2012 die ersten Winter Youth Olympic Games aus. Die ersten Sommer-Jugendspiele finden 2010 in Singapur statt. Innsbruck setzte sich in einer Briefabstimmung des IOC mit 84:15 gegen Kuopio (Finnland) durch. Harbin (China) und Lillehammer (Norwegen) waren zuvor aussortiert worden. Jacques Rogge hat sein Projekt durchgebracht. Später mehr dazu. Hier Innsbrucks Pressemitteilung (pdf).

Bei den Olympischen Jugendspielen soll vieles anders sein. Zum Beispiel: die Kleidung. Casual Dresscode ist angesagt. So waren jene sechs IOC-Mitglieder, die es am Freitag in den kleinen, nagelneuen Fernsehraum der Lausanner Konzernzentrale drängte, doch überrascht, ihren Präsidenten Jacques Rogge und den IOC-Direktor Gilbert Felli mit offenem Hemd zu sehen. Ohne Krawatte zu Gast bei der Jugend. Frankie Fredericks aus Namibia und Ng Ser Miang aus Singapur handelten umgehend: Sie ließen ihre Binder in den Jackettaschen verschwinden. Lambis Nikolaou, Richard Carrion, Mario Pescante und Sam Ramsamy nestelten nur etwas verwirrt an ihren Hemdkragen herum, nahmen aber keine grundsätzlichen Änderungen am Outfit vor. 

Die Jugendspiele sind ein Projekt des IOC-Präsidenten. Im Frühjahr 2007 drückte Rogge es resolut gegen anfängliche Widerstände durch. Auf der IOC-Session im Juli 2007 in Guatemala, als der Plan verabschiedet wurde, diskutierten 47 Mitglieder fast zwei Stunden darüber. 46 Olympier dankten ihrem Chef überschwänglich und benutzten Vokabeln wie „brillant“, „historisch“, „einmalig“. Mit den Jugendspielen schien das globale Mittel gegen Bewegungsarmut und Fettleibigkeit, die Dominanz elektronischer Medien im Freizeitverhalten und das akut sinkende Interesse der Jugend an den Olympischen Spielen gefunden. Wie so oft störte nur der Kanadier Richard Pound die Huldigungen: „Ich frage mich, ob eine Struktur aus dem 19. Jahrhundert der richtige Ansatz ist, die Probleme zu lösen“, sagte Pound. Mit den Jugendspielen werde man nur maximal zwei Prozent der Kinder und Jugendlichen erreichen. „Wir reden also über eine Minderheit, die ohnehin Sport treibt.“ 
  
Jacques Rogge hat Fakten geschaffen. Mal sehen, was geht. Die Jugendspiele sollen sein olympisches Vermächtnis darstellen. Chef der verantwortlichen IOC-Kommission ist der Ukrainer Sergej Bubka, für den etwas Ruhm übrig bleiben dürfte, sollten die Jugendspiele doch ein Erfolg werden. Im Jahr 2013 wird ein Rogge-Nachfolger gesucht. Bubka kann damit punkten.

Kleiner Einschub:

Zehn Jahre nach Ausbruch des IOC-Bestechungsskandals ist Ehrenpräsident Juan Antonio Samaranch (88), der diese Kultur geprägt und etabliert hat, der vor zwei Jahren für Sotschi 2014 entscheidende Stimmen besorgte, erneut dabei, eine Olympiawahl zu entscheiden. Es war ja kein Zufall, dass er am Dienstag Jean-Marie Weber im IOC-Hauptquartier herzlichst begrüßte. Wer aus dem IOC bereit ist, vertraulich darüber zu reden, sagt, dass Samaranch weiterhin 30 bis 40 IOC-Stimmen kontrolliert. Er hat dem spanischen König Juan Carlos im Juli 2005 in Singapur unter Zeugen versprochen, dass er die Spiele 2016 nach Madrid holen werde. Er will seinen König nicht enttäuschen. 
  
Beispiele gefällig? Am letzten Novemberwochenende wurde in drei von 28 olympischen Sport-Weltverbänden gewählt. In allen drei Verbänden gewannen Spanier. Marisol Casado führt die Triathlon-Union (ITU), José Perurena Lopez den Kanu-Weltverband (ICF) und Leandro Negre den Hockey-Weltverband (FIH). Sie stimmen zwar am 2. Oktober 2009 in Kopenhagen nicht mit ab, doch beweist ihre Machtübernahme, wie sehr Samaranchs Garde den Weltsport noch prägt. Die Pläne gehen weit über das Jahr 2009 hinaus.

In Kurzfassung geht die Geschichte, über die noch viel zu reden sein wird, so: Samaranch hat geholfen, die Winterspiele 2014 nach Sotschi zu holen. Die Russen-Fraktion, geführt von Wladimir Putin, Ehrenpräsident des europäischen Judo-Verbandes, mit all ihren Vasallen in Osteuropa, arbeitet geschlossen für Madrid. Samaranchs Prätorianer bedankt sich dafür im Jahr 2013, wenn Jacques Rogge seine zweite Amtszeit hinter sich hat und ein neuer IOC-Präsident gewählt wird. Achter IOC-Präsident soll der Ukrainer Sergej Bubka werden. Das ist der Plan, der resolut abgearbeitet wird.

Zurück zu den Jugendspielen:
  

Präsident Rogge sagt …

… einiges zur Finanzkrise und den Olympischen Spielen. Und ich kann das jetzt nicht alles aufschreiben. Deshalb ein Mitschnitt der Passagen aus der Pressekonferenz am Donnerstagabend in Lausanne, in denen sich Rogge zu den olympischen Finanzen äußert. Wer mag, knapp neun Minuten:

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Und hier mein Arbeitsprotokoll von gestern:

Kommunikationsherrscher als Leserbriefschreiber: die Fifa

Zum schriftlichen Urteil im ISL-Prozess, das ich auch für die Neue Zürcher Zeitung ausgewertet habe („138 Millionen Franken Schmiergeld“) und in dem die Fifa nicht sehr gut wegkommt („täuschendes Verhalten“, „verwirrliche“ Argumentation), hat der Fußball-Weltverband einen Leserbrief geschrieben. Das Textlein ist heute in der NZZ zu lesen. Immerhin geht man nicht rechtlich gegen mich vor, würde ja auch schwerfallen, denn aus Gerichtsakten und Urteilen zu zitieren, ist (noch) nicht strafbar, weder in Deutschland noch in der Schweiz. Also versucht man, die Kommunikationsherrschaft mittels eines Leserbriefes zu retten. Interessant:

Eine Zuschrift
Das Zuger Strafurteil aus der Sicht der Fifa

Entgegnung zum ISL-Korruptionsprozess

Das Strafgericht Zug hat im Sommer 2008 die Verantwortlichen der ISL/ISMM-Gruppe, ehemals die Nummer 1 im weltweiten Sportmarketing, weitgehend freigesprochen (NZZ 24. 11. 08). Auslöser dieses umfangreichen Strafverfahrens bildete der Konkurs der Gruppe im Mai 2001.

Ten years after: Marc Hodler

Es war der 11. Dezember 1998, als der Schweizer Marc Hodler, damals Präsident des Ski-Weltverbandes und einst auch IOC-Vizepräsident, diese Treppe herunter und anschließend ins Plaudern kam. Mit seinen Erzählungen im Glaspalast von Lausanne löste er ein sportpolitisches Erdbeben aus: Den so genannten IOC-Bestechungsskandal, die größte Krise in der Geschichte des IOC.

[caption id="attachment_2281" align="aligncenter" width="292"]IOC-Treppenhaus Die ‚Marc-Hodler-Treppe‘ zu Lausanne[/caption]

Die offizielle IOC-Geschichtsschreibung sieht das so (pdf). Zum Jubiläum biete ich eine ultralange Lektüre (wer’s nicht in einem Ritt schafft: nochmal versuchen am Wochenende), die ersten Seiten des Buches „Der olympische Sumpf“, dass ich vor den Olympischen Spielen in Sydney gemeinsam mit Thomas Kistner geschrieben habe. Verlinkt und optisch aufgehübscht wird später, wenn ich wieder meinen Arbeitsplatz im IOC-Glaspalast eingenommen habe.

Nur soviel vorab: Wer hier im Blog die Geschichten über Jean-Marie Weber, den ich gestern in der IOC-Zentrale traf, und die 138 (+18) ISL-Bestechungsmillionen verfolgt, weiß, dass damals, im aufregenden Winter 1998/99, wirklich nur Sünderlein geopfert wurden. Voilà:

Lausanne im Regen

Tja, aufregender sieht der Eingangsbereich des IOC-Hauptquartiers um diese Jahreszeit nicht aus. Rechts der neue Pavillon mit Cafeteria, der auch als Übergang zum alten Chateau de Vidy dient, wo IOC-Präsident Jacques Rogge sein Büro hat.

Eingang IOC-HQ

Lust und Frust: Olympische TV-Milliarden

Route de Vidy 9, CH-1007 Lausanne – ist die Adresse des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Alljährlich fliegen in der Vorweihnachtszeit die Mitglieder des IOC-Exekutivkomitees zu ihren Jahresendsitzungen ein.

Das mit den Jahreszeiten kriegt Google übrigens nicht hin, wie man sieht, auf Google Maps ist noch Sommer, und der neue Anbau zwischen altem und neuem Teil des IOC-Headquarters ist auch noch nicht zu sehen. Ich werde morgen Fotos nachreichen.

Ich bin via Genf gerade in Lausanne angekommen, diesmal im Hotel City nahe der IOC-Absteige Palace, wo ich mich gleich mal an der Bar umschauen werde. Zur Einstimmung ein Beitrag zur seit einer Woche wieder heiß diskutierten Frage der olympischen TV-Vermarktung.

Mich interessiert dabei weniger, welche Rekordsummen das IOC für die Winterspiele 2014 (Sotschi) und die Sommerspiele 2016 (werden im Oktober 2009 zwischen Madrid, Rio de Janeiro, Tokio und Chicago vergeben) erlösen kann. Dazu später einmal mehr. Ich konzentriere mich zunächst auf die Erwartungen der Sportverbände und unterlege die Geschichte, die ich in verschiedenen Medien veröffentlicht habe, mit einigen IOC-Statistiken.

Notizen zur 4. DOSB-Mitgliederversammlung

Einige unsortierte Notizen vom DOSB-Konvent in Rostock, den ich am Freitag mit einem brandaktuellen Beitrag schon mal eingeleitet habe.

1) Hat irgendwie mit Kommunikationsherrschaft zu tun: Wie ich höre, hat der DOSB erfolgreich beim CDU-Fraktionschef Volker Kauder lobbyiert und sich gewissermaßen seine eigene Sport-Debatte im Bundestag (hier im Blog findet sich auch das Protokoll) organisiert. Der DOSB-Präsident feiert diese Debatte als Meilenstein zur Aufnahme des Sports ins Grundgesetz: „Dies gilt umso mehr, als der Antrag nicht nur ausdrücklich erklärt, dass der Deutsche Bundestag die Autonomie des Sports respektiert, sondern auch die Europäische Union auffordert, die freiwillige Selbstorganisation und Autonomie des Sports anzuerkennen.“ Der DOSB-Präsident Thomas Bach (FDP) bedankt sich bei den Obleuten im Sportausschuss – Dagmar Freitag (SPD), Klaus Riegert (CDU) und seinem Parteikollegen Detlef Parr (FDP) – überschwänglich. All jene, die ihn zwar gelegentlich kritisieren, aber – wie Sportausschuss-Chef Peter Danckert (SPD) – dennoch für die Grundgesetzänderung sind, erwähnt er nicht. Auch Winfried Hermann (Bündnis 90/Grüne) wird mit NIchtnennung bestraft. Gegen Danckert, der sich in der Bundestagsdebatte (s. Protokoll, Seite 8) erlaubt hatte, daran zu erinnern, wer die Nivellierung des Arzneimittelgesetzes zu verantworten hat, führt Bach die angebliche „historische Wahrheit“ ins Feld, der 10-Punkte-Aktionsplan gegen Doping des DOSB-Präsidiums vom August 2006 und dessen Bestätigung durch die Mitgliederversammlung vom Dezember 2006 seien Meilensteine gewesen. Darüber können aufgeklärte Zeitgenossen, die sich daran erinnern, mit welch eklatanter Verspätung sich der DOSB damals in die längst tobende Debatte einschaltete und verzweifelt versuchte, die Kommunikationsherrschaft zu gewinnen, nur müde lächeln.

2) Zum Thema Aufnahme des Sports ins Grundgesetz ist übrigens sehr interessant, was Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Sonnabend in der Yachthafenresidenz Hohe Düne sagte. „Präsident Bach“ möge „einen Moment rausgehen“, merkte Schäuble launig an: „Ich rate immer dazu, die Probleme zu lösen und nicht mit irgendwelchen Scheinlösungen zu glauben, die Probleme gelöst zu haben.“

3) Der Auftakt der Mitgliederversammlung könnte einen olympischen Sitzungsrekord gebracht haben, aber ich habe die Versammlungsbilanzen der chinesischen und nordkoreanischen Sportverbände nicht geprüft. Jedenfalls, Grußworte und Ordensverleihungen dauerten satte 106 Minuten, da waren schon die ersten Delegierten eingeschlafen (dafür gibt es außer mir noch mindestens einen Augenzeugen). Der eigentliche Konvent dauerte nur unwesentlich länger als der schwer ermüdende Auftakt.

4) Mehr über den „Meilenstein“ Mitgliederversammlung gibt es auf der DOSB-Homepage oder auch hier.

5) Der Kollege Holger Schück, freier Journalist, hat sich gut umgehört und neben Hintergründen zur DOSB-Finanzierung auch die Geschichte, wonach Leistungssportdirektor Bernhard Schwank in Kürze abgelöst werden soll, schon im Deutschlandfunk versendet.

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Steuerbefreiungen für Sportverbände

Lektüre für zwischendurch, während ich mich in die Bootshalle der Yachthafenresidenz zu einem Empfang des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern und scheidenden Chef der Sportministerkonferenz, Lorenz Caffier, begebe.

Das – Achtung, wunderbar – Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport teilt mit, dass profitorientierte Konzerne wie das IOC, die Fifa oder die Uefa auch künftig von der Bundessteuer befreit sind. So jedenfalls habe ich die heutige Presseerklärung gelesen.

Man sollte es zweimal lesen. Dass mir bei diesem Text das Urteil im ISL-Korruptionsprozess und Jack the Ripper und der Handball-Weltverband und King Rubén und die Bekanntschaften vom Blatter Sepp und anderes mehr durch den Kopf gehen, ist natürlich allein mein Problem. Ich muss die Dinge einfach globaler betrachten. Nicht so einseitig.

Internationale Sportverbände sind für die direkte Bundessteuer grundsätzlich steuerpflichtig. Gestützt auf ihre Auslegung von Art. 56 lit. g DBG haben verschiedene kantonale Steuerbehörden die internationalen Sportverbände mehrheitlich von der direkten Bundessteuer befreit. Der Bundesrat heisst diese während vielen Jahren entwickelte Praxis der Kantone gut.