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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (66): Lesebefehle – Play the Game, Mark Pieth, FIFA, Korruption, Euro 2012

ZÜRICH. Es sind Feiertage. Viel Zeit zum Lesen. Einiges möchte ich empfehlen, oder wie das hier standesgemäß heißt: befehlen!

Seit einigen Tagen ist das Magazin der Play the Game Konferenz 2011 in Köln fertig. Viel Vergnügen:

Der Vollständigkeit halber einmal mehr die Magazine der vorherigen Konferenzen:

Zum Komplex Korruption in der FIFA einige Dokumente, die zuletzt etwas vernachlässigt wurden oder noch gar nicht verlinkt worden sind:

Der Bericht des Independent Governance Committee des Mark Pieth vom März 2012:

Das FIFA-Gutachten von Pieths Basel Institute on Governance vom September 2011:

Erste Reaktionen darauf:

Und natürlich, noch immer brandaktuell:

Der Bericht der Arbeitsgruppe des Europarats zur Korruption im Sport vom März 2012:

Eins noch, das reicht dann, demnächst mehr – die Anfrage der Grünen an die Bundesregierung zur Fußball-EM 2012 in der Ukraine:

56 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (66): Lesebefehle – Play the Game, Mark Pieth, FIFA, Korruption, Euro 2012“

  1. „Zu Gast bei der Mafia“

    Verbrechersyndikate lassen Hotels stürmen, Hoteliers verdreifachen die Zimmerpreise: In der Ukraine wächst die Gier auf den großen Reibach zur Fußball-Europameisterschaft. In die Verteilungskämpfe ist der Touristikkonzern TUI geraten – Leidtragende sind auch die Fans…
    Streit, der seit Wochen hinter den Kulissen tobt – und den TUI, Uefa und die Ukraine aus den Schlagzeilen herauszuhalten versuchen.

  2. was lese ich da in viola von cramons reisebericht:

    Die Redakteure [der NZZ] zeigten sich zuversichtlich, dass sich die Situation innerhalb der FIFA bezüglich der Korruption mit der
    Einsetzung der Gouvernance-Kommission verbessern würde und waren auch von Joseph Blatters Reformwillen überzeugt.

    da stehen wirklich die worte „blatter“ und „reformwille“ nebeneinander, ganz ohne verneinung und ironie? und ich dachte, die NZZ wäre eine seriöse zeitung. ;-)

  3. I support the FIFA rpoert because it always happen about match-fixing in poor country since players lacked of finance, equipments, and others support from the federation. It becomes a good opportunity for them when they have chance for int’l football match, they can earn huge amount of money from betting. Don’t blame players or coach, they should find the solutions and restore it to avoid such a shame statement.

  4. aktuell passend zu Ralf #7: Viola von Cramon auf taz.de zur lage in der Ukraine.

    bei dieser gelegenheit eine pecas-hermeneutik zum SPORT, die vielleicht dazu angetan ist, das besondere verständnis dieses themas, sowie den hintergrund zu dessen notorischer instrumentalisierung, seitens der POLITIK auch für Muppets (google: muppetgate) zu erhellen:

    „im sport geht es um sieg oder niederlage.“

    das ist schon alles – abgesehen von der „staatlichen“ dramaturgie und ihrem wohltätigen feedback für deren impressarios freilich, welche einem solchen, letztlich doch eindeutig unsportlich (im sinne von vorsätzlich unfair) verkürzten, potenziert depravierten weltbild von seiten der jeweiligen propaganda abzugewinnen ist; und um jeden preis mit aller zur verfügung stehenden macht auf die „lieben fans“ (stammt zufällig von einem gewissen Th. Zwanziger in der tradition von Jeremy Bentham) angewandt wird.

  5. Der zweite Report des Europarates zur FIFA, die Zahlungen an Havelange/Teixeira im ISL-Fall und Sepp Blatters Rolle: Report vollständig

    Guardian: Council of Europe criticises Sepp Blatter’s handling of ISL bribery case

    On Monday the COE published testimony given by the Swiss prosecuting magistrate, Thomas Hildbrand, to the council about the ISL court case, and says backhanders worth at least 12.7m Swiss francs (£8.6m) were paid to one South American Fifa member and 1.5m Swiss francs to another senior Fifa official. The payments were made by the now defunct ISL marketing company which sold Fifa’s World Cup TV rights.
    The COE report is damning of Blatter’s role despite the fact that the Fifa president was not directly involved. The report states: „Mr Blatter was technical director of Fifa from 1975 to 1981, Fifa general secretary from 1981 to 1998 and has been its president ever since. Since Fifa was aware of significant sums paid to certain of its officials, it is difficult to imagine that Mr Blatter would not have known about this.

  6. Und Andrew Jennings fasst das Papier zusammen: Your Page-by-Page Guide to The Truth About The FIFA Bribes

    Teixeira and Havelange, with the support of Blatter have been blocking publication of Hildbrand’s 41-page report through the Swiss courts for nearly two years. That is now pointless. All the essential information about three decades of stealing from FIFA is now in the public domain.

    The questions now are:

    • Will Blatter, shamed by the report, resign? Will the senior officials who have conspired in the bribes cover-up be forced out, starting with General Secretary Valcke?

    • What action will FIFA’s Executive Committee take? Will they recommend to the Congress at the end of May that a caretaker management is installed until new Presidential elections take place? Will the National Associations exclude Blatter from the Congress – because the Swiss authorities state that he has betrayed FIFA by letting the money be stolen?

    • Will they force publication of the rest of Hildbrand’s report? There is a copy in the President’s office, it belongs to FIFA and he has no right to withhold it from the Executive Committee or the Congress.

  7. Eigentlich würde mich nur interessieren, was das für eine arme S** sein muss, der lediglich Zuwendungen am 23.02.2000 in Höhe von 430.20 USD erhalten haben soll. Mit so etwas gibt sich die FIFA überhaupt ab. Peinlich. ;-)

    Selbst wenn Blatter vom Hof gejagt werden sollte ( etwas anderes kann man sich gar nicht vorstellen), dann bleibt trotzdem das System Blatter zurück. Unvorstellbar, wie groß der Besen sein muss, um jedes Dreckloch zu erwichen.

  8. @ha

    Wenn ja, dann müßte man ein richtiges Exempel statuieren. :D

    Übrigens, die Öffnerei der Website wird immer langsamer und zu einer echten Geduldsprobe. Oder handelt es sich gar um eine sophistische Methode, den Besucherverkehr zu minimieren ? Da meine Neugier größer als dieser Carton sanitaire ist, schaffe ich es bislang jedoch noch immer.

  9. @herbert
    ist es wirklich so schlimm? die seite selbst sollte ja eigentlich recht fix da sein — nur dass er dann noch einige viertelstunden lang scripte (wohl hauptsächlich vom scribd-server) laden muss? wenn dem so sein sollte, könnte ich es ggf mal so einzurichten versuchen, die scribd-dokumente erst nach expliziter manueller anforderung laden zu lassen. alternative vorschläge wären selbstverständlich auch willkommen.

    (in wahrheit ist das natürlich eine hochkomplexe und zutiefst subtile maßnahme zum piesacken ausgewählter besucher — frag mal walter! ;-))

  10. viola von cramon ist auch gegen boykott. man dürfe als politiker aber nur in die ukraine fahren, wenn man dort vor dem stadion auch noch inhaftierte politiker besucht. wie dem auch sei — heute soll sich wohl auch der sportaussschuss mit dem em-thema und der situation in der ukraine befassen. nichtöffentlich, selbstverständlich.

    wer sich das ganze 5-minütige dlf-interview anhören mag:

    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/04/25/dlf_20120425_1314_8188b9ef.mp3

  11. Ja, das ist heute im Sportausschuss, wohl eher zufällig brennend aktuell der letzte Tagesordnungspunkt, überschrieben mit:

    „Begleiterscheinungen und organisatorische Bedingungen (Sicherheit, Unterbringungssituation, Verkehrsinfrastruktur, Fankultur etc.) im Vorfeld und bei der Durchführung der UEFA-EM in Polen und der Ukraine“.

    Die Ukraine – bekanntlich im Fußball das Reich von Gregoris Surkis, Verbandspräsident, Besitzer von Dynamo Kiev, einer der umstrittensten Oligarchen Osteuropas, wegen seiner Verbimdungen zur Mafia schon mit Einreiseverbot in die USA belegt, der Mann, der die EM in die Ukraine geholt hat und einer der wichtigsten UEFA-Stimmenbeschaffer für Michel Platini in dessen osteuropäischer Unterstützertruppe war/ist. Surkis ist sozusagen das Synonym für die immense Verflechtung von korrupter Politik und korruptem Fußball in der Ukraine.

    Die Vorlage der Stiftung Wissenschaft und Politik für den Ausschuss würdigt das indirekt, sie hat es in sich, gleich im ersten Satz:

    Vorrangiges Ziel der UEFA-EM für ihre ukrainischen Veranstalter ist die persönliche Bereicherung der unmittelbar an den Vorbereitungen Beteiligten und deren Unterstützer. Andere Ziele, wie z.B. das Image der Ukraine in der EU zu verbessern oder langfristige Vorteile für die ukrainische Infrastruktur zu sichern, sind höchstens zweitrangig.

    Die des DFB hingegen liefert eine Vorlage für den Ausschuss ganz im Schönrednerton, es geht um Spielorte und Ticketverkauf, und spätestens beim Schlusssatz treibt es einem die Schamesröte ins Gesicht:

    Der DFB und seine Kulturstiftung planen eine Vielzahl kultureller und sozialpolitischer Aktivitäten. So sind unter anderem der Besuch der Nazi Gedenkstätte Auschwitz vorgesehen sowie Begegnungen der Autoren-Nationalmannschaften von Deutschland, Polen und der Ukraine.

    Politische Prozesse, Timoschenko, Menschenrechte, Korruption – alles Tabu-Begriffe für den DFB. Viola von Cramon hat sich übrigens bei Wolfgang Niersbach beschwert über die Haltung des DFB und veröffentlicht dessen und die ebenso nichtssagende Antwort der UEFA via Homepage: UEFA und DFB drücken sich vor politischer Verantwortung.

    Man darf gespannt sein, was die CDU-Sportlobbyisten heute zu sagen haben, ob beispielsweise Frank Steffel seine Monate alte – freilich nur in einem Ausnahmefall ernst genommene – medial zur Schau getragene Empörung zwischenzeitlich in konkrete Politik umgesetzt hat:

    DLF: „Dann macht man das Stadion einfach zu“. Frank Steffel im Gespräch mit Moritz Küpper

    Prognose: Natürlich nicht. Eher wird man sich dem Fettnäpfchen-Innenminister anschließen, der auch bei diesem Thema, siehe Ralfs Link oben, wieder höchste politische Sensibilität verrät:

    Friedrich mahnte die Ukraine, die „Chance, ihr Land positiv zu präsentieren“, nicht zu vernachlässigen. Es wäre schade, wenn ein „negatives Image hängenbleiben würde“.

    Ein parlamentarischer Antrag für die heutige Sitzung liegt von keiner Fraktion vor.

    Letzte Anmerkung: Das DLF-Interview oben beschreibt übrigens schön den Unterschied zwischen DLF-Zeitfunk und DLF-Sport. Letztere Redaktion hat am Wochenende die Debatte um die Ukraine mit einem braven Kopfnoten-Porträt über Oleg Blochin – soll man sagen? – begleitet und Betragensnoten verteilt:

    Seine sowjetische Prägung hat er nie abgelegt. Er ist stur, streng, autoritär, mürrisch, über eine Bezeichnung wie „demokratischer Diktator“ freut er sich.

    Da kam Surkis mal vor – worüber man sich wahrscheinlich schon freuen sollte. Leider aber wollte sich Blochin „zu politischen Fragen“ nicht weiter äußern. Weshalb es auch der Beitrag bei der Feststellung beließ, dass dort eben alle irgendwie „umstritten“ sind. Was eine hübsche Untertreibung der Janukowitsch-Putin-2.0-Ukraine ist (wobei: selbst Moskau protestiert gegen Timoschenkos Behandlung).

    Jens, verlinkst Du diese Vorlagen mal? Sie sind doch ganz interessant.

  12. Nazi Gedenkstätte Auschwitz

    Da sieht man wohl allein an der liebevollen Schreibweise, wie unglaublich wichtig dieser Besuch genommen wird.
    Wessen wird denn gedacht? Himmler?

  13. Eine Frage oben ist übrigens recht lustig, die unter Verweis auf Argentinien, China, Bahrain: Hat der Sport nicht die Möglichkeit, für Verbesserungen zu sorgen?

    Hätte er ja vielleicht, aber … In China sind auch Dank der Spiele Hu Jia oder Liu Xiabao ins Gefängnis gekommen, ohne dass das IOC interessiert hätte. Hier ist es die Achse Platini – Surkis (wie in Bahrain die Achse Ecclesone – al-Chalifa-Clan), die jede Intervention der UEFA höchst unwahrscheinlich macht. Von einer „versäumten Chance“ durch die UEFA kann also kaum die Rede sein. Viel eher deckt die UEFA ihrem Exko-Mitglied und seinen Genossen den Tisch zur, Zitat Stiftung Wissenschaft und Politik: Selbstbereicherung.
    Einst hat man im DLF sogar die Hintergründe beleuchtet, warum und wie die Sportverbände schon immer Misstäter jeglicher Couleur in die Arme geschlossen haben, die, die ohnehin zur „Familie“ gehören und dazu Diktatoren aller Art.

    Im Grunde birgt der Brot-und-Spiele-Zirkus, mit dem solche Länder immer ihr Image aufpolieren wollen, tatsächlich nur eine Chance: die der etwas größeren öffentlichen Aufmerksamkeit. Durchaus auch für die hohe Toleranzschwelle der eigenen Politik.

  14. Ja, leisten denn die Mafien nicht ganze Arbeit in ihren jeweiligen Ländern? Was wären denn all diese lethalen Staatsmaschinen ohne ein professionelles perception management? Da sind sie uns doch zumindest ebenbürtig – weshalb also dann fernbleiben als Politiker, wo es womöglich noch etwas dazuzulernen gibt?

    „Perception“ is defined as the “process by which individuals select, organize, and interpret the input from their senses to give meaning and order to the world around them”
    (…)
    There are nine strategies for perception management. These include:
    Preparation — Having clear goals and knowing the ideal position you want people to hold.
    Credibility — Make sure all of your information is consistent, often using prejudices or expectations to increase credibility.
    Multichannel support — Have multiple arguments and fabricated facts to reinforce your information.
    Centralized control — Employing entities such as propaganda ministries or bureaus.
    Security — The nature of the deception campaign is known by few.
    Flexibility — The deception campaign adapts and changes over time as needs change.
    Coordination — The organization or propaganda ministry is organized in a hierarchical pattern in order to maintain consistent and synchronized distribution of information.
    Concealment — Contradicting information is destroyed.
    Untruthful statements — Fabricate the truth.

  15. wenn dem so sein sollte, könnte ich es ggf mal so einzurichten versuchen, die scribd-dokumente erst nach expliziter manueller anforderung laden zu lassen. alternative vorschläge wären selbstverständlich auch willkommen.
    (in wahrheit ist das natürlich eine hochkomplexe und zutiefst subtile maßnahme zum piesacken ausgewählter besucher — frag mal walter! ;-))

    @cf
    Ja, dem ist so. Besser wäre wirklich, die scribd- Dokumente erst nach indivudueller Aufforderung laden zu lassen.

    Deine Ehrlichkeit frappiert mich. Andererseits überrascht es mich schon, dass mit dieser eher simplen Maßnahme der demokratische Meinungsbildungsprozess sabotiert werden soll. Verwerflich ! Und das wenige Wochen AG. :D

  16. Ja, unfassbar.

    Alternativen zum Lapsus Linguae im Sinne von Freudscher Fehler gibt es da kaum. Der Autor müsste eigentlich unter verfassungsrechtlicher Observation genommen werden. ;-)
    Andererseits könnte hier doch die Grass-Diskussion wieder aufgenommen werden. Diesmal nur ohne Grass und über Innenansichten des einflussreichsten deutschen Sportverbandes.
    ( Ach ja. Geht zurzeit nicht. Bayern hat sich ja gestern abend ins Heimfinale gespielt.)

  17. Eine Frage ganz Off Topic – wo ist eigentlich Jens Weinreich? Weder auf der Website noch auf Twitter eine Nachricht. Müssen wir uns irgendwelche Sorgen machen?

    Cio Christoph

  18. weiter oben hatte ha den namen surkis ja schon in den ring geworfen — gerade findet sich dazu auch bei spon ein artikel zur person, oder genauer gesagt: zu den personen, denn ein bruder kommt selten allein: Der Mann, der die EM in die Ukraine holte

    Es wird [Grigori Surkis] sogar zugetraut, die Olympischen Winterspiele in die ukrainischen Karpaten zu holen, die bislang noch kein bedeutender Fleck auf der Landkarte des internationalen Wintersports sind. […] „Wenn Viktor Janukowitsch Surkis darum bittet, die Olympischen Winterspiele zu holen, dann werden sie auch in der Ukraine stattfinden“

    und wenn man liest, wie dick so leute wie der feine herr surkis mit platini sind, kann man sich ja auch an einer sägewerkerhand abzählen, wie fundamental der wandel in der fifa sein wird, wenn der heilige sepp den staffelstab dereinst an den michel übergeben haben wird.

    im dlf lief heute auch noch ein „hintergrund“ von christiane abelein und moritz küpper über die „doppelte em“: Gemeinsam gegeneinander in Osteuropa

    und wo ich gerade dabei bin, wärme ich auch nochmal einen klassiker aus der ZEIT vom november auf: EM treibt Preis für Holzbank in der Ukraine auf 79.000 Dollar

  19. cf,
    meintest Du diesen Deutschlandfunk-„Hintergrund“ eigentlich als Tipp, weil Du „Hintergrund“ entdeckt hast? Bei einem Stück, das so endet?

    Und deshalb könnte man dieses bewusst gewollte – auch sportpolitische – Experiment zum Anlass nehmen, einmal nachzudenken: über das, was ein Fußball-Turnier leisten soll und kann.

    Es mag ja unterhaltsam sein zu hören, wie Journalisten 20 Minuten dafür brauchen, um über ihre eigene (sport-)politische Naivität „einmal nachzudenken“. Dass sie Gleiches als Resümee eines so genannten Hintergrundes weiterempfehlen, halte ich aber für nur noch ärgerlich. Wie viel Ahnungslosigkeit braucht es, um die UEFA-Propaganda ernst zu nehmen, dieses Turnier habe vor allem zur Annäherung zwischen beiden Ländern oder zu der an „den Westen“ beitragen sollen?
    Das Prinzip des sportpolitisch möglichst kenntnisfreien Verfassens eines „Hintergrundes“ verbietet offensichtlich auch Erschließung eines Themas auf google-Niveau. Dann wäre beispielspielsweise zu erfahren gewesen, dass Partner Polen für Bewerbungs-Ideengeber (manche sagen: Käufer der EM) Gregori Surkis Notnagel war, Ersatz für den Ursprungsplan einer EM mit Russland. Surkis hat in 20 Minuten selbstverständlich keinen Platz. Würde auch stören, denn zur These/PR-Botschaft von der gut gemeinten Annäherungs-EM passt der recht wenig.
    Auch eher störend: dass EU- und Nato-Mitglied Polen sich ganz und gar ohne Fußball seit langem als pro-westlicher Makler in der Region betätigt, in der EU größter Fürsprecher der Juschtschenko-Ukraine war.
    Der Froschperspektive des Fußballfans entspricht dann auch die wichtigste „Kritik“ dieses „Hintergrundes“, die an fehlenden „Gemeinsamkeiten“. Soll wohl sagen: Deutsche Proteste gegen das, was hier euphemistisch „schwierige politische Verhältnisse in der Ukraine“ genannt wird, sind politisch korrekt, erwünscht, werden gefordert – aber diese Polen, können die nicht wenigstens ein bisschen mit dafür sorgen, dass das Turnier auch in der Ukraine ein geiles Event wird? Sind doch alles Osteuropäer!
    Gemeinsamkeiten nach 1990 gab es allerdings: die Vetternwirtschaft im Fußball. Nicht der Erwähnung wert. Kurios auch, wie eine Figur wie Rinat Achmetow gestreift wird. Beinahe jede x-beliebige Internet-Seite bietet mehr über den „Paten von Donezk“. Dass der Vizepräsident des Achmetow-Vereins Schachtjor als Infrastruktur-Minister der Ukraine fungiert und mit einer Firma kräftig an der EM verdient, ist längst bekannt. Dieser „Hintergrund“ belässt es bei der Mitteilung, es werde dies und das „gemunkelt“
    Wahrscheinlich auch gut so. Sonst käme ja der eine oder andere Hörer wirklich dahin …

    … einmal nachzudenken: über das, was ein Fußball-Turnier leisten soll und kann.

  20. … was ein Turnier „leisten soll und kann“.

    Gute Frage, was derlei „Hintergründe“ leisten sollten und könnten, wenn die von Fachleuten produziert würden. (Von Korruption wird übrigens „gemunkelt“. Hübsch, dass diesmal nicht „Kritiker sagen“ …)

    Dieser letzte Satz in einem weitgehend – und wenig überraschend – enttäuschenden, hintergrundfreien Stück ist entlarvend. Er ist a) überaus dünn als Aussage. Und er ist b) durchaus als Verteidigung der UEFA zu interpretieren – denn die spielen ja nur Fußball, mit Politik hat das alles nichts zu tun. Lasst sie doch einfach spielen.

    Oder frei nach Chinas Staats- und Parteichef:

    Don’t mix politics with games!

  21. jw,
    mir würde ja schon reichen: von Journalisten produziert. Denn einiges (nicht alles) an Fachkenntnis kann man sich heutzutage wirklich ergoogeln. Dafür braucht es aber einen journalistischen, einen kritischen Zugang.
    Nicht die Perspektive der Sportverbände. Mit der beginnt und endet es hier, dazwischen: schwatzhaft Beliebiges, jeder Recherche unverdächtig. Nur, frei nach Erbloggtes und davor Honecker:

    Den säuselnden Sportjournalisten in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.

  22. @ Grit Hartmann am 9. Mai 2012 um 12:02

    chapeau!

    in der Pulitzerpreis-verdächtigen formulierung/formel

    [die] Froschperspektive des Fußballfans

    allein schon liegt in der Tat mehr (ausnutzbarer/instrumentalisierbarer/mißbrauchbarer und mißbrauchter) hintergrund als in dem ganzen, von Ihnen trefflich auf’s korn genommenen mitläufer-gesülze.

    chapeau!

  23. SZ-Kommentar von Kurt Kister: Wer wegbleibt, sendet ein Signal

    Gewiss muss nun nicht jeder Politiker, der nicht einmal eine Karte für die EM hat, lauthals seinen persönlichen Boykott des Turniers herausposaunen. Aber es ist angebracht, wenn jene, auf die es ankommt, klar Position beziehen.

  24. @grit
    in der tat liefert dieser „hintergrund“ mit seinem letzten satz gleich das ideale totschlagargument gegen sich selber. aber immerhin war er ja noch gut genug, um dir einen kleinen rant zu entlocken ;-)

    was man sich aber wirklich fragen kann — und darum sollte es meines erachtens in dem beitrag auch gehen — wie sinnvoll es eigentlich ist, so ein großereignis in zwei ländern ausrichten zu lassen. bei kleinen ländern wie schweiz/österreich oder niederlande/belgien mag das aus logistischer sicht noch sinnvoll/notwendig sein — bei zwei so großen flächenländern wie polen und der ukraine läuft es dann aber leicht darauf hinaus, dass man effektiv zwei parallele meisterschaften hat, deren organisatoren noch nicht einmal miteinander zu kooperieren scheinen (bei der wm 2002 in japan/südkorea soll es ja ähnlich gewesen sein). erschwerend kommt hinzu, wenn zwischen den beiden auch noch ein bollwerk namens schengen-außengrenze verläuft. die motivation ist hier meines erachtens zum einen, dass man so gleich zwei ausrichter auf einen schlag beglücken (und sich so deren stimme kau sichern…) kann, und zum anderen natürlich, dass sich der sport ja sehr wohl darin gefällt, am großen politik-rad zu drehen — solange es keine komplikationen gibt. sobald politischer gegenwind aufkommt, erfolgt dann aber der sofortige rückzug in den eigenen hamsterbunker und die nachdrückliche aufforderung sport und politik doch bitte nicht zu vermischen. eine art osmotischer beziehung also. eigentlich nichts neues… und auch nicht thema des „hintergrundes“.

    ansonsten… wie lautet die parole? „wir wollen herbert fischer-solms zurück!“?

  25. cf,
    was ich sagen wollte: Es war im DLF einmal Mindeststandard, hinter derlei Propaganda des Sports zu schauen, wie sie hier als – Jens hat natürlich völlig Recht – gewissermaßen dem Sport von außen aufgehalste unzumutbare Bürde dargestellt wird. Dazu gehört der Aufstieg eines Grigori Surkis (Dynamo Kiew-Besitzer) in der UEFA-Exekutive, gleich nachdem Anfang 2007 Platini mit seinem osteuropäischen Stimmenpaket Lennart Johansson als Präsident gekippt hatte. Drei Monate später ging der Zuschlag für diese EM an die Ukraine, auch damals schon geprägt vom Machtkampf zwischen dem Präsidenten Juschtschenko und Premier Janukowitsch (Unterstützer: die Fußball-Oligarchen Surkis und Achmetow), und Polen mit seinem hochkorrupten, von postkommunistischen Seilschaften dominierten Verband. Obgleich – auch das nicht gerade einzigartig im Sport – diese Bewerbung als die ungeeignetste evaluiert worden war. Dazu gehört mindestens ein Hinweis auf die Vorwürfe des Stimmenkaufs. Dazu gehört Achmetows Rolle (Schachtjor Donezk-Besitzer) als Finanzier der Janukowitsch-Partei und das Profitieren beider Oligarchen von dieser EM.
    Weiß jw alles viel besser als ich und kennt es aus der Nähe.
    Die Schengen-Außengrenze: 2007 war Polen der stärkste Anwalt für eine EU-Aufnahme der Ukraine, nach der Orangenen Revolution – zu deren Gegnern (sorry für die Wiederholung) die Fußball-Oligarchen zählten. Und ich glaube nicht, dass man den Polen ihren Unwillen, jetzt stärker mit dieser Ukraine zu kooperieren, zum Vorwurf machen kann. Das hieße, deren demokratisches Bewusstsein, Tradition zu unterschätzen. Die ja auch im Ostblock, als der noch bestand, besonders waren.
    Kurz: Es ist grober Nonsens, einen „Hintergrund Politik“ damit zu bestreiten, das Nicht-Eintreten von einst als Alibi vorgetragenen segensreichen Wirkungen dieser Fußball-EM für Europa zu bejammern.
    Darunter liegt die eigentliche intellektuelle Froschperspektive: Prinz Fußball küsst die irgendwie östlich verwirrten Frösche zu EU-kompatiblen Demokratien nach „westlichen“ Schönheitsmaßstäben wach. – Für Polen: eine Beleidigung, für die Ukraine: Verkehrung der Verhältnisse, in Bezug auf die UEFA: sportpolitische Unbedarftheit.

    Zur Parole fällt mir nicht viel ein. Ich bedaure schlicht den hörbaren Verlust einer einstmals für sportpolitische und journalistische Qualität geschätzten Redaktion.
    Dabei wird es wohl noch ein Weilchen bleiben, bis man sich gewöhnt hat. Denn der „Hintergrund“ gilt im DLF als Flaggschiff, ist auch oft großartiger Journalismus. Wenn aber eine solche Nullnummer selbst dort durchgeht, ist jedenfalls sportpolitisch wohl Hopfen und Malz verloren.

  26. @ cf am 9. Mai 2012 um 15:18
    @ ha am 9. Mai 2012 um 17:41
    @ all
    bitte eimal gugeln und schlau machen:
    Antony C. Sutton + managed conflict

    für meine begriffe ist „sport“ (die sportpolitische nummer, und in deren archetypisch-gruppenbezogener, paradigmatischer essenz „das fußballspiel“) nichts anderes als das west-ontologische vortanzenlassen der managed_conflict (s. o.) – nummer:
    für das neoliberale globale schlafschaf zum nachtanzen/sekundärschwätzen/imitieren/life-stylen/ei-drüberhauen und beim entsprechenden jeder-gegen-jeden_mitmachen… im geostrategischen maßstab.

    check it out + you will see, I’m quite sure.

    -p-

  27. Darunter liegt die eigentliche intellektuelle Froschperspektive: Prinz Fußball küsst die irgendwie östlich verwirrten Frösche zu EU-kompatiblen Demokratien nach “westlichen” Schönheitsmaßstäben wach. – Für Polen: eine Beleidigung, für die Ukraine: Verkehrung der Verhältnisse, in Bezug auf die UEFA: sportpolitische Unbedarftheit.

    Bravo!

  28. Auch in der kleinen Falschmeldung (die aber passieren kann) einig: Auf Fifa.com war Chuck Blazer, der sich nach Angaben von DLF wie SZ wegen Neuigkeiten über sein Talent zur Selbstbereicherung krankgemeldet hatte, in ganzer Fülle neben Marios Lefkaritis, dem fast genauso gut beleumundeten Zyprioten, zu sehen.

    Die zwei Tage alten Neuigkeiten betreffen auch Jack Warner, u.a. bei Inside World Football:

    But most incredible of all was the disclosure that the $22.5 million (£14.3 million / €17.9 million) Centre of Excellence in Trinidad was not owned by CONCACAF, as all its members had assumed, but – secretly – by two companies owned by Warner. Cuban Federation President Luis Hernandez told Webb he was „sitting on a time bomb“. – „In all our countries corruption and shady use of resources has a clear name: robbery and theft,“ he said. „There are robbers with guns and there are robbers with white collars – and I don’t want us to be represented by a thief with a white collar in FIFA.“

  29. Pingback: Die FIFA unter @SeppBlatter: Personenkult, Korruptionsmaschinen, Ethiksimulation und Propaganda : sport and politics

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