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Jens Weinreich

Dear President Bush…

… so beginnt ein bemerkenswerter Brief an den Chef im Weißen Haus.

Douglas G. Logan, der neue CEO des amerikanischen Leichtathletikverbandes USA Track & Field, bittet darin George W. Bush, das Gnadengesuch der Doperin Marion Jones-Thompson abzulehnen.

Jones sitzt derzeit im Bundesgefängnis von Fort Worth (Texas) eine halbjährige Haftstrafte wegen Meineids ab. Bis September müsste sie dort noch ausharren.

Logan hat seinen Job vor ein paar Tagen angetreten, dieser Brief – soeben veröffentlicht – ist eine seiner ersten Amtshandlungen, derlei Töne hat man von einem US-Sportfunktionär selten gehört:

Dear President Bush,

They say you can’t always believe what you read in the papers. So, when I read that Marion Jones has applied to you for a pardon or commutation of her federal conviction for making false statements to investigators, I couldn’t believe it. She lied to federal agents. She took steroids. She made false statements in a bank fraud investigation – not necessarily in that order. She admitted it. And now she apparently wants to be let off.

Lopez Lomong (II) oder: was das IOC nicht hören will

Lopez Lomong, im Juli 2008 bei den US-Trials in Eugene, Oregon

Die London Times hat sich nun auch der Geschichte des Lopez Lomong, den Lost Boys of Sudan, Darfur und all den politischen Implikationen bei den Sommerspielen in Peking angenommen:

Genau das ist es. Diesen Aspekt habe ich in meiner Geschichte noch etwas unterbelichtet, ich wollte die Aufmerksamkeit auf das Schicksal der sudanesischen Kinder lenken, wie es auch Lopez Lomong wichtig ist, und nicht schon wieder auf die Verlogenheit des IOC und die Verbrechen der chinesischen Regierung. Owen Slot schreibt in der Times:

Einzelfälle und Euphoriesünden

Sieht eigentlich noch jemand hin? Mich irritiert weiter, wie normal deutsche Medien über die Tour de France berichten. Im Prinzip habe ich meiner Prinzipienreiterei vom vergangenen Jahr nichts hinzuzufügen. Für dieses Ereignis ist ein Kriminalbericht die angemessene Form, nichts sonst.

Von den Medien, die ich regelmäßig konsumiere, hat sich nur allesaussersport in diesem Jahr für eine andere Form der Berichterstattung entschieden: dogfood, der im vergangenen Jahr bundesweit die besten Analysen geliefert hat, schreibt in diesem Jahr (leider) gar nichts: Er nimmt eine Auszeit.

Die TdF-Kameraden von ARD und ZDF aber halten tapfer zur Stange. Und damit finanzieren sie weiter, mit Gebührengeldern, ein kriminelles System. Aber halt, es ist natürlich alles ganz anders. Habe ich System geschrieben? Tschuldigung. Es handelt sich um Einzelfälle, ARD-Teamchef Roman Bonnaire sagt in der FAZ:

Mama-Wunder

Unbelievable, diese Dara Torres.

Genau das ist sie. Verschwindet immer mal für ein paar Jahre – und fällt damit aus allen Doping-Testprogrammen –, taucht dann wieder auf und ist, gegen alle Naturgesetze, schneller als vor 24 Jahren. Mit 41 qualifizierte sich Dara Torres gegen Mädels, die ihre Töchter sein könnten, souverän für die Olympischen Spiele in Peking, wo sie über 50 und 100 Meter Freistil sowie in der kurzen Freistil- und in der Lagenstaffel schwimmen wird.

Das Thema, in den USA zumindest im olympischen Sport eine große Nummer, ist vergangenen Woche während der Trials in Omaha in Deutschland leider etwas zu kurz gekommen. Jürgen Kalwa aber hat darüber geschrieben und befasst sich auch in seinem Blog American Arena ausführlich mit dem Mama-Wunder.

Lopez Lomong: The Lost Boy of Sudan

https://www.youtube.com/watch?v=GlYNlrcfpwY&hl=en&fs=1

Ich habe gehofft, dass die Trials der US-Leichtathleten so enden würden. Ich habe für Lopez Lomong gehofft, einen der verlorenen Kinder des Sudan, der am letzten Tag der Trials in Eugene/Oregon im Finale über 1500 Meter stand. Wenn Lomong sich für die Olympischen Spiele in Peking qualifizieren sollte, würde auch seine Geschichte um die Welt gehen. Diese Geschichte, die Lomong zu Beginn der Trials erzählte, lässt einem den Atem stocken.

Ich hatte eigentlich vor, eine mp3-Datei ins Netz zu stellen, aber ich war zu blöd, das Gespräch mit Lomong in erträglicher Qualität aufzuzeichnen. So bereite ich jetzt meinen Text, den ich gestern einigen Zeitungen geschickt habe, fürs Netz auf. Seine Geschichte wird bis Peking und während der Spiele und auch danach noch hundert Mal in vielen Sprachen erzählt. Das ist gut so, sie kann gar nicht oft genug erzählt werden.

Ein bisschen verkrampft

Ist etwas blöd gelaufen für Tyson Gay bei diesen Trials. Seinen letzten Abgang aus dem Hayward Field von Eugene hat er sich anders vorgestellt, auf jeden Fall aufrechter.

[caption width="500" align="aligncenter"]Tyson Gay is helped off the track after an injury in the 200 meter quarterfinal on day 7 of the Olympic Trials at Hayward Field, July 5, 2008, in Eugene, Ore. © Thomas Boyd/The Oregonian via flickr[/caption]

Krampf im linken Oberschenkel, erlitten im Viertelfinale über 200 Meter, und schon hat Tyson Gay eine Chance weniger in Peking. Im vergangenen Jahr war er in Osaka Weltmeister über 100 und 200 Meter sowie mit der Sprintstaffel. Nach letzten Meldungen aus dem Krankenbett im Hilton Hotel kann die Sache glimpflich ausgehen, möglicherweise muss er nur 10-14 Tage pausieren.

Propaganda (II)

Hier mal einige Infos zum putzigen „1. Deutschen Olympischen Sport-Kongress“, den der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kurz vor den Olympischen Sommerspielen in Berlin austrägt und der in aller Stille von einer Hamburger Agentur vorbereitet wurde, die oft für die Telekom arbeitet und die Deutschland-Tour und derlei Kundschaft. Telekom, Radsport – das sind irgendwie die passenden Partner für den DOSB.

Niemand weiß so recht, warum es einen „Kongress“ zu diesem Zeitpunkt mit diesen Partnern braucht, aber vielleicht ist schon diese Konstellation entlarvend genug. Zumal: Öffentlich wurden Sinn und Zweck dieses Termins nie diskutiert, bisher gibt es seitens des DOSB, dieses spezialdemokratisch-totaltransparenten Gremiums, auch keine öffentlich zugängliche Information dazu. Gerade deshalb biete ich hier mal das Programm.

IOC-Absurditätenkabinett

ioc-2016-final

„Final result“ steht über dem Chart aus dem Bericht der IOC-Evaluierungs­kommission zu den Bewerbern für die Sommerspiele 2016, der vor wenigen Minuten veröffentlicht wurde. Demnach liegt Doha, Hauptstadt des winzigen aber steinreichen Emirats Katar, Austragungsort der Asienspiele 2006, einer mit den Olympischen Spielen problemlos vergleichbaren Veranstaltung, fast gleichauf mit dem vermeintlichen Olympiafavoriten Chicago. Vorn liegen Tokio und Madrid, gerade noch im grünen Bereich ist Rio de Janeiro. Der Bericht schreibt den Kataris sogar die Fähigkeit zu, Olympische Spiele auszurichten. Dennoch wurde Doha vom IOC-Exekutivkomitee in Athen heute Nachmittag aussortiert – wie Baku und Prag.