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Das Olympische Bildungsmagazin

Olympia-Referendum: Alfons Hörmann kann die zweite Kasse des DOSB auffüllen #Hamburg2024

Nach dem erst seit Ende Oktober 2015 online einsehbaren Vertrag zwischen der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH und der Deutschen Sport Marketing GmbH (DSM), einer 100-prozentigen Tochter der vom Deutschen Olympischen Sportbund e. V. (DOSB) kontrollierten privatrechtlichen Stiftung Deutscher Sport, hat die Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH erhebliche Zahlungen an die DSM zu leisten.

Der Clou für den DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann: Die DSM ist ihrerseits eine 100-prozentige Wirtschaftstochter der privatrechtlichen Stiftung Deutscher Sport. Vorsitzender des Stiftungsvorstands ist Alfons Hörmann:

Der DOSB kann angesichts dieser Konstruktion schon während des Olympia-Referendums im wirtschaftlichen Ergebnis selbst beim Scheitern des Referendums eine Viertel Million Euro an die DSM als 100-prozentige Tochter der unter der Leitung von Alfons Hörmann vom DOSB kontrollierten privaten Stiftung abzweigen.

§ 5 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH und der Deutschen Sport Marketing GmbH v. 17.9.2015 formuliert das wie folgt:

Darüber hinaus erhält die DSM für den (bereits erfolgten) Arbeitsaufwand seit Juli 2015 bis zum Bürgerentscheid am 29.11.2015 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich EUR 50.000 netto (gesamt EUR 250.000 netto). Im Falle eines negativen Bürgerentscheids verbleibt die Aufwandsentschädigung in Höhe von EUR 250.000 netto bei der DSM. Im Falle eines positiven Ausgangs des Bürgerentscheids und damit einer Weiterführung der Bewerbung wird die Aufwandsentschädigung mit der jeweils ersten Provisionszahlung in 2016 und 2017 (je EUR 125.000) verrechnet.

  • Vertrag zwischen der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH und der Deutschen Sport Marketing GmbH vom 17.9.2015:

Sollte die DSM während der anschließenden Bewerbungsphase bis zum September 2017 Sponsorenleistungen beschaffen, werden diese bewertet. Anschließend ist auf diesen Wert, den sog. „Nettoerlös“ (§ 5 Abs. 2 des Vertrages), jeweils eine Provision in Geld von der Bewerbungsgesellschaft an die DSM zu zahlen. Spendet also beispielsweise eine Bank über die DSM eine Olympia-Stopp-Uhr für den Rathausmarkt, hat die Bewerbungsgesellschaft dafür eine Provision in Geld an die DSM zu zahlen.

Bei einem „Nettoerlös“-Wert von beispielsweise 25 Millionen Euro hat die Bewerbungsgesellschaft mehr als 3,1 Millionen Euro an die DSM zu zahlen.

Der WDR bezeichnet die Stiftung Deutscher Sport als eine „zweite Kasse“ des DOSB und begründet das wie folgt:

Der Deutsche Olympische Sportbund DOSB preist sich gern für seine Transparenz. Doch wie offen geht er mit den eigenen Finanzen um? Brisant und weitgehend unbekannt: Die DOSB-Spitze unterhält heimlich eine zweite Kasse – zur freien Verfügung allein des Präsidiums. Sie ist gut gefüllt, auch mit Geld, das den Mitgliedsverbänden entzogen wurde (…) gibt es kaum Informationen zur Stiftung Deutscher Sport, die mit Gewinnen aus der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ins Leben gerufen wurde. Jahresabschlüsse und Tätigkeitsberichte sind geheim. Das DOSB-Präsidium ist mit dem Stiftungsvorstand identisch und kann direkt auf die Stiftungskasse zugreifen. Wie ,sport inside‘ erfuhr, ist das Vermögen der Stiftung, die immer wieder Projekte mit großzügigen, teilweise sechsstelligen Zuschüssen fördert, beträchtlich angewachsen.

Grit Hartmann, Co-Autorin des WDR-Beitrages, dazu in der Berliner Zeitung vom 24.11.2014:

„Veröffentlichen müssen wir gar nichts“, meint der für Finanzen zuständige DOSB-Vizepräsident Hans-Peter Krämer. „Nach deutschem Recht“ gehöre eine Stiftung „nur sich selbst“ – und nicht etwa dem DOSB. Die Realität hinter dem formaljuristischen Nebel sieht ein wenig anders aus. Das nicht nur, weil Stiftungsvorstand und DOSB-Präsidium identisch sind. Auch die wenigen Angaben, die der Dachverband jetzt erstmals zur Stiftung herausrückte, bieten schon Anlass zum Argwohn.

Die Süddeutsche Zeitung zitierte die Chefin des Sportausschusses im Bundestag und Vizepräsidentin im Deutschen Leichtathletik-Verband, Dagmar Freitag (SPD), mit ihrer Kritik an der Umleitung von Geldern in die Kasse der Stiftung:

Das hat wenig mit Transparenz zu tun. Wenn der DOSB von der Politik immer wieder mehr Geld fordert, gleichzeitig aber Summen aus seinem Haushalt in Stiftungen transferiert, ist das sicher zu hinterfragen.

Das Vorgehen des DOSB in Hamburg hat erkennbar Methode:

Der DOSB hat sich bereits bei der Gründung der Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024 GmbH 51 Prozent der Anteile und damit die Mehrheit und Entscheidungshoheit gesichert. Faktisch kann damit der DOSB als Mehrheitsgesellschafter maßgeblich beeinflussen, wie die Gelder der Hamburger Bewerbungsgesellschaft kanalisiert und z. B. an die DSM gezahlt werden. Die Stadt Hamburg ist mit 26 Prozent, die Bundesrepublik Deutschland mit 18 Prozent, das Land Schleswig-Holstein mit 2 Prozent, die Landeshauptstadt Kiel mit 2 Prozent sowie die Handelskammer Hamburg mit 1 Prozent beteiligt und damit faktisch im Wesentlichen auf die Rolle der Minderheitsgesellschafter und Zahler beschränkt.

Dem DOSB gelingt es damit unabhängig vom Ausgang des Referendums und unabhängig von der Entscheidung des IOC im September 2017, seine eigenen Kosten einer Olympia-Bewerbung im Wesentlichen zu sozialisieren, Teile der Erlöse aber über die DSM in seine privatrechtliche Stiftung abzuzweigen und damit gleichsam zu „privatisieren“.

* * *

Ich möchte den Beitrag, den Walter Scheuerl auch auf seiner Homepage veröffentlicht hat, nur kurz ergänzen.

Erstens: Es hat Methode und war auch bei anderen Olympiabewerbungen so, dass der DOSB bzw Vorgängerorganisationen (NOK) sich finanziell nur im Mikrobereich an Bewerbungskosten beteiligen, dafür aber in vielfältiger Weise schon in der Bewerbungsphase (zuletzt scheiterten die Bewerbungen für 1992, 2000, 2012, 2018, 2022) aus Steuermitteln, verdeckten Subventionen und eben – wie hier am Beispiel der intransparenten DSM dargelegt – in Form von Provisionen aus Sponsorenverträgen profitieren.

Provisionen auf Sponsorverträge, wobei es sich nicht selten um in öffentlicher Hand befindliche Firmen handelt, da war doch mal was? Richtig: Man erinnere sich an die Olympiabewerbung Leipzigs für die Sommerspiele 2012. (Wer nachlesen möchte: eine Zusammenfassung meiner damaligen Geschichten findet sich auf www.anstageslicht.de, wo alle mit dem Wächterpreis ausgezeichneten Arbeiten gesammelt werden.)

Zweitens: DOSB-Propagandisten und IOC-Herolde beugen bis heute nimmermüde die Wahrheit, wenn sie behaupten, die Finanzströme des IOC seien transparent. Fakt ist: Der DOSB weigert sich beharrlich offenzulegen, wie viel Geld exakt aus welchen IOC-Töpfen (TOP-Programm, TV-Vermarktung etc) an den DOSB fließt. In meinem Ebook „Macht, Moneten, Marionetten“ (hier geht es zum Bookshop) habe ich das Thema angetönt und u.a. die intransparente DOSB-Politik mit dem vergleichsweise transparenten amerikanischen USOC verglichen.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verzeichnet im Wirtschaftsplan 2014 Erlöse und Erträge von 56,7 Millionen Euro – davon sind lediglich 9 Millionen olympische Vermarktungserlöse, keine 16 Prozent. Wie viel von diesen 9 Millionen aus IOC-Verträgen kommen und wie viel Geld die DOSB-Tochter Deutsche Sport-Marketing GmbH (DSM) erwirtschaftet, hat der DOSB seit seiner Gründung 2006 nie aufgeschlüsselt und betrachtet es weiter als Geschäftsgeheimnis. Der DOSB teilt nach Wochen lapidar mit: „Aufgrund der in allen Verträgen vereinbarten Verschwiegenheitsklauseln (zwischen DSM und DOSB, sic!) können keine Details über die vorgeschriebene Bilanzierung nach HGB hinaus veröffentlicht bzw. kommuniziert werden.“

Das war damals übrigens meine Frageliste, die ich mehrfach geschickt hatte:

  • Warum werden die Anteile aus dem internationalen Vermarktungsprogramm nicht detaillierter aufgeschlüsselt?
  • Sind DOSB/IOC-Vermarktungsverträge einzusehen?
  • Zwischen wem sind die Verträge überhaupt abgeschlossen: DOSB/IOC oder DOSB/DSM/IOC oder DSM/IOC etc?
  • Wie ist deren Laufzeit gestaltet?
  • Auf welcher Grundlage überweist das IOC welche Anteile aus welchen Töpfen (TV, TOP, Lizenzen etc)?
  • Wie haben sich die Anteile im Laufe der Jahre entwickelt (2006-2014)?
  • Gehen die Beträge komplett auf DOSB-Konten oder zweigt die DSM davon Provision ab?
  • Wie verteilen sich die Erlöse (durch die DSM) auf den internationalen (IOC) und den nationalen Bereich – ebenfalls 2006-2014?

Für Nicht-Journalisten ein Hinweis: In der Regel kann man sich solche Fragen sparen (ob nun an DOSB, FIFA, DFB oder IOC). Aber wenn man mal nicht fragt und die Arbeit umsonst macht, dann melden sich gern Anwälte mit Drohungen und komischen Forderungen.

12 Gedanken zu „Olympia-Referendum: Alfons Hörmann kann die zweite Kasse des DOSB auffüllen #Hamburg2024“

  1. Pingback: NOlympia-Presseschau für November 2015 » Nolympia

  2. Großartiges Ergebnis, an dem nichts schönzureden ist! Das Quorum wurde auch klar erfüllt. Bei einem dünnen Sieg der Befürworter hätte man sagen können: Lasst es uns in 4 Jahren noch einmal versuchen, aber das ist nach diesen zwei Schlappen (München) in weite Ferne gerückt.
    Und die Aufklärung von Sportkorruption allgemein durch u.a. Jens hat sicher auch dazu beigetragen!

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