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Das Olympische Bildungsmagazin

Afrikas letzte Hoffnung: Ghana vs Uruguay

Im Moment der traurigste Fußballer des Planeten: Asamoah Gyan (r). Wann verschießt man schon mal in der 121. Minute eines WM-Viertelfinals einen Elfmeter?

Im Moment der traurigste Fußballer des Planeten: Asamoah Gyan (r). Wann verschießt man schon mal in der 121. Minute eines WM-Viertelfinals einen Elfmeter?

SOCCER CITY. Dienstbeginn, etwas verspätet.

Zwei schläfrig wirkende Trainer: Oscar Tabarez und Milovan Rajevac. Aber Diego Forlán natürlich wieder ganz munter, ganz bissig, nur nicht absolut präzise beim ersten Konter.

So gut gefüllt waren die Logen hier im Stadion noch nie. Bestimmt wieder deutsche Fans für 20 Euro dabei.

20.43 Uhr: Auch Forlans Kollege Luis Suárez mit erstem Lebenszeichen. Kingson pariert.

Bin echt gespannt und freue mich sogar ein bisschen auf dieses Spiel. Weil beide Teams zu den am besten organisiertesten dieser WM gehören. Hier übrigens die taktische Vorschau von Zonal Marking:

Und wenn ich schon dabei bin, auch gleich deren Auswertung zu Brasiliens WM-Ausstieg:

Der im Familienduell weit vorn liegende Janne Weinreich (gerade 6) hat übrigens 1:0 für Uruguay getippt. Vorhin hatte er 2:1 für Brasilien getippt vorhergesagt.

21.03 Uhr: Meine Herren! Zwei Chancen für Ghana. Gyan hätte es, nun ja, machen müssen.

21.12 Uhr: Ein ganz klein bisschen Fußball-Atmosphäre, aber nur ein bisschen. Hämisches Raunen (geht das?), als Forlan einen Pass ins Toraus schickt.

Hatte ich schon gesagt, wie sehr mir der Fußballer Kevin Prince Boateng bei dieser WM gefällt. Der Fußballer.

Ghana dominiert die Partie jetzt. Gar schrecklicher Sturz von Jorge Fucile, ein Wunder, dass er sich wieder bewegt.

Sensationelle Aktion von KPB, Seitfallzieher (oder schon Fallrückzieher?) nach Flanke von Samuel Inkoom, leider daneben.

21.20 Uhr: Wollte gerade schreiben, dass ich Ghana noch nicht so schnurstracks und energisch aufs Tor habe marschieren sehen, wie in den letzten 20 Minuten, in dem Moment knallt ausgerechnet der stets schlecht gelaunte Sulley Muntari aus 25 Metern einfach mal drauf. Schwer zu sehen für Muslera, platziert, scharf. Einsnull für Ghana. Afrika hofft.

Und Janne W. hat ausnahmsweise nicht richtig getippt.

21.27 Uhr: Zwar schon tausendmal gehört. Aber nicht, dass Shakiras WM-Song am Ende doch noch ’ne richtige Hymne wird. Ghana, Ghana. Ich sag’s nochmal: Ich sehe sie stärker als in allen anderen Spielen, die ich live von ihnen gesehen habe. Trotz des nur einen Stürmers Gyan diesmal extrem (für ihre Verhältnisse) energisch in Richtung Tor unterwegs. My 2 cents.

Korrigiere die Torentfernung, nach etlichen Slow motions: Ziemlich genau 32 Meter :)

Die besten Tänzer der WM sind sie allemal.

21.44 Uhr: Er ist eben ein ganz Großer dieser WM, der Diego Forlán! Welch ein Freistoß. Einseins. Und wie blöd sah Kingson dabei aus.

21.51 Uhr: Der Uruguayer foult wie der Uruguayer (#16 Pereira). Und der afrikanische Torhüter spielt Fußball wie ein afrikanischer Torhüter. Entschuldigung, musste mal gesagt werden.

Ghana spielt jetzt ohne Keeper. Kingson völlig daneben. Ein Wunder, dass Suárez nach Flanke von Forlán nicht trifft.

Okay, ein Lob für Kingson. Schneller als Suarez – er klärt ausnahmsweise.

22.00 Uhr: Und noch eins. Kingson spielt wieder mit. Parade gegen Suárez.

Es ist so ein Spiel, in dem sich alles dreht, wenn man ein Urteil abgegeben hat. Finde Ghana nach vorn seit geraumer Zeit ziemlich schwach und unstrukturiert. Aber: spannend, unterhaltsam, offen. Appiah kommt für Inkoom. Er hat mir gegen die Amerikaner sehr gut gefallen, da kam er für Boateng und hat gut sortiert.

Ich führe keine Strichliste. Aber Suárez kam eben in Uruguays Strafraum zum gefühlten zehnten Mal frei an den Ball. Diesmal allerdings prallt das Spielgerät, nachdem es drei Ghanaer passierte, an seinen Arm.

22.22 Uhr: Einige Ghanaer, auch KPB, scheinen platt. Aber ich habe mich bei denen schon mal getäuscht, im Achtelfinale gegen die Amis. Da spielten sie dann eine souveräne Verlängerung.

22.23 Uhr: 30 Minuten mehr.

Jetzt sehe ich es im Fernsehen. Rajevac spricht offenbar wirklich nicht Englisch. Nur sein Dolmetscher redet auf die Burschen ein, erst auf „Prince“, wie auf dem Trikot steht, dann auf Gyan.

22.29 Uhr: Boateng spielt eine Art Mittelstürmer. Da muss er am wenigsten laufen. Jetzt wissen wir auch, was Rajevacs Dolemtscher KPB und Gyan erzählt hat: Positionen tauschen!

Ähm, Kingson. Nun gut, nur einmal nachfassen. Schon hat er das Spielgerät.

22.53 Uhr: Wenn Forlán auch nur in die Nähe des Balles kommt, stöhnt das Stadion. Die meisten Zuschauer aus Angst. Forlán, von dem jeder erwartet, dass er das Ding entscheidet, kommt aber, bis auf eben, kaum noch an den Ball.

#19 Scotti knallt ihn sich fast selbst rein, doch #16 Pereira rettet vor KPB, der es tatsächlich fast rechtzeitig an die Stelle geschafft hat.

KPB, obwohl in den Griffen von Scotti (war er es?) köpfelt gefährlich, aber vorbei. Und knallt gleich noch aufs kurze Eck, große Parade von Muslera. KPB hebt sich die Höhepunkte auf.

ELFMETER!

Rot für Suárez, der einmal mit dem Fuß, dann mit den Händen auf der Linie rettet.

23.02 Uhr: UNFASSBAR. Gyan, der in der Vorrunde zwei Elfmeter lässig versenkte, knallt den Ball an die Latte. In der 121. Minute. Boateng tröstet ihn als erster.

Elfmeterschießen

Kollege B sagt:

Siegwahrscheinlichkeit Uruguay: 60 Prozent.

Forlán beginnt.

  • Forlán 1:0 Uruguay
  • Gyan, schon wieder! In den Winkel. 1:1
  • Victorino. Winkel. Hart. 2:1
  • Appiah 2:2
  • Scotti 3:2
  • John Mensah, der Kapitän. Es war zu sehen. Ein Schritt, zwei Schritte? Muslera hält. 3:2
  • Pereira – DRÜBER. 3:2
  • Adiyiah. Ähnlich schlecht wie Mensah. Muslera hält. 3:2
  • Abreu kann es machen.

23.15 Uhr: Er macht es. Lässig. Cool. Uruguay im Halbfinale. Ghana trauert. Unfassbar, das krönt alle afrikanischen Geschichten, wie Halbfinalteilnahmen verspielt werden.

Mein Schlusswort aus dem Stadion – das Foto des traurigsten Fußballers des Planeten steht jetzt ganz oben ;(

54 Gedanken zu „Afrikas letzte Hoffnung: Ghana vs Uruguay“

  1. Und der „schrecklicher Sturz von Jorge Fucile“ wurde vom Fernsehen aus jeder Perspektive in Zeitlupe wiederholt.

    So etwas muss doch auch nicht sein.

  2. War schon geschickt von Ghana gegen Deutschland zu verlieren um sich so über die USA, Uruguay und die Niederlande ins Finale zu Spielen (hoffentlich). :)

  3. Jetzt habe ich wirklich den Eindruck alles ist offen, ist so weit in der zweiten Halbzeit auch noch nicht so oft passiert in dieser K.O.-Runde!

  4. Halbzeit. Ich bin mir nicht sicher, ob Ghana die Verlängerung überlebt. Sie haben die gesamte zweite Halbzeit schon nicht mehr im Mittelfeld gepresst und auch KPB wirkt schon länger müde.

  5. Also mir gehen die Ghanaer mit ihren Einwürfen ja sowas von auf die Nerven.

    Das sind ALLES falsche Einwürfe. Da wird bisweilen im Gehen geworfen und der Ball komplett über den Kopf gezogen und in einem flachen Winkel auf den Boden geschnibbelt – das ist nicht mehr feierlich. Beim Einwurf haben beide Beine auf dem Boden zu stehen und der Ball hat eine aufsteigende Flugkurve zu beschreiben, wenigstens für einen kurzen Moment. Ich weiß jetzt nicht ob das genau die Regel ist, aber so hab ich’s gelernt und mein Vater hat Bundesligafußball gespielt…

  6. Ich habe fast körperliche Schmerzen bei diesen Superslomos – der Knöchel von Gyan sah dermaßen nach ’ner Zerrung aus…

  7. Es ist so erschreckend, was Steffen Simon für gravierende Mängel und Unwissenheit im Bezug auf Fachkenntnisse des Fussballsports offenbart.
    Angefangen von dem Aufschrei „Abseits“ bei Kloses Tor gegen England, über grobe Unaufmerksamkeiten während des Spiels gerade (Boateng hat sich in der ersten Halbzeit mit seinem Gegenspieler locker eine Tätlichkeit ausgetauscht) bis hin zu seiner prompten Erkenntnis nach 20min Verlängerung, dass Boateng und Gyan die Positionen getauscht haben mit der Begründung „Gyan ist wohl nicht mehr so fit“, wobei klar ist, dass man „fertige“ Spieler wohl kaum ins Mittelfeld sondern gerade in den Sturm stellt.
    Wie kann man sich nur sooo wenig mit seiner Profession beschäftigen und dabei so weit kommen???
    Erinnert mich an Mike Hanke, der nicht „wusste“, dass Butt beim HSV die Elfmeter schiesst und danach sein Tor von der Mittellinie schoss (s. 11Freunde!)..

  8. Das ist so UNGLAUBLICH UNGERECHT! Wen kratzt schon die Rote Karte für Suarez? Der Ball wäre drin gewesen! Oh man, unfassbar.

  9. An diesem Spiel sieht man herrlich, dass dem Fussball eine aehnliche Regel wie im Basketball die Goaltending-Regel fehlt. Der Kopfball waere mit 10000% Sicherheit drin gewesen. Das Tor muesste gegeben werden und Suarez halt mit Gelb oder Rot bestraft werden. Aber so bestraft man beide Mannschaften. Suarez sieht voellig zu Recht rot, aber Ghana muss das Tor nochmal machen. Eigentlich blanker Hohn.

  10. Oder Frankreich…

    Es sollte echt wie beim Basketball sein… wenn der Ball den höchsten Punkt der Flugkurve überschritten hat, gilt der Ball als drin.. äh… nein Moment… ich meine…

    Handspiel auf der Linie sollte Tor sein egal was. Inklusive rote Karte.

  11. Technisches Tor im Eishockey ist aber schon ein wenig anders gelagert, hat ja was mit dem Verschieben des Tores zu tun und, dass der Goalie vom Eis ist. Geht beides im Fussball nicht.
    Ich mein schon eine Anlehnung an Goaltending im Basketball: Sobald der Ball ohne die regelwidrige Beeinflussung des Gegners im Tor gewesen waere, wird das Tor gegeben. Dabei wuerde es auch keine Rolle spielen ob Suarez auf der Linie steht oder 20m vorm Tor.
    Waere nicht mal zusaetzliche Technik im Spiel, so dass selbst der Sepp den Mehrwert erkennen muesste.

  12. Tja, tragische Sache für Afrika. Auch wenn meine aus Abidjan bzw Dakar stammenden Nachbarn meinten ihnen ist es völlig egal ob Ghana rausfliegt oder nicht. So viel zum Medienhype ganz Afrika für Ghana – scheint ja auch in Afrika durchaus Rivalitäten zu geben. Bin sowieso froh dass Ghana raus ist: Das ständige Gelaber von ghanaischer Seite dass Gott „exklusiv“ auf Ihrer Seite ist ging mir die letzten Wochen schon auf den Zeiger (bei Nigeria im übrigen ebenfalls). Aber Respekt für Gyan dass er ein paar Minuten später erneut antritt – und dann so souverän verwandelt! Der Mann hat Eier…

  13. Einen Elfmeter muß man aber auch schon verwandeln können, wenn man Weltmeister werden will.

  14. @ Dominic Herzberg: Uruguay kommt im WM-Jahr ohne Fußball-Bestechungsskandal aus. Sie wären allein deshalb ein würdigerer Weltmeister als Italien 2006.

  15. @Bappsack

    Es ist so erschreckend, was Steffen Simon für gravierende Mängel und Unwissenheit im Bezug auf Fachkenntnisse des Fussballsports offenbart.

    Ja. Das fällt mir auch auf und ärgert mich. Dazu kommt noch, dass er dem Zuschauer Dinge einreden will, die dieser gar nicht sieht. Ein Kommentator sollte ein informierender und unterhaltender Begleiter beim Fussballschauen sein. Steffen Simon muss ein anderes Anliegen verfolgen. Ich habe nur noch nicht erkannt welches. ;)
    Soviel ich weiß, ist er ja Chefkommentator der Spiele der 1. BuLi. Aber das war sicherlich wieder so eine formale Quotenentscheidung.

  16. Brasilien hätte noch ein Spiel gebraucht. Der Angstgegner Niederlande kam zu früh. ;)
    Die Taktikumstellung von Dunga hat ihnen sicher zu schaffen gemacht. Er hat jetzt nichts zu lachen. Pele hatte ihn und seine europäische Spielweise ja schon rechtzeitig aufs Korn genommen.
    Für Ghana tut´s mir sehr Leid. Ich wollte sie zumindest im Spiel um Platz drei sehen. Ich verstehe nur nicht, wie der mangels Englischkenntnisse indirekt mit den Spielern kommunizierende serbische Trainer seinem Team keine Ordnung vor dem Tor des Gegners beigebracht hat. Schade, sehr schade. National sind die Ghanaer trotzdem Helden.

  17. wer findet, dass die urus mit der roten karte plus elfmeter zu gut weggekommen sind, sollte nach einer überschlafenen nacht vielleicht noch einmal seine haltung zur prinzipiell identischen sitation in der vorrundenpartie von südafrika gegen… die urus(?!), oder der australier gegen… ghana(?!) rekapitulieren. was wurde da nicht lamentiert von wegen „elfmeter alleine ist doch strafe genug! dann auch noch rot, das ist zu hart, das macht das spiel kaputt!“ (womöglich nicht representativ, aber so wurde zumindest teilweise expertet)

    aber nicht alle fifa-regeln sind automatisch schlecht — und wenn man bedenkt, dass die regel ja universell gelten muss, hat die momentane ahndungspolitik vom standpunkt der dramatik aus gesehen unzweifelhaft ihren reiz. und die fifa wird einen teufel tun, das zu ändern. dieser griff nach dem hauchzarten strohhalm, das opfern eines spielers im tausch gegen die winzige chance, das tödliche tor vielleicht doch noch verhindern zu können… das ist doch ganz großes kino! in der letzten minute! mehr drama geht einfach nicht! (auch wenn man sich als ghana-fan jetzt nicht sooo viel dafür kaufen kann ;-) )

  18. @ cf: Du hast in vielem recht. Andererseits machst Du es Dir auch etwas zu leicht, finde ich. Habe nach kurzer Nacht etwas für SpOn gedichtet. Ist sozusagen mein Diskussionsbeitrag:

    Sie haben zwei Stunden Fußball gespielt. Dann gingen sie ins Elfmeterschießen. Auf dem Spielberichtsbogen steht nun, Uruguay habe gegen Ghana nach Elfmeterschießen 4:2 gewonnen. Nach 120 Minuten hatte es 1:1 gestanden, Ghanas Führung durch Sulley Muntari kurz vor der Pause hatte Uruguays formidabler Stürmer Diego Forlán zehn Minuten nach dem Wechsel ausgeglichen. Doch das wird man vergessen. An die Notizen aber auf dem Spielbericht, dass Luis Suárez (Uruguay) in der letzten Minute der Verlängerung die Rote Karte erhielt und Asamoah Gyan (Ghana) einen Elfmeter verschoss, daran wird man sich erinnern.

    Für die Geschichtsbücher reduziert sich das Drama von Johannesburg, Soccer City, 2. Juli 2010, auf wenige Sekunden. Dieses Spiel wird in die Top 10 der dramatischsten Geschichten von Fußball-Weltmeisterschaften aufgenommen. Dieses Spiel müsste den Fußball-Weltverband FIFA eigentlich dazu zwingen, die Regeln anzupassen. Denn gesiegt hat, einmal mehr, „die Ungerechtigkeit“, wie Ghanas serbischer Trainer Milovan Rajevac formulierte.

    Was war passiert? 120. Minute, Eckball für Ghana. Gedränge im Fünfmeterraum der Südamerikaner. Stephen Appiah befördert den Ball mit dem Knie Richtung Tor. Auf der Torlinie steht Luis Suárez, Uruguays stets übermotivierter Stürmer, und klärt geistesgegenwärtig. Mit dem Fuß, mit dem Bein, mit dem Oberkörper? Irgendwie, niemand hat Zeit, darüber zu sinnieren, denn der Ball prallt zu Dominic Adiyiah, der das Gerät per Kopf sofort wieder auf die Reise schickt. Ins Tor? Einige Zentimeter ist der Ball vielleicht schon hinter der Linie, dann nimmt Suárez, der im Training gern Torwart spielt, beide Hände zur Hilfe. Wie Volleyballer oder Handballer, wenn sie einen Ball blocken. Es war Instinkt, es war Berechnung, Absicht, Willen – alles.

    „Es war die beste Torwartparade der WM“, witzelte Suárez.

    Rote Karte für Suárez, den Regeln entsprechend. Elfmeter für Ghana, den Regeln entsprechend. Nur: Den Regeln entsprechend wurde Ghana damit um den Sieg betrogen. Uruguay wurde, den Regeln entsprechend, mit dem Elfmeterschießen belohnt. Ghana wurde bestraft, den Regeln entsprechend. Die Aktion hätte unweigerlich zum Tor geführt, wäre sie von Suárez nicht unterbrochen wurde, wenige Zentimeter vor dem Paradies (für Ghana) und der Hölle (für Uruguay).

    Suárez wurde von den Kollegen gefeiert, als er vom Feld trabte. Er sprach später von der Hand Gottes, in Anlehnung an Diego Maradonas legendären Handballtreffer 1986 gegen England. Bloß: Wer will darüber nach dieser WM und Dutzenden katastrophalen, den Wettbewerb entstellenden Fehlentscheidungen, schon noch lachen?

    Wenn die Regeln, denjenigen, der betrügt, belohnen, und gleichzeitig diejenigen, die um die Früchte ihrer Arbeit gebracht worden sind, bestrafen, dann sind die Regeln das Papier nicht wert, auf die sie gedruckt wurden. Im Basketball, um mal eine Anleihe in einer anderen Sportart zu nehmen, gibt es die so genannte Goaltending-Regel. Wird die Flugbahn des Balles regelwidrig verändert, bestraft man den Regelverletzer, aber nicht zugleich auch den Angreifer – denn die Punkte werden gegeben.

    Fußball-Puristen und Regel-Fanatiker werden über diesen Vergleich gewiss die Köpfe schütteln. Doch der Blick über den Tellerrand hinaus ist angebracht. Andere Sportarten haben Lösungen für schwierige Probleme gefunden oder sind zumindest weiter als der Fußball. Wer angesichts dieser Szenen vom Freitagabend nur die seit mehr als einem Jahrhundert verbreiteten Sprüche auffrischt, wonach sich angeblich alles im Fußball einmal ausgleiche, Glück und Pech, Nachteil und Vorteil, belügt sich selbst. Nichts gleicht sich aus. Ghana wurde um den Sieg betrogen.

    Suárez ist Uruguays Held. Und er ist ein Betrüger.

    „Nein, nein“, sagte Uruguays Trainer Oscar Tabarez, „ich mag dieses Wort nicht. Es war kein Betrug. Suárez ist doch nicht dafür verantwortlich, dass Ghana den Elfmeter nicht nutzte!“

    Natürlich, der 24 Jahre alte Asamoah Gyan erhielt, den Regeln entsprechend, die Chance, den Handelfmeter zu nutzen und Ghana als erstes afrikanisches Team in ein WM-Halbfinale zu schießen. 84.000 Zuschauer in der Arena und hunderte Millionen weltweit an Radios, Fernsehgeräten und Computerbildschirmen hielten den Atem an. Viele feierten schon Ghana, die Black Stars, Afrikas Stolz und Hoffnung. Sie wussten, dass Gyan, einer der überragenden Spieler dieser WM, gegen Serbien und Australien in der Vorrunde schon zwei Elfmeter souverän verwandelt hatte.

    Asamoah Gyan lief an, die Menschen schrien, die Vuvuzelas dröhnten – und er drosch den Ball mit Urgewalt an die Oberkante der Latte. Der Ball sprang in den Nachthimmel.

    Wenige Minuten nach diesem Blackout, im Elfmeterschießen auf der anderen Stadionseite, schnappte sich Gyan erneut den Jabulani – und versenkte ihn traumhaft sicher ins rechte obere Toreck.

    Nur eben diesen einen Elfmeter, den wichtigeren, wenn man das so sagen darf, den hat er nicht verwandelt.

    „Unglaublich“, staunte Diego Forlán.

    „Wenn es gut gegangen wäre“, sagte Ghanas Trainer Rajevac, „wäre es ein Märchen gewesen.“ Wenn. Ja wenn. So ist das mit den Märchen. Sie passieren selten im Leben.

  19. @jens
    eines der letzten dinge, die ich möchte, ist mich zum gralshüter der deutschen sprache aufzuschwingen. God bless the German language! aber hier muss ich trotzdem fulminant widersprechen: wer das handspiel von suarez als „betrug“ tituliert, der deformiert ganz eindeutig und mutwillig die bedeutung des begriffs innerhalb der deutschen sprache. in diesem fall in der überaus durchschaubaren absicht, für ghana partei ergreifen zu können.

    wenn ich also die gelegenheit ergreifen darf, auch einmal zu polemisieren: was soll denn noch alles betrug sein im fussball? eine notbremse? taktisches fouls an der mittellinie? zeitschinderei? und was sagt man dann zu einem dopenden team? einem gekauften schiedsrichter? auch betrug? na klar: alles betrug! die welt ist schlecht. überall betrüger! (außer im ghanaischen team, natürlich, der einsamen insel der seligen in diesem turnier, sonst wären am ende des tages ja nur betrüger betrogen worden, was dem ganzen dann aber die benötigte moralische fallhöhe nehmen würde)

    insofern: nein, ich weigere mich, suarez für sein handspiel zu verachten. er hat einfach — im nachhinein kann man sagen: geschickt — im rahmen des bestehenden regelwerks agiert und die für sein vergehen vorgesehene strafe in kauf genommen und schließlich auch gerechterweise bekommen. wenn südafrika in einer identischen situation eine rote karte und elfmeter gegen sich bekommt, wird beklagt, dass die entscheidung zu hart sei und die regel geändert gehört — aber wenn es die urus in gleicher weise trifft, dann wird beklagt, dass die urus zu gut wegkommen und dass die regel geändert gehört. da sage ich: ohne mich. so!

  20. Bin da ganz bei cf und freue mich, dass ich das mit dem „Betrug“ nicht schreiben musste. Da wir Generation und Geburtsland teilen, Jens, können wir uns doch noch ein bisschen erinnern, wie Betrug im Fußball aussah.
    Nichts davon ähnelte Suarez und auch nichts seinem Landsmann bei Deutschland-England.

  21. Mir geht es weniger um Suarez als vielmehr um die Ungerechtigkeit, die sich aus den formal korrekten Entscheidungen danach ergibt. Ghana wurde um ein sauberes Tor BETROGEN, dabei bleibe ich. Zu sagen, Suarez ist ein Betrüger, ist zugespitzt, und ja, Deine/Eure Einwände sind natürlich berechtigt. Das hätte ich treffender formulieren können.

    Ghana, das Team, wurde spielentscheidend betrogen. Bestraft wird aber individuell.

  22. Entschuldigung, aber mit Verlaub, das ist absoluter Nonsens, Master Weinreich. Die individuelle Bestrafung von Suarez liegt in der Roten Karte, die Bestrafung des Teams von Uruguay bzw. die Wiedergutmachung für Ghana liegt im Elfmeter.

    Ich verstehe überhaupt nicht, wie diese Diskussion überhaupt entstehen kann. Aus Emotion heraus? Aus Sympathie für Ghana oder Antipathie für die Südamerikaner? Aus einem falsch verstanden Gerechtigkeitsgefühl? Wenn man auf dieser Linie weiter argumentiert, wird jede Notbremse, ja jedes Foul zum Betrug oder zumindest Betrugsversuch.

    Ach, hätte Gyan doch einfach nur den Elfer reingemacht. Dann wärens alle zufrieden. Meinereiner übrigens auch.

  23. Man kann da auch in andere Richtungen polemisieren, in etwa so:
    Ist es nicht schön, dass es neben den Ronaldos und Ribérys dieser Welt auch noch Spieler gibt, die ihre Ambitionen auf Torjägerkrone und persönlichen Ruhm sofort vergessen, wenn es darum geht, sich am Scheideweg gegen die persönliche Teilnahme und für die Teilnahme der Mannschaft zu entscheiden?
    Ich jedenfalls mochte das Ballack-Foul 2002 und ich mag auch die Suarez-Hand 2010.
    Aber, gut, ich mag ja auch Radsport. :-)

  24. Schon in Ordnung. Das Ballack-Foul ist mir leider erst nach Redaktionsschluss eingefallen. Sage das deshalb, weil ich bislang stets argumentiert hatte, Ballack habe sich für die Mannschaft geopfert.

    Dennoch sehe ich in dieser Zuspitzung eine andere Qualität als in dem Rempler damals. Und ich sage, ja, so ein Tor muss einfach gelten. That’s it. Diese Meinung leiste ich mir, @lodi, auch aus der Emotion heraus. Da bin ich Überzeugungstäter.

  25. Die Emotion sollte aber nicht soweit gehen, dass man
    1. nicht sieht, dass der Freistoß vor der Szene unberechtigt war
    2. es beim 1. Kopfball Abseits war (erst passiv, dann als der Spieler an den Ball kam, aktiv)
    3. der Ball beim Handspiel nicht mal ansatzweise hinter der Linie war

  26. schöne Diskussion! Aber wer soll denn diese neue Regel formulieren?
    Ab wann ist denn das noch nicht gefallene Tor ein Tor? Was ist, wenn die Hand angeschossen ist? Was ist, wenn der Spieler keine Möglichkeit hat, dem Ball auszuweichen?
    Bitte mit Regeländerungen beginnen bei:
    1- Videobeweis bei klarem Tor,
    2- Videobeweis bei Abseits.
    Dies sind doch die schreienden Ungerechtigkeiten!

  27. @ gb: Ja, ich finde auch, das darf und muss man sogar diskutieren. Dass es bei den Herrschaften von FIFA und IFAB nicht ankommen wird, ahne ich auch. Dass es bei vielen Fans nicht ankommt, höre und sehe ich. Ist mir dennoch egal. Derlei himmelschreiende Ungerechtigkeiten bzw. Regellücken bzw. mangelnde Durchsetzung von Regeln hat es in dieser KLARHEIT selten so gehäuft gegeben.

    Nun kann man natürlich wie seit 1886 üblich immer argumentieren: Die Regeln sind so, basta! Man kann Augen und Ohren verschließen und nicht wahrnehmen, dass es in anderen, ebenfalls professionalisierten Branchen (Sportarten) Lösungsansätze gibt, dass die dort teilweise seit Ewigkeiten praktizierten werden.

    So geht es natürlich auch.

  28. Das im SPON-Artikel mit der Ungerechtigkeit kann ich nicht nachvollziehen:
    1. zur Situation an sich:
    Es bestand davor einen Abseitsposition

    2. Regelwerk
    Die Regeln funktionieren schon so seit Jahrzehnten.
    GET USED TO IT.

    a) keiner hat ihm verboten den Elfmeter zu versenken
    b) es gäbe auch Elfmeter, wenn der Ball nicht zu einem klaren Tor geführt hätte (muss ja jemand entscheiden, ob ein klares Tor verhindert wird oder nicht)
    c) was ist jetzt, wie im Falle des Australiers, der auf der Linie stand und halb angeschossen wurde und Rot bekommen hat? soll das Tor jetzt auf einmal zählen, weil er es verhindert hat? (Übrigens hat der Ghanaer beim Elfer da getroffen). Wer entscheidet, ob Absicht oder nicht Absicht da drin ist.

  29. Gut, hätte Suarez den Ball nicht abgelenkt, wäre er im Tor gelandet. Nun hat er die Hände benutzt, Elfmeter, Rot. Er wird den Urus wohl noch schmerzlich fehlen. Es gibt aber noch die dritte Möglichkeit: Er hätte ihn mit dem Kopf ablenken können. Nun müsste – wenn es sowas wie ein „technisches Tor“ gegeben hätte, der Schiedsrichter entscheiden müssen, ob er nicht auch dazu die Möglichkeit gehabt hätte.
    Ich finde es genau richtig so, wie es auch hier beschrieben wurde: Der Elfmeter wurde verschossen, Punkt, aus, Micky Maus (Calmund).
    Andererseits: Das Schiedsrichtergespann hätte natürlich auf Tor entscheiden können, wenn sie den Ball hinter der Linie gesehen hätten, quasi die salomonische Variante: Irgendwo muss ja noch ein Meter Torraum rumliegen, aus dem Englandspiel. ;-)
    Ich bin ja für den Videobeweis, aber hier gab es keine Fehlentscheidung, und im Fußball is nur Tor, wenn der Ball im Netz ist.

  30. Diese Szene reiht sich nirgendwo ein, weil diesmal die Regeln kritisiert werden – nicht Technik oder Schiris.

    „Im Rahmen des bestehenden Regelwerks agiert“ kann man es dennoch nicht nennen, sondern Handspiel, insbes. im Strafraum ist natürlich regelwidrig, und Strafstoß ist die Sanktion, neben der roten Karte.

    Dass sich die rote Karte in der ersten Minute des Spiels anders auswirkt als in der 120. ist so mit Regeln, die nicht für Einzelfälle gemacht werden. Im Rechtswesen ist es ein Tabu eine Regel für den Einzelfall zu schaffen – einerseits verletzt es den Grundsatz, daß die Regel vor dem Verstoß zu gelten hat, andererseits die Idee der Gewaltenteilung, dass die, die die Regel anwenden, sie nicht auch schreiben. Aber ich schweife ab.

    Sicher ist eine Schiribestechung ein Betrug auf einer ganz anderen Ebene, und so ein Handspiel womöglich ein Reflex. „Die Ghanesen wurden um ihren Erfolg betrogen“ kann man ruhig sagen, solange man es nicht zu ernst nimmt. Das leuchtet mir mehr ein, als zu sagen „er hat sich geopfert“, wenn sich ein Spieler die rote Karte einfängt. So sakral sollte man einen Regelverstoß nicht feiern.

  31. Lieber cf, auch nach dem „drüber schlafen“ empfinde ich das Spielende gestern als himmelsschreiende Ungerechtigkeit und ich kann niemanden verstehen, dem es nicht so geht.

    Allerdings kann ich nicht soweit gehen zu sagen, dass Suarez ein Betrüger ist. Er hatte die Wahl: Ausscheiden von Uruguay oder Inkaufnahme eines Regelbruchs um ein Tor für Ghana in einen gegnerischen Elfmeter und dabei zwangsläufig eine Rote Karte und damit ’ne Sperre im eventuellen Halbfinale zu riskieren, aber die Chance auf ein Weiterkommen drastisch zu erhöhen (bis 1974 auf 50:50, gestern wohl eher 65:35 für Urugay). Welcher Spieler hätte diese Wahl nicht getroffen? Da muss man doch nicht mal überlegen! Ich kann Suarez da keinen Vorwurf machen, nur dem Regelwerk.

    Und dass ist der Punkt: jedes Regelwerk, das eine solch eine Ungerechtigkeit zulässt, hat derartige Mängel, dass mir die Lust an einer WM vergeht und ich jeden Amerikaner verstehen kann, der Fußball als „sporthistorisch zurückgeblieben“ bezeichnet. Das trifft auf das gleiche Ungerechtigkeitsempfinden wie Tore die nicht gegeben werden, obwohl regelkonform gespielt wurde und der Ball deutlich hinter der Linie landet. Es ist ein großes Versagen der FIFA, da nicht drüber diskutieren zu wollen. Bis 1974 wurde in K.O.-Runden bei Unentschieden nach Verlängerung durch Münzwurf entschieden. Auch das widersprach ’nem Gerechtigkeitsempfinden diametral und wurde grundlegend verändert. Argumente wie „das war schon immer so“ oder „das ist halt Fußball“ kann ich nicht gelten lassen, das sind nichtssagende worthülsige Totschlagargumente. Wenn man durch Änderungen daran den „Charakter des Fußballs“ verändern würde ist das halt so – Ungerechtigkeit ist für mich keine wünschenswerte Charaktereigenschaft.

  32. @ttom
    ich denke, unsere Meinungen sind hier doch ein wenig zu verschieden, um zueinander kommen zu können. Immerhin scheint eine gewisse Einigkeit ja zumindest darin zu bestehen, dass man Suarez persönlich keinen Vorwurf machen kann, da er nur innerhalb des bestehenden Systems im Sinne seiner Mannschaft operiert hat. Allerdings — und das ist meinen Augen keinesfalls zu vernachlässigen — hat er mit seiner Aktion die Siegchancen für seine Urus keinesfalls auf 65% erhöht, und auch nicht auf 50%, sondern realistisch betrachtet eher auf 5% (wenn man mal unterstellt, dass die Wahrscheinlichkeit für einen verwandelten Elfmeter bei 90% liegt — was mir bei einem etatmäßigen und also sicheren Schützen wie Gyan durchaus nicht zu niedrig angesetzt erscheint — und beide Mannschaften im Elfmeterschießen in etwa dieselben Chancen haben). Aber immerhin: 5% statt 0%. Ein Strohhalm der Hoffnung statt dem sicheren „Tod“.

    Die Frage lautet also: Ist ein System „betrügerisch“, dass dieses schmutzige, kleine Hintertürchen offen lässt, sich an einen allerletzten Strohhalm zu klammern? Nun bin ich weit davon entfernt, die bestehende Regelung zu dem Thema völlig unproblematisch zu finden, denn natürlich ist ein Elfmeter (deutlich) weniger als ein sicheres Tor. Ich finde, anders herum, die Idee der Kompensation in Form einer Roten Karte aber auch nicht grundsätzlich falsch. Ja, sie ist in mehrfacher Hinsicht seltsam… wird der Elfer verwandelt, erscheint sie zu hart, weil sie gleich doppelt bestraft, ist das Spiel hingegen fast vorbei und der Elfer wird verschossen, erscheint sie auf einmal zu mild… Insofern ist das ein bisschen wie im richtigen Leben: auch die Demokratie ist ja keineswegs eine perfekte Gesellschaftsordnung — aber wahrscheinlich die bestmögliche. So gesehen, bin ich mir nicht sicher, ob mich die möglichen Alternativen wirklich überzeugen können. Als eigentlich einzige Möglichkeit würde sich da ja anbieten, die individuelle Bestrafung zu mindern (also, sagen wir, nur eine Gelbe Karte statt einer Roten) und dafür dann das Tor zu geben. Ich frage mich allerdings, ob man damit erstens den Schiedsrichtern und zweitens dem Spiel einen Gefallen tun würde. Jetzt mag man mir natürlich vorwerfen, einer wie ich hätte sich im alten Rom auch an Gladiatorenkämpfen ergötzt (was ich selbstredend empört bestreiten würde), aber ich muss zugeben, dass ich diese unglaubliche Zuspitzung einfach sehr reizvoll finde.

    Zudem lebt ja der Fußball im Grunde genommen davon, dass nicht so viele Tore fallen, weil ja erst dadurch die Möglichkeit besteht, dass die schwächere Mannschaft einfach durch schieres Glück gewinnen kann. Dazu gehört dann konsequenter­weise auch, dass man unter keinen Umständen ein Tor per Deklaration herschenken möchte, sondern darauf beharrt, dass der Ball die Linie tatsächlich physisch überqueren muss. Mit ein klein wenig Kühnheit ließe sich sogar philosophieren, dass die Leistungs­ungerechtig­keit letztlich eines der Grundprinzipien des Fußballs ist — der gerne unterschätzte Philosoph Podolski hatte das dereinst mal auf die Formel gebracht: „So ist Fußball — manchmal gewinnt der Bessere“.

  33. @cf
    Ach, wir sind da gar nicht so weit auseinander glaube ich. Einig sind wir uns tatsächlich darin, dass Suarez kein „Betrüger“ ist und sich lediglich innerhalb des Regelgerüsts nicht regelkonform verhalten hat und dadurch besagte Konsequenzen produziert hat.

    Und mit den Prozenten war ich schon beim Elfmeterschießen – er hat mit seinem Handspiel ja tatsächlich nur die Chance für Uruguay erhöht und gewahrt, bis dahin zu kommen. Ob die Chance jetzt bei 5, 10 oder 15% dass Gyan verschießt lag, ist dabei ja wirklich egal. Erstmal im Elfmeterschießen angelangt, war die Chance auf einen Sieg wohl realistisch höher für Uruguay dieses zu gewinnen. Egal, entscheidend für die Argumentation ist, dass er statt sicheren Ausscheidens die Chance auf das Elfmeterschießen gewahrt hat.

    Jetzt ist der Suarez zwar kein Betrüger und wird in Uruguay vielleicht sogar als selbstloser Nationalheld gefeiert (immerhin verschenkt er die mögliche Aufstellung im ersten Halbfinale seit 50 (?) Jahren, um seiner Mannschaft die Chance auf ebendieses zu erhalten), aus einem (zugegebenermaßen durch Sympathie für Ghana getrübten) neutralen Standpunkt bleibt aber ein schaler Beigeschmack. Jeder bewusst in Kauf genommener Regelbruch bricht halt auch mit den Konventionen, Bestrebungen und Überzeugungen die der Erstellung dieser Regeln zugrundeliegen. Genau wie ein brutales Foul als letzter Ausweg „sportmoralisch“ verwerflich ist, ist es ein Handspiel im Strafraum halt auch, selbst wenn der Spieler die Konsequenzen zu tragen bereit ist. Ich bin dementsprechend der Meinung, dass man Suarez persönlich sehr wohl etwas vorwerfen kann, nämlich absolut unsportliches Verhalten.

    Und trotzdem hätte ich (und sicherlich die allermeisten Menschen die ich kenne) es an seiner Stelle genauso gemacht! Warum? Weil das System dieses Verhalten individuell und für die Mannschaft bestraft, unterm Strich aber in bestimmten Situationen aber ein Mehrwert für die verteidigende Mannschaft übrig bleibt und das macht das Regelwerk in eben diesen Situationen ungerecht und es bedarf einer Änderung der Regeln um das aus der Welt zu schaffen. Die Regeln sind nämlich nicht die „bestmöglichen“ sondern in diesen Punkten durchaus zu verbessern.

    Die Konsequenzen müssen zum Beispiel nicht zwingend eine Rote Karte sein. Das Regelwerk sieht bei absichtlichem Handspiel eines Abwehrspielers im Strafraum als Ahndung einen Elfmeter vor, zusätzlich kann (je nach Schwere) noch eine zusätzliche Strafe gegen den Spieler ausgesprochen werden. Ein Abwehrspieler der einen Ball mit der Hand auf der Linie stoppt wird in der Regel mit einer Roten Karte bestraft (Wikipedia). Regel besagt also Elfmeter + evtl. Verwarnung, Rote Karte für Stop auf der Linie ist nur Konvention unter Schiris. Deinem Vorschlag Gelbe statt Rote steht also noch nicht mal das Regelwerk entgegen.

    Im letzten Punkt kommen wir aber tatsächlich nicht zusammen. Die Regeländerung „Tor geben statt Elfmeter bei Handspiel auf Linie“ mit der Argumentation abzulehnen, man wolle der Dramatik des Fußballs diese Potentionsmöglichkeit nicht nehmen ist doch einfach hirnrissig.

  34. Der Diskussion folgend wäre nun auch jede Aktion, in der ein Spieler auf dem Weg zu einem sicheren Tor mit unfairen Mitteln gestoppt wird, zu ahnden, in dem man das (vermeintliche) Tor gibt.

    Bsp: Ball fliegt Richtung Kreuzeck, Verteidiger pariert mit der Hand, aber keiner ist 100% sicher, ob der Ball ins Tor, an die Latte oder den Pfosten gegangen wäre. Was dann? Tor geben?`

    Ne.

    Es gehört schon auch zur Qualifikation eines Fußballers den Ball so ins Tor zu bugsieren, dass kein Gegenspieler WIEAUCHIMMER an den Ball kommt. Vor allem Appiah hat diese Qualität vermissen lassen.

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