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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (36): Fall Pechstein & Olympia in Stuttgart

Eine kleine Presseschau (fast ausschließlich, Überraschung am Ende) zum Fall Pechstein. Auf einige Beiträge wurde hier bereits verlinkt – anderes findet sich in den Kommentaren zum Fall.

Erhellend und verdienstvoll, zwei Interviews aus der Zeitung Die Welt/welt-online:

Sie muss sich untersuchen lassen. Ich würde dies generell schon aus eigenem Interesse an der eigenen Gesundheit anraten. Die ISU hatte so gar keine andere Wahl, als Frau Pechstein wegen Blutdopings zu sperren, weil Frau Pechstein ihre Möglichkeiten nicht nutzen wollte. Ich finde die Gutachter beider Seiten haben gute Arbeit gemacht.

Es trifft nicht zu, dass die Gutachter Frau Pechstein entlastet haben. Ich kann diese Aussagen von Frau Pechstein deswegen nicht nachvollziehen. Es kann nur sein, dass sie das aus ihrer Sicht und ihrer Wahrnehmung anders empfunden hat. Aber wir haben die Gutachten bewertet und unsere Entscheidung danach getroffen. (…)

Wir waren uns der Tatsache und der Tragweite sehr wohl bewusst. Sie können mir glauben, wir hatten noch nie einen Fall an dem wir so lange rumgekaut haben. Gerade weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, haben wir – wie sonst natürlich auch – alles Aspekte mit aller Seriosität geprüft. (…)

Ich bin Anwältin genug, um zu wissen, dass immer ein gewisses Risiko besteht. Für mich ist die Sache aber abgeschlossen. Meine Verantwortung besteht darin, eine sorgfältige Entscheidung getroffen zu haben. Und da habe ich keine Zweifel, dass wir dieser Verantwortung gerecht worden sind.

Dazu passend:

Sportpolitisch herausragend, wie ich finde:

Einer meiner absoluten Favoritentexte dieser Tage, obgleich schon neunzehn Monate alt:

Wer die lächelnde Claudia Pechstein im gefühlten hundertsten Interview dieser Tage hören und sehen mag, gestern war sie auf ihrer Bundestournee im Blickpunkt Sport BR. Das Video gibt es hier. Audio:

:

Der Moderator, Markus Othmer, verabschiedete Claudia Pechstein übrigens so:

Alle, die Eisschnelllauf gerne sehen, mit Ihnen, natürlich auch mit Anni Friesinger bei uns hier in Bayern, wissen, dass die letzte Runde Ihre schnellste ist. Ich hoffe, dass Sie die noch vor sich haben.

Außerdem:

Last but not least, ein überraschender Fund in der StZ:

(…) Dass die Olympia 2012 GmbH immer noch nicht aus dem Handelsregister verschwunden ist und nach wie vor Kosten verursacht, hat derweil bei den einstigen Mitarbeitern und in anderen Kreisen für einige Verwunderung gesorgt. Auch bei Werner Wölfle, dem Fraktionschef der Grünen, die das Werben um Olympia mit Skepsis begleitet hatten. Als er die Vorlage aufgemacht und den Punkt „Zuschuss für die 2012 GmbH“ gesehen hätte, sei er fast vom Stuhl gefallen, sagt er.

„Die Abwicklung ist so dilettantisch und stümperhaft wie die Bewerbung selbst betrieben worden.“ Wie berichtet, müssen die drei Gesellschafter, die Stadt Stuttgart, das Land Baden-Württemberg und der Verband Region Stuttgart, nochmals 275.000 Euro zusammen zuschießen, damit die für die Bewerbung um die Sommerspiele 2012 gegründete GmbH endlich aufgelöst werden kann. (…)

11 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (36): Fall Pechstein & Olympia in Stuttgart“

  1. ich frage mich ja (und anscheinend sehen das auch einige kommentatoren in den redaktionen der republik so), ob sich zumindest desg-häuptling heinze in der sache pechstein-verteidigung nicht ein bisschen gar zu weit aus dem fenster gelehnt hat um noch haltbar zu sein… ich meine — wie soll ihm denn in zukunft noch irgendjemand abnehmen, dass in den von ihm abgelassenen anti-doping-statements auch nur ein klein wenig mehr steckt als lauwarme luft? streng genommen ist er doch für den (glaubhaften) anti-doping-kampf verbrannt (und zwar völlig unabhängig davon, wie der cas entscheidet).

    in der politik würde jetzt zumindest die opposition morgenluft wittern, einen untersuchungsausschuss und lauthals den rücktritt des ministers fordern… aber klar: „don’t mix politics with games“ — sind eben doch zwei grundverschiedene paar schuhe…

  2. Wenn Herr Weinreich Herrn Winterfeldt verlinkt, darf natürlich das Grußwort von Frau Pechstein an beide Herren nicht fehlen:

    Ich tröste mich damit, dass der unvermeidliche [Werner] Franke bislang noch an keinem Dopingverdächtigen ein gutes Haar gelassen hat. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass er sich nicht einmal mehr die Mühe macht, meinen Fall isoliert zu betrachten. Für mich ist er einer von denen, (spätestens hier möchte ich auch die Herren Weinreich – schreibt u.a. für Spiegel online – und Winterfeldt – Welt online – begrüßen), die nach meiner Einschätzung alle Dopingverdächtigen über einen Kamm scheren. Ganz gleich welche Besonderheiten der einzelne „Fall“ auch aufweisen mag.

    Es folgt ein Lob für Prof. Kiesewetter – und ein bemerkenswertes PS:

    PS: Wenn Ihr Euch wundert, warum ich die Herren Weinreich und Winterfeldt (die Namen könnte ich noch mit deren Kollegen Reinhard Mohr und Thomas Kistner ergänzen) erwähnt habe, ohne auf diese Journalisten und Ihre Berichterstattung näher einzugehen, dann schaut in den nächsten Tagen mal wieder rein… Jetzt muss ich trainieren. Denn was nutzt es mir, wenn ich vor dem CAS gewinne, wieder starten darf, aber keine Kufe vor die andere kriege… ;-)

  3. Sehr bemerkenswert, wie sich Claudia Pechstein mit der Sache auseinandersetzt. Sie gibt nicht klein bei und verteidigt sich sehr sicher. Schön zu sehen, dass zum vorzüglichen Aussehen, hoher Sportlichkeit auch noch beachtliche intellektuelle Fähigkeiten kommen. Ihre verbale Angriffslust zeigt m.E. auch davon, dass sie über den Vorwürfen steht und sich einer gewissen Unschuld sicher ist. Wer hat sich denn schon in letzter Zeit mal Herrn Franke entgegengestellt ? Ist für ihn wahrscheinlich auch ne Überraschung.
    Wir erleben hier dank einer selbstbewußten Claudia Pechstein eine neue Qualität der Auseinandersetzung mit verdächtigten Leistungssportlern.
    Darüber könnte auch ein lesenswerter Beitrag in den Printmedien geschrieben werden.

  4. Mein Eindruck ist eher, Pechstein kann sich sicher sein, dass die unbekannte genetische Blutkrankheit ein überaus haltbares Argument ist. Sozusagen ein beachtliches Immunsystem, das da ins Arbeiten gekommen ist.

  5. Herbert,
    zum Bemerkenswerten gehört auch, dass Pechsteins „Gästebuch“ auf der Homepage abgeschaltet ist – vor einigen Tagen konnte man da noch Fanpost nachlesen.

  6. Danke für den Link auf den Artikel von Matti Lieskes in der SZ! M.E. muss man den Bogen allerdings noch ein wenig weiter spannen, denn die Gesellschaft, die die Sanktionierung des Dopings fordert ist gleichzeitig auch die, die Siege sehen will. Insofern sind die Sportverbände zum Teil Opfer einer allgemeineren Schizophrenie. Und die Sponsoren aus der Industrie sind natürlich auch nicht böse drum, wenn ein Athlet mit dem eigenen Logo auf dem Trikot gewinnt. Insofern wäre uns vielleicht schon geholfen, wenn das finanzielle Engagement eingedämmt werden könnte.

    Die Variante, das Doping völlig frei zu geben, befürworte ich nicht – denn die gesundheitlichen Folgen sind ja bekannt und das kann kann die Deutsche Gesellschaft eigentlich nicht mit ihrem Grundverständnis vereinbaren.

  7. Sie sind noch nicht lange im Geschäft – oder?

    Was lesen eigentlich Olympiasieger so? Die SportBILD?

  8. In einem Punkt muss ich Claudia Pechstein (oder wer immer diese Spitze geschriebn hat) Recht geben: Dummerweise kann man sich auf so gut wie niemanden mehr verlassen. Das zeigt ja gerade ihr Fall. Wenn sich nun ein Journalist auf etwas stützt, das amtlich und zuverlässig klingt, die entsprechende Stelle aber auch Dreck am Stecken hat, dann liest sich ein Artikel wahrscheinlich gut, ist es aber (etwas) einseitig.

    Naiv, tja? Schwierige Sache. Wenn ich da mal mich heranziehe: Auf der einen Seite bin ich sicher erfahren, abgebrüht, bereit alles Mögliche in Frage zu stellen, unangenehme Fragen zu stellen. Auf der anderen Seite bin ich mir dann und wann trotz allem selbst zu naiv. Dummerweise sind selbst Autoritäten nicht immer so seriös und glaubwürdig, wie es sein sollte.

    Das Problem ist nur (hatte ich kürzlich): Wenn ich in Artikeln alles hinterfrage(n muss), keinen Referenzpunkt mehr habe, dann kann ich auch schwerlich (vermeintliche) Antworten geben – und selbst wenn viele spannende Fragen aufgeworfen werden: Es kommt relativ schwerfällig daher – und lässt sich (auch aufgrund des größeren Umfangs) schlecht verkaufen.

    Trotzdem: Jens Weinreich sollte Olympiasiegern ein Begriff sein.

    Aber wahrscheinlich liegen in Wartezimmern von Blutbanken auch keine Tageszeitungen aus. Naja gut, in Wien wären es nicht unbedingt deutsche ;_)

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