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Das Olympische Bildungsmagazin

Erst die Zahlen, dann die Debatte? Sportförderung des Bundes für 2013 (und danach)

Der deutsche Hochleistungssport wird bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro in gleicher Höhe aus Steuermitteln bezuschusst wie in diesem Jahr. So steht es in den Haushaltsunterlagen des Bundes, die an dieser Stelle traditionell (erst)veröffentlicht werden. Demnach fördern neun Bundesministerien 2013 mit insgesamt 250 Millionen Euro Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports. Die Kernförderung durch das Bundesinnenministerium (BMI) und das Ministerium für Verteidigung mit seinen 800 Sportsoldaten bleibt unberührt.

Der Sportetat des Verteidigungsministeriums wurde von 62 auf 65 Millionen aufgestockt. Die Hälfte der Summe wird in die Sportsoldaten investiert, rund ein Drittel in den Sportstättenbau. Im BMI-Etat sind 129 Millionen Euro für Sportförderung eingestellt – in diesem Jahr waren es 2,5 Millionen mehr. 2013 aber stehen keine Olympischen Spiele an, weshalb der Posten „Entsendungskosten“ geringer ausfällt. Eine weitere Million wird ausgerechnet bei der Dopingbekämpfung eingespart, weil der Bund seine Zustiftung für das Stiftungskapital der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) einstellt. (Kommentar von ha) Im Amtsdeutsch heißt es im BMI:

Die von vornherein befristete Zuwendung zum Dopingkontrollsystem der NADA entfällt nunmehr.“

Die Übersicht für alle neun Bundesministerien, die Sportmaßnahmen finanzieren: 

Das Schwerpunktepapier (Einzelplan 06) des BMI zum Regierungsentwurf 2013:

Zum Vergleich:

Das BMI und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) waren während der Sommerspiele in London erneut wegen ihrer intransparenten Politik und der Weigerung, Dokumente zur Sportförderung öffentlich zu machen, in die Schlagzeilen geraten. Nach Gerichtsbeschluss und großem öffentlichen Druck haben BMI und DOSB lediglich die Anzahl der für 2012 (London) und 2014 (Winterspiele in Sotschi) geplanten Olympiamedaillen veröffentlicht, verheimlichen aber immer noch alle Unterlagen und Verträge mit den Fachverbänden, etwa die so genannten Zielvereinbarungen.

Der neueste Stand dazu nebenan bei Daniel Drepper:

In diesem Theater gab es zuletzt diese Dokumentation:

Während Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) weitere Rechtsmittel gegen eine Veröffentlichung einlegt, während einige Fachverbände Transparenz einforderten und der DOSB eine Diskussion über die Sportförderung versprach, mahlen längst die Mühlen der Bürokratie. Mit signifikanten Kürzungen ist in der Haushaltsdebatte des Bundes nicht zu rechnen. Zumal die Mehrheit im Sportausschuss des Bundestages dem BMI und dem DOSB unverbrüchliche Treue hält.

Das Ergebnis einer Debatte, die noch nicht stattgefunden hat, steht also bereits fest. Es ändert sich übrigens auch nichts an der Tatsache, dass niemand eine Übersicht dazu vorlegen kann, wie viele Millionen oder Milliarden in Deutschland tatsächlich in die Sportförderung fließen. Zwar ist Hochleistungssport offiziell Sache des Bundes. Doch über viele Töpfe wird der olympische Sport auch von Ländern und Kommunen bezuschusst. Die Kommunen tragen die Hauptlast. Die Intransparenz hat System.

  • Für die „zentralen Maßnahmen“, Kernpunkt der BMI-Sportförderung, sind im kommenden Jahr 93,8 Millionen Euro eingestellt.
  • Die Zuwendungen an die Fachverbände bleiben mit 25,2 Millionen gleich.
  • 29,2 Millionen sind für das Leistungssportpersonal vorgesehen.
  • 31 Millionen für Olympiastützpunkte und Bundesleistungszentren.

Interessant und für manch einen alarmierend ist dabei der Hinweis der BMI-Sportverwalter im Schwerpunktepapier: Mittelfristig werden strukturelle Maßnahmen „im Sinne einer weitergehenden Konzentration“ von Sportlern „auf eine geringere Anzahl von Bundesstützpunkten“ zu diskutieren sein.

Wird das wirklich öffentlich diskutiert? Wann beginnt diese Debatte? Oder stehen auch diese Ergebnisse schon fest und müssen von BMI und DOSB nur noch verkündet werden? Die Sommerspiele 2012 sollten eigentlich eine Zäsur darstellen, weil nun die erste Olympiade, also ein Vierjahreszeitraum, zu Ende geht, in dem mit den Zielvereinbarungen gearbeitet wurde. Fragen über Fragen. In den bisher noch internen Dokumenten wird keine dieser Fragen beantwortet.

34 Gedanken zu „Erst die Zahlen, dann die Debatte? Sportförderung des Bundes für 2013 (und danach)“

  1. Kleine Korrektur: Die „Zustiftung für das Stiftungskapital der Nationalen Anti-Doping-Agentur“ war schon eingestellt, sie lief bis 2011 – 2013 fällt noch die zweite Million weg, die fürs Kontrollsystem, siehe Amtsdeutsch ;-D
    Was aber gar nichts macht, denn, so hat es Friedrich versprochen, Länder und Wirtschaft werden einschreiten – falls dort wer der Auffassung ist, dass 8.000 Trainingskontrollen und zwei positive Tests doch nützlich sind.

    Unter Zielvereinbarungsaspekt interessant: überambitionierte DOSB-Versprechen ans BMI bleiben jedenfalls für den DOSB komplett ohne finanzielle Folgen.

    Und dritter Punkt: Das BISp bekommt zum zweiten Mal eine Million Plus (fürs Personal). Inhaltlich gibt es da einen „Förderschwerpunkt Rückenschmerz“, und zwar Rückenschmerz im Spitzensport. Ich kann irgendwie nicht anders als das kurios zu finden.

  2. Die Bedeutung des Sports für die Gesundheit scheint nichts mehr wert zu sein?
    Das Verteidigungsministerium gibt rund 1/3, satte 21 Millionen Euro für Sportstättenbau ein? Es baut allein in 2013 für 16 Millionen Euro Sporthallen? Nach 11 und 13 Millionen in den letzten beiden Jahren – was zum Bäcker wird denn da gebaut? Wo? Wer darf die nutzen?
    FES und IAT eingefroren, also de facto eine leichte „Abwertung“? Sie sind doch aber die „zentralen Institute des deutschen Spitzensports“?!
    Was versteckt sich hinter dem eklatanten Anstieg von 440 und 460 auf nunmehr 1112 T€ für „internationale Projekte und Veranstaltungen“? Aha, steht ja alles da: Die Weltsportministerkonferenz Ende Mai in Berlin – da wird’s ein paar leckere Häppchen geben ;-)

  3. @HW: Das Plus für das BISp begründet sich nicht in Personalkosten – die steigen laut Anlage 2 lediglcih um 0,3% entsprechend mickrigen 7.000€. Die Million fließt in das zugegebenermaßen leicht ominös wirkende Forschungsprojekt „Rückenschmerz“ – da sicherlcih zum Großteil in Personal aber kein Verwaltungspersonal beim Bisp. Immerhin.

  4. @Uli
    Ja, sorry, hatte mich verlesen. Laut Schwerpunktpapier sind es zwar 176.000 mehr fürs BISp-Personal- der Großteil des „Aufwuchses“ geht aber noch immer in die Forschungsförderung.

    Wie auch immer: Für mich ist das dort Dargestellte erneut (und erst recht mit dem „Rückenschmerz“-Projekt) ein Haushaltsposten, der die Frage aufwirft, ob es dieses Institut (dessen Vergaben ja regelmäßig umstritten sind) wirklich braucht.

  5. Ohne das dort verteilte Geld sieht es mit spitzensportorientierter Forschung in Deutschland jedenfalls schlecht aus. Man kann sicherlcih diskutieren, ob die Verwaltungskosten zu hoch sind (da kenne ich mich null aus) aber beim DOSB wäre das Geld sicher nicht besser aufgehoben und alles zentral nach Köln oder an ein aufgewertetes IAT zu vergeben ist ja auch keine gangbare Lösung – auch Forschung lebt von Wettbewerb und nicht wer am Standort x oder y ist, soll die Mittel dafür bekommen, sondern der mit dem besten Antrag. Wenn da ein paar beleidigt vor Gericht ziehen (wie ging das doch gleich wieder aus?) spricht das ja nicht automatisch gegen die Verteilungsqualität.

  6. Was der Wissenschaftsrat und dann der Bundesrechnungshof zum BISP zu sagen hatten, sprach schon sehr gegen die Verteilungsqualität, unter anderem gegen die ;-D
    Es scheint eher um ein abgewertetes FES zu gehen als um ein aufgewertetes IAT, da auch das BISP sich für Sportgeräte zuständig erklärt.
    Der Vorschlag lautete ja einmal, diese Gelder über eine zu gründende Sportabteilung der DFG zu verteilen.

    Verwaltungs- und Personalausgaben sowie Anteil der „Zuweisungen“ (57,6 %) oben in der Torte.

  7. Due meinst http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/7696-07.pdf? Das ist ja nun schon ein paar Jährchen her und vor lauter Transfermaßnahmen kommst du ja kaum noch zum forschen ;-) DIe Evaluation dieser führt natürlich wieder zu höheren, zu recht kritisierten Verwaltungsaufgaben wenn man die nicht der Forschung zurechnen möchte und es ist ja nun nicht so, dass das bei anderen Drittmittelgebern so großartig anders ist und die Sportwissenschaft ist nunmal ein kleiner Zweig mit allerdings starken Ausdifferenzierungen – in vielen Bereichen lässt sich in Sachen Gutachter nicht aus den Vollen schöpfen – in die DFG eingebettet und erweitert um die zahlreichen nicht leistungssportlichen Aspekte des Sports statt als eigenes Bundesinstitut wäre das ganze aber wahrscheinlich effizienter.
    Dass die DSHS die ganzen Mittel am liebsten direkt vom BMI abholen möchte, ist ja auch bekannt – da hält man sich ja rein aufgrund des Titels ohne Prüfung für zuwendungsberechtigt, das kanns natürlich auch nicht sein.

    Naja – es gibt eben auch andere als das FES, die in Sachen Sportgeräte für den Spitzensport etwas entwickeln können – wenn die keine Forschungsmittel aus dem BMI-Topf einwerben könnten wäre das auch „schlimm“. Die direkte Arbeit „am Athlet“ in enger Kooperation mit den Spitzenverbänden wie sie beim IAT geschieht, wäre aber an den Unis eher Fehl am Platz und die für die Verbände interessanten Weltstandsanalysen sind für den Wissenschaftsbetrieb auch eher uninteressant. Die Konstellation mit dem e.V. über FES und IAT ist ja nun aber auch eine hmm ungewöhnliche.

  8. Michael Reinsch in der FAZ: Ein Rätsel namens Bundeswehr

    Um 120 Stellen zu erhalten, die im Zuge der Bundesreform aus diesem Kontingent gestrichen worden waren, erhielt die Bundeswehr in den vergangenen vier Jahren insgesamt mehr als 13 Millionen Euro. Dieser Zuschuss ist nun ausgelaufen. Woher die theoretisch 28.000 Euro pro Stelle und Jahr nun kommen, bleibt offen.

  9. Pingback: MR060 Sportjournalismus #01 | Medienradio.org

  10. Das ist alles so ein unangenehmer, undurchsichtiger, undemokratischer Wust. Erinnert an den Aufbau tief verschachtelter Konzerne, welche dem Außenstehenden zuverlässig die wirtschaftlichen Verhältnisse des Gesamtskonstruktes verschleiern.

    Warum zum Beispiel kennt das Finanzministerium eigene Haushaltsposten, in denen sie knapp 700.000 € für Sportkleidung und Sportgeräte ausgeben – sollten die nicht das Geld an die Fachministerien verteilen? Und welche Sportstätten unterhalten die für 100.000 €? Geht es dabei etwa um die Angestellten-Turnhalle?

    Ansonsten schaffe ich es nicht mehr, so etwas ohne die Suche nach dem Tarnnamen für Doping- und sonstige unerlaubte Aktivitäten zu lesen. Mein persönlicher Favorit bisher: Die „Studie zur Entwicklung körperlicher Leistungsfähigkeit und körperlich-sportlicher Aktivität“, die zuverlässig Gelder nördlich der 300.000 € verschlingt. Wer weiß, wie lange schon, in der 2010er Aufstellung sind die ja noch unter dem Oberbegriff zwölf verschiedener Studien zusammengefasst. Was bei der Studie bisher wohl rausgekommen ist? „Innovation für den Ernährungssektor“ finde ich auch sehr hübsch.

    Im Grunde natürlich alles Krümel im Vergleich mit den 4,5 bis 5 Millionen, welche das AA jedes Jahr in die Pflege der politischen Landschaft der Sportbeziehungen – einschließlich Sachspenden – stecken darf.

    Das Forschungsfeld Wissenstransfer im WVL scheint mir angesichts der schieren Menge der Zuständigkeiten jedenfalls nicht völlig unangezeigt.

  11. Undemokratisch würd ich das gerade nicht nennen. Es ist ja gewünscht das die Kosten getrennt und Verursachergetreu aufgelistet und veranschlagt werden. Das Problem ist in meinem Augen eher der reine Moloch „Bund“. Er ist einfach zu groß als das man noch wirklich nachvollziehen kann wo alles Ausgaben versteckt sind. Die einzigen die noch ansatzweise wissen könnten was denn alles dem Bereich Sportföderung zuzurechnen ist, dürften vermutlich die Arbeitsbienen sein, die den Etat letzendlich ausarbeiten.

    Von unserem Finanzminister zu erwarten das er weiß wie der Etat funktioniert und Details kennt wäre ja auch zuviel verlangt, er hat ja schon vor Jahren Probleme gehabt sich an 100.000 DM zu erinnern.

  12. @sternburg

    Werden nicht auch einige Sportler über den Zoll gefördert? Der müsste dann doch zum Finanzministerium gehören?

  13. Pingback: DOSB/BMI: Mitsprache unerwünscht. Transparenz abgelehnt. : sport and politics

  14. Grundsatzdebatten helfen der NADA momentan nichts.

    Im Moment vllt. nicht, aber langfristig schon.
    Das ist ja ein Widerspruch in sich. Das ganze Jahr über ertönt großes Geschrei, dass das Dopingsystem dem Antidopingsystem mit immer größeren Abstand sowohl intellektuell als auch praktisch hinterherläuft. Und wenn es praktisch werden muss, wird ausgesessen, was nicht auszusitzen ist. Brotlose Kunst eben. Das ist ja schizophren. Man könnte auch sagen, unehrlich. Die Gesellschaft und der Sport brauchen eben halt ihre Feigenblätter. Hier trifft es „nur“ die NADA. Das Argument „des fehlenden Geldes“ passt aber auch immer, zu jeder Zeit und zu jedem Anlass, und wird natürlich von jedem verstanden. ;-)
    Und was Grundsatzdebatten anbelangt, die scheut man auch hier – wie überhaupt – wie der Teufel das Weihwasser. Alles wird besser und bleibt so wie es ist.

  15. Pingback: Sportausschuss im Bundestag? Wozu? Weshalb? Warum? Abschaffen! : sport and politics

  16. Pingback: Was wird eigentlich aus der NADA der Sportfamilie? : sport and politics

  17. sid: Bach fürchtet Leistungsknick in Rio

    Der deutsche Sport verfehlt laut Thomas Bach bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro sein gesetztes Ziel, wenn er binnen der nächsten vier Jahre nicht um zusätzliche 25 Millionen Euro mehr an Förderung erhält.
    […]
    Laut DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel entsteht der Mehrbedarf vor allem deswegen, weil neue Sportarten im olympischen Programm stehen – vor allem im Winter – und sich andere verändert haben.

  18. Die medial viel beachtete Position des Deutschen Tischtennisbundes (DTTB) hat den Etappenort Stuttgart wohl gar nicht erst erreicht. War also offenbar ein deutlich überschätzter Diskussionsbeitrag.

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