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Das Olympische Bildungsmagazin

Olympia 2018: Au revoir, Annecy!

Ich habe es oft genug angedeutet, etwa nach meinem merkwürdigen Gespräch mit dem Olympiasieger Edgar Grospiron im August in Singapur: Annecy ist nicht wirklich ein Anwärter auf die Olympischen Winterspiele 2018. Da weltweit kaum Interesse an diesen Winterspielen besteht – so wenige Bewerber gab es für Spiele seit 30 Jahren nicht -, ließ das IOC-Exekutivkomitee Annecy dennoch im Wettbewerb. Denn nur Pyeongchang und München hätte einfach zu blöd ausgesehen.

Während also Münchens Olympiabewerber dieser Tage in Durban den Ernstfall für die IOC-Session im Juli 2011 proben und die Location checken, steht Annecy kurz vor dem Aus.

Grospiron kommt ja nicht nur mir wegen harmloser Bemerkungen in meinen Texten blöd, er legt sich auch ständig mit den beiden sportpolitischen Korrespondenten der L’Equipe an. Die L’Equipe schrieb nun, dass es dem Aufsichtsrat des Bewerberkomitee an Zuversicht mangelt, um weitere zwei bis vier Millionen Euro für eine Bewerbung locker zu machen, die ohnehin gegen die Wand gesteuert wäre, wie Frankreichs IOC-Mitglied Guy Drut meint. Drut hat sich, im Gegensatz zum zweiten IOC-Mitglied der Franzosen, Jean-Claude Killy, wenigstens gelegentlich für Annecy engagiert. (Online finde ich im L’Equipe-Angebot leider nur diese Links.)

Grospiron, derzeit ebenfalls in Durban bei der Weltkonferenz für Sport und Umwelt, veröffentlicht soeben eine interessante Presseerklärung:

Annecy adapts its international setup for the home straight

Edgar Grospiron, CEO of Annecy 2018, currently on a visit to South Africa, has confirmed Guy Drut and Jean-Claude Killy’s support for the French bid to host the 2018 Olympic and Paralympic Games. This statement comes in response to an article published in French sports daily L’Equipe on Sunday 5th December.

Christian Monteil, Chairman of the Annecy 2018 Supervisory Board and President of the Haute-Savoie General Council, and all the members of the Supervisory Board (the Government’s representative, the President of the French National Olympic Committee (CNOSF), the President of the Rhône-Alpes Region, the Mayor of Annecy) have reaffirmed their confidence in the project, highlighting the progress made during the past months:

„Last June, the International Olympic Committee asked Annecy to present a more compact organisation. Three months later, with the unfailing support of all concerned, Annecy 2018 presented a new, ultra-compact concept organised around the two main bases, Annecy and Chamonix Mont-Blanc. This concept is fully in line with the IOC’s demands, and was welcomed at the majors’ international presentations. Annecy 2018 has thus demonstrated its ability to adapt quickly in response to the IOC’s remarks, with the ultimate aim of submitting the best offer to host the 2018 Winter Games.

In a month’s time, on 11th January 2011, Annecy 2018 will submit its bid book to the IOC, along with guarantees issued by the State, all the local authorities and economic stakeholders. In February, Annecy will welcome the IOC Evaluation Commission.

The bid is therefore about to move into a new phase of its project’s international promotion.

To prepare for this new phase, the supervisory board has taken stock of the progress still to be made in terms of its international promotion efforts, which began at the Vancouver Olympics. Fully aware of the level of demand on the international stage, the Bid Committee has already put together a new organisation, designed to strengthen this international promotion, calling upon the necessary financial and human resources, in absolute compliance with Annecy 2018’s declared values.“

The Bid Committee and the French IOC members will meet in a week’s time to study this new organisation and move forward into the home straight for a final win, together, on 6th July 2011 in Durban.

Ich denke mal, das war’s. Au revoir, Monsieur Grospiron!

Frankreich will zur 100-Jahr-Feier die Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris, nachdem man für 2012 gegen London im letzten Moment an der eigenen Arroganz gescheitert ist. In Frankreich interessiert sich außer Grospiron und einigen Unentwegten kaum jemand für Olympia 2018 in Annecy.

31 Gedanken zu „Olympia 2018: Au revoir, Annecy!“

  1. Ich dachte die 100 Jahrefeier der Spiele war in Griechenland? Bin etwas verwirrt.

    Ahso. 1924 waren schon einmal Olympische Spiele in Paris :-)

  2. Die Armen Olympia Berater und IOC Mitglieder. Für eine Alibi Bewerbung brauch Annecy keine teuren Berater und muss auch keine IOC Mitglieder teuer hofieren.

    Bei der Münchner Bewerbung wird auch schon an einer Kostendeckelung gedacht. Nur Südkorea kann aus den vollen Schöpfen. Die Bewerbungskosten werden da wohl nicht so extrem hoch ausfallen.

  3. Auf der Annecy Olympia Seite versuche ich seit wochen mir die sportstätten anzusehen-ergebnislos!

    „Interactive map=under contruction!“

    1.hat wer einen link?

    2.München 2018: gibt es eine weitere bewerbung für 2022 bei einem scheitern?

  4. @Robert

    Gute Frage. 1988 hatten die Nordkoreaner in Erwartung an einer Teilhabe der OS in Seoul unweit von Pjöngjang olympische Sportstätten und ein ganzes Oympisches Dorf errichtet. Und dann haben sie, wie so viele bereits vor ihnen, ihre Sportinvestition among others verbuchen können.
    Die Nordkoreaner haben damals unter Nutzung der olympischen Ruinen an gleicher Stelle eine internationale Jugendveranstaltung ausgerichtet, die dadurch gigantischer wirkte als sie überhaupt sein konnte. Wahrscheinlich war das der Plan B.
    Das werden die Münchner sicher nicht anstreben. Vielleicht werden dann dort die olympischen Jugendwinterspiele oder alle kommenden Weltmeisterschaften im Wintersport ausgetragen. Wenn ich die Entwicklungen richtig verstehe, besteht aber derzeit zur Sorge kein Anlass. Die ausländische olympische Konkurrenz scheint vorerst noch dilettantischer als die deutsche.

  5. Habe übrigens gerade den Uhde zusammen mit Katarina Witt in der ARD gesehen. Die sind sich der Sache ja schon sehr sicher. O-Ton Uhde: „Es müssen noch ein paar kleine Probleme in Garmisch beseitigt werden. Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“. Was nun!!! Kleines Problem oder viel Arbeit ;-(( kopfschüttel

  6. Für mich klingt das schlüssig. „Viel Arbeit“ bedeutet nun mal in diesen Kreisen „kleine Probleme“. Diese wird schließlich nicht von ihnen erledigt.

  7. Wieso ist das ein Problem für München? Nach der 1. Runde scheidet Annecy aus und die Stimmen könnten in der entscheidenden Abstimmung von Annecy nach München „wandern“.

  8. Das ist unwahrscheinlich. Da wird nicht viel wandern, weil es keine europäische Perspektive gibt, die München in irgend einer Weise nutzen könnte. Von anderen Faktoren mal abgesehen, haben viele europäische Mitgleder (Italien, Schweiz, Frankreich, Spanien etc, das sind schon zwölf) wegen eigener Olympia-Ambitionen für 2020, 2022, 2024 überhaupt kein Interesse an München 2018. Auch deshalb ist von einem Erstrunden-Sieg für Pyeongchang auszugehen.

  9. Die Koreaner werden wie üblich die meisten Stimmen in der ersten Runde auf sich ziehen und dann wieder mit 2 oder 3 Stimmen in die Röhre blicken. So wie die tapferern Schweden mit Östersund. Dort lags an der Geographie – hier liegts an der Selbstüberschätzung in einem Windkanal olympische Spiele ausrichten zu dürfen. Den letzten Strohhalm, auf eine Ski WM ohne Schnee in Garmisch zu setzen ist verflogen. Die eigene Werbung auf HP und sonstigen Seiten mit meterhohem Schnee und -7 Grad zu werben verpuffte im nichts.
    Die Sache ist gelaufen – Eindeutig für den europäischen Kandidaten. Die von Bach in die Runde geworfene Grundsatzentscheidung nach den Experimenten Sochi und Rio längst gefallen.

  10. Am Sieg der Koreaner zweifle ich auch nicht. Das hat aber überhaupt nichts mit der Bewerbung Annecys zu tun. Die Aussage in #16 halte ich für falsch, weil

    1. Gewinnt Pyeongchang in der ersten Runde ist es völlig egal, ob Annecy einige Stimmen von potentiellen „Münchenwählern“ bekommt.

    2. Geht es in die zweite Runde, spielt Annecy keine Rolle mehr.

    Die Münchner haben genug wirkliche Probleme, da muss man nicht noch welche konstruieren.

  11. ich muss gestehen: ich verstehe die logik auch nicht so ganz.
    also… mal abgesehen davon, dass die wahrscheinlichkeitsrechnung in feldern von mehr als zwei startern bisweilen recht überraschende favoriten kürt — mitunter kann da ja auch das, einzeln betrachtet, lahmste pferd zum sichersten tip werden… aber ob der jens da wirklich auf die wunderhaften wirkungen intransitiver relationen anspielen wollte?

    wie dem auch sei… jetzt aber mal butter bei die fische! wieviel kann sollte man denn jetzt beim asiaten seines vertrauens auf einen südkoreanischen erstrundendurchmarsch setzen?

  12. @ cf: Wenn Du das schon nicht verstehst, muss ich mal drüber nachdenken, ob hier ein logischer Fehler vorliegt. Marko Lehmann wird es mir gewiss nicht abnehmen, dass dieser nicht konstruiert wurde, wie er unterstellt.

    Intransitive Relation, wieder etwas gelernt (aber noch nicht begriffen). Vielen Dank dafür, cf. Was studierst Du nochmal?

    Heute werde ich das auch nicht mehr begreifen, konnte jetlag-geplagt nicht schlafen, habe mir gerade Arsenal gegen Barca mit koreanischem Kommentator angesehen (und mächtig geärgert). Gleich geht’s auf die Venue-Tour. Heute Abend vielleicht mehr dazu.

  13. Bei der Vergabe der WM 2006 gab es doch eine ähnliche Situation. Mit England gab es einen europäischen Kontrahenten, der Deutschland Stimmen kostete. Aber das war kein Problem für Deutschland, weil in der entscheidenden Abstimmung England draußen war.Und das könnte jetzt mit Annecy auch passieren. Und da, soweit ich weiß, nach der ersten Runde die Stimmenzahlen nicht veröffentlicht werden, gäbe es auch keine psychologischen Folgen.

    Da ich Sie für einen der besten Kenner der olympischen Abläufe halte, war ich ein bisschen überrascht über diesen Schlussatz. Aber ich hätte bei #20 meinen Schlussatz auch weglassen können. Sorry

  14. @ ralf, zum Bericht: Namhafte Sponsoren stärken Annecy den Rücken

    „Die Spiele 2018 werden am 6. Juli im südafrikanischen Durban vergeben. Im Dreikampf gilt Annecy auch wegen seiner finanziellen Probleme als Außenseiter.“

    Mit diesem Bericht steht eindeutig fest, daß der „finanzielle Außenseiter“ München heißt! Zum „geplanten“ Etat von 33 Mio. fehlen den Münchnern immer noch 7 MIo.
    Annency hatte ohne die neuen Zuwendungen schon 27. Mio und damit 1 Mio mehr Cash in der olympischen Kriegskasse.
    Wir werden nur noch verschaukelt!

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