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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (50): Kommentar von Prof. Winfried Gassmann zum Fall Pechstein

In einer Email aus dem PR-Hause Powerplay AG bittet das Management von Claudia Pechstein um Beachtung eines neuen Schriftstückes. Professor Winfried Gassmann, Chefarzt an der Klinik für Onkologie des St. Marien-Krankenhauses Siegen, hat mit Datum vom 5. Januar 2010 einen 28 Seiten umfassenden Kommentar zum Fall Pechstein und zum CASUrteil verfasst. Pechsteins Management schreibt dazu:

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Prof Gassmann weder an dem ISU-Verfahren noch an der Verhandlung vor dem CAS beteiligt war. Er ist auch kein von Frau Pechstein nachträglich beauftragter Gutachter, sondern hat seinen Kommentar unentgeltlich aus eigenem Interesse an dem „Fall Pechstein“ geschrieben.

Winfried Gassmann ist nicht mit Max Gassmann (Zürich) zu verwechseln, der im Prozess als Gutachter „neutraler Experte“ aufgetreten war und sich medial desöfteren zu Wort gemeldet hat (Google-Suche). Nun zu den Dokumenten:

Außerdem hat die wegen angeblichen Blutdopings gesperrte Olympiasiegerin das CAS-Urteil ins Deutsche übersetzen lassen:

Zur besseren Ãœbersicht noch dies:

Zurück zum Tagesgeschehen, die Essenz des Gassmann-Kommentars:

„Evidenzen gegen Epo-Doping“

  1. Es ist nicht sachgerecht, einzelne Retikulozytenwerte isoliert zu betrachten. Ziel des Dopings ist es, die Zahl der Erythrozyten zu erhöhen, ohne den Hämoglobin- und Hämatokrit-Grenzwert der Dopingkontrollen von 46% (für Frauen) zu überschreiten. Hätte Frau Pechstein Erythropoetin zur Steigerung der Blutbildung genutzt, hätte sich dies nicht nur in vermehrten Retikulozyten sondern auch durch „doping-optimierte“ Hämatokrit- und Erythrozytenwerte im oberen Normbereich dokumentieren müssen. Dies ist jedoch zu keinem Zeitpunkt der Fall; einmalig wurde bei ihr ein Hämoglobinwert von 16.5g/dl gemessen; drei Tage danach bei einer Wettkampfkontrolle wurde wieder 13.8 g/dl gemessen. In der verfügbaren Zeit seit 2000 wurden unmittelbar vor und während Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen insgesamt 37 Blutkontrollen durchgeführt. Bei 28 dieser Messungen lag sie mit dem Hämatokritwert in der unteren Hälfte des Normbereiches für Frauen. Dies gilt auch für die besonders auffällige WM in Hamar: Start- Hämatokrit bei 41%, am Folgetag 39% nach einem Wettkampf.
  2. Nach erhöhten Retikulozytenwerten wurde niemals ein Hämoglobinanstieg von z.B. 1 g/dl dokumentiert, wie es bei Epo-Doping zu erwarten ist. Vielmehr passt dieses Bild zu einer suklinischen Hämolyse. Vor den höchsten Hämoglobinwerten von Frau Pechstein über 15 g/dl wurde niemals ein Retikulozytenwert über der ISU-Grenze von 2.4% gemessen.
  3. Die Blutwerte von Frau Pechstein waren bei Top-Ereignissen identisch zu denen bei Weltcup-Wettbewerben und zu denen bei unangemeldeten Trainingskontrollen. Es gibt keinerlei Evidenzen für ein auf Top-Ereignisse zielgerichtetes Doping.
  4. Bei der WM in Hamar 2009 hätte die Retikulozytenzahl bei Epo-Doping auch vor der WM erhöht gewesen sein müssen insbesondere bei den Messungen am 30. und 31. Januar – 6 bzw. 7 Tage vor Beginn der WM. Unter Epo-Gabe ist der Retikulozytenanstieg unvermeidlich. Will man die Retikulozytenzahl bei der WM durch Epo-Doping erklären, hätte der späteste Epo-Beginn bei hohen Einzeldosen hätte 10-14 Tage vor der WM erfolgen müssen, bei den oft für Dopingzwecke vermuteten niedrigen Einzeldosen entsprechend früher. Ein noch späterer Dopingbeginn hätte nur die Retizahl zur WM erhöht, nicht jedoch die Zahl roter Blutkörperchen. Dieser Sachverhalt wurde vom CAS in der Urteilsbegründung nicht erörtert. Ich betrachte dies als schwerwiegendes Versäumnis des Gerichts.
  5. Es wurde auch und speziell kein Hämoglobin-Anstieg zur WM in Hamar dokumentiert (siehe oben). Das Gericht kommentiert diesen Sachverhalt zwar, akzeptiert ihn aber nicht als ausreichenden Beleg gegen Epo-Doping. Dies ist legitim. Die Begründung des Gerichts lautet, es gebe bei Hämoglobin- und Hämatokritmessung so viele Manipulationsmöglichkeiten für Athleten, dass nur ein zu hoher Wert eine Aussagekraft habe, ein normaler jedoch nicht. Welche Manipulationsmöglichkeit hatte Frau Pechstein jedoch bei der Blutabnahme unmittelbar nach einem erfolgreichen Wettkampf am folgenden Tag.
  6. Warum sollte die Athletin als Dopingziel einen Hämoglobinwert um 14 g/dl und einen Hämatokritwert um 40% anstreben, durchaus deutlich entfernt von der Sperr-Grenze. Dieser Sachverhalt wurde vom Gericht nicht erörtert.
  7. Der Trend zu steigenden Retikulozytenwerten in den letzten 10 Jahren ist bei Frau Pechstein mit einem Trend zu niedrigeren Hämoglobinwerten assoziiert – dieses Phänomen spricht stark für natürliche Ursachen. Wie solche gegenläufigen Trends in einem Doping-Konzept erklärt werden können, ist unklar (Seite 22).

„Versäumnisse und fragwürdige Praktiken des Gerichts“

  1. Das Gericht hat alle die Athletin möglicherweise entlastende Fakten in der Urteilsbegründung unerwähnt gelassen hat oder hat diese Fakten als Folge von Manipulationen erklärt, ohne konkret festzustellen, wie die Manipulation an einem konkreten Tag z.B. am 7. Februar 2009 nach dem 3000m-Lauf in Hamar hätte erfolgt sein können.
  2. In Feststellung Nr. 10 hat das Gericht die Hämoglobin- und Hämatokritwerte von Hamar 2009 bewusst weggelassen. Das Gericht war sich dessen bewusst, dass das der Urteilstext im Internet von Rundfunk und Presse gelesen wird. Nicht nur Ärzte auch Redakteure hätten sich auf der CAS-Homepage gefragt, wie kommt man auf Doping?, Frau Pechstein hat ja weniger Erythrozyten als ich. Es stellt sich die Frage: Was bezweckt das Gericht damit, wenn in dem – im Internet für jedermann zugänglichen – Urteil konkrete, Frau Pechstein entlastende Zahlenwerte unerwähnt bleiben?
  3. Es hat in seiner Feststellung 187 die Fakten verfälschend und irreführend dargestellt.
  4. Bei einem Urteil von grundsätzlicher Bedeutung hätte das Gericht die Problematik der Normwertbereiche erörtern müssen. In der Urteilsbegründung findet sich kein Hinweis darauf, dass Prof. Dr. d’Onofrio dem Gericht erklärt hat, wie Normbereiche von Laborwerten z.B. von Retikulozyten erstellt werden, dass sie nämlich bei Gesunden erhoben werden.
  5. Die Frage der Retikulozytenzahl bei asthmatischer Erkrankung wurde vom Gericht nicht erörtert. Fachärzte für Lungenkrankheiten wurden offenbar nicht konsultiert. Eine Literatur-Recherche zu dieser Problematik wurde nicht durchgeführt.
  6. Das Gericht hat nicht die Frage erörtert, welches Epo-Dopingmuster mit den vorliegenden Blutdaten bei der WM in Hamar vereinbar ist, insbesondere auch nicht, wie es kommt, dass die Retikulozyten einen Monat und eine Woche vor dem Wettbewerb nicht auffällig waren.

Viel Vergnügen bei der Lektüre.

199 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (50): Kommentar von Prof. Winfried Gassmann zum Fall Pechstein“

  1. Weinreich schadet der deutschen Wirtschaft!
    28 Seiten Juristendeutsch. Da geht wieder Zeit bei drauf…

    Danke für die frische Lektüre.

  2. Zunächst mal sollte man um Verwirrungen zu vermeiden noch erwähnen, dass es offensichtlich zwei Professoren Gassmann gibt. Einmal den oben erwähnten Prof. Winfried Gassmann aus Siegen und zum anderen Prof. Max Gassmann aus Zürich, der von Pechstein als Sachverständiger vorgeschlagen und daraufhin von der ISU als Gutachter bestellt wurde.

    Eine Sache fällt mir bei der Argumentation von Prof. Winfried Gassmann auf:
    Pechstein wurde wegen Blutdopings gesperrt, und nicht wegen Einnahme von EPO. Gassman argumentiert jedoch immer nur mit angeblichem EPO-Doping. Oder habe ich etwas übersehen?

  3. @ Andreas: Vielen Dank. Sehr wichtiger Hinweis. Ich habe es im Text ergänzt und auch die Überschrift geändert.

    @ Myself: Ist doch gar kein Juristen-, sondern nur Medizinerdeutsch :)

  4. Andreas,

    ich glaube nicht,dass Prof.Max Gassmann ein Gutachter von Pechstein ist.

    “ Was Jelkmann auf die Palme bringt, ist aber, dass „sich die Richter in ihrem Urteil auf die Aussage eines Züricher Tierarztes (Prof. Max Gassmann, d. Red.) berufen, der behauptet hatte, die Diagnosestellung sei innerhalb eines Monats möglich.“

    Prof. Jelkmann war ein Gutachter von Pechstein.

    Blutdoping ist der Oberbegriff.Ein mögliches plausibles Anwendungsszenario- wer dopt schon umsonst- ist nur in EPO- Doping zu suchen.Nur plausibel ist es auch nicht,wie hier auch von Gipsel schon mehrfach dargelegt und nun auch von W.Gassmann.

  5. Max Gassmann war so genannter „neutraler Experte“ (was immer das heißt), kann man alles im verlinkten ISU-Beschluss nachlesen. Tierarzt als Synonym für Ahnungsloser? So würde es Walter sich gefallen.

    Die Vita des Tierarztes. Ich behaupte mal, Gassmann kann etwas mehr, als Spritzen setzen und Kater kastrieren.

  6. Ich muss ehrlich sagen, dass ist jetzt ein Maß von Detail, das ich mir als Laie (sowohl juristischer als auch medizinischer) nicht mehr zutraue, selber gewinn- (sprich: Erkenntnis-) bringend auszuwerten. Da bin ich auf journalistische und andere Fachleute angewiesen, sie sich hoffentlich bald mit erhellenden Erkenntnissen zu Wort melden.

    Ich muss allerdings sagen, dass ich einen gewissen Trend zu beobachten glaube, der zu immer mehr öffentlichen Äußerungen von Experten (oder solchen, die nur als solche angekündigt werden) führt. Ich halte das demokratietheoretisch durchaus für gefährlich, denn wir Bürger brauchen verlässliche Navigatoren, die Nachrichten einordnen und uns damit die Orientierung erleichtern.

    Ich habe – ehrlich gesagt – auch keine Lösung für das Dilemma. Ich wollte aber nicht darauf verzichten, das hier einmal anzusprechen, da dieser Artikel ein so schönes Beispiel ist (sorry, JW).

  7. erst mal ein gutes neues an alle !

    ich finde die menge an expertenmeinungen durchaus gut.
    klar, dass man als laie dem nicht mehr ganz folgen kann.
    diese neue ausarbeitung von gaßmann II ( ;-) ) kann
    fachlich sicherlich nicht die schlechteste sein. er würde sich
    mit falschen behauptungen viel zu sehr schaden.

    ich habe den eindruck, dass sich mehr und mehr die erkenntnis
    durchsetzt, dass wir es hier mit bereichen zu tun haben, die
    wissenschaftlich nicht ganz geklärt sind, sei es auf grund
    bisher fehlender ausreichender studien o.ä.
    ich bin schon lange dieser meinung, aber es war eben nur eine
    vermutung.

    offensichtlich ist CP zum spielball auf diesem experimentierfeld geworden. es hätte jeden anderen auch
    treffen können.

    in der heutigen medienlandschaft und bei der verblödung
    der massen ein unerträglicher vorgang, so mit dem ruf
    eines menschen zu spielen.

  8. @ Robert Klemme: Ich verstehe Dich völlig. Einige Gedanken dazu:

    1) Binsenweisheit: Das Leben ist kompliziert. Ich verstehe sehr vieles in diesem Fall auch nicht.

    2) Gerade weil es so ist, sind herkömmliche journalistische Wege überholt. Wie soll jemand verantwortungsvoll Entwicklungen in diesem Fall in einen 2 Minuten Radiobericht, in 45 Sec TV-News oder in einem 100-Zeilen-Bericht in einer Tageszeitung schildern? Absurd. Schon deshalb ist die Diskussion anhand von Originaldokumenten angebracht – und sollte vielen helfen, sich dem Kern der Sache zu nähern. Vielleicht sogar etwas, was man Wahrheit nennen könnte.

    3) Die Expertenhuberei in den Medien verabscheue ich ebenso und habe das oft genug gesagt. Ganz generell halte ich das für eines der Grundprobleme im real existierenden journalistisch-medialen System. Trete ja selbst gelegentlich als „Experte“ in Radio oder TV auf. Anrufe und Angebote, die mit dem Satz beginnen: „Wir brauchen mal jemanden, der die Sache so richtig gegen den Strich bürstet“, weise ich schon seit Jahren ab bzw. lehne sie ab. Meist mit dem Satz, der Erschrecken auslöst: „Ich bin kein Gegendenstrichbürster, ich versuche mich journalistisch der Thematik zu nähern.“ In der Regel, imho vor allem im politischen Tagesgeschäft, dem so genannten politischen Journalismus, besteht mehr Interesse an billigen Schlagzeilen als an inhaltlichem Diskurs.

    4) Im Fall Pechstein habe ich selten mal (vor allem in den ersten Tagen im Juli) derartige „Expertenmeinungen/Interviews etc“ verlinkt. Mache ich auch zu anderen Themen nicht oft. Wir reden hier aber nicht über einen 20 Sekunden O-Ton oder ein 100 Zeilen Interview, von dem sich die betreffenden „Experten“ oft genug flink wieder distanzieren (tausendmal erlebt, Dir werden selbst als Konsument zahlreiche Beispiele einfallen). Ich denke, hier liegt die Sache etwas anders: W. Gassmann hat quasi eine Expertise vorgelegt, mit Briefkopf, ganz offiziell, nachprüfbar für jedermann – deshalb steht sein „Kommentar“, wie er es nennt, hier im Original.

    Oliver hat schon darauf hingewiesen, dass es riskant für Gassmann sein könnte, derart offiziell Unsinn zu veröffentlichen.

    @ Oliver: Nichts für ungut, aber dass das Problem (indirekter Nachweis) weder wissenschaftlich noch juristisch geklärt ist, wissen wir nicht erst seit dem 3. Juli 2009. Das ist bekannt. Und dennoch kein Argument, diesen Nachweis nicht anzugehen.

  9. @Walter

    Es bedarf schon einer überdurchschnittlichen Intensität der Beschäftigung mit der Causa Pechstein, um auf dem Laufenden zu bleiben. Der Fall polarisiert wie kein anderer zuvor. Immer noch äußern sich Fachleute, wie hier Prof. Gassmann, die sowohl die gutachterliche Grundlage vehement anzweifeln als auch das Urteil nicht nachvollziehen können. An eine vergleichbare tiefgründige Diskussion im Zusammenhang mit einem sportrechtlichen Urteil kann ich mich nicht erinnern.
    Obwohl ich schon des öfteren als Anhänger des conspiracism bezichtigt worden bin, glaube hier nicht, dass eine Lobby Pro-Pechstein organisiert worden ist. Die Fachleute, die sich zu Wort gemeldet haben,vertreten sehr unterschiedliche Disziplinen, und kommen zum gleichen voneinander unabhängigen Schluß: Das Urteil ist nicht nachvollziehbar.

    Für das Schweizer Bundesgericht ist all das kaum von Relevanz, da es lediglich das CAS-Verfahren und -Urteil und nicht dessen Grundlage prüfen wird.
    Relevanz in interessierten Kreisen hat auf jeden Fall,dass ein derartig widersprüchlich und konträr in der Öffentlichkeit besprochenes Urteil als launch pad für eine verbesserte Methode der Aufdeckung von Dopingmanipulationen als nicht geeignet erscheint.

  10. @JW

    vielleicht habe ich mich irgendwo missverständlich ausgedrückt…
    natürlich sollte man dem ganzen auf den grund gehen
    und das ganze untersuchen.

    mich stört, dass man aber in dieser situation eine athletin
    sperrt, obwohl es wohl offensichtlich ist, dass sie einen
    gegenbeweis nicht so einfach aus der tasche schütteln kann.

    das hat natürlich nix mit deiner arbeit hier zu tun.
    das ist hier auch die einzige seite, auf der die thematik
    öffentlich vernünftig diskutiert wird.

  11. Ich behaupte mal, Gassmann kann etwas mehr, als Spritzen setzen und Kater kastrieren.

    Natürlich kann er mehr.
    Prof. Jelkmann war auch nur erbost darüber,dass Max Gassmann von ihm verlangte,die physiologischen Ursachen der erhöhten Retiwerte von CP in 4 Wochen zu finden.Er ist ein weltweit anerkannter Blutexperte und wüßte es nur selbst zu gerne.

    W. Gassmann amüsiert sich auch über das Urteil,das feststellt,bei gesunden Menschen findet man kaum solch hohen Retiwerte. Nur werden bei gesunden Menschen die Retiwerte nicht gemessen.

    Max Gassmann sammelte seine Erfahrungen mit Mäusen ?

    Ich glaube auch nicht,dass sich Ashenden, Damsgaard, Pöttgen, YO Schumacher, W.Schmidt…von ihrer Meinung abwenden.Diese Experten stehen für den neuen indirekten Nachweis.

  12. Oliver,
    genau meine Meinung.Ohne diese Seite von Jens wäre die CP als Doperin in meinem Gedächtnis verschwunden.Erst durch die veröffentlichten Blutwerte bin ich stutzig geworden.

    Wenn Prof. Jelkmann die Ursache nicht sofort finden kann,wer soll sie dann finden?

    Dazu kommt,dass es mit dem neuen Blutpass gar nicht mehr auf diese Grenzwerte ankommt,die sowieso nur in wenigen Verbänden eingeführt wurden.

    Herbert,
    ich glaube auch nicht,dass die Pechstein soviele Experten in Bewegung setzen kann.Vielleicht erleben wir auch einen Umbruch,nach dem Verbände nicht mehr schalten und walten können, wie sie es gewohnt sind?

  13. @walter
    deine vermutung mit dem öffentlichen bild von CP teile ich.
    ich denke aber selbst im falle einer rehabilitierung wird
    sie als doperin in erinnerung bleiben. die wenigsten menschen
    sind bereits, zu differenzieren. und was ich in manchen foren
    lese ist hanebüchen….

    für mich selbst war sie nicht gleich abgestempelt. das liegt
    aber daran, wie sehr mich die verlogenheit ekelt, wie die
    öffentlichkeit immer mit dem finger auf vermeintliche
    doper zeigt.
    eine gesellschaft, für die der zweite der erste verlierer ist,
    hat kein recht, sich über doping zu beschweren.
    auf beiden seiten muss fairness vorhanden sein.
    wer leistung anerkennt, darf sich auch über doping echauffieren.

    das ist aber ein ganz anderes thema…..

  14. @Walter:
    Im übersetzten CAS-Urteil heißt es, dass Prof. Max Gassmann „sogar auch von den Beschwerdeführerinnen [Pechstein, DESG]
    zitiert und als sachverständiger Zeuge benannt wurde“. Daher meine Aussage, dass dies ein von Pechstein vorgeschlagener Gutachter gewesen sei.

  15. @JW

    Ich stimme Deinen Punkten 1 und 2 völlig zu. Natürlich ist es auch keine Alternative, auf Experten zu verzichten. Ich habe mich da, glaube ich, nicht völlig unmissverständlich ausgedrückt. Mit dem erwähnten Dilemma meinte ich die Situation, dass wir bei der Komplexität von Sachverhalten auf Experten angewiesen sind und auf der anderen Seite mit zunehmender Anzahl von Expertenmeinungen die Wahrscheinlichkeit steigt, dass verschiedene Experten komplett gegensätzliche Ansichten vertreten (schönes Beispiel Schweinegrippenimpfung). Die Journalisten (auch Experten, aber für Recherche und Präsentation) sind da ja auch in einer nur marginal besseren Position als wir Laien und überhaupt nicht beneidenswert: erwarten doch die Leser, dass die Medien Licht ins Dunkel der komplexen Welt bringen.

    Wie gesagt, eine Lösung dieses Dilemmas ist nicht in Sicht. Man kann immer nur von Fall zu Fall versuchen, sich eine Meinung zu bilden. Das ist natürlich so anstrengend, dass viele Menschen irgendwann ganz darauf verzichten (Anzeichen sieht man ja schon bei der Politikverdrossenheit) oder Abkürzungen nehmen (ich denke da an die vielen Leser einer großen Tageszeitung, aber auch an diejenigen, die allzu einfache Weltbilder übernehmen, in denen meistens eine bestimmte Bevölkerungsgruppe für alles Ãœbel verantwortlich ist). Gerade letzteres Beispiel zeigt ja, wie bedenklich diese ganze Entwicklung für unser Gemeinwesen ist. Ich persönlich hege jedenfalls die Befürchtung, dass wir irgendwann an der selbst geschaffenen Komplexität unserer Welt scheitern…

    Sorry, das war jetzt ganz schön off-topic.

  16. Ach, das war nicht wirklich off-topic. Sei doch nicht so pessimistisch, kann ich Dich irgendwie aufmuntern?

    Ich versuche es positiv zu sehen, so schwer es ist und so viel Zeit es auch kostet, sich durch die Dokumente zu wühlen: Wir diskutieren immerhin anhand von Dokumenten und nicht nur anhand dessen, was uns eine Nachrichtenagentur (eines meiner Lieblingsthemen) vorkaut oder irgendeine Zeitung. Da sind wir schon einige Schritte weiter als fast alle anderen Medieneinheiten. So soll es sein, finde ich. Alles andere halte ich längst für inakzeptabel und Journalismus aus dem vergangenen Jahrtausend. Ich sage das nicht, weil ich noch einmal gelobt werden will dafür, dass ich das Zeug hier relativ zügig zusammentrage. Sondern weil ich an dieses Prinzip glaube. Anders kann es eigentlich nicht mehr laufen. Als Konsument/Nutzer/User will ich von jedem Medium ernst genommen werden und mit so viel wie möglich Quellen/Dokumenten versorgt werden. Ob ich die dann durcharbeite, ist eine ganz andere Frage.

    Andererseits verstehe ich, wenn Du sagst: Niemand hat die Zeit, sich in jedes Thema einzuarbeiten, das ihn interessiert oder wenigstens tangiert bzw. seine Aufmerksamkeit erlangt hat. Das sollen die Medien gefälligst aufbereiten. Ja. Aber, s.o.: „Die Medien“ müssen sich da schon was einfallen lassen und können es nicht wirklich – wie seit hundert Jahren – bei Zweiminutentakes oder 100-Zeilen-Texten belassen.

  17. Na, ich glaube, so weit liegen wir gar nicht auseinander. Klar muss uns aber auch sein, dass wir hier eine relativ kleine Gruppe sind. Die Mehrheit der Bundesbürger wird hier sicher nicht vorbeischauen.

    Ãœbrigens versuchen sich „die anderen“ m.E. schon etwas einfallen zu lassen: bei ARD und ZDF artet das mittlerweile so aus, dass die Hauptnachrichten eigentlich nur mehr eine Linksammlung vorstellen. (OK, das war jetzt leicht übertrieben.) Das geht mir mitunter schon auf den Zeiger. Denn dann kann ich auch gleich im Internet nachschauen. Wo ist da noch die Berechtigung z.B. für das gebührenfinanzierte neue Studio vom ZDF? Bisher merke ich jedenfalls nicht, dass das die Qualität der Berichterstattung deutlich verbessert hätte.

    Ich denke aber auch, es muss in heutigen Zeiten so sein, dass man als Leser, der sich eine Meinung bilden will, guten Zugriff auf die Original-Informationen bekommt. Im Internet kann man ja verschiedenste Medien bereitstellen, so wie Du das ja machst.

    Um noch mal zu CP zurückzukommen: mittlerweile glaube ich, dass der eingeschlagene Weg mit den Sperren „auf Verdacht“ kein Guter ist. Selbst wenn in diesem Fall die juristische Aufarbeitung zu Ungunsten Pechsteins ausgehen und damit das Verfahren der Sperre aufgrund von Indizien Bestand haben sollte, so kann der Widerspruch zum Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht leicht ausgeräumt werden. Natürlich fällt es den Sportorganisationen immer schwerer, die zunehmend ausgefuchsten Dopingmethoden zu enttarnen. Dafür aber einen wesentlichen Grundsatz unseres Rechtssystem derart zu gefährden – oder sogar aufzugeben -, erscheint mir ziemlich fragwürdig – insbesondere, falls das Beispiel in anderen Bereichen Schule macht.

    Man kann es auch anders sagen: wer erfolgreich illegal dopt, steht vielleicht mal oben auf dem Treppchen, aber mit den gesundheitlichen Folgen muss er dann später halt auch alleine klarkommen. Es wird genug geben, denen es der Ruhm wert ist. Die sollen sich dann aber später bitte nicht beschweren.

    Und ein anderer Effekt ist ja auch schon zu beobachten: der Wert des Platzes auf dem Treppchen nimmt in dem Maße ab, in dem sich in der Bevölkerung die Ãœberzeugung breit macht, dass „die ja eh alle gedopt sind“. Insofern graben sich die Doper selbst das Wasser ab. Schade ist das natürlich für die, die nie zu solchen Praktiken greifen und die eigentlich durch die Anti-Doping-Regeln geschützt werden sollen – und für die Idee vom „sauberen Sport“. Nur ist das halt auch nur eine Idee, die mit der Realität oft erschreckend wenig zu tun hat. Oh, schon wieder dieser Pessimismus. Ich hör‘ jetzt auf.

  18. Gutachten Gassmann,
    wenn man das alles liest und die Blutwerte von pechstein ansieht, ist eines klar: hier ist m.E. gedopt worden, doch anscheinend auf neuen Wegen. Ich erinnere hier nur an Clenbuterol und Neubrandenburg ist von Berlin gar nicht so weit weg.

  19. Inwieweit es diese fairen Sportsleute gibt, frage ich mich auch.

    Ich glaube gerne daran, halt mich dann aber selbst für zu naiv. Die Illusion ist doch immer wieder die, dass Männer und Frauen aus dem Volk heraus aufsteigen und uns repräsentieren. Doch so professionalisiert (leistungsorientiert) wie der Sport inzwischen ist, fürchte ich, dass der Weg so lang und beschwerlich ist, dass da so etwas wie Entfremdung eintritt. Ein Tennisspieler, der um die Welt reist, ein Skispringer, der sich ins Tal stürzt usw., das sind Menschen, die doch ganz stark etwas anderes tun, als du und ich. Und auch der Tour de France-Fahrer und die Oma, die mit dem Rad Brötchen holt, haben nicht sehr viel gemeinsam.

    Gut, ich wollte damit keineswegs sagen, dass alle Sportler im moralischen Sinne unsportlich sind. Aber es ist wohl realistisch anzunehmen, dass es viele Grenzgänger gibt – und fließende Grenzen. Es muss nicht immer ekelhaftes Blutdoping sein: Der geschundene Elfmeter, die verbale Attacke gegen den Konkurrenten oder eben das eine oder andere Mittelchen … der eine oder andere nimmt so etwas mit und denkt dabei noch a) dass das so sein muss und b) dass er trotzdem ein wahrer Sportsmann ist. Aber diesen Mechanismus wiederum gibt es auch in anderen Bereichen.

  20. Hach, ist das schön – das Cas-Urteil auf deutsch und sogar in beglaubigter Ãœbersetzung (und ich werde jetzt nicht anfangen, über die fehlende Veröffentlichung der beglaubigung zu nölen). Herrlich, ich freue mich jetzt schon, das irgendwann, wenn ich mal dafür Zeit finde, durchzuschmökern.
    So langsam wird mir die Frau doch noch sympathisch*.

    Vorab mal ein wirklich nur allererster kurzer Herausriss:

    Unstreitig ist, dass die Beweislast für den gegen Frau Pechstein erhobenen Dopingvorwurf von der ISU zu tragen ist. Alle Parteien erkennen an, dass die ISU die Beweislast für ihre Vorwürfe trägt. Daher muss die ISU beweisen, (i) dass die für die Ermittlung der Blutwerte der Athletin und für die Darstellung ihres Profils gewonnenen Blutproben ordnungsgemäß genommen wurden, (ii) dass die Chain-of-Custody der Blutproben vom Ort der Entnahme bis zum Labor zuverlässig war, (iii) dass mit dem für die Analyse der Blutproben verwendeten Gerät – dem Advia 120 bzw., dessen neuester Weiterentwicklung, dem Advia 2120 von Bayer („Advia“) – zuverlässig korrekte Blutwerte gemessen werden können, (iv) dass die Übermittlung dieser Werte an die ISU-Datenbank und die Speicherung in der Datenbank zuverlässig erfolgte, und (v) dass die Blutwerte von Frau Pechstein ein zuverlässiger Nachweis dafür sind, dass sie eine verbotene Methode im Sinne des Artikels 2.2 der ISU-ADR angewendet hat.

    In diesem Zusammenhang stimmt das Schiedsgericht mit der bezüglich des Advia in der angefochtenen Entscheidung geäußerten Feststellung nicht überein, dass „eine tatsächliche Vermutung“ bestünde, „dass die Blutscreeningtests der Beschuldigten korrekte Ergebnisse lieferten“. Vielmehr liegt im Falle einer Anklage wegen eines Verstoßes gegen Artikel 2.2 der ISUADR keine Vermutung zugunsten der ISU vor. (…)
    Dementsprechend ist das Schiedsgericht der Ansicht, dass die ISU die volle Beweislast trägt, zuverlässigen Beweis beizubringen, um das Schiedsgericht entsprechend dem anwendbaren Beweismaß davon zu überzeugen, dass die Athletin ein Dopingvergehen nach Artikel 2.2 der ISU-ADR begangen hat.

    „Umkehr der Beweislast“, nä?

  21. Glatt die unseriöse Häme vergessen:

    Meine doch rapide langweilig werdende ehemalige Lieblingssite vermeldet einen echten Knaller: „Ich habe stets betont, dass ich erst Ruhe geben werde, wenn (…) auch gerichtlich klar gestellt wurde, dass ich nicht gedopt habe.“

    Tja, da hat sie ja noch einiges vor. _Das_ wäre mal ein Pflichtenmaßstab für beamtete Profisportler, den sogar ich für übertrieben erachten würde.

    Und um das * noch aufzulösen: Wenn ich bedenke, wie Frau Pechsteins Management sonst jede eigene Leistung herausposaunt, dann erscheint mir die dortige Formulierung eher so zu verstehen, dass Prof Gassmann das Dingen hat übersetzen lassen. Aber ist auch nicht so wichtig.

    Und noch ein kurzes Wort zu Herrn Gassmann: Ich habe seinen „Kommentar“ nicht richtig gelesen (geschweige denn verstanden), aber wenn ich Formulierungen wie diese sehe: „Folgende Fragen zu den Blutwerten im Zusammenhang mit der WM in Hamar hat das Gericht nach der vorliegenden Urteilsbegründung weder gestellt noch sich selbst beantwortet. Warum dopt sich ein Athlet auf einen Hämatokritwert von 41%, warum nicht auf 45%.“ dann muss ich unwillkürlich an die Fälle denken, in denen ein medizinsicher Gutachter damit nervt, dass er es sich nicht verkneifen kann, sich zusätzlich auch über nicht gefragte juristische Fragen auszulassen – was unüberraschenderweise zuverlässig zu Geschwafel führt.
    Ich weiss (noch) nicht, ob Prof. Gassmann da recht hat, aber ich verstehe nicht, was an Sätzen wie „Folgende Fragen hat das Gericht nicht behandelt, hätte sie aber behandeln müssen, weil..“ oder „Keine Ahnung, ob das in der mir fremden Materie vielleicht so sein muss, aber ich als Naturwisenschaftler vermisse da..“ so wahnsinnig schwer ist.

    [Disclosure: Verfasser war den halben Tag damit beschäftigt, sich eine Stellungnahme zum dem Gutachten von Dr. med. Suburb widersprechenden Gutachten des Prof. Dr. med. Renomiert aus den Fingern zu saugen und ist dementsprechend schlecht auf Verfasser solcher zu sprechen.]

  22. Vielleicht macht sich jemand mal die Mühe und erklärt dem Dr. Winfried Gassmann, dass sich Hämoglobin- und Hämatokritwert relativ leicht manipulieren lassen und deshalb nicht viel taugen in der Argumentation. Dann kann der Doktor die wesentlichen Punkte umso klarer herausschälen.

  23. Spannend zu lesen, wie sich die unparteiischen Seiten ihre Auffassungen gegenseitig anhaltend begründen. Fast könnte man meinen, im Westen nichts Neues, mindestens zwei Lager haben sich sich eingegraben und harren einer finalen Lösung.

    Ich versuch es mal mit durchschnittlich menschlichem Verstand vor allem in Anerkennung des glattes Eises der verschiedenen Fachdiskussionen:

    1. Falls es eine fein ausgeklügelte neue Dopingmethode gibt, dann hat sie bestimmt nicht die derzeit in Rede stehende Eisschnellläuferin erfunden.

    2. Die Methode scheint nicht simpel zu sein. Zu viele überduchschnittlich Intelligente sind scheinbar bislang darauf hereingefallen und tragen derbe Zweifel an der Existenz eines neuen Dopingverfahrens bis hin zur Verteidigung von Claudia Pechstein vor.

    3.Zum Zwecke der Gewinn erzielenden Verwertung, was ja allgemein anerkanntes Ziel auch und vor allem im Profisport ist, sollte diese Methode – wenn es sie denn gibt -sicherlich nicht nur in Berlin Anwendung gefunden haben.

    4.Es ist anzunehmen, dass die ISU an einer klandestinen gezielten Auswertung weiterer verdächtiger Blutprofile arbeitet. Diesbezüglich auffällige Eisschnellläufer soll es ja weitere geben.

    5. Der spiritus rector und die erforderliche Entourage für die Anwendung, Logistik, Überwachung und follow-ups der in Rede stehenden Dopingmethode sind wahrscheinlich zahlenmäßig überschaubar, aber keinesfalls singular.

    Journalisten scheinen aber auf keinem Fall darunter zu sein. Das kann man schon einmal entlastend feststellen.

    5.Aufgrund des überschaubaren Umfeldes der Sportlerin kann der mittels Strafanzeige der DESG und der NADA gegen Unbekannt gestellte Auftrag von den Ermittlungsbehörden nicht ins Leere laufen. Entweder der Verdacht wird nachgewiesen, festgemacht oder er erweist sich als unbegründet bzw. nicht nachweisbar. Die Sportlerin hat die Anzeige nachdrücklich begrüßt. Sie ist sich also ihrer Unschuld oder ihrer Perfektion sehr sicher ?

    (Wobei imo der nachgewiesene oder entkräftete strafrechtliche Verdacht nicht unmittelbare sportrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde.)

    Nach menschlichem Ermessen gibt es neben der sport – und zivilrechtlichen Denke noch einfachere Wege, um sich dem angenommenen Delikt zu nähern, ohne es aufzulösen. Justicia ist blind und hat neben der Waage auch das Schwert. Das macht sie manchmal so unberechenbar und gefährlich.

  24. Herbert,
    das ist wirklich spannend zu lesen.Jeder kämpft um sein Weltbild.Da klammert man sich schon mal an den einen oder anderen Experten oder ignoriert ihn einfach,wenn er nicht rein passt;-)

    Das ist wirklich eine schöne Zusammenfassung des Falles Pechstein.

    Noch verwirrender wird es für manche,wenn wir jetzt noch Perikles Simon in die Diskussion einbringen. Der Mann hat kürzlich eine Nachweismethode für Gendoping vorgestellt und sagt, die Trainer,Mannschaftsärzte,zusammengefaßt die Leistungsdiagnostiker der Mannschaft des Athleten, verdienen ihren Namen nicht, wenn sie sagen, sie haben vom Doping ihres Schützlings nichts mitbekommen;-)
    http://www.cycling4fans.de/index.php?id=4808

  25. Nach dem Lesen der obigen Zusammenfassung gelange ich – „dachs“ zustimmend – ebenfalls zur Erkenntnis, dass eine eingehendere Beschäftigung mit einem Expertenschriftstück nicht weiter lohnenswert erscheint, welches die Tatsache ignoriert, dass Blutwerte wie Hämatokrit und Hämoglobinkonzentration im Dopingkontrollkontext regelmäßig manipuliert werden. Eine auf diese Werte gestützte Argumentation wird dadurch schlicht hinfällig.

    Fast schon erheiternd wirkt die Feststellung: „Die Begründung des Gerichts lautet, es gebe bei Hämoglobin- und Hämatokritmessung so viele Manipulationsmöglichkeiten für Athleten, dass nur ein zu hoher Wert eine Aussagekraft habe, ein normaler jedoch nicht. Welche Manipulationsmöglichkeit hatte Frau Pechstein jedoch bei der Blutabnahme unmittelbar nach einem erfolgreichen Wettkampf am folgenden Tag.“

    Selbst wenn man noch nie etwas davon gelesen hat, dass z.B. ein Radprofi so etwas innerhalb einer Wettkampfserie in weniger als einer Stunde erledigt hat, fällt die Vorstellung schwer, dass einem Mediziner, zumal einem hämatologisch bewanderten, da keine Möglichkeiten in den Sinn kommen. :D

    Bleibt die Hypothese der obskuren symptomlos verlaufenden Hämatolyse-Erkrankung, welche Pechsteins hohen Reticulocytenquotienten erklären soll. Meine Anregung wäre, dass Experten und solche, die sich dafür halten, alternativ zum Postulat rätselhafter Krankheiten vielleicht mal die unter Berücksichtigung von Profession und Umfeld der Blutspenderin durchaus nicht abwegige mögliche Erklärung durch die bekannte Erythropoiese-Stimulation aufgrund Verwendung anaboler Steroide erwägen sollten. Bei der Suche nach einem möglichen Manipulationsszenario bin ich gerne behilflich. ;) Falls man dieser durch das CAS-Urteil und dessen Begründung für mich zufriedenstellend abgehandelten Affäre unbedingt noch mehr Beachtung widmen muss, als sie eigentlich verdient.

  26. Das CAS_Urteil auf Deutsch zu lesen ist selbst für Laien empfehlenswert!

    Glaubt man, unter Punkt 182 die CAS-Richter würden C.P. einen natürlich hohen Reti-Wert zu Ihren Gunsten zugestehen, entpuppt sich dieser Aspekt zwei Punkte später als für das Gericht triftiger Grund, warum bei Ihr kein sonst blutdopingtypischer Abfall auf unter 0,5 % Reti-Wert festzustellen sei.

    Würde das CAS ernsthaft einen natürlich hohen Mittelwert von 2,1 % annehmen, müßte es dann einen entsprechenden individuellen Normbereich (=Schwankungsbereich) definieren, z. B. analog dem Schwankungsbereich des von der ISU als unverdächtig eingestuften Vergleichsläufers MW=1,2, Wmax= 2,0, Wmin=0,7). Für Pechstein ergäbe sich dann ein Normbereich von Wmax 3,5 und Wmin 0,9. Selbst ohne Berücksichtigung der so heftig diskutierten, aber unstreitig vorhandenen (weil sogar von Hersteller bestätigten) Meßtoleranzen fällt auf, daß praktisch alle Werte (bis auf die 3,75 von Calcary), sogar die abnormal hohen in diesen Korridor fallen. Auch die Veränderungen / Sprünge der Reti-Werte des unverdächtigen Läufers sind identisch mit dnen con C.P. bzw. teilweise sogar noch erheblich größer (Gipsel hatte dies bereits an anderer Stelle ausführlich erläutert).

    Ebenso auffallend ist die Begündung bei Punkt 185

    … dass im Experiment des Autors die niedrigsten Retikulozyten-Werte fünfundzwanzig Tage nach dem Absetzen der Erythropoetin-Spritzen auftraten, wohingegen der Wert von 1,37% bei der Athletin lediglich elf Tage nach der Probennahme in Hamar und somit einige Wochen nach der vermuteten Blutmanipulation gemessen wurde.

    Der Abfall innerhalb 11 Tagen wird selbstverständlich als typische Dopingreaktion gewertet. Dass der nächste gemessene Wert nur 8 Tage später, also ebenfalls noch in der 25 Tage Fallfrist bereits wieder bei 2,33 lag, wird (selbstverständlich ?) nicht als entlastend gewertet, sondern vielmehr ignoriert.

    Die in Punkt 187 herausgegriffenen Beispielfälle für blutdopingtypischen Anstiege bei den Hämoglobinwerten hat Prof. W. Gassmann ja ausführlich betrachtet. Ich behaupte jedoch, dass sich vergleichbare Veränderungen (innerhalb des Normbereichs und weit unterhalb der Höchstgrenzen) bei allen Sportlern nachweisen lassen. Schließlich verändert sich der Hämoglobinwert allein durch das jeweilige zufällige Trinkverhalten kurz vor einer (Trainings-)kontrolle. Zumindest hätte das Gericht z. B. anhand des unverdächtigen Läufers diesen Aspekt prüfen und bei der Urteilsfindung bewerten müssen.

    Interessant auch die Feststellung, dass aus der „vorläufigen Begutachtung“ durch Prof. Schrezenmeier ein Abschlußbericht wurde. Kein Wunder, daß er sich nach der Urteilsverkündung so aufregte.

    Es gibt noch viele weitere Beispiele (also unbedingt lesen!), an denen man erkennt, daß alle Argumente zur Entlastung grundsätzlich angezweifelt (leicht manipulierbar, Abwesenheit beweist gar nichts, etc.) oder ignoriert (z. B. Meßtoleranzen der Advias) werden. Hingegen leidet die Glaubwürdigkeit der ISU trotz vielfach nachgewiesener (und im Urteil sogar dokumentierter) Schlamperei (wie fehlender Protokolle, manueller Dateneingabe, obwohl bei der DC noch alles vollautomatisch ging, etc.) nicht.

    Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, die CAS-Richter wollten unbedingt den indirekten Nachweis retten.

    Interessanterweise wird der indirekte Nachweis durch das CAS-Urteil, auch wenn es aufgehoben wird, weder beschädigt noch in Frage gestellt. Denn die ganze Diskussion zeigt klar, daß die im WADA-Code vorgesehenen Messungen (und Betrachtungen) aller Blutparameter und deren Bewertung durch drei unabhägige Doping-Spezialisten der richtige Weg zum eindeutigen Nachweis von Blutdoping ist.

    Es wäre an der Zeit diese Maßstäbe und Bewertung auch in der Causa Pechstein anzuwenden. Die Einschätzung der Ergebnisse darüber haben ja schon viele Experten, wie Pöttgen, Ashenden, Faber, Schmidt, etc. gegeben…

  27. … wir können das CAS Urteil in sämtlichen Sprachen
    durchspielen, der Skandal ist offensichtlich.
    Inzwischen interessiert mich mehr die Frage, warum
    der ganze Fall so abläuft, wie er abläuft. Was ist die
    Motivation ?

  28. Interessant. Aber ob sich Franke, der ja auch Wissenschaftler ist, mit solchen Aussagen einen Gefallen tut…? Ich weiß ja nicht… Hatte eigentlich immer ne gute Meinung von ihm, aber das hier klingt jetzt irgendwie (ein bißchen) nach „Verschwörungstheorie in umgekehrter Richtung“. Wobei er mit den zahlreichen Manipulationsmöglichkeiten – gerade bei Hb, Hkt, die bereits im „1. Semester Profisport“ Pflichtveranstaltung sein dürften – aber natürlich vollkommen Recht hat.

  29. Wollen wir wenigstens das festhalten: Zulei-Gruppe, Dopingforschung bei Dynamo, Hohenschönhausen, zahlreiche Ärzte und Trainer aus jenen Tagen sind noch in vielfältigen Funktionen in verschiedensten Sportarten (gut verstreut im deutschsprachigen Raum) aktiv und arbeiten miteinander. Das ist zunächst nicht nur ein historischer Fakt, sondern ein ganz aktueller. Und das ist auch keine Verschwörungstheorie.

    Ob sich daraus allerdings für den Fall P. etwas ableiten lässt, außer: wachsam sein!, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, ob Werner Franke mehr weiß.

  30. So jetzt hab ich mich ans Ende der ganzen kommentare durchgekämpft und hoffe in dieser Runde nicht das Präkariat zu bilden.

    Ich denke der Zugang zu diesen Orginaldokumenten und auch zu Kommentaren wie die des Prof Gassman (II) erleichtern uns zwar nicht unbedingt die Meinungsbildung, zumindest im Vergleich zur Informationsbreite von ARD und ZDF, wo Gassmanns Kommentar derzeit nicht einmal ne Kurzmeldung wert ist, aber dennoch geben sie uns die Möglichkeit uns unser eigenes Bild zu bilden, bzw. es zu verstärken.

    Ich bin selbst im Leistungssport tätig, und arbeite auch häufig in der von Herrn Franke verpöhnten „Dynamo-Bude“, und habe dort bisher in 20 Jahren BRD nicht eine „verdächtige“ Situation erlebt, die ein erzürnter Dopingjäge immer wieder heraufbeschwört.

    Sollte CP gedopt haben, bin ich der erst der dies zu tiefst verurteilt, weil es auch meiner Ãœberzeugung eines sauberen Leistungssports entgegensteht. Hat sie aber nicht gedopt, so muss ich mir die Frage stellen, ob es in Zukunft jedem meiner Sportler genau so passieren kann, dass sie unschuldig gesperrt worden sind, nur weil er vielleicht einen „genetischen“ Vorteil besitzt. (Falls es überhaupt einer ist bei ihr).
    Ich behaupte es ist ein Glücksfall, dass gerade CP dieser Vorwurf getroffen hat. Ein Glücksfall für alle anderen Athleten, die sich ums verrecken niemals einen solchen Prozess hätten leisten können. CP wird es mir hoffentlich verzeihen, aber kaum ein anderer Athlet wäre überhaupt in der Lage sich so massiv gegen diese Vorwürfe, und auch gegen diese große Interessenlage (indirekter Beweis) zu wehren.

    Vielen Dank für die ausführliche Berichterstattung, und für den Versuch diesen Fall objektiv zu betrachten… Das gelingt derzeit nur sehr wenigen.

  31. Naja, „Verschwörungstheorie“ war auch nicht ganz korrekt in dem Zusammenhang. Ich finde nur, daß er jetzt etwas weit ausholt. Er ist als Molekularbiologe ja nun wirklich niemand, der sich nicht konkret zu den etsprechenden Daten äußern könnte. Und die liegen ihm ja, wie er selbst sagt, auch vor. Wenn er dann trotzdem so vage bleibt und auf die Möglichkeit verweist, daß sie ja durchaus Teil eines solchen Netzwerkes gewesen sein könnte, bzw dies als gegeben ansieht, finde ich das für ihn , als ausgewiesenen Dopingexperten, etwas wenig. Das mit den Ery Indices MCV, MCH, die ja bei CP anscheinend nicht unmittelbar zu einer EPO-Stimulation passen, fände ich z. B. in dem Zusammenhang wesentlich interessanter und auch erörterungsbedürftiger. Was sagt er konkret zu diesem Punkt? Ich war eigentlich seit Juli von CP’s „Dopingvergangenheit“ überzeugt, muß aber gestehen, daß mich dieser Aspekt (ein wenig) zum Nachdenken gebracht hat. Aber egal *** GELÖSCHT ***

  32. Hema Tide: Auch wenn es mit Smiley versehen war, ich musste den letzten Halbsatz löschen. Keine Lust auf Anwaltsschreiben :)

  33. Dieser Herr Franke widert mich schon lange an, weit vor
    dem Fall CP. Das hat jetzt nichts mit einer fachlichen
    Beurteilung zu tun, aber offensichtlich ist er im Besitz
    der alleinigen Wahrheit und sogar den Experten auf der
    CP Gegenseite überlegen.
    Er wirkt auf mich als würde er sein Seelenheil alleine
    im Entdecken von Dopingsündern finden und sich eine Welt,
    in der es auch saubere Sportler gibt, gar nicht mehr
    vorstellen können. Die pauschale Verdächtigung von
    Sportler aus dem Neufünfland und das Pflegen klassischer
    Vorurteile finde ich langweilig und schwach (ich bin übrigens
    Wessi !). Das könnte man auch als Verschwörungstheorie
    abtun.
    Die Tatsache, dass er sich immer nur mit nebulösen Geschwätz
    und nie mit einer konkreten fachlichen Aussage äußert,
    disqualifiert ihn nicht nur in diesem Fall.

  34. Ich bin immer wieder überrascht dass Prof. Franke nicht bereits jeglichen Kredit verspielt hat. Alles was ich von ihm in den letzten Jahren vernommen habe würde ich eher als Polemik denn als aufklärende Beiträge im Kampf gegen Doping einordnen. Ich frage mich wie man ihn als Dopingexperten bezeichnen und vor allem ihn auch (noch) als solchen wahrnehmen kann. Außer ein paar markigen Sprüchen und seine sich stetig wiederholenden Fallbespiele für inzwischen bekannte und deswegen längst kaum mehr anwendbare Manipulationsmethoden kommt doch nichts von ihm. Das hat mE aber nichts mit dem Anspruch an einen Dopingexperten zu tun. Generalverdacht gegen ziemlich alles und ziemlich jeden im Sport schüren oder bei aufgekommenem Verdacht bei prominenten Sporlern mit zugkräftigen Namen sich als Trittbrettfahrer betätigen und mit Vermutungen und Spekulationen den Verdacht zu befeuern anstatt sich mit den bekannt gewordenen Fakten auseinander zu setzen ist alles andere als seriös.

    Da man ihn immer wieder gern darum ersucht sich zu aktuellen Dopingverdachtsfällen zu äußern stellt sich mir die Frage nach dem Motiv der Fragesteller. Was soll bezweckt werden? Sollen wie im Fall Pechstein seriöse Experten diskreditiert werden ohne dass man sich inhaltlich mit ihren Zweifeln an einem Dopingvergehen von C. P. auseinandersetzten muss? Möchte man eine Schlammschlacht zwischen C. Pechstein und ihren Widersachern ins Leben rufen? Ohne dass inhaltliche Fragen erörtert wurden gab sich der Fragesteller mit dem nebulösen Geschwätz (treffender könnte ich es nicht formulieren) von Prof. Franke zufrieden um anschließend C. Pechstein mit selbigem zu konfrontieren. Das hat nichts mit seriösem Journalismus zu tun. Das hat Boulevard-Niveau.

  35. @panni
    die wenigsten journalisten sind an niveauvoller
    berichterstattung interessiert bzw. haben vom
    jeweiligen thema eine ahnung. würde man mich nach einem
    namen in sachen doping fragen, würde ich ihn auch als
    erstes nennen. also wendet man sich halt an ihn.
    ich würde das nicht überbewerten, den leuten fällt halt nichts
    besseres ein.

  36. Herbert,
    hast du Werner Franke gelesen? Die Ermittlungsbehörden lt. deinem Punkt 5 müssen im Untergrund suchen.Das werden sie wieder nicht gewußt haben;-)

    JoJo,
    für mich ergänzen sich auch Gassmanns Ausführungen stimmig mit Gipsels Erklärungen hier.

    Ich denke aber nicht,dass das CAS irgendetwas beweisen wollte.Das ist eher die ISU.
    Vielleicht haben sie die neue Entwicklung nicht richtig eingeschätzt?Noch 2008 hat die WADA Damsgaards Forderungen abgelehnt.Inzwischen sind die neuen Regularien anerkannt. Die UCI arbeitet erfolgreich und sperrte schon einige Radsportler, dies wird schon gar nicht mehr berichtet,weil langweilig.
    Jetzt kritisieren ausgerechnet alle Experten,die im neuen Blutpass involviert sind, die Sperre von CP.
    Diese vor 12 Jahren festgelegten Grenzwerte werden sowieso bald abgeschafft und die Leichtathletik braucht sie gar nicht erst einzuführen,weil sie nur ein Hilfsmittel waren?
    http://www.sueddeutsche.de/sport/741/447476/text/

    Die WADA klammert sich nicht mehr an Grenzwerte,nur die ISU?

  37. @panni

    guter beitrag! ich sehe das eigentlich ganz aehnlich, dass von franke weit mehr polemik als substantielle beitraege kommen. aber auch diese gassmann-II-meinungsaeusserung wird hier meines erachtens zurecht auseinandergenommen (sternburg,dachs,Piti). bei seinen aeusserungen zur manipulierbarkeit von hkt und hb stellt er sich naiver, als er es sich in seiner position erlauben darf. das dokument hilft uns meines erachtens nicht weiter im zunehmend ermuedenden ringen um mehr licht im dunkeln. fuer mehr klarheit braucht man einfach eingehendere forschungserkenntnisse zur materie.

  38. @panni, Oliver, the_doctor, Dann muss Ihnen ja ein ganz großer Stein vom Herzen gefallen sein, dass es im Sommer nicht zu einer Zusammenarbeit zwischen CP und Werner Franke gekommen ist, oder????

  39. mb,
    danke, und wie seltsam, dass Pechstein diesen Experten gewinnen wollte. Wo doch seine Zeit „vorbei“ ist. Und wie sagte doch der von Walter so hoch eingeschätze Experte gleich nochmal?

    „Es ist viel nützliches Material darin“, sagte Damsgaard gegenüber dieser Zeitung, „solches das gegen sie, und auch solches, das für sie spricht.“ Er wisse deshalb nicht, ob Pechsteins Anwalt sein Gutachten überhaupt beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) einreichen werde.

    Ich warte noch immer auf das Erscheinen dieses Gutachtens auf der CP-Homepage.

  40. @mb
    ich kann nicht beurteilen, ob das gut oder schlecht gewesen
    wäre. es hat mich allerdings von anfang an gewundert, dass
    sie so jemanden ins boot holen wollte, wo doch klar ist,
    dass franke gegenüber sportlern nicht vorurteilsfrei ist.

    wir wissen ja auch nicht die gründe für frankes plötzlichen
    rückzug. vielleicht ist seine jetzige polemik auch marke
    „beleidigte leberwurst“.

    ich bin grundsätzlich froh, dass er in diesen fall
    überhaupt nicht involviert ist, auf beiden seiten.
    vielleicht ist auch genau das, in verbindung mit seinem alter, anlass des frusts.

  41. Nachträglich gutes neues Jahr an die Runde. Ist schon komisch, daß ich jetzt Ansichten lese, die man an letztes Jahr noch kritisiert hat. Ich war und bin, gegen den indirekten Beweis, der auf Treibsand gebaut ist. Es ist völlig gleichgültig in welcher Rubrik des Lebens er sich wiederfindet(Sport,Militär,Zivil), er darf nur eine Begleiterscheinung zum eigentlichen Beweis sein. Alles andere wäre eine Zeitreise in die Vergangenheit. Wo fängt der indirekte Beweis an, wo hört er auf? Bei „Verdacht=Schuldig?“ Dann können wir ja eine „Bücherverbrennung“ durchführen und die Grundgesätze einer jeder „Demokratie“ gleich mit reinwerfen.

    Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, die CAS-Richter wollten unbedingt den indirekten Nachweis retten.

    . Natürlich,darum ging es ja.

    Wie sagte Werner.E.Klatten:

    „Wir müssen den Anti-Doping-Kampf in großer Radikalität führen“,da können wir nicht nur das Einzelschicksal einer sicher einmal hochgelobten Person im Auge haben, sondern müssen auch das Ganze sehen“, sagte Klatten im Interview

    .
    Was den „Dopingpapst“ mir Franke anbelangt: Es sieht so aus, als würde den Befürwortern des „indirekten Beweises“ die Argumente ausgehen.

    Diese sogenannten Experten wissen offenbar nicht, wie ausgefuchst und mit was für widerlichen Tricks im Dopingbereich gearbeitet wird. „

    Wie gut, daß den „armseligen Stümpern“ weltweit mit Franke’s brillianten Geist, die Erleuchtung gebracht wird. Aber wie sagt man bei uns im „Ländle“. Wir können alles,außer Hochdeutsch.

  42. @ Oliver. Ich glaube, die Sportler Bernard Lagat, Anne-Kathrin Elbe, Andreas Krieger, Ute Krieger-Krause wären mit Ihrer Einschätzung nicht einverstanden.

  43. @Ralf, danke für den Link auf den Artikel im Handelsblatt. Etwas finde ich – unabhängig von der ganzen Franke-Geschichte. Ich zitiere:

    Zahlreiche Experten aus dem In- und Ausland haben mittlerweile große Zweifel an der Schuld von Claudia Pechstein, […] Auch weitere Experten wie der angesehene australische Dopingjäger Michael Ashenden […] glauben an Pechsteins Unschuld.

    Auch wenn diese Aussage („Glaube an die Unschuld“) wohl zu den Aussagen von Winfried Grassmann und Michael Ashenden passt, finde ich das bei näherer Betrachtung etwas ungenau: beide äußern inhaltlich lediglich Zweifel an ihrer Schuld EPO-Doping betrieben zu haben bzw. Zweifel daran, dass man es ihr nachgewiesen hat. Zum einen schließt das möglicherweise andere Dopingarten nicht aus und wenn ich das richtig sehe, bieten sie keine plausible Erklärung an. Für mich heißt das in der aktuellen Situation immer noch, Doping ist ihr nicht überzeugend nachgewiesen – aber es gibt auch noch keine überzeugende Erklärung der Werte.

    Und ich finde nach wie vor bedenklich, dass hier der Versuch gemacht wird, die Beweislast umzudrehen. Konsequenterweise plädiere ich damit für einen Freispruch – gegen mein Bauchgefühl.

  44. @mb
    so what ? man kanns ja nicht jedem recht machen ;-)

    @marco
    ich persönlich bin nicht gegen den indirekten beweis,
    aber es sollte in expertenkreisen eine halbwegs tragbare
    stütze, sprich einigkeit, geben.
    die WADA ist ja mit ihren richtlinien nicht auf dem
    schlechtesten weg. sie sollten dieses mass nun aber auch bei
    CP anwenden.

    zu den „widerlichen Tricks“: Man könnte es fast umdrehen
    und überlegen, zu welchen Tricks gewisse Dopingjäger neigen,
    denen es nicht um das Doping, sondern um „sportpolitische“
    Interessen geht.

  45. @Robert Klemme

    bis auf den letzten Satz exakt mein Standpunkt !
    Und jeder darf ein anderes Bauchgefühl haben.
    Meines war vor diesm Fall noch ein anderes….

  46. @Robert Klemme:

    Und ich finde nach wie vor bedenklich, dass hier der Versuch gemacht wird, die Beweislast umzudrehen.

    Sagt mal, Freunde, ganz im Vertrauen: könnt ihr eigentlich lesen, was ich so schreibe? Oder tippe ich mit Zaubertinte?

    Und mal ne grundsätzliche Frage: ich finde am allerinteressantesten hier das endlich übersetzte Urteil und eventuelle Antworten auf all die Fragen zu Beweislast, Unschuldsvermutung, Ãœberzeugungsanforderungen, Beweiswürdigungen, Präklusion etc. bzw. Einsicht darin, wie die aktuelle Sportrechtssprechung – die ja die für die Profisportler wesentliche Institution ist und das für sie einzig halbwegs wirksame Regelwerk bereitstellt – diese Fragen so handhabt. Interessiert das eigentlich sonst noch jemanden?

  47. Mich interessiert das selbstverständlich, sternburg. Du weißt mittlerweile, dass ich ein Fan des kollaborativen Journalismus bin. Also lasse ich es mir von Dir gern erklären bzw. lasse mir wenigstens sagen, was Dir als Juristen auffällt. Danke.

  48. Zur „Beweislastumkehr“ hat sternburg einen wichtigen Satz geschrieben: „Sagt mal Freunde, ganz im Vertrauen, könnt ihr eigentlich lesen …“

    @ Oliver, panni: Werner Franke ist, wie Sie wissen, stets Manns genug, sich selbst zu verteidigen. Ich muss das nicht tun. Ich verherrliche ihn nicht, ich sehe viele Probleme, aber akzeptiere seine Lebensleistung auf dem Gebiet der Dopingaufklärung und habe das oft genug gesagt. Es gibt weltweit nur wenige andere, denen ich ähnlich nachhaltige Verdienste zusprechen würde. Wie auch immer: Ihre Pauschalkritik ist in großen Teilen von Ignoranz und/oder Unkenntnis geprägt.

    Sie benutzen Begriffe wie „nebulöses Geschwätz“ (Franke) und „seriöse Experten“, womit sie offenbar alle anderen mit akademischem Titel meinen, die sich in den vergangenen Monaten geäußert haben. Es ist absurd: wie „seriös“ diese Herren sind bzw. wie „seriös“ ihre Äußerungen, haben wir ja nun hinreichend erfahren. Selbst zum Herrn Gassmann, dessen „Kommentar“ dieser Beitrag hier gewidmet ist, gibt es aus guten Gründen Argumente – oben vorgebracht – die an S. zweifeln lassen, zumindest in dem Sinne, ob ihm tatsächlich die Materie in Gänze vertraut ist. Ich möchte das nicht weiter ausführen und mich auch nicht auf Gassmann kaprizieren. Grundsätzlich wurde über das leidige Thema des „Expertentums“ im real existierenden Medienwesen ja schon einiges gesagt.

    @ Marco: Bei allem Respekt, und ich sage so etwas selten, aber Werner E. Klatten zu zitieren, verbietet sich von selbst. Gewisse Fachkenntnis sollte vorausgesetzt werden.

    @ Robert Klemme: Aufmerksam notiert: „glauben an die Unschuld“, so ein typisches Agenturgeschreibe, dass dann leider überall zu lesen ist.

  49. Außer ein paar markigen Sprüchen und seine sich stetig wiederholenden Fallbespiele für inzwischen bekannte und deswegen längst kaum mehr anwendbare Manipulationsmethoden kommt doch nichts von ihm.

    Die Realität sieht doch aber anders aus. Erst letztes Jahr sind doch die Kontrolleure bei der Tour de France erstmal für 45 Minuten einen Kaffee trinken gegangen, bevor sie die Kontrolle durchgeführt haben. Obwohl die Manipulationsmethoden bekannt waren. Ich frage mich auch, wie die Praxis da bei der ISU waren? Wieviel Vorlaufzeit hatten Athleten wie CP bei einer Blutkontrolle?
    Die Tatsache, dass die Manipulationsmethoden bekannt sind, hilft leider offenbar überhaupt nichts. Ein Franke wirkt auf mich eher wie Sisyphos, und alle sind inzwischen genervt, dass er immer wieder den Finger in die Wunde legt. Eigentlich wären wir alle froh, wenn er endlich seinen Mund hält, und wir wieder selig den Goldmedailliengewinnern zujubeln könnten.

  50. Sagt mal, Freunde, ganz im Vertrauen: könnt ihr eigentlich lesen, was ich so schreibe? Oder tippe ich mit Zaubertinte?

    Ich muss auch sagen, dass mit dem der Beweislastumkehr habe ich von Anfang an nicht verstanden. Eigentlich sagt doch das Urteil alles: Die ISU muss den Nachweis erbringen, der Nachweis wird anerkannt, damit ist die Geschichte erledigt.

    Die Tatsache, dass man das Entgegenkommen der Instanzen, die CP noch die Chance geben, eine Erklärung abzuliefern, als Beweislastumkehr darstellt, finde ich (natürlich als juristischer Laie) ziemlich schwachsinnig.

  51. @mb

    Ja, ich war ziemlich erleichtert dass Prof. Franke sich aus der Pechstein-Sache zurückgezogen hat.

    @ha

    Nein, ich finde es überhaupt nicht seltsam dass C. Pechstein Franke ins Boot holen wollte. Es scheint unter Sportlern ein offenes Geheimnis zu sein, dass man in Deutschland nur mit sehr wenig Gegenwind zu rechnen hat wenn man Franke zu seinen, wenn schon nicht Verteidigern so doch zumindest nicht Angreifern, zählen darf.

    Also ich versuche mich mal ansatzweise in die Situation von C. P. hinein zu versetzen, so sie denn unschuldig wäre. Was würde ich tun wenn ich plötzlich unter Dopingverdacht geraten wäre und wüsste dass ich völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt würde? Ich bekäme wahrscheinlich Fracksausen, könnte nur eingeschränkt vernünftig geradeaus denken und würde wohl nach jedem sich mir bietenden Strohhalm greifen. Ich würde alle (hier auch häufig kritisierten) Möglichkeiten ins Feld führen die zu meinen beanstandeten Werten geführt haben könnten. Ich würde auch einen Pakt mit jedem „Feind“ eingehen, nur um möglichst schnell und unbeschadet aus der von mir unverschuldeten misslichen Situation heraus zu kommen.

    Prof. Franke misst bei unter Dopingverdacht geratenen Sportlern, so jedenfalls nehme ich das seit Jahren wahr, mit unterschiedelichem Mass. Das ist wohl nicht nur meine Meinung, denn das wurde auch schon mehrfach in diversen Sportforen thematisiert. Auch im Radsportforum c4f, wo ich mich überwiegend zu Wort melde, wurde das schon mehrmals wahrgenommen und diskutiert. Einige Sportler werden von ihm scheinbar wohlwollender behandelt als andere und erhalten von ihm wortreiche Unterstützung. Als Beispiele fallen mir spontan Baumann, Lagat, ein unter Verdacht geratener deutscher Triathlet (beim Namen bin ich mir im Augenblick unsicher und verzichte deshalb auf seine Nennung) und Hondo ein. Andere Dopingsünder wurden bzw. werden zumindest nicht pausenlos verbal „überführt“, wie z. Bsp. Jaksche, Sinkewitz (betreffend die Zeit vor ihrem Geständnis), Kessler und Schumacher. Jaksche hatte zunächst mehrere Monate geleugnet, Franke war allerdings ausschließlich mit dem „Fall“ Ullrich beschäftigt. Bei Schumacher wurde CERA nachgewiesen, aber im Vergleich zum Indizien“fall“ Ullrich lebt der richtig ruhig, sowohl was die Behandlung beider in den Medien als auch durch Herrn Franke betrifft. Ãœbrigens ist nicht nur mir aufgefallen dass (außer Jan Ullrich) alle von mir genannten Sportler eines gemein hatten, nämlich den Anwalt. „Zufallig“ ist bzw. war Herr Lehner nicht nur deren Anwalt sondern auch der von Herrn Franke.

    @Jens Weinreich

    Ja, für mich sind Spekulationen wie die hier diskutierte nebulöses Geschwätz. Das sind Spekulationen und wenn man die dazu nutzt eine Sportlerin zu diskreditieren so nenne ich das unseriös. Und wenn sich der Herr Franke nicht bemüßigt fühlt sich wie die Herren Asheden (schreibt der sich so?), Pöttgen, Damsgaard und Schmidt (allesamt anerkannte Experten im internationalen Sport) seriös mit Werten auseinander zu setzen und die genannten Herren stattdessen verbal in die Tonne kloppt und sie zu naiven Jungs erklärt, dann weiß ich ganz genau wen ich seriös und unseriös nenne.

    Das mit der verzögerten Dopingkontrolle hätte selbstverständlich nicht passieren dürfen, denn da sind Manipulationen durchführbar. Wenn heutzutage allerdings immer noch die Story von den ungarischen Hammerwerfern mit dem Penis aus Kunststoff als Fallbeispiel für trickreiche Methoden herhalten muss…..

  52. Mir scheint bezüglich der Beweislastumkehr reden hier „Juristen“ und „Naturwissenschaftler“ aneinander vorbei.
    Selbstverständlich haben die Juristen Recht dass im Gerichtssaal die Beweislast beim Ankläger liegt, war hier auch nicht anders.
    Aber die Art und Weise wie hier der indirekte Beweis angewendet wurde erscheint einem naturwissenschaftlich orientierten Leser als eben diese Beweislastumkehr.

    In diesem Fall wurde ein einziger Blutwert, der etwas mit der Einnahme von EPO zu tun haben kann, aber nicht zwingend muss (weil es eben auch andere Ursachen dafür gibt), von der ISU als Dopingbeweis interpretiert und die Sportlerin gesperrt.
    Juristisch war damit der Beweis erbracht, wissenschaftlich nicht.

    Die Beweislastumkehr trat dann zwar nicht „de jure“ aber „de facto“ ein als die Sportlerin gezwungen war gegen die Sperre vor Gericht vorzugehen und bis dahin selber Beweise für eine nicht manipulative Ursache ihrer Blutwerte zu finden.

    Wie sehr Werner Franke gerade im Fall Hondo Partei ergriffen hat (es ging um ein bis dahin unbekanntes Medikament) wundert mich im Moment noch viel mehr, da ihn eigentlich der jetzige Fall schon als Biologen herausfordern müsste.

  53. @panni

    Ich sehe das ähnlich.
    Woran es sowohl im Anti-Doping-Kampf als auch in der mancherorts dazu geführten Diskussion mangelt, sind Seriösität und gegenseitige Achtung aller darin bzw. daran Beteiligten. Statt dessen wird mangels plausibler sachlicher Argumente schon mal leichtfertig die Diskussion sehr persönlich und attackiert statt die Auffassung die Person bzw. deren Umfeld. Das nervt mich eigentlich schon seit Anbeginn und deutet auf schwache Kultur hin. Da wird schon mal jemand ins intellektuelle Abseits befördert, um sich damit seiner Auffassung zu entledigen.
    Leider passiert das auch immer heftiger den unter Verdacht geratenen Sportlern. Sie werden aufgrund des Verdachts -im zivilen Strafrecht unakzeptiert – bereits verleumdet, demontiert und gar entwürdigt. Und dann wird auch noch von den so Behandelten Kooperation erwartet.
    Über diese Atmosphäre in der laufenden Auseinandersetzung wird sich kaum ein Gedanke macht. Es gehört scheinbar zum guten Ton. Da lasse ich mich dann gern als Moralist bezeichnen, wenn ich so etwas ablehne.
    Wenn jemand nachweislich die Regeln gebrochen hat, dann soll ihm auch die ganze Härte der Strafe und der sportlich-gesellschaftlichen Ablehnung treffen. D´accord. Aber nicht bereits vorher.
    Dass Prof. Franke sich nicht mehr an einer dezitierten Besprechung der Fakten beteiligt, sondern sich auf Verbalattacken spezialisiert hat, ist sicher erklärbar. Er mag damit sich helfen, der Auseinandersetzung mit Dopingvergehen schadet er jedoch. Wenn sich die gegensätzlichen Seiten auf diesem Niveau begegnen, verliert das Bemühen um einen sauberen Sport zusehens an Ansehen.
    Keiner hat die absolute Wahrheit gepachtet,jeder sollte den anderen zuhören, um ihn dann sachlich zu antworten.
    Und das vermisse ich zu oft. Wenn sich dann ein anerkannter Protagonist auf diesem Weg begibt, wird es schon mehr als heikel.

    Auch die Diskussion um die Causa Pechstein ist bei aller Dramatik lediglich eine kleine Episode im anhaltenden Streben um Fairnis im Sport und nicht die Mutter aller Schlachten. Wer auch immer hier verliert, den Antidopingkampf wird es nicht blockieren können. Besser einen Zweifel oder gar einen Irrtum zugeben und ihn nicht entgegen besseres Wissen auf „Teufel komm raus“ zum „Grundstein einer neuen Ära“ machen wollen.

  54. @herbert
    zeitgleich das wort d`accord benutzt !
    Ich schwöre, dass wir nicht ein und dieselbe Person sind !
    Abgesehen davon, stimme ich deinem Beitrag auch tiefen Herzens zu.
    Es ist mir klar, dass ich gegenüber Franke auch polemisch
    war, aber ich versuche immer auf dem Niveau der Gegenseite
    zu antworten.

  55. @aufidius

    Die Einführung der „strict liability“ (aus dem Englischen Strafrecht ?) in das Sportrecht zielte doch darauf, die Verfolgung von Dopingvergehen wesentlich zu erleichtern.
    Sonst hätten wir doch kaum annähernd die, teils erfreuliche, paraktische Anwendung des WADA-Codes zu verzeichnen. Ob die Einführung der Beweislastumkehr in das Sportrecht juristisch zweifelsfrei ist, steht auf einem anderen Blatt.

  56. @the_doctor

    Sie mögen Mängel an der Gegen“beweis“führung von Prof. GassmannII entdeckt haben zu denen ich mich nicht äußern werde. Getreu dem Motto Schuster bleib bei deinen Leisten bin ich mit meinem laienhaften und lediglich angelesenen Wissen über Werte wie Retikulozythen, Hämatokrit und Hämaglobin zwar einigermaßen gerüstet für ein grobes Verständnis der Diskussionen um den Fall Pechstein, allerdings fühle ich mich nicht berufen darüber fachbezogen, was die medizinischen und dopingtechnischen Hintergründe betrifft, zu diskutieren. Das würde ich sowohl für mich selbst als auch für andere Diskutanten ohne spezifisches Fachwissen als unseriös bewerten. Ich überlasse derlei Diskussionen gänzlich den sich zur Sache äußernden nationalen und internationalen Experten und hier den mit Fachwissen ausgestatteten Personen wie Ihnen, Gipsel und anderen.

  57. @oliver

    Nö,sind wir nicht. Ich gebe allerdings unumwunden zu,dass ich mich freue, dass hier auch mal einer meiner Meinung ist.
    Bisher freute ich mich schon,wenn man nicht bei meinen Kommentaren „my ass“ ausrufen musste. ;)

  58. @sternburg: Angesichts der Tatsachen, dass die Kommentarthreads hier i.d.R. recht lang sind und ich hier nicht so häufig ausgiebig mitlesen kann, geht mir mit Sicherheit das eine oder andere durch die Lappen – auch Wesentliches. Ich habe jetzt noch mal diesen Kommentar und den Wikipedia-Artikel nachgelesen.

    Ich habe mich wahrscheinlich juristisch nicht korrekt ausgedrückt, was ja auch Kollege aufidius hier darzulegen versucht hat. Ergänzend: die Beweisführungslast-Umkehr entsteht ja dadurch, dass durch das indirekte Verfahren die Schwelle für einen Beweis recht niedrig gelegt wird. Und natürlich ist es völlig egal, ob wir hier überzeugt sind, dass ein Nachweis gelungen ist oder nicht – entscheidend ist die Ãœberzeugung des Gerichts.

    Ich meine, dass das Hin- und Her der Gutachteräußerungen (im und außerhalb des Verfahrens) zeigt, dass die Schwelle hier gefährlich niedrig liegt. Die juristische Einordnung überlasse ich gerne anderen, die davon mehr verstehen. Wenn ich das richtig verstehe, geht es hier immer um eine Abwägung: den Doping-Jägern wird die Arbeit erleichtert, weil ihnen ein neues, wirksames Mittel an die Hand gegeben wird. Auf der anderen Seite steigt damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass ggf. unschuldige Athleten belangt werden. Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass im Fall Pechstein die Faktenlage zu viele widersprüchliche Interpretationen erlaubt, und frage mich, ob das nicht auf eine generelle Schwäche des Verfahrens verweist.

  59. @the_doctor

    Kleiner Nachtrag: Selbstverständlich gilt meine Diskussions“verweigerung“ nur für die medizinisch-dopingtechnischen Fragen. Dass hier ein sehr fragwürdiges Verfahren abgelaufen zu sein scheint ist mir nicht verborgen geblieben. Sieht ganz so aus als ob in diesem Fall das Urteil bereits vor der CAS-Verhandlung feststand, denn C. Pechstein Entlastendes wurde entweder nicht zugelassen, geflissentlich unter den Tisch fallen gelassen, als unbewiesen zurückgewiesen oder (ob absichtlich oder nicht) fehlinterpretiert.

    Das in meinen Augen unfaire und parteiergreifend geführte CAS-Verfahren sollte vom Schweizer Bundesgericht als gegenstandslos geweret werden. Bei der Neuverhandlung sollten die neuen WADA-Richtlinien für den indirekten Dopingnachweis Anwendung finden.

  60. @Jens Weinreich. „Fachkenntnis“? Von was reden wir eigentlich? Ich habe den Mann nicht wegen seinen „metallic blauen Augen oder intelligenten Blick“ aus der Versenkung herausgeholt. Sondern, weil er uns etwas mitgeteilt hat,(hätte er nicht tun sollen, vielleicht nicht dürfen) was wir seit Jahrzehnten immmer wieder vorgekaut bekommen(Politiker sind das beste Beispiel).Um die Sicherheit, Sauberkeit, das Wohlergehen des Einzelnen zu gewährleisten, müssen Abstriche an den „Rechten eines Jeden“, in Kauf genommen werden. Damit läßt sich jeder „Blödsinn“ durchsetzen. Die „Mächtigen“ werden immer mächtiger, der „Einzelne“ immer abhängiger. So entsteht die „Arroganz der Macht“(Fall: Briatore). Nach heutigem Wissen, hätte CP gar nicht verurteilt werden dürfen. Und der Hinweis auf noch „unentdeckte Varianten“ ist momentan, genauso realistisch, wie jede Lichterscheinung am Himmel, ein „UFO“ sein könnte. Deswegen ist dieses Statement von dem „besagten Herrn“ nicht ungefährlich. Er schürt „Emotionen“ und erweckt einen falschen Eindruck. „Die“ haben schon manche „falsche Gesetze“ in die Wege geleitet, welche mit fachlicher Kompetenz nichts zu tun hatten (die Geschichte beweist es). Es sind oft nicht die Experten, die nach vorne „preschen“, sondern jene, die keine Ahnung, aber zu allem eine Meinung haben.

    @Herbert
    Guter Kommentar. Spricht mich wirklich an.
    Kann nur zustimmen.

  61. Vielleicht nicht der Spruch der Woche, aber auf jeden Fall ein bon mot.

    Es sind oft nicht die Experten, die nach vorne “preschen�, sondern jene, die keine Ahnung, aber zu allem eine Meinung haben.

    Leider ist auch deren Selbstreflektion oft nur leidlich entwickelt.Ein malheur für jegliche Erörterung.

  62. Die Anforderung an das Beweismaß ist natürlich niedriger als wenn eine Substanz oder deren Metabolit direkt im Urin/Blut nachgewiesen wird. Aber das bringt das Verfahren als solches leider mit sich. Es geht ja gerade darum die Anwesenheit von Substanzklassen anhand spezifischer Veränderungen physiologischer Parameter indirekt zu erfassen. Die gleiche Sicherheit wie bei einem positiven Test wird’s von daher wohl so gut wie nie geben. Nur denke ich, daß man den Antidopingkampf – wenn man ihn effizient führen will – als mehr oder weniger verloren betrachten kann, wenn man weiterhin ausschlßl. direkt nach einer unüberschaubaren Anzahl an Substanzen – vor allem analoge Verbindungen – fahndet. Horst Pagel, EPO-Analytiker, Lübeck, sagt hierzu im Juli 2009:“Es sind inzwischen geschätzte 140 verschiedene Epo-Präparate weltweit im Umlauf; sie stammen auch aus Ländern wie China, Indien, Vietnam, Kuba, Argentinien oder den baltischen Staaten. Sie haben allesamt keine Zulassung für Europa und können aber über das Internet leicht bezogen werden. Sportler, die diese sog. EPO-Biosimilars clever mischen, können praktisch nicht überführt werden…Mit anderen Worten: Jeder positive EPO-Nachweis ist immer ein Zufallsbefund! Die ganze „Show“ dient einzig und allein der Beruhigung des Publikums.“
    http://WWW.cycling4fans.de/index.php?id=264
    Natürlich darf man im Interesse des Antidopingkampfes die Rechtsstaatlichkeit nicht über Bord werfen. Aber daß CP’s Rechte mit Füßen getreten werden oder daß sie „weniger Rechte als ein Verbrecher“ hat, kann ich ehrlich gesagt nach der überflugsmäßigen Lektüre des CAS-Urteils in der deutschen Fassung beim besten Willen nicht sehen. Allerdings bin ich auch kein Jurist. Die Schweizer Bundesrichter aber schon. Und diese Möglichkeit steht ihr ja immer noch offen. Sollte ihr also z.B nicht ausreichend rechtl. Gehör geschenkt worden sein oder andere Rechte im CAS-Verfahren verletzt worden sein, wird das ja auch seinen Niederschlag finden. Insgesamt muß ich auch sagen, daß CP inzwischen einen viel zu großen Raum innerhalb meiner Freizeit einnimmt:)

    Besten Gruß

  63. @marco
    gab’s sonderprämien für jedes „gänsefüßchen“ und, jedes „komma“?

    ansonsten riskiert, wer unentdeckte dopingsubstanzen auf einem glaubwürdigkeitslevel mit außerirdischen fluggeräten ansiedelt, allerdings eine a-priori diskreditierung. meinen glückwunsch hierzu.

  64. @cf
    Vielleicht hast du sogar Recht.Ich versuche mal deinen Ansprüchen gerecht zu werden. Mein Vergleich war ein bißchen Überirdisch. Aber mein Standpunkt bleibt. Entweder kann ich etwas nachweisen oder nicht. Die Kriminalistik hat sich auch nicht über Nacht entwickelt. Und gerade die Geschichte lehrt uns, welche Fehler in der Vergangenheit begangen wurden, aufgrund zweifelhafter Beweisführung. Somit sollten Indizienbeweise so angelegt sein, daß die kleinstmöglichen Zweifel übrig bleiben. Dem ist wohl nicht so. Und auf noch nicht entdeckte Substanzen, die, wo auch immer auf dem Schwarzmarkt kursieren, hinzuweisen erscheint mir den Weg des geringen Widerstandes zu sein.

  65. @Robert Klemme: Gemeint war eher ein Kommentar genau hier oberhalb am 6. Januar 2010 – 23:04.
    Und hat jetzt mit Dir mehr den berühmten Tropfen erwischt, nimm es bitte nicht persönlich.

  66. @sidd: „Ich muss auch sagen, dass mit dem der Beweislastumkehr habe ich von Anfang an nicht verstanden. Eigentlich sagt doch das Urteil alles:(…)“ *Hust* wahrscheinlich gibt es nicht viele, die sich für Sportrecht interessieren, aber weder Ahnung davon haben, noch genug Englisch können, um das Urteil im Original zu lesen.. Ich gehöre aber dazu. :)

  67. @ sternburg
    :-D

    Das war ja auch gar nicht so gemeint. Ich wollte Ihnen lediglich zustimmen, wenn ich Sie nicht völlig falsch verstanden habe. Für mich liegt einfach keine Beweislastumkehr vor (ich bin allerdings Jura-Laie). Die Beweislatte mag, wie oben beschrieben, ja niedriger liegen, also beim direkten Nachweis. Aber das ist doch etwas anderes als eine Beweislastumkehr.

  68. Naja, jedenfalls endlich Feierabend und Zeit zum Schmökern (wobei ich schon eleganter formuliertes gelesen habe); und wer möchte, der kann ja an ein paar Gedanken teilhaben (immer unter der Einschränkung, dass ich alle naturwissenschaftlichen Belange kaum verstehe und auch grundsätzlich allenfalls querlese):

    Überprüfungsgegenstand
    Der Cas prüfte ohne Einschränkungen alle vorherigen Verfahrensschritte.
    Grundlage der Sperre ist „Anwendung einer verbotenen Methode im Sinne des Artikels 2.2 der ISU-ADR“, also z.B. Blutdoping im Sinne einer Erhöhung der Transportkapazität für Sauerstoff.

    „Beweislastumkehr“
    Dazu ist oben (Randnummer 123 ff. des Urteils) im Grunde alles gesagt. Die ISU steht voll in der Beweislast für ihre Vorwürfe.

    Indizienbeweis
    Diese Vorwürfe sieht das Gericht als bewiesen, wenn die ISU einerseits nachweist, dass „die Blutwerte von Frau Pechstein ein zuverlässiger Nachweis dafür sind, dass sie eine verbotene Methode im Sinne des Artikels 2.2 der ISU-ADR angewendet hat“ und andererseits im Ergebnis nachweist, dass diese Blutwerte ordnungsgemäß und nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erhoben wurden.
    Bekanntlich sind Indizienprozesse nie frei von Bedenken. Wahrscheinlich deshalb muss die ISU hier direkten Nachweis dafür erbringen, dass eine „verbotene Methode“ angewandt wurde.

    Anscheinsbeweis
    Das ISU-Schiedsgericht ging noch von einem Anscheinsbeweis aus, dass „dass die Blutscreeningtests [von Frau Pechstein] korrekte Ergebnisse lieferten“.
    Im Ergebniss musste die Sportlerin also eine Vermutung widerlegen, dass die Labore der sie bestrafenden Organisation ordentlich arbeiten. Das ist natürlich völliger Blödsinn und wurde vom Cas auch in dürren Worten abgebügelt.

    Beiweismaß(Rn. 123 ff.)
    Eine (nicht nur) hier ausgelutsche Diskussion: Frau Pechstein will knapp vor zweifelsfrei, das Gericht empfindet eine „ausreichende Ãœberzeugung“, die irgendwo zwischen wahrscheinlich und zweifelsfrei liegt, als ausreichend. Und zwar mit dem nicht näher erläuterten Argument, dass Zivil- und nicht Strafrecht Tätigkeitsschwerpunkt der Richter für Dopingverfahren maßgeblich ist. Zur Untermauerung zitiert man eine entsprechende Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts, was angesichts dessen, dass man dort hierüber das letzte Wort hat, nicht völlig von der Hand zu weisen ist.

    Unschuldsvermutung
    Im Urteil nicht näher erwähnt (wohl daraus zu schließen, dass man schweizer Zivilrecht anwendet, Rn. 76, 124), aber man scheint einem Grundsatz zu folgen, dass der Beweisbelastete (also die ISU) zunächst die ganze ausreichende Überzeugung herbeiführen muss, die dann der Gegner (Pechstein/ DESG) zu entkräften haben.
    Einfaches Behaupten würde also nicht reichen. Sich selber schlau macht das Gericht im Grundsatz aber auch nicht.

    Muss man nicht mögen, finde ich aber durchaus sachgerecht. Wer es anders sieht und eine Unschuldsvermutung wie im Strafrecht angewendet sehen will, der sollte zumindest bedenken, dass Strafgerichte Möglichkeiten zur Sachaufklärung haben, die einem Sportgericht niemals zustehen können.

    Motiv, Vorsatz, „Anwendungsscenario“
    Das Gericht zieht aus einer Regelung der ISU (Rn. 119 ff.) eine verschuldensunabhängige Haftung des Sportlers, der selber dafür zu sorgen habe, dass keine verbotenen Wirkstoffe in seinen Körper gelangen und keine verbotenen Methoden angewendet werden.
    Ein Nachweis von Verschulden oder Vorsatz Рwie von Pechstein und DESG gefordert Рsei daher unn̦tig.

    Nicht zugelassene Gutachten
    Jedes Gericht steht in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf Gehör und dem Zwang, irgendwann auch mal fertig zu werden.
    Das Urteil enthält spannende Ausführungen zur Prozessgeschichte die Rückschlüsse auf das Verfahren zulassen. Offensichtlich (Rn. 17, 19) lief dies so ab, dass Frau Pechstein und die DESG einen begründeten Antrag einzureichen hatten, worauf die ISU mit Argumenten reagieren konnte. Schluss. Keine weitere Möglichkeit der Stellungnahme mehr, auch andere Beweise oder neue Beweisstücke durften nicht nachgeschoben werden. Keine Ahnung, ob das in der Schweiz so üblich ist, seltsam finde ich es allemal.
    Jedoch räumte das Gericht später Frau Pechstein „ausnahmsweise die Möglichkeit ein, bis spätestens 8 Tage vor der mündlichen Verhandlung „neue, aus an ihr durchgeführten medizinischen Untersuchungen hergeleitete Beweise mit zugehörigen Kommentarenvorzulegen“ und „bei der Verhandlung einen sachverständigen Zeugen aufzurufen, der speziell zur Funktionsweise des Gerätes „Advia 120“ aussagen könne“.“ (Rn. 25).
    Sie hat dann (Rn. 28) so einiges eingereicht, von dem das Gericht das allermeiste wieder strich, weil es über diese Kriterien der neuen Untersuchungen hinausging (Rn. 30).
    Außerdem wurden von ihr Zeugen benannt, die allesamt zugelassen wurden, mit einer einer Ausnahme: Dr. Daamsgard. Bemerkenswerterweise wurde diese Ausnahme nicht mit den obigen Kriterien begründet, sondern damit, dass Dr. Daamsgard „nicht in der Berufungsbegründung der Athletin genannt wurde“ – im Grunde ein Zirkelschluss. Man kann nur hoffen, dass entweder ich etwas völlig falsch verstehe, oder es sich um einen Schreibfehler handelt.

    Davon abgesehen erscheint mir das Vorgehen nicht außerhalb rechtsstaatlicher Grundsätze. Frau Pechstein wusste worum es ging und was dazu zu sagen wäre. Gänzlich neue Erkenntnisse hätten eingereicht werden können. Das muss schon mal reichen.

    Regelungen
    Das Gericht wendet als Grundlage weitgehend unkritisch Regelungen der ISU an, ohne weiter darüber nachzudenken, ob diese eigentlich rechtmäßig und anwendbar sind, solange Frau Pechstein bspw. durch Teilnahme an ISU-Veranstaltungen, in die Anwendbarkeit dieser eingewilligt „hat“. Das kann man für falsch halten. Andererseits würde eine entsprechende Prüfung wohl auch die Kompetenzen des Gerichts überschreiten.
    Im Ergebnis macht es m.E. keinen Unterschied. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass diese Annahmen einer Prüfung standhalten.

  69. Beweisbewertung

    Hierzu kann ich größtenteils mangels Kenntnissen wenig sagen. Andererseits wussten die Richter wahrscheinlich auch nicht mehr als ich. Ein nicht seltenes Phänomen: einem Gericht bleibt bei sich widersprechenden Gutachten/Sachverständigen wenig anders übrig irgendwelchen nachvollziehbaren Argumenten auf eine Seite schlagen. Ei schönes Beispiel für Nachvollziehbarkeit findet sich in Rn. 198: „…wie Prof. d’Onofrio besonders überzeugend ausführte, dessen hämatologische Expertise dem Schiedsgericht angesichts seines beeindruckenden Lebenslaufes, seiner zahlreichen Publikationen speziell zu diesem Thema und seiner mündlichen Aussage in der Anhörung äußerst glaubwürdig erscheint.
    Die Tatsache selbst, dass Prof. d’Onofrio eine derartige Erklärung in seinen schriftlichen Gutachten liefert, scheint in den Augen des Schiedsgerichts ein Zeichen für seine treugläubige Haltung in diesem Verfahren und somit für
    seine besondere Glaubwürdigkeit als sachverständiger Zeuge zu sein.“
    Ich bin mir sicher, dass kann hier jeder der auch umgekehrt formulieren.

    Richtig doof ist das hier schon leidlich zerpflückte Argument der Erstautoren aus dem 18. Jahrhundert. Denn wenn man sich die Argumentation mal im ganzen ansieht (Rn. 175):

    Die Beschwerdeführerinnen stützten ihre Behauptung, dass ein oberer Referenzwert von 4,1% für die weibliche Bevölkerung akzeptabel sei, auf die Referenzwerte, die einer ihrer Sachverständigen (Prof. Jelkmann) im Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik (73. Auflage 2000) von P.C. Scriba und A. Pforte gefunden hatte. Dasselbe Buch gibt einen oberen Referenzwert von 2,5% für die männliche Bevölkerung an. Das Schiedsgericht hält jedoch fest, dass das genannte Werk fast zehn Jahre alt ist, es sich um ein allgemeinmedizinisches Taschenbuch handelt, das diesem
    Thema nur wenige Zeilen widmet, und es aus einem alten medizinischen Werk hervorgegangen ist (dessen ursprüngliche Autoren im 19. Jahrhundert geboren wurden). Tatsächlich ist das Schiedsgericht der Auffassung, dass dieses Werk für die Zwecke dieses Verfahrens nicht glaubwürdig ist, weil
    die darin genannten Referenzwerte für die relative Retikulozytenzahl auf Daten beruhen, die vor der Einführung von Geräten gewonnen wurden, die eine automatische Zählung der Retikulozyten ermöglichen, wie von Prof. d’Onofrio, einem renommierten Hämatologen und Verfasser zahlreicher
    Werke zu hämatologischen Themen, wie folgt überzeugend erklärt wurde:
    «Der an einer Stelle gefundene, oberer Referenzwert von 4,1% für die relative Retikulozytenzahl bei Frauen, der im Sachverständigengutachten von Dr. Jelkmann genannt wird, steht im offenen Widerspruch zu den hunderten Fundstellen in der medizinischen Literatur und dem klinischen Alltag.
    Würde ein Arzt einen derartigen Wert bei einem Patienten für normal erachten, würde er die Diagnose schwerer und sogar tödlicher Blutkrankheiten verfehlen.
    Diese „merkwürdige Bandbreite“ lässt sich plausibel damit erklären, dass sie sich auf die Zeit vor der Automatisierung bezieht, als die Retikulozyten mit dem Mikroskop gezählt wurden und die Ungenauigkeit des Verfahrens für einen breiteren (wenn auch normalerweise nicht so breiten) Referenzbereich verantwortlich war. Diese Erklärung wird dadurch bestätigt, dass der Text in Abschnitt “2.5.8 Reticulozyten“, Seite 45, seltsamerweise nur von manuellen mikroskopischen Verfahren spricht, die seit Mitte der 90er Jahre veraltet sind. Der fehlende Verweis auf die automatisierten durchflusszytometrischen
    Verfahren, die es seither gibt (und die heute als einzige
    im Labor angewendet werden), legt nahe, dass es sich bei diesem Abschnitt um ein Relikt aus der Vergangenheit handelt. Es ist in etwa so, als wäre in einem Text über den Straßenverkehr von Pferden und Fahrrädern, aber nicht von Autos die Rede: offensichtlich würde die Durchschnittsgeschwindigkeit nicht die heutige Realität widerspiegeln. Hinzu kommt noch, dass ein Großteil der Literatur die Auffassung teilt, dass es keine Unterschiede in den Retikulozytenwerten zwischen Männern und Frauen gibt.» (Prof. d’Onofrios Bericht vom 22. August 2009).
    Das Schiedsgericht merkt an, dass keiner der Sachverständigen dieser eindringlichen Erklärung von Prof. d’Onofrio in der mündlichen Verhandlung widersprach.

    An sich einfach eine Begründung der Ablehnung eines bestimmten Einwands eines Sachverständigen, die man nicht anders als überzeugend nennen kann. Aber die Formulierung „(…)dessen ursprüngliche Autoren im 19. Jahrhundert geboren wurden(…)“ ist so dermaßen neben der Sache… da fällt das weiterlesen schwer.

    Ansonsten fielen zumindest mir beim querlesen keine nicht sinnvoll begründeten Bewertungen auf.

    Insbesonders habe ich gar nicht gewusst, dass die Möglichkeit einer krankheitsbedingten Ursache ärztlich abgeklärt wurde (Rn. 198 ff., 201).
    Ergebnis (Rn. 204):

    Auf eine entsprechende Frage des Schiedsgerichts erklärte Prof. d’Onofrio, dass es an dieser Stelle keine weiteren Tests und Untersuchungen mehr gibt, denen die Athletin unterzogen werden könne, und dass die hypothetische hereditäre Sphärozytose nur durch eine Untersuchung der Verwandten der Athletin festgestellt werden könne. Er fügte allerdings auch hinzu, dass, selbst dann, wenn eine entsprechende Untersuchung der Verwandten der Athletin keine positiven Ergebnisse brächten, theoretisch die winzige Möglichkeit bestünde, dass eine vollkommen asymptomatische, unbedeutende und nicht nachweisbare milde hereditäre Sphärozytose vorliege. Prof. d’Onofrio teilte dem Schiedsgericht seine feste Überzeugung mit, dass Prof. Schrezenmeiers Bericht in höchstem Maße seine Meinung bestätige, dass die Werte der Athletin auf Blutdoping zurückzuführen sind.

    „Winzige Möglichkeit“. Da sind wir wieder beim Thema Unschuldsvermutung, aber mir würde das reichen (wahrscheinlich auch als Strafrichter). Zumal, wenn die Feststellung des Gerichts „Darüber hinaus wäre die von Prof. d’Onofrio erwähnte entfernte Möglichkeit unvereinbar mit den abnormen Schwankungen der Retikulozyten-Werte der Athletin“ stimmt (Rn. 107).

  70. @sternburg: Kein Problem – „no offense taken“, wie der Engländer sagt – ich habe das nicht persönlich genommen. Danke für die sehr ausführliche Kurvendiskussion des Urteils! Die Sache mit der Zulassung bzw. Nicht-Zulassung weiterer Einwände war mir auch als merkwürdig aufgefallen. Angesichts der Tatsache, dass es hier um die Karriere und den guten Ruf einer Sportlerin geht, hätte ich erwartet, dass man da größere Möglichkeiten gehabt hätte. Aber dazu bin ich auch wieder zu sehr juristischer Laie, als dass ich beurteilen könnte, ob das normal wäre oder nicht. Man kann ja auch vorbringen, dass nur ihre Sport-Karriere gefährdet ist, nicht aber ihr Beruf; denn sie ist ja Bundesbeamtin, wenn ich das richtig erinnere.

    Wäre es eigentlich üblich, dass ein ordentliches Gericht in so einem Verfahren von sich aus (also ohne Antrag von Anklage oder Verteidigung) die zugrunde liegenden Regelungen prüft? Ich kann mir vorstellen, dass man pragmatisch erst einmal davon ausgeht, dass die Regelungen der ISU OK sind. Ansonsten hätte ja auch schon jemand ein Verfahren anstrengen können, in dem er die Regelungen anfechtet (aus was für Gründen auch immer; es wurden ja schon mal die Menschenrechte oder der Datenschutz in Stellung gebracht gegen die Nachweispflichten der Athleten für ihren jeweiligen Aufenthaltsort). Und immerhin müsste sich dann ja jeder Sporter fragen lassen, warum er sich auf die Regelungen eingelassen hat, wenn er sie denn für menschenunwürdig oder sonstwie juristisch zweifelhaft hält. Vor dem Hintergrund erscheint es mir erwartbar, dass die Regelungen nicht in den Blick genommen wurden.

    @Hema Tide

    Insgesamt muß ich auch sagen, daß CP inzwischen einen viel zu großen Raum innerhalb meiner Freizeit einnimmt:)

    Tja, wo die Liebe hinfällt… ;-)

  71. @ sternburg: Vielen Dank für Deine Analysen. Das sollten sich einige, die behaupten, es handele sich hier um Hexenjagd, gründlich durchlesen.

  72. Wg. Abschluss des Schriftenwechsels:

    Das Schiedgericht referenziert R56 der Verfahrens-Bestimmungen:

    „R56 Appeal and answer complete
    Unless the parties agree otherwise or the President of the Panel orders otherwise on the basis of exceptional circumstances, the parties shall not be authorized to supplement their argument, nor to produce new exhibits, nor to specify further evidence on which they intend to rely after the submission of the grounds for the appeal and of the answer.“

    Nachdem die Beschwerdeführerin in der zweiten Eingabe offenbar nichts wesentlich Neues vorbrachte und die ISU einen weitern Schriftenwechsel ablehnte, gab es auch keine aussergewöhnliche Umstände, die einen eneuten Schriftenwechsel angezeigt sein liessen. Insofern war das Schiedsgericht gebunden, meine ich.

    Zur Gutachtermeineung von d’Onofrio:

    „… theoretisch die winzige Möglichkeit bestünde, dass eine vollkommen asymptomatische, unbedeutende und nicht nachweisbare milde hereditäre Sphärozytose vorliege. Prof. d’Onofrio teilte dem Schiedsgericht seine feste Ãœberzeugung mit, dass Prof. Schrezenmeiers Bericht in höchstem Maße seine Meinung bestätige, dass die Werte der Athletin auf Blutdoping zurückzuführen sind.

    Wie sternburg schon andeutete: über diese Gutachtermeinung konnte sich das Schiedsgericht doch nicht hinwegsetzen und selber Zweifel jenseits theoretischer Natur äussern. Worauf hätte sich das überhaupt stützen sollen?

  73. Messungenauigkeiten/ „kritische Differenz“
    Dazu hat ja gipsel schon alles gesagt und den entsprechenden Absatz (Rn. 183 und drum herum) auch bereits ordentlich zerpflückt.
    Nur soviel: Einerseits würde ich sagen, dass das Gericht sich auf die zitierten Sachverständigen verlassen durfte und davon ausgehen konnte, dass alle Schwankungen und Ungenauigkeiten in den von diesen angenommenen Werten eingearbeitet sind.
    Zum anderen meine ich, dass die Beschwerdeführerinnen den von Gipsel und Herrn Faber bearbeiteten Punkt so nicht vorgebracht haben.
    Und da sind wir wieder bei dem Punkt, ob man es für sinnvoll erachtet, das so ein Sportgericht sich im Grundsatz nicht selber schlau macht, sondern auf der Grundlage des von den Parteien eingereichtem entscheidet.

    Hexenjagd
    Jens nimmt mir ein wenig das Fazit vorweg. Es ist zwar nicht abwegig, beim Lesen des gesamten Urteils eine gewisse unangenehm tendenziöse Formulierungsweise zu bemerken.

    Aber davon sollte man sich, wie ich finde, nicht ablenken lassen.
    Einerseits kann der Geübte problemlos tendenziöse Urteile in absolut neutralem überzeugenden Tonfall basteln.
    Und andererseits habe zumindest ich den Eindruck, dass alle von Pechstein und der DESG eingebrachten Zweifel umfassend untersucht, abgewogen und bewertet wurden (z.B. der gesamte Komplex der ordnungsgemäßen Probenerlangung oder die Frage nach anderen möglichen Ursachen). Ob dabei jeweils zutreffende Entscheidungen getroffen wurden, kann ich so aus der Hüfte natürlich nicht beurteilen, aber zumindest scheint man sich eine gewisse Mühe gegeben zu haben.

    Das gesamte Verfahren rund um als verspätet zurückgewiesenes Vorbringen kann einem sauer aufstoßen. Ich persönlich finde das aber in Ordnung, da Frau Pechstein bzw. ihre Rechtsbeistände die einschlägigen Verfahrensgrundsätze wohl vorher gekannt haben werden. Und irgendwie muss so eine mit Nebenberuflichen besetzte Berufungsinstanz ja schließlich noch arbeitsfähig bleiben.
    Fraglich ist allenfalls, _ob_ diese Kriterien jeweils richtig angewandt wurden. Hierzu ist das Urteil leider etwas dünne. Nach meinen Kenntnissen des Internationalen Privatrechts muss das wirksame Schiedsurteil aber nicht alle Aspekte eines ansonsten ordnungsgemäß abgelaufenen Verfahrens aufführen. Insofern bliebe dazu die Entscheidung des Schweizer BG abzuwarten.

    Ein von vornherein feststehendes Urteil – um einem bestimmten Institutionsinteresse zu folgen – finde ich schon deshalb eher abwegig, weil ja nicht „der Cas“ als dauerhaft besetztes Gericht spricht. Vielmehr wurde das Gericht wie immer von drei nur für dieses Verfahren benannten Juristen gebildet, von denen sich einen auch die Pechstein-/ DESG-Seite aussuchen konnte. Die beiden anderen – der Vorsitzende Massimo Coccia und der „ISU-Mann“ Michele Bernasconi scheinen mir auch besseres vorzuhaben, als Frau Pechstein in die Pfanne zu hauen. Zumidnest letzterer vertritt btw. auch Athleten.

    DESG
    Deren Rolle war mir ja nie so ganz klar. Jetzt wissen wir: Sie muss nach ISU-Regeln einen Teil der Verfahrenskosten tragen, wenn einer ihrer Sportler verurteilt wird, und wird schon dadurch quasi gezwungen, auf deren Seite zu streiten.

    ungewöhnlich lange Verfahrensdauer

    Mit Schreiben vom 7. September 2009 teilte die ISU mit, dass sie bereit sei, an der Verhandlung am 1. Oktober 2009 teilzunehmen. Mit Schreiben vom 8. September 2009 erklärten [Pechstein und DESG], dass sie an einer Verhandlung am 1. Oktober 2009 nicht würden teilnehmen können, da Prof. Jelkmann (einer ihrer sachverständigen Zeugen) am 3. Oktober 2009 einen Vortrag bei einem wissenschaftlichen Symposium in Vancouver halten solle. Der Anwalt der Athletin erklärte ferner, dass er aus privaten Gründen vom 3. bis 20. Oktober 2009 nicht zur Verfügung stünde.

  74. @Robert Klemme: Ich muss mich hier in meinen, nunja, Arbeitspausen auch mal etwas kürzer fassen.
    Die Atrhletin _hat_ teilweise die Geltung und Anwendbarkeit auf sich der Regeln der Sportverbände in Frage gestellt. Das Gericht hat dies immer innerhalb des Regelwerkes abgelehnt, und nie untersucht, ob dieses an sich überhaupt rechtmäßig ist.

  75. ich frage mich, ob denn bei einigen ernsthafte zweifel daran
    bestehen, dass das urteil formaljuristisch sauber zustande
    gekommen ist. es ist doch gerade der punkt, der einigen
    kopfweh bereitet, dass hier, juristisch unangreifbar,
    möglicherweise unrecht gesprochen wurde.

    ich kann aber auch nicht alle kommentare hier durchlesen,
    vielleicht habe ich was verpasst…. ;-)

  76. @Robert Klemme

    Und immerhin müsste sich dann ja jeder Sporter fragen lassen, warum er sich auf die Regelungen eingelassen hat, wenn er sie denn für menschenunwürdig oder sonstwie juristisch zweifelhaft hält.

    .
    Warum unterschreiben Leute irgendwelche Verträge, ohne das kleingedruckte zu lesen? Warum nehmen Leute an „Musikshows“ teil(ich sage nur RTL), und lassen sich zum „Affen“ machen? Wahrscheinlich weil sie die Erfolgsaussichten höher einschätzen, als die Konzequenzen.
    @Sternburg
    Obwohl ich vom CAS nicht überzeugt bin, so halte ich manche Formulierungen zwar für fragwürdig, aber nicht aussschlagend. Man kann sich den Eindruck aber nicht erwehren, einerseits, daß C.P. mit ihrer Argumente überhaupt nicht ernst genommen wurde; anderseits; daß das Urteil schon feststand.

    Fairerweise muß man aber nicht jene kritisieren, die das Urteil gesprochen haben,(ob man alles berücksichtigt hat, weiß ich nicht- entscheidet Schweizer Bundesgericht) sondern die, die Sperre ausgesprochen und die „sogenannten Beweise“ geliefert haben.

  77. @Marco: Warum Leute Verträge unterschreiben, ohne das Kleingedruckte zu lesen oder anders die Folgen zu bedenken, ist mir auch klar. Deshalb muss man sich trotzdem fragen lassen, warum man es getan hat, wenn einem nachher auffällt, dass man den Vertrag aber nicht in Ordnung findet. Mit anderen Worten: sobald ein Vertrag unterschrieben ist, muss jeder davon ausgehen, dass man die Regelungen anerkennt. Alles andere wäre Blödsinn, denn dann kann man das Konzept „Vertrag“ gleich aus dem Fenster werfen. Ausnahmen können eigentlich nur unwirksame Regelungen sein und vielleicht noch solche, die bewusst irreführend formuliert sind. Wenn man einen Vertrag im Nachhinein anfechtet, ist man argumentativ (wenn nicht sogar juristisch) immer in einer schlechten Position.

  78. “ … sobald ein Vertrag unterschrieben ist, muss jeder davon ausgehen, dass man die Regelungen anerkennt.“

    Andrerseits hat ein Berufssportler in der Regel keine oder kaum Wahlmöglichkeit, wenn ihm ein Weltverband eine Regelung zum Unterschreiben vorlegt. Unterschreibt er nicht, muss er damit rechnen, sein Beruf nicht mehr ausüben zu können oder in längerfristige Rechtstreitigkeiten verwickelt zu werden.

    Selbst wenn er das Risiko nimmt und gewinnt – also sein Einverständnis verweigern kann ohne seine Beruf aufgeben zu müssen – , kann er sich nicht sicher sein, ob er später nicht Nachteile erfahren wird. Das Dopingkontrollsystem gibt breiten und unkontrollierbaren Raum, jemandem bevorzugt oder benachteiligt zu behandeln.

  79. PS: Der CAS bringe eine Argumentation bezüglich der Anerkennung des Regelwerkes, die dem ähnelt, was ich schon vermutet habe.

    Abs 98:

    Frau Pechstein nimmt seit mehr als zwei Jahrzehnten an „internationalen Aktivitäten“ teil (siehe Abs. 2 oben). Indem sie sich bereitwillig zu von der ISU sanktionierten internationalen Eisschnelllaufwettkämpfen anmeldete, brachte sie offensichtlich ihre Zustimmung zu allen ISU-Vorschriften, auch zu den ISU-ADR, zum Ausdruck.

    Abs. 100:

    Im Besonderen ist das Schiedsgericht der Meinung, dass die Athletin der Verwendung ihrer Blutproben zu Dopingnachweiszwecken zustimmte. Schließlich lehnte die Athletin das Blutprofilierungsprogramm der ISU nie ab und sie unterschrieb nach jeder Blutentnahme stets entweder auf dem Dopingkontrollformular oder neben dem Barcode, mit dem ihre Blutprobe gekennzeichnet wurde.

    @sterburg: Wenn ich das richtig verstehe, hat CP die Anwendbarkeit der Regeln bezweifelt (z.B. wegen der Terminierung und fehlender Einwilligung, siehe Abs. 47), ist aber nie grundsätzlicher geworden (d.h. hat das Regelwerk abgelehnt, z.B. weil es gegen andere Rechtsgüter verstößt oder in sich widersprüchlich ist). Auf der Ebene der Einwände ist der CAS ja darauf eingegangen; insofern hätte ich auch keine grundsätzlichere Überprüfung der Regeln erwartet. Deshalb meine Frage, ob das ein ordentliches Gericht normalerweise getan hätte. Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen.

  80. @Robert Klemme
    Gibt es überhaupt eine Alternative, wenn man ein „Nobody“ ist und an Nationalen oder Internationalen Wettbewerben teilnehmen möchte? Ist man nicht gezwungen, diese Verträge zu unterschreiben? Oder man wird nicht zugelassen. „Dachs“ hat es schon ausgeführt. Oder gibt es Wahlmöglichkeiten? Ich weiß es nicht, kann’s mir kaum vorstellen. In der Arbeitswelt wird einem auch immer mehr diktiert und vorgeschrieben. Wem’s nicht passt, der kann gehen.

  81. @ dachs u.a.: Wir wollen doch bitte nicht auch noch die Berufsverbotsnummer bringen, oder? Halten wir mal fest: Polizeihauptmeisterin Pechstein ist Angestellte der Bundespolizei und verbeamtet. Ob sie dafür eine Ausbildung absolviert hat und ob sie Dienst an Bürgern verrichtet, die ihr Einkommen finanzieren, weiß ich nicht.

    Ja, sie ist auch Eisschnellläuferin. Und jetzt wird es interessant. Ist sie Profi, wenn sie doch a) im Laufe der Jahre möglicherweise mehrere Hunderttausend Euro durch Werbung verdient hat, b) ihr Einkommen als Beamtin/Bundespolizistin erhält, c) für sportliche Erfolge aus diversen Säckeln prämiert wird (möglicherweise auch aus öffentlichen Mitteln), d) ihr die Sportausübung (nahezu komplett, denke ich) vom Steuerzahler alimentiert wird (keine Ahnung, ob der Verband auch nur einen Cent selbst erwirtschaftet und diesen in ihre Sportausübung investiert)?

    Das war ein ekliger Schachtelsatz, ich weiß. Er ließe sich verlängern, nach Belieben.

    Selbst wenn sie jene Regeln von ISU/DESG/DOSB/NOK/DSB/NADA/IOC, mit denen sie zwei Jahrzehnte gut klarkam und von denen sie profitierte, nicht unterschrieben hätte (reine Theorie) und ihr deshalb irgendwann einmal die Teilnahme an irgendeinem Wettkampf verwehrt worden wäre, hätte sie als Läuferin gewiss noch andere Möglichkeiten gehabt, nun ja: zu Laufen. Irgendwo in Friesland, etwa beim Elfstedentocht, da lässt sich bestimmt auch Geld verdienen. Aber das brauchte sie ja gar nicht als Beamtin.

  82. Wg. „Berufsverbotsnummer“

    Grundsätzlich muss (de facto) hier ein Vertrag mit einem Quasi-Monopolisten eingegangen werden. Ebenso geht es um eine berufliche Tätigkeit (nehmen wir mal einen Radprofi oder einen Fussballspieler, nicht eine de jure Polizistin), die die langjährige Aneignung von äusserst spezifischen Fahigkeiten voraussetzt.

    Dass damit – ganz unabhängig von allen speziellen Gegebenheiten des Falles CP – eine Art Zwangssituation entstehen kann, da bei Nichterfüllung der Forderungen des Monopolisten u.U. gravierende wirtschaftliche Nachteile entstehen können, das ist meiner Meinung nach durchaus ein Problem.

    Vielleicht als milde Analogie: gab es nicht unlängst eine berechtigte Diskussion, als eine Leichathletik-Monopolveranstalter es in zunächst mal einfach der Hand hatte, der Presse Akkreditierungsbestimmungen nach Gutdünken aufzudrücken:

    Das Organisationskomitee hat den taz-Redakteuren daraufhin keine Akkreditierung ausgestellt. Sie können nicht aus dem Olympiastadion von der WM berichten. De facto wurde ihnen ein Beschäftigungsverbot erteilt. Die Rechtsabteilung der taz hat den Fall geprüft. Es gibt offenbar kein juristisches Mittel, dagegen vorzugehen.

  83. Auch GUT, Dachs. Jetzt wäre „nur“ die philosophische Frage zu klären, ob Eisschnellläufer(in) ein Beruf ist. Ein Ausbildungsberuf mal nicht. Da wäre eher Eisschnelllauf-TRAINER einer (oder Sportlehrer). Ach ja: Könnte C. P. als gesperrrte Atletin einer Trainertätigkeit im Eisschnelllauf nachgehen.

    Ansonsten sagt (nicht nur) mein Vater gerne: Hättest du dir einen anderen Beruf ausgesucht … Eine Aussage, die zwar keine Probleme löst, die aber vielleicht auch was für die Väter von Pechstein und Co. wäre.

    Hm, vielleicht ist „Sportler“ in vielen Fällen schon deshalb nicht im gewöhnlichen Sinne ein Beruf, weil es keinen Lohn (pro Zeit) gibt. Es wäre dann eher eine Art von Glücksspiel oder Kunst, wie sie ein Straßenmusikant praktiziert. Will sagen: Ob jmd. für seine sportlichen Leistungen an und für sich Geld bekommt (einen Lohn in der Art eines Arbeitnehmers oder Selbstständigen) hängt nicht nur, davon ab, dass er arbeitet und dass er gut arbeitet, sondern es hängt z. B. von den Gegebenheiten in einzelnen Sportarten ab. Als Fußballer, Handballer … kann ich bei einem Klub angestellt werden … die Klubs vergleichen sich … Beim Eisschnelllauf wäre so etwas auch MÖGLICH … ist aber nicht Praxis … und es stellt sich die Frage, ob es einen Markt für solch ein System gäbe.

  84. @ dachs: Ich weiß nicht, wen oder was Sie da im letzten Absatz zitieren. Bei allem Respekt, aber die Verweigerung der taz bei der Leichtathletik-WM (bei der Fußball-WM drei Jahre zuvor hatten die taz-Redakteure keine Probleme mit den „Sicherheitsüberprüfungen“) hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, die hier aufgeworfen wurde. Ich finde, wir sollten am Fall bleiben – und der hieß CP.

  85. @ Ralf Kohler: Was ich vorhin vergaß, es gibt sogar einen BUNDESPOLIZEITRAINER. Helge Jasch. Hat der eigentlich auch gelogen in der Affäre?

  86. @Jens Weinreich

    Ich finde, wir sollten am Fall bleiben – und der hieß CP.

    D‘ accord. Ich wollte nur hinweisen, dass es beim freien Willen eines Berufssportlers, der mit einer Unterschrift ausdrückt, bestimmte Regelungen anzuerkennen, nicht weit her sein muss, wenn er einem regelgebenden Monopolisten gegenüber abhängig ist.

  87. @sternburg:

    “Anwendungsscenario�
    Das Gericht zieht aus einer Regelung der ISU (Rn. 119 ff.) eine verschuldensunabhängige Haftung des Sportlers, der selber dafür zu sorgen habe, dass keine verbotenen Wirkstoffe in seinen Körper gelangen und keine verbotenen Methoden angewendet werden. Ein Nachweis von Verschulden oder Vorsatz – wie von Pechstein und DESG gefordert – sei daher unnötig.

    Für verbotene Substanzen bzw. verbotene Methoden (auf frischer Tat ertappt oder per konkretem Labornachweis wie Fremdblutdoping) ist das vollkommen klar. Aber hier geht es ja darum, die Anwendung derselben überhaupt erstmal nachzuweisen. Und dazu hätte meiner Meinung nach auch gehört, daß von der ISU dargelegt wird, ob überhaupt und wenn ja wie man die fraglichen Blutwerte mittels Doping erreichen kann. Das ist das Anwendungsszenario. Das muß jetzt nicht bis ins Letzte konkret sein (dann und dann wurde so und so viel von dem genommen), aber zumindest sollte plausibel gemacht werden, wie man auf die beobachtbare Wertekonstellation kommen könnte. Dies ist nicht erfolgt.

    Nicht zugelassene Gutachten
    [..] Jedoch räumte das Gericht später Frau Pechstein “ausnahmsweise die Möglichkeit ein, bis spätestens 8 Tage vor der mündlichen Verhandlung „neue, aus an ihr durchgeführten medizinischen Untersuchungen hergeleitete Beweise mit zugehörigen Kommentaren vorzulegen“ [..] (Rn. 25).
    Sie hat dann (Rn. 28) so einiges eingereicht, von dem das Gericht das allermeiste wieder strich, weil es über diese Kriterien der neuen Untersuchungen hinausging (Rn. 30).

    Und da geht es los mit der Interpretation von „neue, aus an ihr durchgeführten medizinischen Untersuchungen hergeleitete Beweise mit zugehörigen Kommentaren“. Denn erst in der Antwort der ISU waren ja z.B. die Meßprotokolle enthalten, die ja doch einige zusätzliche, medizinisch relevante Daten enthalten. Ausdrücklch auch auf diese neuen Daten bezogen sich zum Beispiel die abgelehnten Gutachten von Damsgaard und Schmidt. Sind die bei den Kontrollen erhobenen Laborwerte (die für die Pechstein-Seite ja durchaus neu waren) auch Untersuchungen im Sinne der vom CAS formulierten Auflage?

  88. @dachs:

    Zur Gutachtermeineung von d’Onofrio:
    [..]
    Wie sternburg schon andeutete: über diese Gutachtermeinung konnte sich das Schiedsgericht doch nicht hinwegsetzen und selber Zweifel jenseits theoretischer Natur äussern. Worauf hätte sich das überhaupt stützen sollen?

    Zum Beispiel hätte das CAS d’Onofrios Meinung nicht zur alleinigen Wahrheit erheben, sondern es stärker und kritischer den durchaus differierenden Meinungen der anderen Gutachter gegenüberstellen können. Deren Darstellung erfolgte im Urteil ja nach eigener Aussage der Gutachter stark verknappt bzw. sogar sinnentstellend.

  89. @sternburg und anschließend zu d’Onofrio:

    Messungenauigkeiten/ “kritische Differenz�
    Dazu hat ja gipsel schon alles gesagt und den entsprechenden Absatz (Rn. 183 und drum herum) auch bereits ordentlich zerpflückt.
    Nur soviel: Einerseits würde ich sagen, dass das Gericht sich auf die zitierten Sachverständigen verlassen durfte und davon ausgehen konnte, dass alle Schwankungen und Ungenauigkeiten in den von diesen angenommenen Werten eingearbeitet sind.
    Zum anderen meine ich, dass die Beschwerdeführerinnen den von Gipsel und Herrn Faber bearbeiteten Punkt so nicht vorgebracht haben.
    Und da sind wir wieder bei dem Punkt, ob man es für sinnvoll erachtet, das so ein Sportgericht sich im Grundsatz nicht selber schlau macht, sondern auf der Grundlage des von den Parteien eingereichtem entscheidet.

    Offensichtlich sind aber dem Gericht nicht die Zusammenhänge zwischen den wohl durchaus vorgetragenen Punkten klar geworden. Ich halte es aber für möglich oder sogar wahrscheinlich, daß den Pechstein-Anwälten das Ganze auch nicht so geläufig ist, wodurch ganz wesentliche Punkte vielleicht nicht stark genug betont wurden.

    Als verhängnisvoll würde ich zum Beispiel ansehen, daß das CAS die hämatologischen Fragen in einer getrennten Sitzung von den meßtechnischen Fragen erötert hat (Punkt 35). So war zwar d’Onofrio dabei, als Kruse über die Meßunsicherheiten berichtet hat, allerdings konnte Kruse wohl nicht intervenieren, als d’Onofrio objektiv Falsches über die kritischen Differenzen ausgebreitet hat. Da dort ja eine Kombination physiologischer (natürliche Schwankungen) und meßtechnischer (Unsicherheit) Parameter stattfindet und die (falschen) Angaben d’Onofrios wesentlich zur Beurteilung der Werte herangezogen wurden, hätte das auch zusammen besprochen werden müssen. Auch im Urteil wird das strikt getrennt, wobei im Meßtechnik-Abschnitt Kruse aus meiner Sicht noch ungerechtfertigt abgebügelt wird, wogegen d’Onofrio mit seinen unangebrachten Werten für die kritischen Differenzen im Abschnitt zur intraindividuellen Einordnung der schwankenden Werte unwidersprochen bleibt.

    Sehr unbefriedigend.

  90. Aber zum Abschluß noch was zu Werner Franke. Der bereits vor ein paar Tagen verlinkte Artikel im Handelsblatt mit seiner Antwort auf Pechsteins Aufforderung, sich doch mal alle Werte anzusehen, läßt mich ziemlich schmunzeln.
    Franke:

    „Auch mir liegen die detaillierten Werte von Frau Pechstein vor. [..] Es wird nicht zweifelsfrei bewiesen, dass nicht gedopt worden ist.“

    Okay.
    Ich denke mit irgendeiner Art von solchem (Rest-)Zweifel darf man so ziemlich jeden Athleten belegen. Für mich klingt das fast schon nach einem Eingeständnis ;)

  91. @Jens Weinreich
    Bitte entschuldigen Sie, daß ich jetzt mal aushole. „Berufsverbot“ ist ein nicht unerheblicher Aspekt in einer Zeit, in welcher ein Monopolist versucht überall präsent zu sein. Und von Freiwilligkeit kann nun keine Rede sein. Der Sportler oder Verband( z.b hier in Deutschland) muß mit Kürzungen oder gar Sperre der Sporthilfe rechnen oder mit nicht zulassen der Teilnahme an Nationalen oder Internationalen Wettbewerben rechnen. Geht es um „Gleichheit“
    oder um Einflußnahme bis in den „hintersten Winkel“. Ich behaupte letzteres(siehe Fall Busch). „Doping“ verkommt immer mehr zu einem Schlagwort(es ist alles und wieder nichts).Ich verweise auf einen Artikel, der nichts mit C.P zu tun hat, die Willkür und die Lächerlichkeit des „Dopings“ aber stellenweise offenbart.http://www.sueddeutsche.de/sport/270/456933/text/

    Ich finde, wir sollten am Fall bleiben – und der hieß CP.

    In Ordnung. Sie ist Beamtin. Nach was für Kriterien könnte man sie, seitens Innenministerium den anklagen(falls der Schuldspruch bestätigt wird)? Wirtsschaftskriminalität oder Verstoß gegen das Betäubungsmittel Gesetz? Was wäre z.b bei einer einjährigen Strafe auf Bewährung? Würde ihr nicht das Beamtentum aberkannt werden?Ihre staatliche Rente auf ein Minimum reduziert? Regressforderungen aus der Zeitspanne(des Vorfalls)
    geltend gemacht werden?

  92. marco,
    diese Frage werden wir wohl so bald nicht beanrwortet bekommen.Prof.Jelkmann wüßte dies auch gerne.
    Ihre Retikulozythen scheinen aber schon immer um den Mittelwert 2,0-2,1 zu schwanken.

    Sottas, der Mitarbeiter des Anti-Doping- Labors Lausanne, der maßgeblich die seit 1. Dezember 2009 geltenden WADA-Kriterien für den indirekten Doping-Beweis erarbeitete, hatte mit seinem Gutachten zuvor maßgeblich dazu beigetragen, dass Pechstein am 3. Juli von der ISU gesperrt worden war.

    Frage:

    http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/915483

    Kann dies jemand belegen? Mir ist nicht bekannt,dass Sottas an den neuen Kriterien für den indirekten Dopingbeweis mitarbeitete. Da würde er sich ja selbst widersprechen und allen seinen Kollegen,wie Damsgaard, Schmidt, Pöttgen, Ashenden….

  93. Jens Weinreich: Rhetorische Frage?!?

    Ich wüßte nicht, DASS er gelogen hat. Ist aber zu befürchten.

    Ich würde es so formulieren: Er hat offenbar die Grundlagen für die Lügerei ausgehandelt (geschaffen).

    War er nicht der Erste, der über die auffälligen Werte informiert wurde?

  94. Akzeptanz der ISU-Satzung

    Die Diskussion, ob für C.P. die Satzungen der ISU gelten oder nicht, d.h. ob sie diese Wirksam akzeptiert hat oder nicht, geht für mich am Kern der Sache vorbei.

    M.E. hat sie diese genauso akzeptiert (wenn auch nicht per Unterschrift, so durch konkludentes Handeln), so wie jeder von uns automatisch die AGBs der Händlers akzeptiert, wenn er z. B. beim Elektonikfachmarkt einen DVD-Player kauft oder genauso wie jeder die AGBs / Vertragsbedingungen der Banken akzeptiert, wenn er ein Konto eröffnet oder einen Kredit aufnimmt.

    Problematisch ist deshalb nicht die zwangsweise Akzeptanz des Sportlers der jeweiligen Satzungen, sondern, daß das CAS diese jeweiligen Regelungen als Richtlinie /Maßstab / Vorgabe (man könnte auch sagen Gesetz) nimmt anhand dessen ein Urteil zu fällen ist.

    Zivilgerichte halten sich eben nicht sklavisch an die vom Kunden zwangsweise akzeptierten Regelungen der jeweiligen AGBs / Vertrags, sondern prüfen, ob der Konsument durch die jeweiligen Regelungen entsprechend allgemeiner rechtlicher Normen unangemessen benachteiligt wird. Ggf. sind die entsprechenden Regelungen dann unwirksam.

    Dies passiert, wie jeder weiß, so oft, daß in praktisch allen AGBs / Verträgen eine salvatorische Klausel enthalten ist, um bei Unwirksamkeit einer einzelnen Vertragsklausel, die restlichen Vertragsbestandteile weiter gelten zu lassen.

    Beweismaß

    Es sollte (kann) deshalb, analog einem Zivilgerichtsverfahren, m.E. nicht sein, daß ein Verband für sich und damit zwangsweise auch für seine Athleten regelt, daß ein einzelner außergewöhnlicher Blut-Parameter ausreicht um einen Sportler wegen (vermeintlichem) Dopingmißbrauchs zu sperren und dann ein (unabhängiges?) Schiedsgericht dies dann einfach übernimmt bzw. sogar als Begründung verwendet.

    Vielmehr müßte von einem unabhängigen Gericht zunächst einmal festgestellt werden, analog einer zivilrechtlichen Prüfung einer AGB, ob diese Festlegung als Beweismaß für eine Sperre überhaupt ausreichend ist.

    Eine Orientierung gäbe z. B. die von der WADA vorgegebene Norm (WADA-Code) mit mehreren Blutparametern und eine Einschätzung von drei verbandsunab-hängigen Dopingexperten. Die Meinung vieler Dopingexperten hierzu ist mittlerweile eindeutig (wenn man die Herren Sörgel und Franke mal außen vor läßt) wurde aber vom Gericht entweder schlicht nicht zugelassen oder aber ignoriert (weil ja der Verbandsregelung zu folgen ist!)

    Meßtoleranzen

    Gleiches gilt für die verbandinterne Festlegung eines willkürlichen Grenzwertes auf z. B. einer Advia-Maschine. Auch diese Festlegung würde als AGB in einer Zivilprozeß auf ihre Rechtmäßigkeit / Anwendbarkeit geprüft, insbesondere da die Meßgeräte verschiedener Hersteller bei Frau Pechstein sehr große Abweichungen gemessen haben.

    Welcher Messwert ist denn nun nach allgemeiner Fachliteratur der richtige ? Warum kommt es zu gravierend unterschiedlichen Ergebnissen zwischen Advia und Sysmex? Ist die Abweichung bei allen Sportlern / Menschen gleich, oder differiert der Messwert nur bei C.P so außerordentlich ? Wenn ja, warum ?

    All diese Fragen müßten vor einer Akzeptanz eines von einem Verband beliebig festgelegten Grenzwertes betrachtet und schlüssig beantwortet werden.

    Wie bereits erwähnt, wäre C.P. als Profi-Radfahrerin (die UCI mißt mit Sysmex!) immer unter den ominösen Grenzwerten geblieben.

    Glaubwürdigkeit der Experten

    Interessant ist auch das gerichtliche Lob an Herrn d’Onofrio bzw. die Begründung, warum er so besonders glaubwürdig ist, wenn man gleichzeitig betrachtet, daß Herr d’Onofrio folgendes dem Gericht mitgeteilt hat:

    Auf eine entsprechende Frage des Schiedsgerichts erklärte Prof. d’Onofrio, dass es an dieser Stelle keine weiteren Tests und Untersuchungen mehr gibt, denen die Athletin unterzogen werden könne,…

    UNd dies, obwohl dem Gericht (und ich nehme an auch Herrn d’Onofrio) gleichzeitig ein „vorläufiges Gutachten“ vorliegt (auf welches im Ãœbrigen zur Begründung des Urteils massiv Bezug genommen wird), mit dem schriftlichen Hinweis des Sachverständigen Prof. Schrezenmeier, man müsse erst noch weitere Untersuchungen durchführen bzw. abwarten, bevor eine abschließende Aussage getroffen werden könne.

    Diesen Widerspruch hätte das Gericht m.E. klären müssen und nicht nur einseitig der Aussage von Herrn d’Onofrio folgen dürfen, auch wenn er noch so honorig ist. Schließlich hat man die „vorläufigen Feststellungen“ von Herrn Schrezenmeier ja auch als sehr glaubhaft angenommen. Warum dann nicht seinen Hinweis, daß noch weitere Untersuchungen für eine abschließende Bewertung fehlen ?

    Mein persönliches Fazit

    Sorry, aber für mich liest sich das Urteil, als ob man zur Urteilsfindung nur diejenigen Bestandteile der Expertisen verwendet, die zur (vorgefassten?) Meinung passen und alle widersprüchlichen Aussagen schlichtweg ignoriert…

    Bin gespannt, was das Schweizer Bundesgericht dazu sagt!

  95. @Oliver:

    ich frage mich, ob denn bei einigen ernsthafte zweifel daran bestehen, dass das urteil formaljuristisch sauber zustande gekommen ist. es ist doch gerade der punkt, der einigen kopfweh bereitet, dass hier, juristisch unangreifbar, möglicherweise unrecht gesprochen wurde.

    Nein. Denn was in den meisten Kritiken, auch Deiner, mitschwingt, ist der Vorwurf, „der“ Cas hätte hier als williger Erfüllungsgehilfe der Sportverbände ein von vornherein feststehendes Urteil fomuliert.
    „Ein von vornherein feststehendes Urteil“ ist aber ein juristisch fehlerhaftes Urteil.

    Im Ãœbrigen möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass grundsätzlich jedes Gericht und Schiedsgericht und sowieso jeder, der eine Entscheidung trifft, eine Abwägung zwischen absoluter Gerechtigkeit und Verfahrenssicherheit („Rechtsicherheit„) treffen muss.

    [Mist, auch diese Pause schon wieder vorbei]

  96. All diese Fragen müßten vor einer Akzeptanz eines von einem Verband beliebig festgelegten Grenzwertes betrachtet und schlüssig beantwortet werden.

    Wie bereits erwähnt, wäre C.P. als Profi-Radfahrerin (die UCI mißt mit Sysmex!) immer unter den ominösen Grenzwerten geblieben.

    JoJo,
    Anne Gripper hat dies noch drastischer ausgedrückt,bei der UCI wäre mit diesen Werten kein Verfahren eröffnet worden.

    Die UCI scheint von den Grenzwerten abzukommen?

    D’Onofrio wird ja im Urteil gehuldigt, dass sich die Balken biegen.

  97. @sternburg

    das mit dem erfüllungsgehilfen will ich mal gar
    nicht so sehen.

    das problem ist für mich, dass in diesem ersten fall
    in sachen indirekter beweis zuviel auf dem spiel steht,
    was den dopingkampf betrifft.

    mir persönlich wäre es lieber, dieses urteil würde
    ausserhalb der sportgerichtsbarkeit gefällt, es hat
    ja eventuell auch folgen ausserhalb des sportlichen bereichs
    (beamtenstatus…).

  98. Besonders gut gefällt mir folgender Passus (man beachte die Hervorhebung) unter Punkt 147:

    Es ist zu beachten, dass weder Frau Pechstein noch irgendeiner der Sachverständigen oder Zeugen, die vor diesem Schiedsgericht aussagten, irgendeinen Anhaltspunkt dafür lieferten, wie und warum jemand die anonymen Proben der Athletin manipuliert und die mit den Advia-Geräten der diversen Labors ermittelten Blutparameter- werte geändert haben könnte.

    Dem kann ich nur voll zustimmen! Absolut richtig festgestellt und bewertet, Bravo!

    Nun frage ich mich aber, warum dieselbe Feststellung nicht in Bezug auf die von der ISU vermutete Manipulation des Blutes durch C.P. getroffen wurde. Ich kann im Urteil nicht erkennen, dass

    irgendeiner der Sachverständigen oder Zeugen, die vor diesem Schiedsgericht aussagten, irgendeinen Anhaltspunkt dafür lieferten, wie und warum Frau Pechstein Ihr Blut manipuliert haben könnte.

    O.K., das Warum ist leicht erklärbar, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, der allerdings, wenn man die Ergebnisse zu den hohen Reti-Werten ansieht, wohl eher daneben gegangen ist. Ihre großen Erfolge hatte sie immer mit regulären Reti-Werten.

    Die wesentliche Frage, das „Wie“, also das vermeintliche Dopingschema, hat das Gericht bzw. die ISU und ihre Gutachter eben nicht beantwortet. (Zugegeben, nix Neues, hatte Gipsel bereits angemerkt).

    Vielmehr mußte beim Wie die unbelegte Unterstellung herhalten, die Hämöglobin- und Hämatokritwerte seien ebenfalls (diesmal in den Normbereich) manipuliert worden, um dadurch die beiden gegen Blutdoping sprechenden Blutwerte für die Urteilsbewertung ignorieren zu können.

    Aber auch zu der vermeintlichen Verschleierung der leicht manipulierbaren Blutwerte (Hämoglobin und Hämatokrit) muß ich, selbst nach mehrfachem Durchlesen des Urteils, anmerken, dass ich eben nicht festellen kann, dass

    irgendeiner der Sachverständigen oder Zeugen, die vor diesem Schiedsgericht aussagten, irgendeinen Anhaltspunkt dafür lieferten, ob und wie Frau Pechstein Ihre Blutparameter Hämoglobin und Hämatokrit manipuliert haben könnte.

    Exzessives Trinken wird immer wieder gerne als leicht anwendbares Mittel genannt. Entsprechende Beobachtungen hat aber bislang niemand berichtet. Nicht mal Ihr ehemaliger norwegischer Traingskamerad, der sich ja sonst gerne zu seinen Verwunderungen geäußert hatte.

    Außerdem wird bei der Urinprobe die Dichte des Urins gemessen. Sollte diese zu niedrig sein, darf der Athlet so lange nichts trinken, bis eine vorgeschriebene Dichte erreicht ist. Auch hier wurde bislang nicht berichtet, daß die Urindichte bei Frau Pechstein (einmal, mehrmals, regelmäßig?) zu dünn und deshalb ein Indiz für exzessives Trinken gewesen sein könnte.

    Plasmaexpander und andere Substanzen sind selbstverständlich auch verboten und lassen sich im Blut nachweisen. Für die Infusion / Manipulation werden außerdem die dopingtypischen Mittelchen, wie Nadeln, Blutbeutel und Infusionlösungen etc. benötigt, wie sie z. B. bei der Tour de France auch regelmäßig in den Abfallbehältern entdeckt werden. Bei C.P ist von einem entsprechenden Fund oder zumindest einer Zeugenaussage, daß C.P mit diesen Utensilien gesichtet wurde, ebenfalls nichts bekannt.

    Zumindest steht darüber nichts im Urteil. Warum also kann das CAS einfach mal so zum Nachteil der Beklagten annehmen, die, im Normalbereich liegenden, Hämoglobin- und Hämatokritwerte seien manipuliert worden und deshalb als Gegenbeweis nicht relevant?

    Ich würde mir für die Behauptungen der ISU das gleiche Prüf- und Beweismaß wie bei den Behauptungen von C.P. wünschen. Und natürlich analoge Schlußfolgerungen, nicht mal so, mal so, je nach Gusto. Wenn jemand eine Behauptung nicht belegen kann, ist sie halt nicht wahr.

  99. @jojo
    naja… bei aller liebe. es ist halt schon ein objektiver unterschied, ob es sich um eine unterstellte manipulation durch einen sportler (zu seinem eigenen vorteil gegenüber der konkurrenz) oder um eine manipulation durch eine prinzipiell neutrale (sprich: bis zum aktiven beweis des gegenteils — sonst leider nur: verschwörungstheorie) organisation dreht.

    entgegen der scheinbar weit verbreiteten annahme gibt es keinen sonderpreis für den hinkendsten vergleich des tages. und so manche argumentation könnte ihren wert spielend verdoppeln, wenn sie auf einen solchen verzichten täte.

    man kann sicher über einige punkte im urteil kritisch diskutieren (was, gerade auch zu dieser passage hier ja auch schon hinreichend ausführlich getan wurde), aber man tut sich schlicht keinen gefallen, wenn man dabei allzu tief in die analogie-wunderkiste greift.

  100. @Oliver: Verstehe ich nicht:

    das problem ist für mich, dass in diesem ersten fall in sachen indirekter beweis zuviel auf dem spiel steht, was den dopingkampf betrifft.

    Das kann ja nur ein „Problem“ sein, wenn sich das Schiedsgericht von diesen Ãœberlegungen bei seiner Urteilsfindung hat leiten lassen, also bereits eine ganz bewusste Vortendenz besaß.
    Womit es kein Schiedsgericht war.

    Oder meinethalben die Sachverständigen entsprechend tendenziöse Gutachten und sachverständige Einlassungen abgeliefert hätten. Auch dies wäre ein juristischer, von mir aus „formaljuristischer“ Fehler.

    Mit etwas Glück kann ich jetzt auch mal einen Gedanken zu Ende formulieren (Kinder kriegen, an sich gar keine so wahnsinnig gute Idee):

    sternburg:

    Im Übrigen möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass grundsätzlich jedes Gericht und Schiedsgericht und sowieso jeder, der eine Entscheidung trifft, eine Abwägung zwischen absoluter Gerechtigkeit und Verfahrenssicherheit (�Rechtsicherheit“) treffen muss.

    Darüber, wo genau diese Grenze gezogen wird, ob diese den zu Grunde liegenden Rechts- und Verfahrensnormen und den Besonderheiten des Falles gerecht wird, darüber lässt sich streiten. Und dies muss auch jede gerichtliche (und sonstige) Entscheidung verkraften.
    Worüber man _nicht_ streiten kann, ist das ob dieser Grenzziehung. Wer ausschließlich absolute (materielle) Gerechtigkeit anstrebt, der wird gar keine Gerechtigkeit erreichen. Leider.

    D.h., die reine Feststellung, das Verfahren genüge einem Maßstab absoluter Gerechtigkeit nicht zweifelsfrei ist so gerade keine Kritik am Verfahren. Da muss schon mehr hinzukommen.

  101. Unter Punkt 175 berichtet Prof. d’Onofrio zum Maximalwert im Gutachten von von Prof. Jelkmann:

    «Der an einer Stelle gefundene, oberer Referenzwert von 4,1% für die relative Retikulozytenzahl bei Frauen, der im Sachverständigengutachten von Dr. Jelkmann genannt wird, steht im offenen Widerspruch zu den hunderten Fundstellen in der medizinischen Literatur und dem klinischen Alltag. Würde ein Arzt einen derartigen Wert bei einem Patienten für normal erachten, würde er die Diagnose schwerer und sogar tödlicher Blutkrankheiten verfehlen.

    Hierzu habe ich zwei Fragen, die das Urteil leider ebenfalls nicht beantwortet, m.E. für eine Bewertung der Expertenaussagen jedoch erforderlich wären:

    1. Warum wurde C.P. von der ISU nicht über Ihren vermeintlich dramatisch hohen und gefährlichen Reti-Wert von 3,8 bei der Messung in Calgary informiert und bereits 2007 entsprechende Untersuchungen veranlasst ?

    2. Wie müßte man unter diesem Aspekt die zumindest bei C.P. deutlich niedrigeren und damit unauffälligen Reti-Werte bei einer Messung mit Sysmex-Geräten werten?

    (Hierzu würde mich auch die Meinung eines Sysmex-Vertreters interessieren. Schließlich ist Sysmex (Welt-)Marktführer im Bereich Labordiagnostikgeräte.)

    Eine plausible Erklärung für die Frage zwei könnte die (zu überprüfende) These von Gipsel sein: Da die Sysmex erheblich weiter verbreitet ist, könnte sich der von Herrn d’Onofrio in verschiedenster Fachliteratur gefundene maximale Reti-Grenzwert von 2,6 auf die typischen Messergebnisse einer Sysmex-Maschine beziehen.

    Interessanterweise lagen alle bei C.P. mit Sysmex gemessenen Werte unterhalb von 2,6. Das Gericht hat jedoch alle Messergebnisse mit Sysmex-Geräten für nicht relevant erklärt. Für die Feststellung der Abnormalität Ihrer Reti-Werte hätten diese Aspekte deshalb mitbetrachtet werden müssen.

    Die Antwort auf Frage 1. könnte nur Herr Kuipers geben. Denn nur der ISU war dieser Wert damals bekannt.

    Ich vermute mal, er ging von einem Messfehler /-schwankung der Advia 120 aus. Dass er evtl. einen Dopingverdacht hatte und die Nichtinformation eines Sportlers darüber für wichtiger nehmen könnte, als die Gesundheit der Sportlerin, kann und will ich mir schlichtweg nicht vorstellen!

    Wenn jedoch sogar die ISU von Messfehlern / -schwankungen beim eingesetzten Laborgerät ausgeht, sollte dies ebenfalls eine wichtige Bedeutung in der Bewertung der dokumentierten Meßergebnisse der Advia 120 haben.

  102. @Robert Klemme, dachs, jw etc; re: ISU-Regeln geprüft.

    Robert, dazu ist im Grunde alles gesagt, v.a. von jojo (auch wenn da einiges durcheinander geht).

    Ob Gesetze von gerichten ohne Anlass geprüft werden, da reicht Dir hier hoffentliches dieses blöde „kommt darauf an“.

    Die ISU-Regeln sind keine Gesetze. Genau prüfen kann ich das jetzt auch nicht (schon, weil ich sie nicht kenne), aber es liegt nahe, dass dort ein Vertrag zwischen dem Verband und dem Sportler abgeschlossen wird.
    Und ob ein bestimmter Vertrag in welcher Form geschlossen wurde, und ob diese Regelung wirksam sein kann, dass prüfen zumindest deutsche Zivilgerichte (ich denke nicht, dass dies in der Schweiz wesentlich anders ist) in der Theorie von sich aus, soweit es erheblich ist. Verkürzt gesagt: Nur die Tatsachen bestimmen die Parteien, die Bewertung obliegt dem Gericht.

    Hier kommt – wie jojo schon sagte – hinzu, dass es sich um vom Verband gestellte AGB handeln dürfte. Die in Deutschland geltenden Einschränkungen kann man hier nachlesen. Kleiner Tipp: Beachte mal § 309 Nr. 11. Weiter Tipp: Profisportler dürften gegenüber ihren Verbänden „Unternehmer“ sein.

    Andererseits finde ich es sehr naheliegend, dass der Sportler eine Garantie dafür abgibt, dass während der Laufzeit des Vertrages keine verbotenen Mittel oder Methoden seinen Körper berühren.

    Worauf ich eigentlich hinaus will:
    Das Gericht gibt sich bei der Prüfung mit dem erstbesten Anhaltspunkt zufrieden, dass Frau Pechstein mit der Anwendung der ISU-Regeln einverstanden war. Soweit ich das beim oberflächlichen Lesen gesehen habe, gibt es keine Ausführungen dazu, mit was genau und warum – rechtlich gesehen – sie einverstanden war.
    Zur Wirksamkeit gibt es gar keine Ausführungen. Dazu habe ich schon (andere auch, meine ich) angedeutet, dass der Cas die Wirksamkeit der Regularien evtl. gar nicht anzweifeln kann, weil ihm hierzu nach seinen Statuten vielleicht die Kompetenz fehlt.
    Das er es jedenfalls nur kann, wenn eine Partei dazu vorträgt, ist ebenfalls denkbar.
    Auch erscheint es gut möglich, dass in früheren Cas-Verfahren – und auch vom Schweizer BG – dazu schon alles gesagt wurde.
    Für mich ist das halt schade, weil ich so ein Urteil ja nicht wegen Frau Pechstein lese.

  103. @Gipsel:

    re: Anwendungsszenario

    Und dazu hätte meiner Meinung nach auch gehört, daß von der ISU dargelegt wird, ob überhaupt und wenn ja wie man die fraglichen Blutwerte mittels Doping erreichen kann. Das ist das Anwendungsszenario. Das muß jetzt nicht bis ins Letzte konkret sein (dann und dann wurde so und so viel von dem genommen), aber zumindest sollte plausibel gemacht werden, wie man auf die beobachtbare Wertekonstellation kommen könnte. Dies ist nicht erfolgt.

    Ich muss zugeben, dass ich das anders verstanden habe (die Schreibweise meiner Überschrift deutet es an): als Kritik daran, dass man erst mal beweisen müsse, dass Frau Pechstein der Kram überhaupt irgendetwas gebracht hätte (evtl. verwischen da auch manche Diskussionen in meiner Erinnerung).
    Deinen Gedanken finde ich auf den ersten Blick zutreffend.

    Ich stelle erst mal fest, dass das Gericht genau diesen Nachweis von der ISU verlangt (Rn. 113):

    Daher muss die ISU beweisen, (…) (v) dass die Blutwerte von Frau Pechstein ein zuverlässiger Nachweis dafür sind, dass sie eine verbotene Methode im Sinne des Artikels 2.2 der ISU-ADR angewendet hat.

    Tatsächlich wird dieser Nachweis, wenn ich das Urteil richtig lese (v. a. Rn. 170, 189 – 191), weiter hinten dann als erbracht angesheen, wenn nachgewiesen ist, dass Frau Pechsteins Blutwerte abnormal sind und es keine andere plausible Ursache hierfür als eine Manipulation gibt.

    Vielelicht findest Du etwas, aber m.E. gibt es keine Ausführung dazu, ob denn eine Manipulation überhaupt erstmal eine plausible Ursache darstellt. Würde mir jetzt auch nicht reichen.

    Aber: die Formulierung in Rn. 191, 192 „Kurz: Blutdoping. Laut ISU sind alle anderen Erklärungen nicht plausibel. Dem gegenüber bringt die Beschwerdeführerin eine Vielfalt an Erklärungen, (…)“ klingt für mich so, als wäre die Tatsache, dass Blutdoping eine plausible Erklärung darstellt, zwischen den Parteien unstreitig gewesen.
    Denn anscheinend haben Pechstein/ DESG nur sinngemäß argumentiert, dass es zwar stimme, dass Blutdoping eine plausible Erklärung wäre (bzw. dies nicht (wirksam) bestritten), es aber auch noch andere plausible Ursachen gäbe.

    Dann wäre aber dass Gericht an diese unstreitige Tatsache auch gebunden (ein klarstellender Satz wäre, finde ich, trotzdem nicht zu viel verlangt gewesen).

    re: Nicht zugelassene Gutachten

    Ganz ehrlich – ich finde diese Verfahrensweise grundsätzlich auch etwas seltsam.
    Interpretation: Da sie „ausnahmsweise“ neues vorlegen durfte, und die Möglichkeit, dass der Beklagte bei dieser Konstellation bisher Unbekanntes auf den Tisch legt, eher nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein dürfte, würde ich so aus der Hüfte sagen: Nein, die in der Antwort der ISU enthaltenen Daten waren nicht „neu“ im Sinne der Auflage.
    Auch hier wieder schade, dass im Urteil dazu so wenig steht.

    Einen Sinn sehe in dem Ganzen nicht. Evtl. ist das in der Schweiz so üblich, und vielleicht schaut hier ja noch ein schweizer Rechtskundiger vorbei und klärt uns auf.

    Nicht vergessen sollte man aber, dass dieses Schiedsgericht, weil mit Nebenberuflern besetzt, unter erhöhtem Druck steht, möglichst alles in einem Abwasch zu erledigen.
    Und wir wissen nicht, inwiefern die Daten in der Antwort tatsächlich neu waren (und wie relevant das neue war).

    re: Messungenauigkeit

    Da schmiere ich als nocheinnichtnaturwissenschaftler wieder aus der Kurve.
    Aber könntest Du mir sagen, wo diese Punkte „wohl durchaus vorgetragenen“ wurden? Habe ich das überlesen (nicht, das dies unwahrscheinlich wäre…)?

    Wenn ich dich richtig verstehe, dann musste das Gericht quasi dem Gutachter folgen, dem es gefolgt ist, hätte dies aber wohl nicht gemacht, wenn noch ein bestimmter anderer (auch) hierzu gehört worden wäre.
    Ich verstehe Rn. 34, 35 so, dass die Parteien wegen der Aufteilung der zeugen zu Themenkomplexen durchaus hätten intervenieren können (auch wenn dies da nicht steht).

    Warum Kruse den punkt nicht beim Themenkomplex „und andere messtechnische Fragen“ ansprechen konnte, ist mir übrigens nicht ganz klar. Er wusste doch, zu welchem konkreten Messergebnis er sich über Messungenauigkeiten äußern sollte.
    Aber vielleicht habe ich nur den Punkt von euch immer noch nicht verstanden (nein – ganz sicher nicht).

  104. @marco: die berufsrechtlichen Konsequenzen wurden hier schon erörtert (eventuell hilft google).

    Wo wir schon dabei sind: Wenn ich mich richtig erinnere, dann war unser Fazit, dass wohl mal einer von uns im BMI wegen deren Einschätzung und weiteren Vorgehensweise nachfragen müsste (idealerweise jemand, der einen Interviewtermin bekommt…).

  105. @JoJo: Hast Du das Urteil eigentlich gelesen?

    Ich sehe dort nirgendwo, dass das Gericht die Voraussetzung, dass ein „einzelner außergewöhnlicher Blut-Parameter ausreicht“ um den Nachweis der Manipulation zu führen, einer ISU-Regelung entnimmt.

    „Gleiches gilt für die verbandinterne Festlegung eines willkürlichen Grenzwertes auf z. B. einer Advia-Maschine.“ Ich sehe nirgendwo, dass überhaupt ein abstrakter Grenzwert angewendet wird, schon gar nicht ein von der ISU vorgegebener.

    Könntest Du deine Ausführungen vielleicht mit Zitaten oder Randnummern untermauern?

    Und was das „vorläufige Gutachten“ angeht: die Rn. 198 – 206 lesen sich da irgendwie anders. Könntest Du diesen Widerspruch ausräumen oder uns aufklären, woher Du einen Wissen über einen anderen Ablauf nimmst? Das wäre nett.

    @gipsel nochmal:

    Apropos „Rn. 106“.

    Prof. Gassmann erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass er, angesichts der neuen Fakten aus Prof. Schrezenmeiers Tests und medizinischer Untersuchung, nun davon überzeugt ist, dass die hohen Retikulozyten-Werte der Athletin einzig durch eine Manipulation des Blutes plausibel erklärt werden.

    Würde mir zur Plausibilität reichen.

  106. Mal ein anderes Fazit

    Wenn dem Gericht es nicht schnurz ist, in welchem Tonfall in deutschland über es diskutiert wird, dann erscheint es doch ziemlich ungeschickt, so ein Urteil nicht auch auf deutsch zu veröffentlichen.

    Bei allem Respekt vor den richtigen Wissenschaftlern (auch wenn das die „Rechtswissenschaft“ nicht gerne hört – sie ist keine), aber die hier übrig bleibenden Fragenstellungen sind doch größtenteils sehr spezieller Natur und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich „die Menschen“ da draußen sonderlich für sie interessieren.

    Ein lesbar veröffentlichtes Urteil hätte an berechtigte Ängste appelierende Behauptungen wie „Es kann doch nicht angehen, dass man als Sportlerin beweisen muss, nicht gedopt zu haben“ zumindest schwerer gemacht.
    Und diese – juristischen – Fragen sind ja so die Dinge, die einen auch selber betreffen können, bei denen also das Empörungspotential groß ist.

    Ich wage die Behauptung, wäre dieses Urteil zeitnah auch auf deutsch erschienen (und evtl. ein klitzekleines bisschen besser formuliert), hätte außer ein paar faktengeilen Nerds und den schon immer belochenen und betrochenen Pechi-Fans, denen Fakten sowieso völlig wurscht sind, keine Sau an dem Urteil gezweifelt.

  107. @ sternburg

    Für Sie als Jurist (?) sollte das Pechstein Urteil doch schon allein aufgrund der offensichtlichen „Fallacy of the transposed conditional“ fragwürdig sein? (Abgesehen von sämtlichen, hier bereits diskutierten naturwissenscahftlichen Fragen).

    Will heissen: Die Tatsache, dass Reticulozytenwerte nicht durch Krankheit erklärt werden können sagt nichts über Wahrscheinlichkeit aus, dass sie durch Doping bedingt sind. Leider steht es aber genauso im Urteil… (Ziffer 210).

  108. sternburg,
    du meinst also, dass es darum geht, dass keine Sau am Urteil zweifelt?

    Frau Pechstein stört?
    Michael Antwerpes stört sie auch, er sagte , sie soll abtreten und das mit Stil.

    Jede andere Sportlerin wäre auch schon finanziell verschwunden. Nur Frau Pechstein sagt, ich habe nicht gedopt ,aber die ISU sieht das anders;-)

    Ich hoffe mal, dass sich bald ein Journalist aufrafft und den Sottas interviewt, wäre bestimmt sehr interessant.

  109. CAS Urteil Pkt 44:

    …dass Prof. Sottas seine frühere Meinung auf der Grundlage der von den Beschwerdeführerinnen am 14. Oktober 2009 vorgelegten Beweismittel revidiert hatte und aus diesem Grund von der Beschwerdegegnerin nicht zur Verhandlung geladen worden war. Das Schiedsgericht zog den Antrag der Athletin in Betracht und entschied, ihn abzulehnen, da sich das Schiedsgericht für seine Entscheidung nicht auf das schriftliche Sachverständigengutachten von Prof. Sottas stützte.

    Prof. Sottas begründete noch die ISU Sperre, revidierte aber dann seine Meinung? Das Gericht ist der Meinung ,dass dies für CP ohne Belang ist.
    Ich hatte bisher meine Zweifel,warum führende Experten das Urteil anzweifelten und Sottas,den ich auf demselben Level sehe, nicht.

    Mein Lieblingspunkt ist aber dieser:

    CAS Urteil Pkt. 185

    Nachdem ein weltweit anerkannter Blutexperte von dem überzeugenden d’Onofrio abgewatscht wurde ,wegen eines 10 Jahre alten Medizinbuches, wird mit einer 10 Jahre alten Studie( Nach Absetzung von rEPO sinkt der Retiwert nach 25 Tagen auf den niedrigsten Wert)der „Beweis“ erbracht,dass CP gedopt hat.Nach schon 11 Tagen hatte sie nur noch 1,37!

    Warum läßt das Gericht den Wert nach 18 Tagen weg ,mit 2,2 wieder angestiegen? Passt nicht ins Konzept oder zur 10 Jahre alten Studie ?

    Hat Gipsel alles schon dargelegt.

  110. Ich finde es ja durchaus interessant und wichtig, mit welchen rechtlichen Konsequenzen und Vorraussetzungen sich man beschäftigen muss, um das Urteil richtig deuten zu können, jedoch muss ich eine Sache doch deutlich in Frage stellen.

    Warum wird in der Gerichtsbarkeit des CAS durchgeboxt, wenn es wahrscheinlich ist, das in kürzester Zeit nach dem Urteil neue Richtlinien für den indirekten Beweis zum tragen kommen, welche einen einzelnen Wert nur als verdächtig gelten lassen, wenn dieser in direktem Zusammenhang mit den Veränderungen von 8 weiteren Blutwerten in Verbindung gebracht wird. Diese neuen Richtlinien lagen dem CAS mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor, und auch wenn die Vergleiche wieder angegriffen werden, überlege ich mir in einer solchen Situation: Würde man einen Mörder zum Tode verurteilen, im Wissen des Gerichtes, dass es ab der nächsten Woche nur noch lebensänglig dafür gäbe, vor allem bei ähnlicher Beweislage???

    Ich habe mir die 28 Seiten von Herrn Gassmann (II) ebenfalls angetan, und ich finde nicht, dass er naiv mit den Manipulationsmöglichkeiten umgeht. Ich weiß nicht, wer von Ihnen schonmal eine WK-Kontrolle mitgemacht hat. Im Eisschnelllauf gibt es Guards, die peinlichst genau darauf achten wer, was trinkt und wo wer hingeht, zwischen Wettkampf und Dopingprobe. Und mit Sicherheit wäre fragwürdiges Verhalten von C.P. in dieser Hinsicht bei der Masse an Kontrollen schon einmal protkolliert worden sein. Bei den Trainingskontrollen ist es derzeit genauso… Zumeist werden die Sportler aus den Betten geholt, und direkt vor dem morgendlichen Frühstück zum Aderlass (Beidseitig) gebeten. Also falls man hier diesbezüglich manipulieren wollen würde, müsste man jeden verdammten Tag, egal ob ein Kontrolleur kommt oder nicht um 5:30 Uhr aufstehen und sich die Birne vollkippen mit Salzwasser oder Hühnerbrühe… Wer von Euch, mal ganz ehrlich glaubt bei dem Gemüt von C.P. ernsthaft dass sie sich einen solchen Aufwand antun würde??? Ich auf jeden Fall nicht.

    Bei all den Diskussionen um Paragraphen und Richtlinien fehlt mir manchmal einfach der logische Menschenverstand. Es gibt niemandem innerhalb des Verbandes dem C.P. mal verdächtig geworden ist, weder Trainer, noch Doktoren, noch Sportlern. Zu einer WC-Reise hängen die Sportler permanent aufeinander, wenn da jemand ne Zentrifuge mitschleppen würde, oder plötzlich ominöse „Berater“ auftauchen würden, dann wäre dass sicher mal jemanden aufgefallen. Ist ja nicht so, bei dem was ihr vorgeworfen wird, das C.P. mal schnell in den Wald rennt und sich zwei Pillen einwirft. Ich finde den Aufruf gut, den sie auf ihrer Homepage gemacht hat. Geht raus, sucht Zeugen und Beweise, wenn ihr keine findet, dann glaubt ihr auch einfach mal…

    PS: Falls jetzt wieder jemand kommt und meint, ja dann steckt der ganze Verband dahinter, alle Trainer und Ärzte und Team-Leader und der Präsident, dann lasst Euch sagen, dass dies mit Sicherheit nicht so ist…Dann hätte sich mit Sicherheit der ein oder andere abgesägte Funktionär schonmal gemeldet…

  111. @André

    Ich vermute mal, dass du ein Eissport Praktizierender bist.
    Ich bin es nicht, kann deine Betrachtung aber gut nachvollziehen.
    Wenn man die öffentliche Experten- und Normalodiskussion verfolgt, kommt man zu dem einfachen Schluß, dass es lediglich darum ging, eine(n) Verdächtigte(n) (letztlich sind ja alle Sportler potentielle Doper)für die Einführung des indirekten Dopingnachweises „zur Strecke zu bringen“. Es hätte auch jemand anderes sein können. Deutschland wurde dafür stimmungsmäßig als sehr geeignet empfunden (Achtung, Verschwörungstheorie! ;) ), Verdachtmomente bei CP will ich ja gar nicht auskehren (Achtung Bagatellisierung ! ;) ). Aber dass sich Claudia Pechstein so vehement wehrt, hatte die ISU höchstwahrscheinlich nicht erwartet. Da half dann nur noch, mit allen Mitteln in größter Strenge dagegen vorzugehen, nach dem Motto“ Wer dopt, bestimmen noch immer wir!“ ;) ;)
    Und jetzt trainiert sie auch noch für die Minichance gen Olympia. Eine „Durchgeknallte“, eine „Verzweifelte“ oder gar wirklich eine „unschuldig Bestrafte“ ? Ich bin für letzteres, und habe leider nur normalen Verstand. Allerdings wächst auch die Zahl derjenigen mit „höherem Verstand“ gegen das Urteil stetig. Jetzt braucht es nur noch im Schweizer Bundesgericht umfassenderen Verstand. Für alle, die durch eine Revision des Urteils den Antidopingkampf zu Schaden kommen sehen, sei erwähnt, dass gemäß herkömmlichen Verständnis seit den 1960er gedopt wird.
    Ums bloße Recht haben, geht es ja keinen an der Diskussion beteiligten. Davon kann man ja getrost ausgehen.

    Da muss eine neue Nachweismethode auch nicht gerade mithilfe eines zweifelhaften Falls mit der Brechstange implementiert werden. Das wäre dann ein nicht gleich wieder gutzumachender Schaden an der Glaubwürdigkeit der Antidopingbemühungen. Vom Schaden gegenüber der Sportlerin Claudia Pechstein ganz zu schweigen.
    Manchmal kommt eine schon der Verdacht auf, der Sport wird instrumetalisiert, um das schlechte Gewissen der Gesellschaft abzuarbeiten und und die Unfähigkeit der Gesellschaft in anderen wesentlicheren Bereichen zu kompensieren. Oh, wie gerecht und fähig wir doch sind. Das wird der Sport nicht lange schultern können. Und dann wäre auch noch ein weitere Industrie nebst Antidopingbranch kaputt. ;) ;)

  112. @André:

    Warum wird in der Gerichtsbarkeit des CAS durchgeboxt, wenn es wahrscheinlich ist, das in kürzester Zeit nach dem Urteil neue Richtlinien für den indirekten Beweis zum tragen kommen, welche einen einzelnen Wert nur als verdächtig gelten lassen, wenn dieser in direktem Zusammenhang mit den Veränderungen von 8 weiteren Blutwerten in Verbindung gebracht wird. Diese neuen Richtlinien lagen dem CAS mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vor, (…)

    Ich lasse den Vergleich mal in Frieden.

    1.) Die Richtlinien lagen dem Gericht vor (interessanterweise im Rahmen der Beweisaufnahme von den Sachverständigen „eingeführt“ – anscheinend hat man als Anwalt im CAS-Pool Internet-Verbot, oder so).

    2.) Das ist nun einer der wenigen streitbaren Punkte, zu der in dem Urteil auch mal ein wenig Text hinterlegt ist. Zur Not die entsprechenden Stellen einfach mal selber lesen.

    Wenn(!) ich das beim Ãœberfliegen richtig verstanden habe, dass argumentiert die ISU, dass diese „neuen Richtlinien“ der WADA a) derzeit noch nicht gelten, b) wenn sie gelten, in einem solchen Verfahren für die ISU nicht bindend seien, weil diese selber entscheiden kann, wie sie Ihre Doper überführt und c) sowieso nur das „wie“ des Nachweises regeln, nicht aber die Frage, was nachzuweisen ist und ab wann ein Nachweis als erreicht anzusehen ist.
    Das Gericht folgt ihr in allen diesen Punkten.

    Mir persönlich erscheint zumindest der Punkt b) nicht völlig von der Hand zu weisen. Wenn ich nicht irre, dann ist der Sinn der Vereinbarungen zur WADA, dass eine Vereinheitlichung der Anti-Doping-Regelungen auf einem Mindestmaß erreicht wird. Damit Dinge wie der „Fall Busch“ in Zukunft vermieden werden.
    Dann liegt es aber nahe, dass die Vereinbarungen auch nur dieses Mindestmaß betreffen, während es jedem einzelnen nationalen oder Sportart-Verband unbenommen sein dürfte, bezüglich den Voraussetzungen oder Folgen eines Dopingfalles strengere Anforderungen zu stellen.

  113. Einen kleinen Zwischenruf.
    Um es mit den Worten aus den 70er Jahren zu formulieren.
    Ich würde schon eine „klammheimliche Freude“ empfinden, wenn das Schweizer Bundesgericht das Urteil kippen oder gar aufheben würde. Wäre „Spannung“ pur angesagt. Die vielen Erklärungen, Rechtfertigungen, Lippenbekenntnisse, die falschen Tränen und Worte des Bedauerns(der Presse und Politiker). Die weinerlichen Stimmen und betretene Gesichter, die aus der Parallelwelt bis in die Sportwelt hindringen, um zu erklären alles wäre nur ein bedauerlicher Irrtum gewesen und man habe nie im geringsten an die erhobenen Vorwürfe geglaubt. Man habe nun mal nicht anders handeln können. Das müsse man doch verstehen.

    Es ist nicht leicht ein „Gott“ zu sein.
    Ist nur ein Vorstellung.
    Wäre aber, finde ich, sehr amüsant und unterhaltsam.

  114. Mein Gott, Walter:

    Den von dir zitierten Absatz 44 habe ich mir nun nicht noch mal im Kontext angesehen.

    Aber ich finde, dass man den von dir zitierten Teil nur auf eine Weise verstehen kann:

    Die ISU stützte sich früher – im ISU-Urteil, in der Klageerwiderung vor dem CAS, wo auch immer – auf das Urteil von Prof. Sottas. Später revidiert er seine Ansichten, die ISU benennt ihn daher nicht als zur Verhandlung zu ladenden Sachverständigen.

    Blöderweise hat die Pechstein-Seite ihn aber auch nicht geladen.

    Nunmehr beantragt die Pechstein-Seite, ihn nachladen zu dürfen, damit sein schriftliches Gutachten nicht von ihm unwidersprochen im Raum steht.

    Das Gericht antwortet: „Das ist nicht nötig, über den Quatsch haben wir hier eh nur schallend gelacht auf dieses Gutachten werde das Gericht seine Entscheidung auf keinen Fall stützen.
    Damit ist es witzlos, eine Ausnahme zu ziehen, nur damit er sein eh unbeachtliches Gutachten zurücknimmt.

    Wo ist jetzt genau der Skandal?

  115. ergänzen könnte man vielleicht noch, dass der entscheidende (zeit)punkt ja wohl die einleitung des verfahrens durch die isu ist. und als das verfahren vor etlichen monaten eingeleitet wurde, standen die richtlinien ja eben auch noch nicht unmittelbar vor der tür.

    nach meinem verständnis überprüft der cas ja doch nur die rechtmäßigkeit des vorgehens der isu. oder?

    was den hang zu verschwörungstheorien angeht… es gibt ja den alten spruch, dass man nicht böse absicht unterstellen soll, wenn es sich auch mit unfähigkeit erklären lässt. und das geht in diesem fall ja auch ohne große fantasie:

    was die isu — oder besser: deren experten — angeht: es gab noch keinen präzedenzfall, und irgendwie muss man ja das erste mal aufs eis begeben. fehler und/oder bruchlandung (je nach laune des bundesgerichts) nicht ausgeschlossen.
    was den cas angeht: hier ließe sich im zweifelsfall meines erachtens ohne weiteres argumentieren, dass so ein kleines hobbygericht eben weder von seinen statuten noch von seinen fähigkeiten her auf einen so komplexen fall ausgelegt ist (stichwort: beweisaufnahme und würdigung der gutachten).

    (und bitte: das lamentieren und abstreiten der beschuldigten ist nun wirklich kein besonders starkes argument. das haben nun wirklich schon zu viele schuldige — mit gutem recht — getan. so unfair das den wirklich unschuldigen gegenüber auch sein mag.)

  116. Das nennt man „Hans im Glück“.http://www.focus.de/sport/wintersport/eisschnelllauf-neuer-sponsor-trotz-dopingvorwurf-fuer-pechstein_aid_471007.html
    Einen kleinen Zwischenruf
    Um es mit den Worten aus den 70er Jahren zu formulieren.
    Ich würde schon eine klammheimliche Freude empfinden, wenn das Schweizer Bundesgericht das Urteil kippen oder gar aufheben würde.

    Man stelle sich mal bildlich vor:

    Die vielen falschen Entrüstungen, Lippenbekenntnisse, Erklärungen und Rechtfertigung(Presse und Politiker),die abgegeben werden würden.
    All die weinerlichen Stimmen und betretene Gesichter, die aus der Parallelwelt bis in die Sportwelt dringen, um zu betreuen, daß nie an eine „Verfehlung“ je geglaubt wurde, man nur habe nicht anders handeln können.

    Ja: Es ist nicht leicht ein „Gott“ zu sein.

    Wie gesagt, nur eine Vorstellung.

    Aber unterhaltsam und lustig wäre es doch alle mal, oder?

  117. @anonymator:

    Fallacy of the transposed conditional

    Also, ich muss zugeben, dass ich mir dieses Schlagwort erst ergoogeln (3.2, hoffe ich?) musste.

    Das ich dies ziemlich spannend fand, aber nicht völlig verstanden habe, beantwortet vieleicht schon die Frage. Ich bin ja der Meinung, Juristen machen solche Fehler nicht – sie sind dafür zu blöd.
    Der Jurist braucht keine sich 1 annähernde Wahrscheinlichkeit. Das ist meistens gut (vgl. oben materielle Gerechtigkeit vs. Rechtsfrieden), aber selbst der Schmalspurjurist kennt genug Satzbausteine, um einen sachverhalt entsprechend hinzubiegen. Das nennt sich dann bspw. „weit überwiegende Wahrscheinlichkeit“ oder „bei lebensnaher Betrachtung“. das können btw auch Nichtjuristen. Vielleicht durfte der eine doer andere hier ja schon mal deshalb, weil er sich in der Hasenheide mit einem mit „Bargeld in dealertypischer Stückelung“ gefüllten Portemonnaie aufhielt, die Nacht in der GeSa verbringen? Das nennt sich dann „kriminologische Erfahrung“.

    Aber ich schweife ab. Wo ist denn im Urteil eine solche Bedingungsvertauschung „offensichtlich“? Ich habe nämlich keine gesehen, schon gar keine offensichtliche, möchte aber tatsächlich gerne dazu lernen.

    Nach der erneuten Lektüre von Nr. 210 bin ich erst mal der Ansicht, dass es sich hier um ein populäres Missverständnis handelt.

    Wenn ich es richtig verstehe, sieht das Gericht zwar die ISU voll in der Beweispflicht. Sie sieht diesen Beweis aber dann als erbracht, wenn feststeht, dass a) auf ordentlichem Wege der Nachweis erbracht ist, dass die Werte abnormal sind und b) es keine andere annähernd plausible Erklärung für diese Abnormalität gibt.

    Da es der ISU schlicht nicht möglich ist, Beweis über b) zu führen, steht zu diesem eng umgrenzten Punkt die Sportlerin in der Beweispflicht (das steht zwar so alles nicht im Urteil, aber andererseits ist so ein Schiedsgericht ja auch kein Proseminar).

    Diesen Beweis hat Frau Pechstein nicht erbracht. Damit musste das Gericht davon ausgehen, dass der Nachweis für b) erbracht ist. Da vorher schon dargelegt wurde, dass alle Unterpunkte von a) nachgeweisen sind, ist der Nachweis insgesamt erbracht.

    Das ist kein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten, sondern folgt dem klassischen zivilrechtlichen Schema „Es hat immer derjenige eine Tatsache zu beweisen, der einen Anspruch auf diese Tatsache stützt; es sei denn, nur die Gegenseite kann diesen Nachweis bringen, weil er aussschließlich in ihre Sphäre fällt.
    Und wenn ein Nachweis nicht erbracht wird, ist die Tatsache als nicht gegeben zu betrachten (wenn sie nicht allgemein bekannt ist)“
    . Verkürzt gesagt.

    Das sind sicher Prinzipien, die dem Naturwissenschaftler an sich nicht besonders gefallen. Aber sie haben zumindest drei Vorteile:

    – Sie haben sich bewährt.
    – Sie entspringen zu einem guten Teil dem, was Herbert „normalen Verstand“ nennt. Und das ist ja meist nicht das schlechteste.
    – Jede andere Variante wird entweder ebenfalls ein Kompromiss gegenüber der absoluten Wahrheit darstellen, oder wir kommen schnell in die Bereiche, in denen ich dir nachweisen muss, dass nachts auf der anderen Seite die Sonne scheint. Kann ich aber nicht.

  118. sternburg,
    der Sottas hat mit seinen Entwicklungen-Untersuchung der Prävalenz– den neuen indirekten Dopingnachweis erst möglich gemacht. Er hat auch die Grenzwerte vorgeschlagen,die dann aber nur von einer handvoll Verbänden eingeführt wurden.
    ( Dies hat aber zu den bekannten Zuständen geführt,dass man sich mittels Zentrifuge rangedopte/ mußte)

    Dieser Sottas schrieb also das Gutachten für die ISU für ihre Sperre. Dagegen wurde von Pechstein Widerspruch vor dem CAS eingelegt und zur Verhandlung erfährt sie,dass Sottas gar nicht erscheinen wird,weil er von seiner Meinung abrückte.
    Natürlich ist es jetzt interessant,warum er dies tat. Wenn einer Erfahrung hat auf diesem Gebiet,dann ist es Sottas und nicht d’Onofrio. Ich trau nun mal der ISU nicht. Sie hat dies doch bis zur Verhandlung verheimlicht.

    Ich habe es doch schonmal gesagt, mich interessiert nicht so sehr CP,sondern die Frage, kann man den Antidopinginstanzen in Zukunft wieder vertrauen.

    Wenn Sottas die gleiche Meinung vertritt wie seine Kollegen Ashenden,Schmidt,Damsgaard,Pöttgen… sag ich mal ja, was die ISU betrifft,kann ich nur mit dem Kopf schütteln über dieses früher normale Verbandsverhalten.

    Was sagst du zu Pkt 185?

  119. @cf: Hätte ich zwar auch gedacht, aber: Nö. Das steht in Rnr. 77:

    Gemäß Artikel R57 des CAS-Codes ist das Schiedsgericht „in vollem Umfang zur Prüfung der Sach- und der Rechtslage befugt“. Das bedeutet, dass, wie in der Rechtsprechung des CAS wiederholt dargelegt wurde, das schiedsrichterliche Berufungsverfahren des CAS eine vollständige Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht („de novo review“) mit sich bringt und dass es nicht darauf beschränkt ist zu entscheiden, ob das Organ, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, richtig oder falsch entschieden hat. Dementsprechend ist es die Aufgabe dieses Schiedsgerichts, eigenständig festzustellen, inwiefern die Vorbringen der Parteien an sich richtig sind, anstatt die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu beurteilen (vgl. CAS 2007/A/1394 Landis gegen USADA, Abs. 21).

    Und wurde von mir, so meine ich, hier auch schon mal erwähnt (grumbl ;).

    Und zur Unfähigkeit: Die Statuten des Cas kann ich nicht beurteilen (ich war btw bei allen Statuten und regelungen zu faul, denen hinterher zu steigen).
    Aber die Fähigkeiten sollten die drei Richter schon aus ihrer Berufspraxis haben. Wenn, dann würde ich da eher zu wenig Zeit und zu viele verschiedene Herkunftsländer (mit völlig unterschiedlichen Rechtspraktiken) als Ursache vermuten.

  120. @jojo:

    Eine plausible Erklärung für die Frage zwei könnte die (zu überprüfende) These von Gipsel sein: Da die Sysmex erheblich weiter verbreitet ist, könnte sich der von Herrn d’Onofrio in verschiedenster Fachliteratur gefundene maximale Reti-Grenzwert von 2,6 auf die typischen Messergebnisse einer Sysmex-Maschine beziehen.

    Das ist eigentlich ein recht kleiner Punkt, da die Advias im Schnitt nur wenig höhere Werte liefern (z.B. 1,4% statt 1,2%).
    Aber dies sind natürlich Angaben über den Durchschnitt. Wie schon früh festgestellt, ist die Streubreite bei den Advias erheblich größer als bei Sysmex, so daß man intuitiv eigentlich eher Sysmex vertrauen würde.

    Zur Veranschaulichung kann sich gerne mal jeder den Vergleich verschiedener Labore mit Werten für jeweils zwei Proben (A mit einem hohen Reti-Wert, B mit einem normalen) ansehen, die auf Advias und auf Sysmex untersucht wurden. Jeder Punkt stellt ein Labor dar (die Werte für die 2 Proben sind die Koordinaten), die grauen Punkte sind alle Labore mit allen Gerätetypen, die dunkelblauen Punkte die Wertepaare für das jeweilige Gerät. Das sind übrigens insgesamt 74 Punkte bei Sysmex, die kann man ja nicht alle zählen, weil so viele übereinander liegen ;). Das bessere Verhalten der Sysmex ist dabei sehr konsistent. Beim nächsten Ringversuch (mit anderen Laboren und anderen Proben) ergibt sich ein vergleichbares Bild (sieht optisch für Sysmex sogar noch besser aus), wieder Advia und Sysmex (diesmal 58 verschiedene Labore) im Vergleich.

    Dazu kommt, daß es so aussieht, daß es (nicht nur) bei Pechstein eine systematische Tendenz zu größeren Differenzen zwischen Sysmex und Advia, als man von den oben erwähnten Durchschnittswerten erwarten würde, zu geben scheint. Über die eventuellen Gründe kann man im Moment nur mutmaßen. Aber ich habe ja schon mal erwähnt, daß Sysmex und Advia unterschiedliche Farbstoffe zur Anfärbung und auch unterschiedliche Meßprinzipien verwenden. Da ist es schon sehr gut vorstellbar, daß für bestimmte Konstellationen jeweils eins der Verfahren nicht so zuverlässig arbeitet wie das andere. Ich würde jetzt mal frech auf Advia zeigen, man beweise doch bitte das Gegenteil oder gebe zumindest eine Erklärung, warum obwohl die Advia-Werte zwischen verschiedenen Laboren um etwa Faktor 3 stärker schwanken als Sysmex, dies keinen Einfluß auf die Auswertung der Blutprofile haben soll (Stichpunkt kritische Differenz).

    Und das bei Pechstein durchaus eine eher unübliche Konstellation vorliegt (hyperchrome, recht kleine Erys), ist ja unstrittig. Das ist kein Begleitumstand irgendeiner mir bekannten Anomalie (okay, das sind nicht so viele, also da möge mich ein Arzt gegebenenfalls berichtigen) außer einer Sphärozytose (bei der sollte aber eigentlich auch die Größenverteilung breiter werden, was sie nicht ist, das ist der RDW-Wert), die mit erhöhten Retis einhergeht. Ansonsten hätten sich die Gutachter ja auch nicht so schwer getan, irgendwas Konkretes dazu zu sagen. Bei einer erhöhten Bildung roter Blutkörperchen (wie durch die hohen Reti-Werte eigentlich angezeigt) neigen die nämlich dazu, hypochrom (wenig Hämoglobin in den Erys) und/oder zudem auch größer zu werden. Beides ist übrigens auch in Studien bei EPO-Gabe beoabachtet worden, beides kann man in den Pechstein-Werten nicht erkennen, beides kann durch Hämodilutation nicht beeinflußt werden.

  121. @sternburg:

    Wenn ich dich richtig verstehe, dann musste das Gericht quasi dem Gutachter folgen, dem es gefolgt ist, hätte dies aber wohl nicht gemacht, wenn noch ein bestimmter anderer (auch) hierzu gehört worden wäre.
    Ich verstehe Rn. 34, 35 so, dass die Parteien wegen der Aufteilung der zeugen zu Themenkomplexen durchaus hätten intervenieren können (auch wenn dies da nicht steht).

    Warum Kruse den punkt nicht beim Themenkomplex “und andere messtechnische Fragen� ansprechen konnte, ist mir übrigens nicht ganz klar. Er wusste doch, zu welchem konkreten Messergebnis er sich über Messungenauigkeiten äußern sollte.

    Ganz offensichtlich hat das Gericht (genausowenig wie die Anwälte wahrscheinlich) nicht die Zusammenhänge verstanden. Die Meßunsicherheiten wurden nicht nur getrennten Sitzungen behandelt, sondern es wurde auch ein Zusammenhang im Urteil negiert. Und Kruse hat den Punkt der Meßunsicherheiten sehr wohl angesprochen und sogar insistiert, wenn man mal Punkt 158 liest. Allerdings hat da niemand kapiert, daß die Unsicherheiten, üblicherweise auch als „Fehler“ bezeichnet, mit Fehlfunktionen des Gerätes prinzipiell rein gar nichts zu tun haben. Somit hat das Gericht diesen Punkt entgegen der eindeutigen Faktenlage unter den Tisch fallen lassen.

    Das Problem ist, daß (nicht nur) das CAS zu naiv an die Problemstellung herangegangen ist. Das kann man aber Juristen noch nicht einmal zum Vorwurf machen, nur der d’Onofrio hätte es eindeutig merken müssen, daß er auf gut deutsch Blödsinn erzählt hat. Der Pechstein-Seite hat einfach jemand gefehlt, der das Bild im Gesamten betrachtet und möglichst verständlich rüberbringt. Denn in dem wesentlichen Punkt mit den kritischen Differenzen hätte man d’Onofrio bei seiner Befragung arg in Bedrängnis bringen können (grenzend an einen „Blattschuß“). Nur war Kruse in der Sitzung dort erstens gar nicht anwesend und zweitens hat d’Onofrio höchstwahrscheinlich nicht erläutert, wo diese kritischen Differenzen herkommen, so daß jedem „Uneingeweihten“ der Zusammenhang bzw. der Widerspruch zu Kruses Ausführungen in der anderen Sitzung verborgen geblieben sein müssen.

    Und in diesem Zusammenhang wird die Geschichte mit dem Fehlen von Sottas noch besonders pikant, denn genau er ist der Gutachter für die Zusammenführung und systematische Analyse der medizinischen und meßtechnischen Fragen gewesen, sprich derjenige, der d’Onofrios irreführenden und in dem Kontext schlichtweg falschen Angaben zu den kritischen Differenzen hätte zerpflücken müssen.
    Achja, kleine Anmerkung dazu. Soweit ich das verstanden habe, war Sottas sehr wohl vor dem CAS als Gutachter geladen, Pechstein mußte davon ausgehen, daß er erscheint. Er tauchte bloß nicht auf. Die genauen Hintergründe dazu sind immer noch nebülös, aber bei mir verbleibt ein sehr mulmiges Gefühl.

  122. @sternburg:

    Interpretation: Da sie “ausnahmsweise� neues vorlegen durfte, und die Möglichkeit, dass der Beklagte bei dieser Konstellation bisher Unbekanntes auf den Tisch legt, eher nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein dürfte, würde ich so aus der Hüfte sagen: Nein, die in der Antwort der ISU enthaltenen Daten waren nicht “neu� im Sinne der Auflage.
    Auch hier wieder schade, dass im Urteil dazu so wenig steht.

    Es gibt die unwidersprochene, mehrfach getätigte Aussage, daß zur ISU-Verhandlung keinerlei Meßprotokolle vorlagen. Wann soll die Pechstein-Seite die dann erhalten haben, wenn nicht in der Antwort der ISU auf die Beschwerde beim CAS?

    @gipsel nochmal:
    Apropos “Rn. 106″.

    Prof. Gassmann erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass er, angesichts der neuen Fakten aus Prof. Schrezenmeiers Tests und medizinischer Untersuchung, nun davon überzeugt ist, dass die hohen Retikulozyten-Werte der Athletin einzig durch eine Manipulation des Blutes plausibel erklärt werden.

    Würde mir zur Plausibilität reichen.

    Na dann soll der Herr Prof. Gassmann I mal ein wenig konkreter werden mit seiner plausiblen Erklärung ;). Bisher hat noch keiner eine solche gesehen.

  123. @anonymator:

    als Jurist (?) sollte das Pechstein Urteil doch schon allein aufgrund der offensichtlichen “Fallacy of the transposed conditional� fragwürdig sein? (Abgesehen von sämtlichen, hier bereits diskutierten naturwissenscahftlichen Fragen).

    Will heissen: Die Tatsache, dass Reticulozytenwerte nicht durch Krankheit erklärt werden können sagt nichts über Wahrscheinlichkeit aus, dass sie durch Doping bedingt sind. Leider steht es aber genauso im Urteil… (Ziffer 210).

    Kleine Präzisierung:
    Die Retikulozytenwerte können noch nicht durch eine bekannte, allerdings offensichtlich nicht krankhafte Anomalie erklärt werden ;)
    Insofern liegt für meinen juristisch nicht geschulten „gesunden Menschenverstand“ anbetracht des in solchen Details oft doch begrenzten Verständnis der Medizin dieser logische Fehlschluß auf der Hand.

  124. Gipsel,
    danke, ich hatte schon das Gefühl, von manch einem hier nicht verstanden zu werden. Jens ist vor Monaten schon mal explodiert,als ich wegen dieses Gesamtzusammenhanges nach Sottas fragte.
    Aus Erfahrung weiß ich allerdings,dass das Verfahren nicht nur durch Zufall so abgelaufen sein kann, dieses zusammenhanglose Aneinandervorbeireden kann man natürlich auch organisieren.Beides würde mich betrüben.(wie gesagt,die ISU mag ich nicht)

    Hat Sottas jetzt eigentlich Schweigepflicht?

  125. @gipsel:
    Naturwissenschaftler und „gesunder Menschenverstand“ ist jetzt aber auch kein zwingendes Begriffspärchen, oder? ;)

    Ich habe oben auf anonymator geantwortet, evtl. könntest du dazu was sagen?

    zu „Neuem vorlegen“: Du hast mich, glaube ich, falsch verstanden. Das dieses erst in der Klageerwiderung, der „Antwort“ der ISU stand, ist klar. Aber es ist nach den Statuten offensichtlich so, dass der Kläger grundsätzlich auf diese Erwiederung nicht antworten darf.

    Du hattest dich gefragt, ob dieses in der „Antwort“ enthaltene denn „Neues“ sei. Ich denke, dies war es im Sinne des gerichts nicht. Und zwar denke ich dies deshalb, weil das Gericht von einer Ausnahme von der Regel, dass man nicht antworten darf, spricht und es keine Ausnahme, sondern vielmehr die Regel sein dürfte, dass in einer solchen Antwort für den Kläger auch mal neues steht.

    Ich hatte dazu (in etwa so weit gestreut wie deine Advia-Graphen) hier und da schon was gesagt. Eventuell im Lichte dieser Erklärung dies oder zumindest das, worauf du bezug nimmst, nochmal lesen.

    Und „Was ich dich schon lange mal fragen will“:

    Zu den kritischen Differenzen. Die werden ja nur in der intra-individuellen Abweichung relevant, wenn ich richtig verstehe.

    Was ich dem Urteil nicht sicher entnehmen kann: sind die intra-individuelle und die inter-individuelle Abweichung kummulative oder alternative Voraussetzungen für den Prüfungspunkt „abnormale Werte“?

  126. @sternburg:

    Wenn ich es richtig verstehe, sieht das Gericht zwar die ISU voll in der Beweispflicht. Sie sieht diesen Beweis aber dann als erbracht, wenn feststeht, dass a) auf ordentlichem Wege der Nachweis erbracht ist, dass die Werte abnormal sind und b) es keine andere annähernd plausible Erklärung für diese Abnormalität gibt.

    Ergänzend zu meiner kleinen Präzisierung, die Existenz einer bisher unbekannten, nicht krankheitswertigen Anomalie, die zu etwas erhöhten Retikulozytenwerten führt ist mindestens genau so plausibel, wie Blutdoping ohne entsprechende Signaturen bei allen Blutparametern (außer Retis). Insofern sehe ich den Punkt b als nicht erfüllt, zumal bei korrekter Betrachtung der von der ISU selber aufgestellten Kriterien Pechsteins Schwankungen noch nicht mal als anomal zu klassifizieren sind. Kurz, es gibt gar keinen Fall, da schon der Beweis von Punkt a) fehlschlägt. Und selbst wenn nicht, gäbe es eine halbwegs plausible Erklärung für Punkt b).

    Übrigens scheint ja die Mehrzahl aller Experten, die sich bisher zu Wort gemeldet haben, das ähnlich so zu sehen.

  127. @sternburg:

    Naturwissenschaftler und “gesunder Menschenverstand� ist jetzt aber auch kein zwingendes Begriffspärchen, oder? ;)

    Zwingend nicht, aber ich behaupte jetzt mal, daß man mit gesundem Menschenverstand und logischem Denken in den Naturwissenschaften erheblich weiter kommt als in der Juristerei ;)

    zu “Neuem vorlegen�: Du hast mich, glaube ich, falsch verstanden. Das dieses erst in der Klageerwiderung, der “Antwort� der ISU stand, ist klar. Aber es ist nach den Statuten offensichtlich so, dass der Kläger grundsätzlich auf diese Erwiederung nicht antworten darf.

    Du hattest dich gefragt, ob dieses in der “Antwort� enthaltene denn “Neues� sei. Ich denke, dies war es im Sinne des gerichts nicht.

    Siehst Du, da hört es mit der Logik nämlich schon auf ;). Wenn die ISU bisher nicht bekannte Meßwerte vorlegt, die ja objektiv betrachtet unstreitig etwas Neues darstellen, warum darf dann kein Experte als Gutachter nach seiner Meinung zu diesen Werten befragt werden? Und wieso ist das im Sinne des Gerichtes nichts Neues?

    Und “Was ich dich schon lange mal fragen will�:
    Zu den kritischen Differenzen. Die werden ja nur in der intra-individuellen Abweichung relevant, wenn ich richtig verstehe.
    Was ich dem Urteil nicht sicher entnehmen kann: sind die intra-individuelle und die inter-individuelle Abweichung kummulative oder alternative Voraussetzungen für den Prüfungspunkt “abnormale Werte�?

    Hier eindeutig kumulativ. Allgemein gesehen sind die interindividuellen Abweichungen sogar als eher unwichtig einzuordnen. Das Entscheidene sind Veränderungen der Werte des betrachteten Athleten. Die Modelle von Sottas, die ja in ähnlicher Form auch gemäß den WADA-Richtlinien für den biologischen Paß zur Anwendung kommen sollen, betrachten sogar überhaupt keine interindividuellen Abweichungen. Durchschnittswerte der Bevölkerung (Populationswerte) dienen lediglich zur „Initialisierung“ des Modells. Nach Vorliegen von Messungen des Athleten, werden die durch individuelle Werte ersetzt. Daher kommt ja gerade die Maßgabe in den Richtlinien, daß mindestens drei vorherige Messungen eines Athleten vorliegen sollen, bevor man Aussagen treffen kann ;)

    Die Begründung ist ganz einfach. Die Werte zwischen verschiedenen Personen können aufgrund der unterschiedlichsten Faktoren deutlich stärker voneinander abweichen, als die Werte einer einzelnen Person schwanken. Ein Dopingnachweis ist daher prinzipiell sicherer ohne Rückgriff auf Populationswerte, allein anhand der durch Doping verursachten Änderung der Blutparameter zu führen.

    Ein weiteres (allerdings nur eingeschränkt gültiges) Argument ist, daß ein Vergleich von vielleicht 0,01% der Bevölkerung, die zudem einem extrem harten Selektionsprozeß auf dem Weg an die Weltspitze ausgesetzt war, mit Populationswerten nicht zielführend ist. Wieso sollten diese sehr gesiebten und in einigen Aspekten (z.B. Ausdauerleistungsfähigkeit) deutlich von der Normalbevölkerung abweichenden 0,01% die gleichen Blutparameter aufweisen wie die anderen 99,99% der Bevölkerung? Oder um mit den Worten von Ole-Einar Björndalen (Interview mit der FAZ, er sagt auch etwas zu seinen eigenen Blutwerten, was angesichts der Munkeleien bei den Biathleten und Langläufern durchaus interessant ist) zu sprechen:

    Haben Sie den Fall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein verfolgt?

    Ja.

    Wie bewerten Sie die Tatsache, dass sie nur aufgrund auffälliger Blutwerte, aber ohne positiven Test zwei Jahre gesperrt worden ist?

    Für ein Urteil, ob Claudia Pechstein gedopt war oder nicht, fehlt mir die Fachkenntnis. Ich bin kein Mediziner, und selbst die sind sich ja nicht einig. Das Einzige was man sagen kann, ist: Man muss vorsichtig sein, denn es gibt unter den Topsportlern viele Ausnahmeathleten, die möglicherweise auch Ausnahmewerte haben könnten.

  128. Ist zwar ein wenig offtopic, aber als Ergänzung zum gerade verlinkten Interview mit Björndalen noch die kurze Passage zu seinen Blutwerten und seiner Meinung zum Vorgehen beim biologischen Paß allgemein:

    Oh, mit meinen Blutwerten kann man eigentlich gar nicht schnell laufen. Ich liege brutal tief. Ich habe selbst nach Höhentraining selten mehr als 14 (Gramm pro Deziliter/d. Red.) Hämoglobin. Manche haben normal zwischen 16 und 17. (Erlaubt sind 17,5 im Biathlon/d. Red.) Bei der WM 2005 in Hochfilzen, wo ich vier Titel gewonnen habe, waren es 13,7. Das ist auch nicht ganz normal, aber mit meinem Körper funktioniert das super. Deshalb ist es sehr wichtig, von jedem Athleten ein möglichst lückenloses individuelles Profil mit verschiedenen Parametern zu haben. Das machen sie ja jetzt zum Glück.

  129. @gipsel:
    Danke für interindividuell. Das leuchtet mir ein, bzw. das leuchtet mir so sehr ein, dass ich einfach auch das Urteil mal so interpretiere (naja..).

    Zu „Neuen vorlegen“:

    Und wieso ist das im Sinne des Gerichtes nichts Neues?

    Ich denke, dass habe ich schlüssig erklärt. Wenn auch nur mit Spekulation.

    …warum darf dann kein Experte als Gutachter nach seiner Meinung zu diesen Werten befragt werden?

    Weil.. das ist immer wenn.. Ach, was weiß denn ich?! Ich kann dieses Urteil doch auch nur lesen. Wie die Jungs auf dieses absolute Replikverbot kommen, ist mir auch ziemlich schleierhaft.
    Ich gehe einfach mal davon aus, dass dies vom Schweizer BG schon mal entschieden wurde und/ oder in der schweiz so üblich ist. Einen Sinn sehe ich darin nicht. Moment – sehe ich doch, die schon oft angesprochenen Umstände „nebenberufliche Richter“ und „besondere Eile bei Sperren“. Es muss also heißen: einen dies rechtfertigenden Sinn sehe ich nicht.
    Aber das geht mir bei Verfahrensrecht oft so, muss also nichts bedeuten.

    ..die Existenz einer bisher unbekannten, nicht krankheitswertigen Anomalie, die zu etwas erhöhten Retikulozytenwerten führt ist mindestens genau so plausibel, wie Blutdoping ohne entsprechende Signaturen bei allen Blutparametern (außer Retis). Insofern sehe ich den Punkt b als nicht erfüllt, zumal bei korrekter Betrachtung der von der ISU selber aufgestellten Kriterien Pechsteins Schwankungen noch nicht mal als anomal zu klassifizieren sind.

    Wahrscheinlich habe ich nur nicht aufgepasst, aber das lese ich von einem Menschen, den ich ernst nehme, so konkret zum ersten mal.

    Du hast Recht, hätte man diese beiden (oder eine von beiden) Behauptungen in der Beweisaufnahme gehört, hätte man ihnen – nach den Formulierungen des Urteils – entweder folgen und Frau Pechstein freisprechen müssen, oder sie mit guter Begründung ablehnen müssen.

    Man weiß natürlich nicht, wie gut begründet diese beiden Behauptungen in der Beweisaufnahme vorgebracht wurden, zumindest die Darstellung im Urteil lässt auf keine hohe Überzeugungskraft schließen.

    Mal ein kleiner Exkurs zu Sachverständigen/ Gutachten: Ein gerichtliches Gutachten wird normalerweise immer vom Gericht in Auftrag gegeben und ist streng unabhängig und neutral zu erstatten. Von einer Partei in Auftrag gegebene Gutachten sind daher mehr oder minder einfacher Parteivortrag.
    Wenn ich das alles richtig lese, dann gibt es vor dem Cas auschließlich Parteigutachten, die erstattenden Sachverständigen werden aber vom Gericht und beiden Parteien befragt.

    Das mag dem spezifischem Gegebenheiten dieses Schiedsgerichts Rechnung tragen. Aber der Qualität der Entscheidungsfindung scheint es mir nicht wahnsinnig zuträglich.

    Im Übrigen beschleicht auch mich so langsam der Verdacht, dass Frau Pechstein besser gefahre wäre, wenn sie weniger in die Kommunikationshoheit und mehr in die wissenschaftliche Vorbereitung investiert hätte.

  130. Ach gipsel, noch mal ganz kurz zur Anomalie als andere plausible Begründung:

    – Wenn ich dich richtig verstehe, ist die Existenz diese Anomalie gerade im Körper von Frau Pechstein aber nichtsdestotrotz eher wenig wahrscheinlich? Und dann vielleicht auch – absolut, unabhängig von dem Vergleich mit dem Blutdoping – eher wenig plausibel („mindestens genauso“ beantwortete exakt meine Frage, aber leider nicht diese hier)?

    – Ich frage deshalb, weil:
    Gesetzt den Fall, die Anomalie ist genauso wenig plausibel wie Blutdoping, beides ist aber als Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen und sonstige Ursachen scheiden aus.
    Ich habe das ganze nur schwer am Rande verfolgt, meine mich aber an Debatten darüber zu erinnern, dass Frau Pechstein die Möglichkeit zur Durchführung einer Versuchsreihe zum Auschluss oder Nachweis einer solchen Anomalie hatte, diese Möglichkeit aber nicht nutzte.
    Frau Pechstein ist für diese Anomalie beweisbelastet (s.o.). Wenn meine Erinnerung stimmt, würde mir das reichen, um zu sagen, sie hätte die Tatsache zwar dargelegt, aber keinen Beweis geführt.

    – Davon mal ab: Dem Schiedsgericht reichte ja „Anormalität der Werte“ plus „keine andere plausible Möglichkeit“. Das Anormalität der Werte überhaupt die plausible Möglichkeit (streng genommen: den Nachweis) einer sog. verbotenen Methode darstellt, war überhaupt nicht gefragt*.
    Gut möglich, dass diese Argumentation wenig gebracht hätte.

    *Daraus wiederum _könnten_ u.U. Grengelbergmann vor dem BG Honig saugen. Wobei auch hier wieder keiner weiß, inwieweit die Frage vielelicht längst entschieden ist.

  131. @sternburg:

    Ich habe mir mal die Mühe gemacht, meine von Dir kritisierten Zitate etwas ausführlicher zu begründen.

    @JoJo: Hast Du das Urteil eigentlich gelesen?

    Ja, mehrfach. Zunächst auf Englisch, was mir zugegebenermaßen nicht so leicht fiel. Deshalb bin ich über die deutsche Übersetzung sehr froh!

    Zitat Sternburg:

    Ich sehe dort nirgendwo, dass das Gericht die Voraussetzung, dass ein “einzelner außergewöhnlicher Blut-Parameter ausreicht� um den Nachweis der Manipulation zu führen, einer ISU-Regelung entnimmt.

    Unter Punkt 117 hat das CAS ausgeführt, dass eine Abweichung von den WADA-Standards zulässig ist, wenn dadurch kein anderes Analysergebnis entsteht:

    Das Schiedsgericht merkt an, dass dieser Standpunkt a fortiori dadurch bestätigt wird, dass, selbst bei von der Norm abweichenden Analyseergebnissen, eine Abweichung von den WADA International Standards nicht per se die Ungültigkeit der Analyseergebnisse bewirkt, solange die Anti-Doping-Organisation den Nachweis erbringt, dass die Abweichung nicht die Ursache für das von der Norm abweichende Analyseergebnis ist (siehe Artikel 3.2.2 der ISU-ADR sowie die gleichlautende Bestimmung des WADA-Codes). Somit scheitert die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, dass die Abweichung der ISU von den WADA International Standards den Nachweis des von der Athletin begangenen Verstoßes verhindern würde.

    Demzufolge hätte das CAS-Gericht prüfen müssen, ob unter Berücksichtigung der (neuen) WADA-Codes ein anderes Analyseergebnis als das der ISU entsteht. Wenn man den Gutachten von Pöttgen, etc. folgt, träfe genau dieser Punkt zu, weswegen die von der ISU vorgenommene Abweichung, d.h. Beschränkung auf nur einen Butparameterwert die Ursache für das abweichende Ergebnis darstellt (und damit unzulässig wäre). Ausgehebelt wird dieser Punkt nur dadurch, daß das Gericht unter Punkt 118 die Einhaltung der WDA-Codes als für die ISU nicht bindend feststellt und zwar unabhängig davon, ob diese nun vorläufig sind oder nicht! De Facto bedeutet dies, daß der CAS damit nur den Vorgaben der ISU folgt (einzelner Blutparameter reicht als Nachweis aus) und nicht den Vorgaben der WADA mit mehreren Blutparametern und Prüfung durch drei verbandsunabhängige Dopingexperten.

    Zitat Sternburg:
    “Gleiches gilt für die verbandsinterne Festlegung eines willkürlichen Grenzwertes auf z. B. einer Advia-Maschine.� Ich sehe nirgendwo, dass überhaupt ein abstrakter Grenzwert angewendet wird, schon gar nicht ein von der ISU vorgegebener.

    Könntest Du deine Ausführungen vielleicht mit Zitaten oder Randnummern untermauern?

    Wie Gipsel bereits ausführte, sollten die Ergebnisse der Reti-Messungen unabhängig vom Gerät eigentlich identisch oder zumindest sehr ähnlich sein. Die Messungen des RfB scheinen dies im Schnitt auch zu bestätigen, auch Herr Kuipers hat einmal von einer eigentlich sehr kleinen zu erwartenden Differenz zwischen den Systemen ADVIA und Sysmex gesprochen (0,1). Da gings um das stark abweichende Ergebnis zwischen den Messwerten Kreischa (ADVIA 2,4) und Lausanne (Sysmex 1,3).
    Anmerkung: Wäre ja auch irgendwie blöd, wenn in der medizinischen Fachliteratur zwar einheitliche Werte für Hämoglobin und Hämatokrit allgemeingültige Normalbereiche hätten, bei einzelnen Werten wie dem Reti-Wert aber immer beachtet werden müßte, auf welcher Maschine der Wert gemessen wurde. Insofern ist es doch sehr verwunderlich (prüfenswert) warum dies offenbar bei C.P. nicht zutrifft.

    Trotzdem haben sich die ISU und verschiedene Experten mehrfach in der Form geäußert, das der ISU-Grenzwert von 2,4 eben nur auf einer ADVIA gelten könne.
    Ein Beispiel: “Grobes Schrot in alle Richtungen“

    Wesentliches Aussage:

    Thieme führt eine andere Erklärung ins Feld: Die ISU lässt alle Blutproben von einer Maschine namens Advia untersuchen. Das Labor in Lausanne besitzt jedoch kein Advia-Gerät, musste also auf dem Konkurrenzmodell Sysmex testen. „Sysmex-Werte sind aber immer niedriger, da werden Äpfel mit Birnen verglichen.“ Der Grenzwert von 2,4 Prozent sei auf Advia-Messungen zugeschnitten.

    Das CAS hat diesen Aspekt eben nicht geprüft bzw. geklärt, sondern hat nur die markant höheren Meßwerte der ADVIA betrachtet und ist damit ausschließlich der Vorgabe der ISU gefolgt.

    Erst die mehrfache Überschreitung dieses von der ISU definierten willkürlichen Grenzwerts auf der ADVIA hat erst zur Anklage, dann zur Sperre und letztlich zum Verfahren vor dem CAS geführt.
    Unbestritten ist: Die Reti-Messungen von C.P. auf Sysmex lagen alle (warum wäre zu klären, die Klärung hätte ich im CAS-Verfahren erwartet) in dem unter Punkt 174 genannten Reti-Norm-Bereich von 0,4 – 2,6. Zitiert wird der Normbereich aus einem Artikel von Herrn Banfi ohne Nennung auf welcher Maschine dieser Wert gelten soll (wenn es doch so deutliche Unterschiede gibt)

    Weiter oben beim Punkt 174 heißt es:

    Die inter-individuelle Abnormalität eines relativen Retikulozyten-Werts von ca. 3,5% wird durch die neuere wissenschaftliche Literatur bestätigt, die automatisierte Messmethoden zugrunde legt (d. h. moderne Geräte, wie das Advia, nutzt,…

    Ob da wohl die Sysmexgeräte als Weltmarktführer dazu gehören ?

    Es bleibt einfach eine Reihe von Widersprüchlichkeiten bei den Fakten, die vom Gericht leider nicht geklärt, sondern nur für die Urteilsfindung als irrelevant betrachtet wurden.

    Zitat Sternburg:
    Und was das “vorläufige Gutachtenâ€? angeht: die Rn. 198 – 206 lesen sich da irgendwie anders. Könntest Du diesen Widerspruch ausräumen oder uns aufklären, woher Du einen Wissen über einen anderen Ablauf nimmst? Das wäre nett.

    Das Schrezenmeiergutachten hatten wir schon im Dezember ausführlich diskutiert: Siehe Der CAS im Fall Pechstein: “abuse of science, bordering to fraud�?

    Wesentliche Aussage zur Erinnerung:

    Von Bedeutung könnte auch sein, dass der Ulmer Experte und Hämatologe Hubert Schrezenmeier der Darstellung des CAS in seiner Urteilsbegründung, die sich auf sein Gutachten als wichtige Grundlage stützt, heftig widersprochen hat.

    Außerdem lohnt hierzu auch mal wieder der Besuch auf deiner Lieblingsseite. Denn dort steht, ebenfalls bereits seit Dezember folgendes unter folgendem Link In der besinnlichen Adventszeit hat man viel Zeit zum Nachdenken …

    Was die drei Richter allerdings versäumten zu erwähnen, war die Tatsache, dass das Schreiben vom Prof. Schrezenmeier bereits vom 30. Juli 2009 stammte. Er betonte: „Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine gutachterliche Stellungnahme“, sondern um eine „Vorläufige Beurteilung“. Schrezenmeier und ich hatten nämlich vereinbart, dass eine weitere Untersuchungsserie folgen sollte. Von daher schrieb er in dem vom CAS gegen mich genutzten Schreiben weiter: „Da diese Serie noch nicht abgeschlossen ist, und ein Teil der Untersuchungen von Ihnen in auswärtigen Labors veranlasst worden ist, bitten wir nach Abschluss der Untersuchungen um Befundübermittlung, um den Verlauf der Werte in Gesamtheit beurteilen zu können.“

    Warum das CAS dann aus dieser „Vorläufige Beurteilung“ einen Abschlußbericht machte(wird doch kein Übersetzungsfehler sein ?), ist im Urteil nicht nachvollziehbar.

    Das dies ein wesentlicher Grund für die Aufhebung des CAS-Urteils durch das Schweizer Bundesgericht sein könnte,
    hat sogar die sonst als nicht sehr Pechsteinnah bekannte Süddeutsche Zeitung veröffentlicht. Link ebenfalls in der o.g. Blogdiskussion.

    Bin nach wie vor gespannt, wie das Schweizer Bundesgericht die Sache wertet.

  132. @jojo: Da muss ich wohl Abbitte leisten und um Entschuldigung bitten.
    Ich habe selber nicht die Mühe aufgewendet, das Urteil auf englisch zu lesen und auch die darauf aufbauenden Diskussionen allenfalls am Rande verfolgt. Mir ist bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, wenn hier mit mir frisch aus dem Musstopf längst durchgekaute Diskussionen noch einmal geführt werden.

    Da es – vorsichtig formuliert – weder hier noch anderswo besonders ungewöhnlich erscheint, dass in dieser Sache Leute Meinungen völlig bar jeder Kenntnisse absondern, hat da ein gewisser Reflex gegriffen. Muss natürlich nicht sein.

    In der Sache kann ich jetzt gerade nicht antworten (nicht mal lesen), nach überfliegen deines Eintrages würde ich mich aber freuen, wenn das später nochmal ginge.

  133. Claudia Pechstein zählt anscheinend Urin- und Blut-Tests zum selben Datum als zwei Tests (von mir aus). Nur: Die offizielle Sichtweise – im Allgemeinen – dürfte das ja wohl nicht sein. Eine Gelegenheit bei der gestestet wird gleich eine Kontrolle, das wäre aus meiner Sicht eine logische Annahme.

  134. @sternburg
    Wie die Jungs auf dieses absolute Replikverbot kommen, ist mir auch ziemlich schleierhaft.

    Das ist doch im Code des CAS geregelt, wie ich das verstehe:

    R56 Appeal and answer complete

    Unless the parties agree otherwise or the President of the Panel orders otherwise on the basis of exceptional circumstances, the parties shall not be authorized to supplement or amend their requests or their argument, nor to produce new exhibits, nor to specify further evidence on which they intend to rely after the submission of the appeal brief and of the answer.

    Also – entweder einigen sich beide Seiten auf eine neuen Schriftenwechsel (die ISU tat das nicht) oder der Vorsitzende erkennt auf aussergewöhnliche Umstände.

  135. @sternburg:

    Weil.. das ist immer wenn.. Ach, was weiß denn ich?! Ich kann dieses Urteil doch auch nur lesen. Wie die Jungs auf dieses absolute Replikverbot kommen, ist mir auch ziemlich schleierhaft.
    Ich gehe einfach mal davon aus, dass dies vom Schweizer BG schon mal entschieden wurde und/ oder in der schweiz so üblich ist. Einen Sinn sehe ich darin nicht. Moment – sehe ich doch, die schon oft angesprochenen Umstände “nebenberufliche Richterâ€? und “besondere Eile bei Sperrenâ€?. Es muss also heißen: einen dies rechtfertigenden Sinn sehe ich nicht.
    Aber das geht mir bei Verfahrensrecht oft so, muss also nichts bedeuten.

    Siehst Du, deswegen passen Naturwissenschaften und gesunder Menschenverstand besser zusammen ;). Jura wäre nichts für mich, ist viel zu kompliziert, das kapiere ich einfach nicht.

    Wenn ich dich richtig verstehe, ist die Existenz diese Anomalie gerade im Körper von Frau Pechstein aber nichtsdestotrotz eher wenig wahrscheinlich? Und dann vielleicht auch – absolut, unabhängig von dem Vergleich mit dem Blutdoping – eher wenig plausibel (â€?mindestens genausoâ€? beantwortete exakt meine Frage, aber leider nicht diese hier)?

    – Ich frage deshalb, weil:
    Gesetzt den Fall, die Anomalie ist genauso wenig plausibel wie Blutdoping, beides ist aber als Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen und sonstige Ursachen scheiden aus.

    Nun, irgendeine Ursache muß es ja geben. Es mag unwahrscheinlich sein, so eine Anomalie bei irgendeiner zufällig ausgewählten Person zu finden, das stimmt. Allerdings ist Pechstein keine zufällig ausgewählte Person. Man hat ja offenbar gezielt nach eigenartig aussehenden Werten gesucht. Und wenn man dann nur eine Person mit ungewöhnlichen bzw. anomalen Werten betrachtet, steigt die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein so einer Anomalie beträchtlich. Dieser Effekt der nicht zufällig ausgewählten Person oder auch einzelner Werte aus einer Meßreihe wurde schon mal bei der Diskussion über die Argumente von Klaas Faber diskutiert.
    Und über die Wahrscheinlichkeit von Doping als Erklärung ohne einen wirklich handfesten Hinweis darauf muß man aus meiner Sicht nicht wirklich diskutieren. Eine Verurteilung allein aufgrund eines doch recht diffusen Verdachts grenzt nicht nur an Willkür.

  136. @RalfKohler:

    Claudia Pechstein zählt anscheinend Urin- und Blut-Tests zum selben Datum als zwei Tests (von mir aus). Nur: Die offizielle Sichtweise – im Allgemeinen – dürfte das ja wohl nicht sein. Eine Gelegenheit bei der gestestet wird gleich eine Kontrolle, das wäre aus meiner Sicht eine logische Annahme.

    Nun, da muß man unterscheiden. Zum einen gibt es die normalen Dopingtests, bei denen meist Urinproben, seltener auch Blutproben genommen werden. Diese dienen zum direkten Nachweis verbotener Substanzen bzw. Methoden (z.B. Fremdblutdoping). Davon zu unterscheiden sind die Blutuntersuchungen, die für die longitudinalen Profile genutzt werden. Eine getrennte Zählung macht da also schon Sinn.

  137. @Dachs:

    Das ist doch im Code des CAS geregelt, wie ich das verstehe:
    [..]

    Also – entweder einigen sich beide Seiten auf eine neuen Schriftenwechsel (die ISU tat das nicht) oder der Vorsitzende erkennt auf aussergewöhnliche Umstände.

    Nun, daß die ISU die Nachweise über die Werte bzw. auch die bei den fraglichen Kontrollen gemessenen Werte selber erst zur Berufungsverhandlung beim CAS vorlegt, würde ich nicht unbedingt als gewöhnlich bezeichnen ;). Allerdings hat das anscheinend für das CAS eher keine Rolle gespielt. Aber das ist wohl die für mich mal wieder unverständliche Juristen(un)logik ;)

  138. In aller Regel finden sich Blutkontrollen (in ihrem Fall) zusammen mit Urin-Proben. Die sind dann für die Blutprofile. Klingt logisch.

    Dann muss man andersrum sagen: Die hohe Zahl von CP ist irreführend. Denn sie argumentiert ja so, dass nicht eine Probe positiv war (aber die kombinierten Blutproben gemeinsam mit Urin) dienten dann ja einem anderen Zweck.

    Ich will abergar nicht CP-Kritik üben. Wenn man so ihre Sachen anschaut, kommen einem auch weitere Zweifel. Trotzdem ist auch klar, dass manches recht durchsichtig ist, sie (manche) Dinge halt so dreht, dass sie nach Entlastung klingen.

  139. @Gipsel

    Punkt 19-32 (ungefähr) des Urteils beschäftigt sich mit diesen Fragen. Soweit ich es verstanden haben, wurde teilweise zugelassen („Anlagen 37, 38, 39, 42, 44 und 53“). Andere, offenbar umfangreiche Teile der Antwort auf die Antwort der ISU wurden lediglich als „Duplik“ gewertet. So absolut ist das Replikverbot also nicht gehandhabt worden, scheint’s.

  140. Was mir in der Pechsteinschen Doping-Bilanz auffällt: Außerhalb der Saison gab es oft eine oder keine Blutkontrolle.

    Nun stelle ich die Frage, ob bei einem gewöhnlichen (Ausdauer)-Leistungssportler im belastungsfreien Zustand ein anderer (niedrigerer) Reti-Wert zu erwarten wäre.

    Allerdings erfolgten die Kontrollen ja nicht in Ruhezeiten, bzw. dürfte die Saisonvorbereitung ja auch sehr intensiv sein (unter diesem Gesichtspunkt dürfte es gegenüber Tests während der Saison meinem Verständnis höchstens geringe Abweichungen geben).

  141. @RalfKohler:

    Trotzdem ist auch klar, dass manches recht durchsichtig ist, sie (manche) Dinge halt so dreht, dass sie nach Entlastung klingen.

    Und andere drehen die Dinge so, daß sie nach Belastung klingen. Business as usual.
    Die Frage ist, was zeigen die Dinge wirklich? ;)

    Was mir in der Pechsteinschen Doping-Bilanz auffällt: Außerhalb der Saison gab es oft eine oder keine Blutkontrolle.

    Nun stelle ich die Frage, ob bei einem gewöhnlichen (Ausdauer)-Leistungssportler im belastungsfreien Zustand ein anderer (niedrigerer) Reti-Wert zu erwarten wäre.

    Allerdings erfolgten die Kontrollen ja nicht in Ruhezeiten, bzw. dürfte die Saisonvorbereitung ja auch sehr intensiv sein (unter diesem Gesichtspunkt dürfte es gegenüber Tests während der Saison meinem Verständnis höchstens geringe Abweichungen geben).

    So richtig Trainingspause macht ja sowieso Keiner in dem Bereich. Insofern hast Du recht, die Werte sollten im Sommer nicht wesentlich anders liegen als in der Wettkampfphase, da ändern auch ein paar Studien nicht so viel, die besagen, daß im Winter die Retis tendenziell etwas höher liegen könnten. Und wenn man sich das mal ansieht, kann man auch nicht wirklich was in die Richtung feststellen (es wurden auch hohe Werte im Sommer/außerhalb der Wettkampfphase gemessen). Das mag zum Teil in der geringen Anzahl der Nicht-Wettkampfkontrollen begründet sein, aber das lag nun wirklich nicht im Verantwortungsbereich von Pechstein. Insgesamt bringt diese Betrachtung keine zusätzlichen Hinweise, oder ist Dir was aufgefallen?

    Zur Belastungsabhängigkeit ist zu sagen, daß die Werte nach harten körperlichen Anstrengungen schon hochgehen, allerdings ist das dann innerhalb kurzer Zeit wieder weg. Die kurze Zeit ist dabei die Reifungszeit der Retis, also 1-2 Tage oder eher schneller, weil der Körper zwar zur Belastung ein paar Retis mehr ausschüttet, das aber in den Stunden danach entsprechend zurückfährt. Zumindest würde ich das so interpretieren.

  142. @dachs:

    Punkt 19-32 (ungefähr) des Urteils beschäftigt sich mit diesen Fragen. Soweit ich es verstanden haben, wurde teilweise zugelassen (�Anlagen 37, 38, 39, 42, 44 und 53″). Andere, offenbar umfangreiche Teile der Antwort auf die Antwort der ISU wurden lediglich als “Duplik� gewertet. So absolut ist das Replikverbot also nicht gehandhabt worden, scheint’s.

    Ohne zu wissen, was das alles genau war, erübrigt sich eigentlich eine weiterführende Diskussion. Ich will bloß mal anmerken, daß die Anerkennung von lediglich 6 Anlagen (von mindestens 53), wie Du ja schon selbst festgestellt hast, nicht gerade viel ist. Und semantische Spitzfindigkeiten über die Bedeutung der Vorlegung neuer Beweise mit zugehörigen Kommentaren, die aus medizinischen Untersuchungen der Athletin hergeleitet sind, bringen uns auch nicht wirklich weiter. Aber man beachte, daß das CAS von der Möglichkeit der Vorlage neuer Beweise schrieb, nicht von aus neuen Untersuchungen hergeleiteten Beweisen ;). Ich habe ja nicht umsonst schon gefragt, ob die bei den Kontrollen erhobenen Daten nicht auch eine Art medizinische Untersuchung darstellen, insbesondere die weiterführenden Werte von den Meßprotokollen (die ja sogar neu waren, sprich vorher gar nicht vorlagen). Also mit ein bißchen gutem Willen hätte man die Schmidt- und Damgaard-Gutachten (die wohl auch noch eine breitere Datenbasis zur Verfügung hatten) schon zulassen können.

    Und verstehe ich das richtig, als Argument dagegen wird aufgeführt, daß das Ganze den Charakter einer „Duplik“ hatte, also daß man sich auf die Punkte in der Antwort der ISU bezog und die entkräften wollte? Man verzeihe einem erklärten Nichtjuristen die Frage, aber wenn das nicht geht, wie sollte sie denn sonst z.B. die (falsche) Darstellung d’Onofrios angehen?
    Achja und eine kleine Verständnisfrage am Rande noch, wäre das nicht zuerst die Replik von Pechstein gewesen und die ISU danach erst mit der Duplik drangewesen?

  143. @Gipsel

    Ohne zu wissen, was das alles genau war, erübrigt sich eigentlich eine weiterführende Diskussion.

    Genau. Erst müsste Frau CP ein bisschen Serverspace anmieten und den ganzen Krempel ins Netz stellen. Jetzt erfahren wir nicht mal, was Darmsgaard gegutachtet hat.

    daß das Ganze den Charakter einer “Duplik“ also daß man sich auf die Punkte in der Antwort der ISU bezog und die entkräften wollte? â€?

    „Duplik“, nicht „Replik“. Duplik ist wenn man früher Vorgebrachtes nochmals wiederholt. Aber wie richtig festgestellt – ohne Kenntnisse der Schriftsätze weiss man nicht Genaues nicht.

  144. @Gipsel: Mir ging es gar nicht darum Hinweise darauf zu finden, dass sie gedopt hat.

    Mein Interesse momentan gilt vorrangig dem System, gewissen Test-Mustern zum Beispiel.

    „Und andere drehen die Dinge so, dass sie nach Belastung klingen.“ Nicht ganz, würde ich sagen. Claudia Pechstein dreht gewisse Dinge so, dass sie nach Entlastung klingen. Andere mögen vo .a. auch ANDERE Dinge so drehen …

    Um`s nochmal so zu sagen: Bei ihr hat man das Gefühl, dass sie sich oft an Einzelheiten festbeißt (ist ja ihr Recht). Aber im Gesamtbild können sich möglicherweise einzelne Auffälligkeiten durchaus sinnvoll einordnen.

    Das Gesamtbild zeichnet weniger CP als zumindest das Gericht.

    Die Sache mit den Bar Codes klingt dramatisch, überzeugt mich letztlich aber nicht.

    Klar ist natürlich, und deswegen stellt sich bei mir auch kein Gefühl von Zufriedenheit ein, dass auch das Handling der ISU in verschiedener Hinsicht nicht ideal war.

    Aber (trotz des von mir beschworenen Gesamtbilds): Es ist sicher sinnvoll zumindest für den Moment zwischendurch mal zu entscheiden a) Dinge, die die Sache betreffen: Hat sie gedopt oder nicht und b) in Verfahrensfragen.

    Z. B. selbst wenn die ISU zu irgendeinem Zeitpunkt etwas angeboten hätte, was die Bezeichnung „Kuhhandel“ verdiente, dann würde das natürlich nicht beweisen, dass CP nicht gedopt hat (das Gegenteil natürlich auch nicht). Beide Dinge haben letztlich nichts miteinander zu tun. Am ehesten insofern, dass dann die Glaubwürdigkeit der ISU beschädigt würde.

    Psychologisch finde ich sehr interessant, wie CO vorgeht: Diese Aktivität.

    Auch hier: Natürlich mag da Wichtiges zu Tage gefördert werden, Wichtiges im Sinne der Kernfrage.

    Vor allem aber liefert sie den Fans und allen die gerne an sie und an die heile Welt im Allgemeinen (mit Ausnahme von Behörden, bei denen es nicht mit rechten Dingen zugehen mag) Futter. Die ganzen „Mutmacher“-Mails zeigen (auch), dass diese Öffentlichkeitsarbeit insofern wirkt, dass viele ihr gewogen bleiben und sie in der Opferrolle sehen.

    Dass das nicht selbstverständlich ist zeigt ja die deutsche Sportpolitik, die erst die Unschuld vermutete, aber nach dem Urteil genauso radikal umschwenkte.

    Natürlich – der Vollständigkeit halber – es könnte auch sein, dass sie vollkommen unschuldig ist und sich alles andere (ihr Tun) daraus und aus dem Lauf der Dinge (Sperre) ergibt. Nur: Nachdem ich alles, was ich bisher „weiß“ abgewogen habe, glaube ich daran eher nicht, sondern an die andere Möglichkeit.

  145. Formal interessant ist z. B. das: Im Bereich der DESG gab es 2008 insgesamt 300 Kontrollen, für die rund 150 Athleten in Frage kamen. Claudia Pechstein ist 2008 bei 21 Gelegenheiten kontrolliert worden, wobei es häufig Blut- und Urin-Kontrolle gab. Das alles spricht dafür, dass ein Großteil der Kontrollen von der ISU veranlasst wurden.

    Auch wert, festgehalten zu werden: Sie wurde in Deutschland (meist) zu Hause und vielfach international gestestet. In Oslo (Trainingsort?!)nie. Auch sonst eher selten in Norwegen.

    Aber ausgerechnet in Hamar bei der WM 2009 war das Blutprofil aus ISU-Sicht dann zu auffällig.

  146. @RalfKohler

    man muß bei dem Tun von CP auch bedenken, dass sie gerade
    die öffentlichtswirksame Arbeit machen MUSS.
    Falls sie unschuldig ist, wird sie ihr Makel leider trotzdem
    nicht losbekommen. Die Mehrzahl der Leute werden ihren
    Namen immer mit Doping in Verbindung bringen.
    Wahrscheinlich haben mehr Leute ihren Namen durch diese
    Affaire mitbekommen, als durch ihre Olympiasiege.
    Sie will und muss dem natürlich so gut wie möglich entgegen
    wirken.

    Wenn man bedenkt, dass in anderen Foren, die sich nicht
    so seriös mit dem Thema befassen, quasi die Meinung herrscht,
    dass sie des Dopings zweifelsfrei überführt ist (was ja nicht
    einam der CAS/ISU tut), kann ich ihr Handeln gut verstehen.

    Dass sie da ab und zu vereinfachen oder auch polemisch
    vorgeht, kann man ja verstehen.
    Gesetz den Fall, dass sie unschuldig ist, würde ich in
    ihrer Situation wesentlich agressiver um mich schlagen.

  147. @dachs:

    daß das Ganze den Charakter einer “Duplik� also daß man sich auf die Punkte in der Antwort der ISU bezog und die entkräften wollte?

    “Duplikâ€?, nicht “Replikâ€?. Duplik ist wenn man früher Vorgebrachtes nochmals wiederholt. Aber wie richtig festgestellt – ohne Kenntnisse der Schriftsätze weiss man nicht Genaues nicht.

    Hmm, ich bin ja wie gesagt kein Jurist, aber ein Gericht wird wohl eher von dieser Duplik reden, oder?
    Außerdem werden die Schmidt- und Damsgaard-Gutachten wohl kaum so ähnlich zu dem von Jelkmann gewesen sein, daß sie als Duplikat gelten können.

  148. @Gipsel

    Wg. „Duplik“: dann nehm ich das zurück und behaupte das Gegenteil. Jedenfalls wurden Teile der Eingabe zugelassen, was beweist, dass sich das Panel damit auseinandergesetzt hat und auf „aussergewöhnliche Umstände“ erkannt hat (vgl. Code R56) . Soll die CP also sagen, was das war: es steht ihr frei.

    Tja – und was steht im Darmsgaard-Gutachten? Die CP hat’s bezahlt – warum veröffentlicht sie es nicht einfach und lässt uns anstelle weiterraten, was da wohl drinstand und was nicht?

  149. Tja – und was steht im Darmsgaard-Gutachten?

    dachs,
    er hat sich doch geäußert,wie auch Pöttgen, W.Schmidt, Schänzer und Ashenden.
    YO Schumacher hatte sich auch geäußert aber ich find das Interview in der Bönningheimer Zeitung nicht mehr.
    Aber hier sagt er was zum neuen Blutpass.

    The problem is, that in most federations, there is no expertise to perform these tasks and tests are performed more or less at random, thus losing a lot of sensitivity.

    Ich hätte ihn natürlich noch gefragt,welche Verbände er damit meint.Ich zähle auch die ISU dazu.Der UCI wurde erst letztens von der WADA bescheinigt,ein Umdenken vollzogen zu haben.

    YO Schumacher nennt sich übrigens „unabhängiger Gutachter“ der UCI. Und er widerspricht, wie auch schon Damsgaard, der Äußerung,die dopenden Sportler sind den Jägern immer einen Schritt voraus.

  150. Herbert,
    finde es weniger interessant, ob CP ihre „DKB-Lücke“ schließen kann – aber doch recht interessant, womit Unternehmer ihr Marketing aufmöbeln. Gut zu wissen, wenn auch etwas gegen den Trend (Oder ein neuer Trend?), dass Dopingschlagzeilen dazu gehören und, vor allem, für wen. Jedenfalls ist der Sponsor ein Mann mit interessanten Prägungen, bevor er sein Talent als geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Firmen entdeckt hat, hier:

    1986-1989: Studium an der Militärpolitischen Hochschule in Minsk; 1989/90 Sicherheitsmitarbeiter im Grand Hotel in Berlin; „Meister des Sports der UdSSR“ 1988

    Aber: Ist ja alles schon so lange her. Klar.

  151. ha, was soll denn daran so verwerflich sein ?
    Wir sollten doch die Kirche im berühmten Dorf lassen.
    Da gibt es ganz andere Sponsoren-Vita.

    Oder stört dich nur die Verbindung zu CP ?

  152. Beide, Herbert, beides!
    Zusammen mit Claudias boyfriend und einigen anderen personellen Erscheinungen ergibt das eine etwas schwüle Umgebung. Ist aber Geschmackssache. Wie der „Gastronomiebereich“ des Sponsors: Zur Currywurst. Mit VIP-Ausweis.

  153. Oliver, Sie sind vielleicht ein emotionaler Typ …

    Die Frage schuldig oder nicht ist in der Tat die Kernfrage. Und sie muss es bleiben. Die hätte ich gerne eindeutig geklärt (schwierig).

    Alles andere kommt danach.

    Dafür wie CP reagiert, versuche ich ja auch Verständnis aufzubringen. Aber müssen tut sie gar nichts.

    Was mich in unserer Gesellschaft grundsätzlich stört, ist dass immer alles abgestritten wird, und es gelingt, egal wie die Situation ist, Zweifel zu säen.

    Wie war das bei Dieter Baumann? (Nun jedenfalls hatte das Internet da noch nicht so viel Bedeutung).

    KÖNNTE CP nicht einfach auch sagen: Ich habe nicht … (Ende.)

    Und vielleicht nnoch sachliche Informationen aufbringen.
    Die arme Unschuld vom Land kann man ihr so oder so nicht mehr abnehmen.

    Klar doch, wenn der eigene Name mit Doping in Verbindung kommt, dann ist das ein Problem (übrigens für Schuldige und Unschuldige).

    Aber was ich mir einfach Wünsche – nicht nur in diesem Fall – mehr Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit, auch wenn ich weiß, dass es schwer ist, immer aufrichtig zu sein, und dass man sich gerade damit das Leben schwer machen kann.

    Aber das ist doch eben auch Wischiwaschi, die Äußerung, dass sie auf den ersten angeblichen Kuhhandel nicht hätte eingehen sollen, wobei sie gleichzeitig suggeriert, dass sich in der Situation jeder so verhalten hätte.

    Natürlich ist das unangenehm (erst recht für jmd. Unschuldigen): Aber deshalb einfach die Augen zumachen und hoffen, dass der Sturm vorüberzieht und dabei Gott und die Welt zu belügen und zu täuschen. SOLL ES DAS SEIN?

    Oh, nein. Das Allerschlimmste ist aber noch, dass sich solche Leute auch noch im Recht fühlen.

    Reflexionsvermögen, Selbstktritik? Alles hinter kommerzielle Aspekte und Eitelkeit zurückgedrängt?

    Wie schon mal gesagt: Es gibt auch Leute, die UNSCHULDIG im Gefängnis sitzen. Ein mögliches Unrecht an Pechstein oder anderen Sportlern will ich mit dem Hinweis nicht kleinreden. Aber ein bißchen den Sinn für Relationen zu bewahren, kann ja nicht schaden.

  154. @ha

    Die Diskussion zu und über CP wird in eine sehr schwüle Atmosphäre gezogen. Ich kenne mich nicht so gut wie Du in der Szene aus und weiß auch nicht, wer Herr Große ist. Mir scheint aber eher, dass bei gewissen Leuten alles, was Claudia Pechstein zurzeit sagt und tut, schlecht geredet und mit Zweifeln belegt werden muss. Mir scheint, manchen geht es schon lange nicht darum ,ob sie schuldig oder unschuldig ist. In der Schule wurde dazu mal Schwarz-Weiß-Denken gesagt.Ist das nicht ein bißchen sehr durchsichtig und hat mit seriöser Betrachtung nichts mehr zu zun? Die Dunkelmänner und Verschwörungsmacher gibt es wahrscheinlich auf beiden Seiten.

  155. Wahrscheinlich, Herbert.
    Nein, bin auch sehr gespannt, was das nach CP erste unabhängige Gericht entscheiden wird. Und, falls gegen sie, beinahe ebenso gespannt auf die Reaktionen der Cas-Verächter hier.
    Auf das Umfeld von Athleten hinzuweisen, mag, wie du sagst, durchsichtig sein. Soll es sogar, gewissermaßen. Darüber, was ein Umfeld sagt, möge sich jeder seine eigene Meinung bilden. Hatte dich aber bisher so verstanden, dass dir das Umfeld besonders wichtig ist.

  156. Zu Frau Pechsteins neusten Vertragsabschluss habe ich eher keine Meinung (höchstens absolute Sparmeinungen, wie bspw., dass diese Currywurst-Bude im Bahnof Alexanderplatz nach meiner von meinem ganz persönlichen Geschmack geprägten Erfahrung ziemlich mies ist; oder bspw., dass die absolute Nichterwähnung auf meiner ehemaligen Lieblingssite ein wenig so wirkt, also wolle da jemand in diesem Umfeld lieber doch nicht auftauchen), aber Boris Herrmann hat nicht nur eine Meinung, sondern diese auch gleich in die Berliner Zeitung geschrieben.

    (…)“… aber die Moral ist intakt.“ (…) Wundern darf man sich aber sehr wohl darüber, dass der FC Bayern München, der selbst ernannte Vorreiter ethisch korrekten Wirtschaftens, nun den ehemaligen Siemens-Boss Heinrich von Pierer in seinem Verwaltungsbeirat willkommen heißt – jenen Pierer, der im Zuge des Schmiergeldskandals seinen Job quittierte. Dazu gesellen sich Nachrichten über einen neuen Werbevertrag für die dopinggesperrte Claudia Pechstein und über die ungebrochene Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Anstalten über den chemieverseuchten Reitsport. Die Privatsender bekennen sich derweil zu mehr Direktinvestitionen in abendfüllendes Kirmesboxen.

    Insofern kann man selbst ohne die jüngsten Korruptionsvorwürfe gegen den gesperrten DFB-Schiedsrichter Cetin S. zu dem Urteil gelangen, dass mit der Unmoral in der Sportwelt soweit alles intakt ist.

  157. Ich verliere hier übrigens gerade ein wenig den Überblick. Nur mal ganz kurz während der Half-Time zum Thema Replikverbot.

    Was eine Replik ist, hat gipsel sehr schön herausgefunden (siehts Du – andersherum stimmt es schon: in der Juristerei kommt man ohne Vorkenntnisse mit etwas Logik sehr viel weiter, als in echten Wissenschaften). Warum die das dann als „Duplik“ verwerfen, ist mir eher unklar, aber erstens ist das ziemlich wurscht, es ist ja recht klar, was das Gericht meint.

    Und zweitens werde ich besser keine drei erfahrenen Volljuristen für ihre Wortwahl kritisieren, die weder aus Deutschland stammen, noch in Deutschland ihr Urteil abgeliefert haben (zumal ja recht viel dafür spräche, bereits die Klageerwiederung „Replik“ zu nennen – aber lassen wir das).

    dachs:

    Das ist doch im Code des CAS geregelt, wie ich das verstehe:(…)
    Also – entweder einigen sich beide Seiten auf eine neuen Schriftenwechsel (die ISU tat das nicht) oder der Vorsitzende erkennt auf aussergewöhnliche Umstände.

    Ja, richtig, und das schreibt ja auch das Gericht.

    Es bleiben aber zwei wichtige Fragen offen:

    – Die ISU-Regeln sind keine Gesetze, sondern allenfalls vertragliche Vereibarungen (ich meine sogar, dass sie von den Parteien formal vor jedem Verfahren anerkannt werden, aber da müsste ich nochmal nachsehen). Die Frage ist: ist diese Vorgehensweise eine unzulässige Benachteiligung des Klägers?

    – Und hat das Gericht diese Regelungen des Schiedsverfahrens selber falsch angewandt?

    Wenn ich das richtig sehe, dann begibt sich das Gericht hier ohne Not auf recht dünnes Eis.
    Denn wenn ich dieses Urteil richtig interpretiere, zieht das Schweizer BG bei Fragen des völligen Fehlens effektiven rechtlichen Gehörs (auch in Bezug auf einzelne Sachverhaltsbestandteile) eine seiner wenigen Grenzen (auch sonst interessant):

    (..)Der Anspruch auf rechtliches Gehör enthält keinen Anspruch auf einen materiell richtigen Entscheid. (..) Daher ist es nicht Sache des Bundesgerichts, zu überprüfen, ob das Schiedsgericht sämtliche Aktenstellen berücksichtigt und richtig verstanden hat.(..)
    Eine formelle Rechtsverweigerung liegt nur vor, wenn den Parteien die Möglichkeit, am Prozess teilzunehmen, ihn zu beeinflussen und ihren Standpunkt einzubringen, verbaut, mithin ihr Anspruch auf rechtliches Gehör durch das offensichtliche Versehen faktisch ausgehöhlt wird. Dies allein rechtfertigt, den Entscheid ohne Rücksicht auf die materiellen Erfolgschancen der Beschwerde aufzuheben,(..)
    Dabei spielt keine Rolle, ob das Schiedsgericheine Aktenstelle überhaupt unberücksichtigt lässt oder missversteht. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass eine Partei im Verfahren benachteiligt worden ist und ihr Mitwirkungsrecht derart entwertet wurde, dass sie im Ergebnis nicht besser dasteht, als wenn ihr das rechtliche Gehör zu einer entscheidwesentlichen Frage überhaupt nicht gewährt worden wäre(..)
    Im Ergebnis war die Partei mit Bezug auf einen Teil der Klage nicht besser gestellt, als wenn ihr das rechtliche Gehör überhaupt nicht gewährt worden wäre, indem das Gericht infolge des Versehens eine wesentliche Behauptung der Partei überhaupt nicht zur Kenntnis nahm.(..)
    Wer aus einem offensichtlichen Versehen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ableiten will, kann sich demnach nicht darauf beschränken, auszuführen, inwiefern das behauptete Versehen zu einer fehlerhaften Beweiswürdigung führte, da darin, wie auch in einer willkürlichen Beweiswürdigung, keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt. Die betreffende Partei hat vielmehr darzulegen, dass ihr das richterliche Versehen verunmöglicht hat, ihren Standpunkt in Bezug auf ein prozessrelevantes Thema in den Prozess einzubringen und zu beweisen.

  158. @ha

    Nein, bin auch sehr gespannt, was das nach CP erste unabhängige Gericht entscheiden wird. Und, falls gegen sie, beinahe ebenso gespannt auf die Reaktionen der Cas-Verächter hier

    .

    Ich gebe zu, mich als solcher zu Outen. Dazu später mehr.(muß noch schaffe). Die Reaktion (bei einer Verwerfung) wird nicht weltbewegend sein, da das Schweizer Bundesgericht das Urteil nicht bewertet, sondern mögliche Verfahrensfehler prüft.
    Also selbst wenn sie „unschuldig“ sein sollte, kann das Gericht trotzdem gegen sie entscheiden, wenn es keine Fehler findet.
    Anders wäre es, würde das Gericht C.P Recht geben. Dann hätte der CAS nicht nur zu ihren Ungunsten entschieden, indem er der Argumentationen der ISU fast bedingungslos folgte, sondern hätte juristisch gesehen, eben kein „wasserdichtes Urteil“ auf den Weg gebracht. Daß wiederum würde wie eine Bombe einschlagen. Denn wie sagte der deutsche CAS Richter(so süffisant) vor dem Sportausschuss des Bundestages(das Urteil ist rechtlich entgültig).
    Wie würde er dann zu dieser Aussage stehen?

  159. @Sternburg

    Die ISU-Regeln sind keine Gesetze, sondern allenfalls vertragliche Vereibarungen (ich meine sogar, dass sie von den Parteien formal vor jedem Verfahren anerkannt werden, aber da müsste ich nochmal nachsehen). Die Frage ist: ist diese Vorgehensweise eine unzulässige Benachteiligung des Klägers?

    Bis du dir da sicher? Ich meine, in den Statuten der ISU gelesen zu haben, das die Unterzeichnerstaaten sich verpflichten, die Regelungen der ISU als bindend und einzig anzusehen. Muß aber nochmal durchlesen.

    <a href=http://www.isu.org/vsite/vfile/page/fileurl/0,11040,4844-192306-209529-141863-0-file,00.pdf

  160. Marco,
    vollkommen richtig, was du einschränkend zum Cas-Urteil sagst. (Übersetzt: Es wird auch im Fall eines Entscheids gegen CP weiter viele Argumente geben, das unschuldige Aushängeschild zu verteidigen, mutmaßlich nicht nur für Wurstbuden.) Dachte nur, ich hätte hier zuletzt eine Menge über vermeintliche oder eventuell tatsächliche Verfahrensfehler des Cas gelesen.
    Und knapp daneben: Noch kennen Vereinbarungen der Weltsportverbände keine „Unterzeichnerstaaten“ (nur die UNESCO-Konvention gegen Doping) – aber vielleicht kommt’s ja auch noch dahin ;-)

  161. @sternburg
    Die Frage ist: ist diese Vorgehensweise eine unzulässige Benachteiligung des Klägers?

    Zumindest im Schweizer Verwaltungsrecht ist es so üblich: Beschwerde gegen eine Verfügung, Beschwerdeantwort der Behörde, Ende des Schriftenwechsels. Es sei denn, die Behörde würde in ihrer Antwort völlig neue Dinge und Begründungen vorbringen. Dann muss eine zweiter Schriftenwechsel durchgeführt werden.

    Hier aber hat der zweite Schriftenwechsel stattgefunden; einzelne Vorbringen der zweiten Eingabe wurden offenbar zugelassen. Ob die Teile, die (immerhin CAS-Code-konform) nicht zugelassen wurden, zu Unrecht nicht zugelassen wurden und damit der Anspruch auf das rechtliche Gehör verweigert wurde, wird das BGer entscheiden. Dass unter diesen Umständen da aber auf ein „offensichtliches Versehen“ erkannt werden soll, das kann ich nicht glauben.

    Und wenn ich dann noch Abschnitt b) aus deiner Quelle lese, dann würde ich keinen Cent auf einen Erfolg von CP vor Bundesgericht wetten.

  162. Und, falls gegen sie, beinahe ebenso gespannt auf die Reaktionen der Cas-Verächter hier.

    ha, da scheinen die „Fronten“ doch geklärt, zumindest im Blogg. Es sei denn, es kommt the day after zu Ãœberläufen.
    Soll es ja schon des öfteren gegeben haben. *ggg*
    Eher glaube ich aber an vehemente Rechtfertigungskämpfe, ganz gleich, wer scheinbar verliert. Der Triumph einer Auffassung wird sich eher in Grenzen halten. Dazu waren die Tage und Nächte, die Suche nach immer neuen Ein- und Ausblicken, nach vorher nie gelesenen Details, Zusammenhängen und Optionen, kaum skurril oder gar obskur, zu anstrengend. ;)
    Ein jähes mediales Ende der Causa Pechstein ist vermutlich nicht in Sicht. Bei einer Kassierung des Urteils des CAS durch das Schweizer Bundesgericht erwarte ich ein ähnliches Verhalten wie bei der FIA zum Urteil des „Tribunal de Grande Instance“ für Flavio Briatore.

    http://www.sportschau.de/sp/formel1/news201001/05/briatore.jsp

    Andererseits könnte auch der Gang vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bevorstehen.

    http://www.liechtenstein-icj-case.de/fall/52.html

    Wenn ich zu entscheiden hätte, würde ich im Interesse aller Beteiligten und sozusagen als Face-keeping den Fall zur erneuten Betrachtung an den CAS zurückgeben.
    Da ich hier zur Minderheitsfraktion zähle, würde ich natürlich wegen der vom Verband vorgelegten, als gerichtsfest unfähigen Gutachten die Gesperrte frei sprechen. Die evtl.zu erwartenden Schadenersatzforderungen von Claudia Pechstein können wohlwollend aussergerichtlich geklärt werden. Claudia geht es bestimmt schon lange mehr um ihren Ruf als um die gänzliche Wiedergutmachung des erlittenen wirtschaftlichen Schadens.
    Alles in allem wird der Fall Claudia Pechstein ein Markstein, der steht oder fällt, auf dem Weg zum indirekten Dopingnachweis. Die Frage ist nur rühmlich oder unrühmlich. Meine Meinung dazu ist ja bekannt.

    Und was das Umfeld betrifft, so bewegen wir uns doch mehr in moralisch-ethische Gefielde. Die zu erörtern,war bislang,was den Antidopingkampf betrifft,kaum jemand bereit. Alle Versuche, diese Diskussion zu eröffnen, liefen bislang in (das Messer) des WADA-Codes. Also ist es nur ausgleichend, wenn diese Kategorie auch in diesem Kontext draußen bleibt. Obwohl ich viele kenne, die gar zu gern, sozusagen als follow-up auf die bereits laufende akademische Prüfung, eine öffentliche Erörterung führen würden. Allerdings nicht neben der Hauptarena, sondern mittendrin. Aber das scheint ohne „jähe Wendungen“ ;) noch lange hin.

    Imo ist die auch hier geführte Auseinandersetzung doch nur stellvertretend für die prinzipiell vertretene Meinung zum Problem. Sind wir doch mal ehrlich !

  163. ha,
    jetzt muß ich aber schmunzeln, höre ich da etwa Trotz heraus?
    Ich bestehe aber darauf,dass ich kein CAS Verächter , sondern ein ISU Verächter bin;-)

    Du meinst also, ob CP Gedopt hat oder nicht, hängt vom Bundesgericht ab? Ich vermute mal CP wird auch bei negativem Urteil(wer weiß schon,ob das CAS formaljuristisch falsch handelte)ihren Weltverband nicht in Ruhe lassen wird.

    Vielleicht sind dann aber unsere Ermittlungsbehörden schon weiter beim Aufklären ihres „Hintergrundes“. Herr Bach hat doch als einer der ersten danach geschrien.;-)

    Vielleicht hat auch ein „Experte“ die unbekannte „Dopingmethode“ herausgefunden,die CP alleine benutzt.;-)

    Vielleicht hat dann auch die WADA alle ihre Experten für den neuen Blutpass rausgeschmissen,weil sie der ISU so in den Rücken gefallen sind;-)

    Vielleicht fragen wir auch einfach nur Prof.Dr.Dr.Perikles Simon?
    hier

    „Ein gedopter Athlet kann Umfänge trainieren, die ein nicht gedopter Sportler nicht trainieren kann. Auch Sportmediziner und Funktionäre wissen Bescheid“, sagte Simon und forderte eine „Ächtung des inkompetenten Umfelds“ statt der „medialen Ächtung der Gedopten. Die Sportler sind die Armen, die es zu schützen gilt.“ Statt einer Kopplung der Steuergelder an die Medaillengewinne, sollten die finanziellen Leistungen an die Dopingvergehen gekoppelt werden.

  164. @Walter

    Vielleicht sind dann aber unsere Ermittlungsbehörden schon weiter beim Aufklären ihres “Hintergrundes�. Herr Bach hat doch als einer der ersten danach geschrien.;-)

    Vieleicht wird unser „Wissensdurst“ aber auch bald(ein bißchen) gestillt werden.<ahref=http://www.welt.de/die-welt/sport/article5903159/Pechstein-Einige-muessen-zittern.html
    Noch lustiger wäre es (………….ein anders mal)

  165. @dachs:

    Zumindest im Schweizer Verwaltungsrecht ist es so üblich: Beschwerde gegen eine Verfügung, Beschwerdeantwort der Behörde, Ende des Schriftenwechsels. Es sei denn, die Behörde würde in ihrer Antwort völlig neue Dinge und Begründungen vorbringen. Dann muss eine zweiter Schriftenwechsel durchgeführt werden.

    Ernsthaft? Das ist ja schonmal hochinteressant. Dann erscheint es eher unwahrscheinlich, dass das BG schon die Statuten/ vereinbarten Verfahrensregeln als unvereinbar mit dem ordre puplic ansehen würde.

    Btw, ich habe vorhin mal zehn Minuten investiert, um herauszufinden, wie das der deutsche BGH entscheiden würde, und bin auch nicht sonderlich weit gekommen. Maßgeblich wäre wohl, ob es sich um einen Verstoß gegen Art 103 I GG handelt. Hier muss doch mal ein speziell kundiger Passant vorbeikommen.
    Wer selber nachsehen will: Art 6 EGBGB, ROM I-VO 21 und § 1051 ZPO (soweit ich das verstehe).

    Das macht es aber noch lange nicht unwahrscheinlicher, dass die Anwendung dieser Verfahrensregeln des Cas als unvereinbar ansehen würde. Aber da kommen wir ja irgendwie auch nicht weiter. Man sollte einfach das Urteil des BG abwarten (wobei ich, genauso wie dachs, auch eher nicht wetten würde).

    @Marco:

    [ISU-Regeln keine Gesetze] Bis du dir da sicher?

    Ja (vgl. ha).

    Also selbst wenn sie “unschuldig� sein sollte, kann das Gericht trotzdem gegen sie entscheiden, wenn es keine Fehler findet. Anders wäre es, würde das Gericht C.P Recht geben.

    Verstehe ich nicht. Das Urteil des BG ist kein zwingendes Indiz dafür, welcher der beiden Behauptungen gedopt/ ungedopt die absolute Wahrheit dartsellen, das ist richtig. Aber wo liegt jetzt der riesige Unterschied zwischen stattgeben und abweisen? In beiden Fällen ist ein Urteil über die Qualität eines Cas-Spruches gefällt und der weitere Karriereweg der Frau Pechstein erst einmal entschieden. Nicht mehr und nicht weniger.

    @herbert:

    Andererseits könnte auch der Gang vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bevorstehen.
    http://www.liechtenstein-icj-case.de/fall/52.htm

    Wir werden in der Frage, ob es ratsam ist, Texte, über die man schreibt, vorher auch mal zu lesen, wahrscheinlich nicht so schnell überein kommen. Aber hier wäre es doch so einfach gewesen: „Ausschließlich Staaten können den Gerichtshof anrufen und vor dem Gerichtshof auftreten.“ Man kann Frau Pechstein ja viel nachsagen, aber das..

  166. @ Sternburg

    Aber wo liegt jetzt der riesige Unterschied zwischen stattgeben und abweisen?

    Nicht in der Kernaussage, da hast du völlig recht.
    Aber zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung.

  167. @sternburg

    Danke für die Richtigstellung.
    Ich meinte natürlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Luxemburg.

  168. „75,69 Prozent: Claudia Pechstein ist unschuldig“ – und jetzt stellt sich die Frage, wer das ermittelt hat: Es war die „Siegner Zeitung“ online – und jetzt stellt sich die Frage, warum gerade eine Zeitung aus Siegen: Richtig, unser freundlicher Herr Prof. Dr. Winfried Gassmann praktiziert in Siegen, ja genau der Gassmann, der das doch so positive 28Seiten Gutachten zugunsten der Frau Pechstein zur Veröffentlichung gefertigt hat. Ach, diese Zufälle …

  169. Sorry, es ist die „Siegener Zeitung“ online. die so überaus positiv über die Frau Pechstein berichtet, nicht die „Siegner Zeitung“ online (sofern letztere existieren sollte, bitte ich für meinen Lapsus um Entschuldigung).

  170. Eine Online-„Umfrage“ einer Zeitung ist nicht mehr wert als, sagen wir: eine Abstimmung in einem x-beliebigen Blog.

  171. Walter? Herbert?
    Also dann @Walter, gern ein Nachtrag zu Deinem Autoritätsargument Simon: „Die Sportler sind die Armen, die es zu schützen gilt.“
    Führe diesen Satz auf die Impulsivität des gesprochenen Wortes zurück – nee, die Sportler sind auch profitierende Täter.

  172. ha,
    dann verstehst du Perikles Simon nicht richtig. Klar sind dopende Sportler auch profitierende Täter. Als solche lassen sie sich wunderbar als Einzeltäter medial vermarkten.

    Nur wird immer noch verschwiegen,dass sie dies niemals unbemerkt vom Leistungsdiagnostiker(Arzt,Trainer,Funktionär)tun können.Wenn die es nicht wissen(wollen),haben sie es i.d.R. selbst veranlasst oder geduldet und tun nur überrascht.
    Simon nennt dies, ihr inkompetentes Umfeld.
    Was meinst du,warum sich vom BDR heute noch keiner gerne mit Robert Lechner unterhalten will?

    Henner nannte im Herbst ein Beispiel mit J. Mühlegg, wie waren die Funktionäre überracht und entsetzt beim Nachweis von EPO, obwohl sie es wissen mußten,auch,dass die nachrückenden LL gleich drauf waren.

  173. @ha

    Es funktioniert. Nur nicht auf inhaltliche Fragen eingehen. Ja keine Diskussion mit denen, sondern sie vorführen. Ist das nicht peinlich und wenn man empfindlich ist, auch diskriminierend ? Woher kommt denn die Erbmasse? Ist das die Hohe Schule ? Sag bloß, du bist ein Journalist ? Das würde ja dann in mein Klischeé passen. *ggg*

  174. Herbert,
    sorry, wenn Du das so verstanden hast – so war der Link auf EuGH nicht gemeint. Schadet doch nicht zu wissen, wo der ist und was der tut, oder?
    Und zu den inhaltlichen Fragen: Wiederholungen können auch ermüdend sein. Vieles war einfach schon dran, alle Differenzen sind klar. Also warum noch einmal? Ist ebenso wenig persönlich gemeint.

  175. @JoJO am 16. Januar 2010 – 00:50:

    Ich so:

    Ich sehe dort nirgendwo, dass das Gericht die Voraussetzung, dass ein “einzelner außergewöhnlicher Blut-Parameter ausreicht� um den Nachweis der Manipulation zu führen, einer ISU-Regelung entnimmt.

    Du so:
    Unter Punkt 117 hat das CAS ausgeführt, dass eine Abweichung von den WADA-Standards zulässig ist, wenn dadurch kein anderes Analysergebnis entsteht

    Zumindest ich verstehe den Absatz 117 anders. Lese nochmal den gesamten Abschnitt „Beweislast“ (Rn. 112 bis 118).
    Dann wird dir auffallen, dass es hier zunächst darum geht, dass die ISU die volle Beweislast trägt und (anders als die ISU meinte) auch keine Vermutung zugunsten der korrekten Datenerhebung (im weitesten Sinne) der ISU eingreift.
    Und zwar greife diese Vermutung deshalb nicht (Rn. 116 – ich muss zugeben, das sehe ich erst jetzt), weil es sich nicht um ein „von der Norm abweichendes Analyseergebnis handelt“ (was immer das ist; bzw. mit Rn. 114, auf die Verwiesen wird, scheint es sich schlicht um „keinen positiven Test“ zu handeln).

    Ich muss zugeben, nun wird die Darstellung m.E. etwas wirr, darum folgen ab jetzt Interpretationen.
    Weil diese Vermutung nicht greift, muss die ISU sich auch nicht nach dem WADA IST und dem WADA ISL richten (Rn. 116), oder, andersherum und in logisch ausgedrückt: wenn die Wada-Codes zur Datenerhebung eingehalten sind, dann greift die Vermutung ein. Sind sie nicht eingehalten, dann bedeutet das nur, dass die Vermutung nicht eingfreift. Es bleibt dem Verband aber unbenommen, den Beweis ohne Rückgriff auf die Vermutung zu führen.
    Und (nur) das ergibt auch Sinn, den sonst wäre bspw. ein Geständnis des Dopenden auch nicht als Grundlage für eine Sperre nutzbar, weil es natürlich nicht die Wada-Regeln zur Probenentnahme einhält (ist ja auch gar keine Probe).
    Sollte ich hier als völlig von entsprechenden Kenntnissen befreiter völligen Unsinn über die Wada-Codes verzapft haben, bitte ich um Korrektur.

    Tja, stellt sich dann nur noch die Frage, wie der Beweis zu führen ist: „jedes zuverlässige Verfahren der Probennahme, der Abläufe nach Tests (post-test administration), des Probentransports, der Analysevorgänge und -dokumentation“.
    Klare Regel, die nicht aus dem Regelwerk der ISU abgeschrieben ist.

    _Nachdem_ diese Regel aufgestellt ist, handelt des Schiedsgericht noch ab, dass diese _auch_ Unterstützung in den Regeln der ISU findet: „Dieser Standpunkt
    wird durch den offiziellen Kommentar zu Artikel 2.2 der ISU-ADR bestätigt“
    und das _selbst wenn_ die Wada-Regeln anwendbar wären, sie vorliegend den Beweis nach der obigen Regel nicht unterbinden würden, weil auch die Wada-Regeln selber bei einer Abweichung des in ihnen vorgesehenen Prozederes dem Verband die Möglichkeit eröffnen, nachzuweisen, dass das konkrete Verfahren genau so zuverlässig ist. Oder wie es der Cas in dem von dir zitierten Absatz 117 aus den Wada-Codes zitiert: „selbst bei von der Norm abweichenden Analyseergebnissen, eine Abweichung von den WADA International Standards nicht per se
    die Ungültigkeit der Analyseergebnisse bewirkt, solange die Anti-Doping-Organisation den Nachweis erbringt, dass die Abweichung nicht die Ursache für das von der Norm abweichende Analyseergebnis ist“
    . Das heisst nach meiner bescheidenen Auffassung ungefähr dies: wenn ein Verband Daten vorlegt, die eine Sperre begründen können, aber feststeht, dass die Erhebung dieser Daten nicht den Wada-Regeln konform ablief, also von ihnen abwich, so ist diese Abweichung von den Regeln der Datenerhebung unbeachtlich, wenn der Verband seinerseits nachweist, dass die Daten auch dann so wären, wie sie sind, wenn die Regeln eingehalten worden wären.

    Auf unseren Fall runtergebrochen: _Wären_ die Wada-Regeln anwendbar, dann wäre die Analyse von Frau Pechsteins Blut zwar entgegen den WADA International Standards erhoben, aber die Sperre der ISU wäre trotzdem in Ordnung, wenn sie nachweist, dass auch bei Einhaltung der WADA International Standards das Ergebnis der Analyse, nämlich das „Anders-Sein“ ihres Blutes, das selbe gewesen wäre.
    Und hierzu wiederum wäre die oben festgestellte Regel ausreichend.

    Dabei meint „Analyseergebnis“ m.E. nicht die konkreten Datensätze, denn sonst würde die Regel leerlaufen: diese werden mit einem anderen Verfahren wohl nie erreichbar sein (vom Cas wohl stillschweigend vorausgesetzte Interpretation).

    Ich persönlich finde, dass diese Ansicht des Schiedsgerichts zumindest nicht völlig fernliegend ist.

    Wer mag, der kann sich darüber Gedanken machen, zu welchem Ergebnis das Schiedsgericht hätte kommen müssen, wenn es angenommen hätte, dass die von Ihm aufgestellte Regel gegen die ISU-Regeln verstößt…

    Ich so:

    “Gleiches gilt für die verbandsinterne Festlegung eines willkürlichen Grenzwertes auf z. B. einer Advia-Maschine.� Ich sehe nirgendwo, dass überhaupt ein abstrakter Grenzwert angewendet wird, schon gar nicht ein von der ISU vorgegebener.

    Du so:
    Wie Gipsel bereits ausführte, sollten die Ergebnisse der Reti-Messungen unabhängig vom Gerät eigentlich identisch oder zumindest sehr ähnlich sein. (..) Das CAS hat diesen Aspekt eben nicht geprüft bzw. geklärt, sondern hat nur die markant höheren Meßwerte der ADVIA betrachtet und ist damit ausschließlich der Vorgabe der ISU gefolgt.

    Rn. 157:

    Das Schiedsgericht entnimmt der Beweisaufnahme, dass das Advia im Allgemeinen dazu tendiert, höhere Retikulozyten-Werte zu liefern als das Sysmex. Angesichts dieses Unterschieds zwischen den beiden Geräten und der Tatsache, dass es für die Erstellung von Blutprofilen wichtig ist, immer dieselbe Technik zu verwenden, wird das Schiedsgericht die Blutwerte der Athletin, die mit einem Sysmex ermittelt wurden, nicht berücksichtigen und nur die Werte aus Analysen mit dem Advia in Betracht ziehen. Auf diese Weise ist das Schiedsgericht überzeugt, dass alle Werte miteinander vergleichbar sind, und zwar insbesondere weil die Kalibrierung des Advia stets nach demselben Protokoll von Bayer/Siemens erfolgte.

    Hmm.. das lese ich so: „Diesen ganzen Quatsch des Vergleichs von Sysmex und Advia machen wir jetzt mal nicht mit, wir betrachten nur und ausschließlich die Advia-Werte. Wären von Anfang an nur diese eingereicht worden, wäre das auch völlig ausreichend gewesen, weil ..“

    Kann ich, ehrlich gesagt, nachvollziehen. Vielelicht wäre ein klärender Satz wie „Soweit wir nur die auf der Sysmex gemessenen Werte zu Grunde legen, so wäre der Beweis wohl nicht erbracht, vielleicht auch doch, keine Ahnung, man müsste jedenfalls erst einmal so richtig in aller Tiefe untersuchen, ob die Behauptung stimmt, dass die immer zu tief messen. Und eineiges anderes mehr. Aber darauf haben wir keinen Bock, mag der Beweis mittels dieser Ergebnisse nicht erbracht worden sein, er ist es jedenfalls aber mit denen von der Advia“ ganz nett gewesen.

    Zumal:

    Alle Sachverständigen waren sich einig, dass es sich im Allgemeinen um ein zuverlässiges Gerät handelt, das offensichtlich richtig kalibriert werden muss (Rn. 151)

    Und es wurde im konkreten Fall auch jedesmal richtig kalibriert (Rn. 153-157).
    Ich meine, daran konnte sich das Schiedsgericht dann auch halten.
    Jedenfalls sehe ich keine blinde Ãœbernahme von ISU-Vorgaben.

    Aber evtl. verstehe ich das auch einfach alles völlig falsch, unwahrscheinlich ist das nicht.

    Warum das CAS dann aus dieser „Vorläufige Beurteilung“ einen Abschlußbericht machte(wird doch kein Übersetzungsfehler sein ?), ist im Urteil nicht nachvollziehbar.

    Hmm… mir fehlt jetzt Zeit und Interesse, mich da richtig reinzuknien, und so richtig was rauskommen würde ja eh nicht: Man steckt ja nicht drinnen&trade .

    Ich stelle mal fest, dass sich das, was das Schiedsgericht dazu schreibt, recht überzeugend anhört. Und das, was Frau Pechsteins Management dazu erzählt, davon ganz gehörig abweicht.

    Wir werde wohl das Urteil des BG abwarten müssen – dort dürfte dazu erhellendes zu finden sein.

    p.s: In der zitierten Diskussion habe ich dazu nichts gefunden. Aber ich aheb auch sehr eilig durchgescrollt.

    @ ha:

    Ist ebenso wenig persönlich gemeint.

    Ja, schade eigentlich!

  176. sternburg,
    warum bist du eigentlich nicht Politiker geworden;-)
    Ich verstehe nichts von deiner Schrift,aber du schreibst ja selbst,dass du sachlich nichts verstehst.

    Hmm… mir fehlt jetzt Zeit und Interesse, mich da richtig reinzuknien, und so richtig was rauskommen würde ja eh nicht: Man steckt ja nicht drinnen&trade .

    Ich stelle mal fest, dass sich das, was das Schiedsgericht dazu schreibt, recht überzeugend anhört. Und das, was Frau Pechsteins Management dazu erzählt, davon ganz gehörig abweicht.

    Sehr wichtig,deine Grundüberzeugungen haben keinen Schaden genommen.War das jetzt persönlich genug?

  177. Mensch, ich habe ja sogar ein Buch von Claudia Pechsteins Manager im Haus.

    Mal günstig erramscht als kleines Nachschlagewerk: „Das Deutsche Wembley – 60 Jahre Vereinspokal“ von 1994 und von Ralf Grengel eben. Das managen ist hoffentlich lohnender, als zu schreiben.

  178. Liebe Leute!
    Ich habe gerade diese Website gefunden. Ich wäre dankbar, wenn die nicht gut verstehbaren Textpassagen genau benannt würden. Ich könnte sie vielleicht ändern. Dass Hämoglobin- und Hämatokritwerte manipulierbar sind, ist klar. Es ist aber nicht möglich, sich aus dem Grenzbereich zur „Schutzsperre“ in den unteren Normbereich zu manipulieren. Insbesondere geht dies nicht oder nur stark eingeschränkt nach Wettkämpfen und nicht bei unangemeldeten Trainingskontrollen und nicht über 10 Jahre hinweg. Trinkt mal spasseshalber einen Liter Salzwasser (9 g unjodiertes Kochsalz in einem Liter Wasser); das Salz muss schon sein, wenn der Verdünnungseffekt länger als eine Stunde anhalten soll. Da die Dopingsperre wegen erhöhter Retikulozyten ausgesprochen wurde, kommt hier kein Eigenblut-Doping in Betracht. Es gibt keine andere Substanz, die solche Reti-Anstiege macht. Ãœbrigens ist fast das wichtigste Indiz gegen Epo-Doping die Zahl der Retikulozyten 7 Tage vor der WM in Hamar. Epo-Doping muss spätestens 14 Tage vor einem Wettbewerb begonnen werden, damit man den Hämoglobinwert um 1 – 1.5 g/dl anheben kann. Dabei muss man jedoch hohe Dosen verwenden, die bei einer evt. Kontrolle auffallen würden. Bei den üblicherweise vermuteten niedrigeren Dosen muss man deutlich früher anfangen. Hätte Frau Pechstein mit Epo gedopt, hätten die Retiwerte eine Woche vor der WM besonders auffällig sein müssen. Die Retis steigen 4 Tage nach Epo-Gabe und normalisieren sich wieder etwa 7 Tagen nach der letzten Gabe. Habt ihr bei CAS-Feststellung 187 bemerkt, wie das Gericht die Tatsachen verfälscht hat. Zusammenfassend ist völig klar, dass Frau Pechstein nicht mit Epo gedopt hat. Ob sie andere Dopingmittel verwendet hat, weiß niemand; niemand macht ihr entsprechende Vowürfe außer Professor Franke. Diese Unsicherheit bezüglich des Dopings mit anderen Mitteln gilt natürlich für alle Sportler.

  179. Pingback: Winfried Gassmann zum Fall Pechstein (2) : jens weinreich

  180. Ich so:

    Zu Frau Pechsteins neusten Vertragsabschluss habe ich eher keine Meinung (höchstens absolute Sparmeinungen, wie bspw., (…), dass die absolute Nichterwähnung auf meiner ehemaligen Lieblingssite ein wenig so wirkt, also wolle da jemand in diesem Umfeld lieber doch nicht auftauchen

    Nehme ich hiermit zurück. Das hat wohl nur etwas gedauert.

    Womit dieser „Zusammenschluss von mehreren Unternehmen“ jetzt genau sein Geld verdient, und wie und wo ich – spontan beistert von dem Sponsoring – dazu meinen Beitrag leisten kann, ist mir zwar recht schleierhaft. Aber seltsame Sponsoren hat Frau Pechstein nun wirklich nicht exklusiv.

  181. Pingback: Wolfgang Jelkmann sagt zum Fall Pechstein … : jens weinreich

  182. Pingback: Saumselig

  183. Pingback: Claudia Pechstein und die Kugelzell-Anomalie : jens weinreich

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