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Das Olympische Bildungsmagazin

Doping und die Medien (2): Der Fall Hartelt

Ich hatte kürzlich zwei Arbeiten von Angelika Mikus und Lukas Eberle zur Diskussion gestellt, die sich mit dem weiten Feld der Dopingberichterstattung und journalistischen Verantwortung auseinander setzen. Die Lektüre dieser Arbeiten empfehle ich noch einmal wärmstens – zumal mich die Zugriffzahlen nicht überzeugen :) – auch mit dem Argument: Es ist Urlaubszeit, da sollte doch Zeit bleiben, in langen Diplom- und Bachelorarbeiten zu schmökern.

Michael Ridder, Redakteur beim edp Medien macht mich auf einen neuen Fall aufmerksam, der sich zu diskutieren lohnt. Eine Geschichte mit bizarren Zügen. Im Kern geht es darum:

Der CHIO in Aachen – vermarktet als „Weltfest des Pferdesports“ – sollte die WDR-Zuschauer in der vergangenen Woche eigentlich wieder für den Reitsport begeistern, nachdem dieser seit den Olympischen Spielen 2008 überwiegend durch Dopingfälle in den Schlagzeilen war. Doch kurz vor Turnierbeginn wurde bekannt, dass im Körper des Pferds „Whisper“ von Dressur-Ikone Isabell Werth das verbotene Mittel Fluphenacin gefunden wurde. Werth wurde umgehend gesperrt und durfte somit beim CHIO nur zuschauen.

In diese Gemengelage stieß nun eine weitere Nachricht, die neue Zweifel an der Lauterkeit der Methoden im Reitsport, aber auch neue Zweifel an der Unabhängigkeit mancher öffentlich-rechtlicher Sportmoderatoren nährt. Eine epd-Recherche ergab, dass Susanne Sgrazzutti (mehrfache Gewinnerin des CHIO-Medienpreises/jw), Lebensgefährtin der WDR-Reitsportexpertin Sabine Hartelt, bei den Olympischen Spielen 2008 als Mitbesitzerin des Pferds „Cöster“ akkreditiert war (epd 52/09). Man erinnert sich: „Cöster“ wurde bei dem Wettkampf positiv auf das verbotene Mittel Capsaicin getestet, der Springreiter Christian Ahlmann daraufhin vom Weltreiter-Verband gesperrt.

Eine veritable Interessenkollision für die ARD-Moderatorin Hartelt, die bei den Olympischen Spielen für die Reitwettbewerbe in Hongkong zuständig war. Vor allem wenn man bedenkt, dass der WDR erst im Jahr 2008 eine Selbstverpflichtung für seine Sportredakteure verabschiedet hat (epd 16/08). Darin heißt es: „Nur durch Unabhängigkeit können wir die Glaubwürdigkeit unserer Sportberichterstattung wahren und stärken.“ Außerdem: „Wir als BerichterstatterInnen gehen keine Geschäfte mit Akteuren des Sports ein, insbesondere nicht mit Sportlern, Vereinen, Sportverbänden und Sportsponsoren.“ (…)

Lesebefehl mit zahlreichen weiteren Fakten:

Ergänzende Lektüre bietet sich an:

Nachtrag am 27. Juli 2009, um die Ãœbersicht komplett zu machen, nachfolgende Texte wurden auch in den Kommentaren verlinkt:

71 Gedanken zu „Doping und die Medien (2): Der Fall Hartelt“

  1. Was mich überrascht, ist nicht, dass sich in diesem Fall einmal mehr zeigt, wie an den Querverstrebungen von Sport und Medien die Interessenskonflikte blühen, sondern wie gut und ausführlich der konkrete Sachverhalt von den hier verlinkten Journalisten geschildert wird. Ich kenne keinen der Beteiligten und vermag Ausmaß und Relevanz der Konstellation nicht zu bewerten. Aber ich möchte den Autoren ein großes Kompliment machen. Aufklärerisch, furchtlos, distanziert – so hilfreich kann Sportjournalismus sein.

  2. Der Interessenkonflikt der Frau Hartelt wirkt in meinen Augen lächerlich geringfügig gegenüber dem großen Interssenkonflikt aller Sport übertragenden Fernsehsender. Wie kann man unabhängig und neutral über etwas berichten, das man vorher kaufen muss und will?
    Aber: “Wir als BerichterstatterInnen gehen keine Geschäfte mit Akteuren des Sports ein, insbesondere nicht mit Sportlern, Vereinen, Sportverbänden und Sportsponsoren.�
    Der Gipfel der Heuchelei.

  3. Wenn ich das richtig erfasse sind das zwei Fälle, die durch die private Konstellation miteinander verbunden sind.

    Nur so nebenbei: Wurde Sabine Hartelt nun vom Evangelischen Pressedienst zwangsgeoutet? Oder ist das (lesbische Liebe)gar kein Thema (mehr heutzutage)? Oder ist das schon bekannt gewesen?

    Die Frage ist ja die,wobei es da keine große Rolle spielt, ob sie lesbisch ist oder nicht, ob dieses Private (einfach so) an die Öffentlichkeit gebracht werden darf. Ich persönlich habe da kein großes Problem -trotzdem werfe ich die Frage auf.

    Tja, was nun? Die ehemalige freie WDR-Mitarbeiterin sagt, sie habe in Peking nicht journalistisch gearbeitet. Darf sie dann auch nicht akkreditiert sein oder nur nicht als Mitbesitzerin oder nur nicht fälschlicherweise als Mitbesitzerin? Ist das ganze grundsätzlich problematisch oder nur wenn der entsprechende Gaul bei der Doping-Probe auffliegt (und der Partner der „Mitbesitzerin“ beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeitet?

    Muss Moderatorin Hartelt ihren Arbeitgeber (vorab) darauf hinweisen? Oder braucht sie das nicht: Weil den Arbeitgeber ihr Privatleben nichts angeht? Oder weil der Interessenskonflikt (vorab) so gering ist?

    Oder „kann“ sie das nicht, eben weil es ein kleines krummes Ding ist, dass eine (mit ihr verbundene) Journalistin – fäschlicherweise – als Mitbesitzerin akkreditiert ist?

    Wenn sie Bescheid gibt, was könnte, müsste der Sender tun? Die langjährige Mitarbeiterin unter Beobachtung stellen? Sie vorsorglich ersetzen? Ãœberspitzt gefragt: Darf sie genau in dem Zeitraum, in dem sie eine Beziehung zu jmd. aus dem Reitsport unterhält, vom Sender nicht in diesem Bereich eingesetzt werden (oder wäre das schon ein halbes Berufsverbot) – und wer will das wie (er)messen.

    Sicher ist das pikant (und eine nette Geschichte). Aber wo ist DIE Lösung?

    Natürlich: Das stört mich auch, dieses eilige Gewäsch, „ihre Moderationen sind über jeden Zweifel erhaben“? Aber: Ich kann den Beweis nicht erbringen, dass Sabine Hartelt zu lasch war oder Ähnliches. Und der Kollege konnte es offenbar auch nicht. Hätte man mal alles mitschneiden sollen – vorsorglich – und fein säuberlich archivieren sollen. Vorsorglich.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es Zufälle gibt. Vielleicht ist also Kollege Ridder ganz zufällig und nach und nach auf die Sache samt ihrer Zusammenhänge gestoßen. Kann sein: Mich würde halt interessieren, wie es wahr.

    Sprich: Warum kommt diese Geschichte auf? Warum jetzt? Ist das eine Aktion von jmd., der sich früher, als die Lebensgefährtin beim WDR beschäftigt wurde, benachteiligt fühlte? Oder ist das nur Zufall und nur journalistische Recherche?

    Vorstellbar wäre das schon, dass das gegen die Hartelt geht. Gut, die Komponente, dass die Lebensgefährtin, mehfach den CHIO-Medienpreis bekommen hat, ist auch interessant. Könnte natürlich auch Zufall bzw. gerechtfertigt sein oder „einfach“ die weitläufige Folge zugeschanzter Aufträge.

    Kurzum: Nette Geschichte – für Insider aus der Journalisten-, Reiter- und Medien-Szene. Aber alles irgendwie noch dünn, nicht so durchsichtig bzw. skandalös, dass ich mir eine klare Meinung bilden könnte …

    Kleine Anmerkung noch am Rande: Generell scheint es mir zu kurz gedacht anzunehmen, dass ein Interessenskonflikt genau deshalb besteht, weil eine bestimmte Person A mit einer bestimmten Person B das Bett teilt oder weil die beiden offiziell ein Paar sind. Das sind nur zwei von viel mehr (aber weniger offensichtlichen bzw. „messbaren“) Varianten in denen es einen solchen Interessenskonflikt geben kann. Verhindern lassen sich solche Konstellationen nicht. Man kann höcghstens ein Auge darauf haben, aber dazu muss man erstmal in irgendeiner Form von der wie auch immer gearteten zwischenmenschlichen Beziehung wissen …

  4. @ Ralf Kohler: Tut mir leid, aber ich kann vieles nicht nachvollziehen. Darf man nicht über Interessenskonflikte – das ist es mindestens, in einem der verlinkten Beiträge wird sogar das K-Wort (Korruption) benutzt – berichten, wenn es sich um lesbische oder schwule Partnerschaften handelt? Gelten da andere Regeln? Merkwürdig.

    Ich sehe es ähnlich wie Jürgen Kalwa, und die Bezeichnung „nette Geschichte“ ist wahrlich unangebracht. Es ist eine der vielen Beispiele, wie die Rollen verschwimmen, wie Journalismus sich unglaubwürdig und überflüssig macht, wenn Mindeststandards nicht gewahrt bleiben. Das passt hier gut rein ins Blog. Das ist mehr als ein Insider-Geschichtlein oder irgendein Gewäsch. Es geht um Grundsätzliches.

    Und: @ Arnesen: Willst Du sagen, weil der Interessenskonflikt im TV-Bereich vorprogrammiert ist, sind die Fälle Boßdorf, Emig, Mohren, – und von mir aus auch andere, wie der oben geschilderte – entschuldbar? Sollten nicht mehr verhandelt werden?

  5. Jens Weinreich: Ich kann auch Einiges nicht nachvollziehen.

    Wer sich in der Lage dazu sieht, möge Zusammenhänge und gegebenenfalls Lösungen aufzeigen.

    Selbstverständlich kann man auf (mögliche) Interessenskonflikte hinweisen. Aber was sollen oder könnten (in diesem Fall) die Konsequenzen sein? Die ARD sagt erwartungsgemäß: Schönen Dank, dass ihr das mal hinterfragt habt, es ist aber alles in Ordnung, keine Sorge. Und die Journalisten haben nicht mehr als die Zusammenhänge und den Verdacht entgegenzusetzen, oder … und die Sache versandet (zwangsläufig?)

    Kann natürlich sein, dass ich irgendetwas anderss noch nicht sehe. Aber Korruptionsverdacht- Ähm, wo mag der herkommen. Wenn ich annehme, dass die Besitzerin wusste, dass Coester gedopt war und ahnte, dass er auffliegen könnte, und dass sie deshalb Hartelts Lebensgefährtin „netterweise“ akkreditierte, in der Annahme damit im Falle des Falles Sabine Hartelt und somit die (ARD)-Berichterstattung zu beeinflussen, dann komme ich zu einem Korruptionsverdacht. Bzw. die Besitzerin „müsste“ von vorneherein als Gegenleistung eine wohlwollende Berichterstattung verlangt haben … Bisschen weit hergeholt all das – scheint mir …

    Ich bleibe dabei: „Nette Geschichte“. Das „nett“ ist auch nicht komplett ironisch gemeint. „Nette Geschichte“ das ist für mich eine, die mehr Substanz bzw. eine klarere Aussage vertragen könnte. Mehr Substanz geht offenbar nicht. Aber, wo bzw. warum er das Problem bzw. die Probleme sieht, hätte der Kollege der EPD schon deutlicher machen können.

    Ist ja in Ordnung, ich nehme es interessiert zur Kenntnis: Frau Hartelt und Frau Sgrazzutti und einige Leute der Reiter-Szene stehen im Verdacht, sich nicht „ordnungsgemäß“ zu verhalten. Aber wer soll nun was tun?

  6. Tja, dann tut’s mir leid. So wie Sie argumentieren, sollte man den Journalismus gleich einstellen. Denn es ist macht ja – ganz generell gesprochen – ohnehin keinen Sinn, auf Misstände hinzuweisen bzw. Missstände aufzudecken.

    Was die Kollegen Ridder und Hesse da zusammen getragen haben, ist schon sehr erstaunlich. Sie bemängeln mangelnde Substanz? Vielleicht sollten Sie die Texte noch einmal studieren. Es lohnt sich.

  7. Jens, einen Vergleich mit Mohren und Emig habe ich mit Bedacht nicht gebracht. Ich sehe schon einen großen Unterschied zwischen dem Verkauf von Sendeplätzen zur persönlicher Bereicherung und eventueller Voreingenommenheit in der Berichterstattung.
    Denn das ist mein Problem: Berichterstattung über Sport ist (fast) immer voreingenommen und opportunistisch gegenüber dem Thema, wenn sie
    a) im Fernsehen und
    b) live und exklusiv
    stattfindet.

  8. Arnesen, ich wollte Dich ja auch nur herausfordern. Bleibt dennoch meine Frage unbeantwortet, lass Mohrenemig mal weg:

    Willst Du sagen, weil der Interessenskonflikt im TV-Bereich vorprogrammiert ist, sind die derlei Fälle entschuldbar?

  9. Moment: Es ist sinnvoll, Mißstände aufzuzeigen … ich habe nur die Bedenken geäußert, dass es – zumindest unter solchen Vorzeichen – wahrscheinlich nicht den erwünschten oder wünschenswerten Erfolg bringt. Als Journalist bin übernicht dafür, den Journalismus einzustellen.

    Im Übrigen bemängle ich weniger irgendetwas (Handwerkliches), als dass ich sage, unter anderen Umständen würde ich als Leser mit der interessanten Geschichte mehr anfangen können.

    Sicher, sicher: Dann und wann ist es schwierig, Probleme klar zu benennen. Man kann es aber ruhig versuchen. Aus meiner Sicht muss ich mir bei Ridder zwischen den Zeilen zusammenreimen, um was es ihm im Kern geht.

  10. Manchmal hört das Auge natürlich mit.

    http://www.bild.de/BILD/sport/fussball/2009/07/16/ard-frauen/wirbel-um-valeska-homburg-und-sabine-hartelt.html

    Ohne Valeska Homburg journalistische Kompetenz absprechen zu wollen. Für den VfB Stuttgart und andere ist sie sicher eher aus anderen Gründen attraktiv. Hier liegt der mögliche Interessenkonflikt für mich klarer als im Fall Sabine Hartelt.

    Ich erinnere mich aber z. B. auch an einen Auftritt von Anno Hecker von der FAZ bei einer Anti-Doping-Veranstaltung des Landessportverbands Baden-Württemberg. Ich hatte an seinem Resümee (moderative Tätigkeit) nichts zu beanstanden. Aber müsste man in diesem und anderen Fällen von Presseleuten nicht sehrähnliche oder besser gleiche Maßstäbe anlegen? Oder gelten für Mitarbeier der durch Gebühren finanzierten Sender eben höhere Maßstäbe als für „gewöhnliche Journalisten?

  11. Die Kritik von Ralf Köhler klingt ein bisschen so, als wäre in diesem Fall nicht genug Dreck aufgewirbelt worden. Als müssten erst schwerwiegende Tatbestände im Bereich der Rechtsverletzung belegt werden, ehe man sich an den Computer setzt und aufschreibt, was man weiß.

    Das erinnert mich an den denkwürdigen Ausspruch von Herrn Poschmann bei einer Veranstaltung des ZDF in Mainz, als er die Forderung nach einer aufklärerischen Haltung seiner Redaktion gegenüber Sportlern und Verbänden mit den Worten abbügelte (ich paraphrasiere aus der Erinnerung): Sie könnten nicht die Arbeit der Staatsanwaltschaft leisten. Dabei hatte das niemand verlangt. Mit würde schon reichen, sie setzten ihre rosa Brillen ab.

    Selbst große Erdbeben beginnen oft nur mit einer Petitesse (wie etwa beim Bestechungsskandal Olympiabewerbung Salt Lake City, von Watergate wollen wir gar nicht reden). Von den Ausmaßen und Hintergründen wusste der Fernsehreporter in Utah, der als erster wichtige Dokumente zugespielt bekam, noch gar nichts. Als er aber die Informationen an die Öffentlichkeit weitergab, machten sich andere Journalisten an die Arbeit und drehten einer nach dem anderen viele Steine um.

    Am Ende musste Samaranch widerwillig nach Washington vor den amerikanischen Kongress und bekam dort die Daumenschrauben gezeigt.

    Ich möchte als Leser/Medienverbraucher über solche Vorgänge Bescheid wissen – egal ob sich die Masse dafür interessiert oder nicht. Ich habe ein Recht darauf. Öffentlich geförderter Sport (und von Gebührenzahlern finanziertes Fernsehen) ist keine Privatsache.

  12. Jürgen Kalwa,
    stimme zu, dass Offenlegung der privaten Verbindung ins Reitergeschäft, und um nichts anderes handelt es sich hier wohl, nur gut sein kann.

    Ein interessanter Aspekt ist dennoch der Umgang der ARD mit dem Fall:

    *** GELÖSCHT am 29.09.2009, 8.57 Uhr ***

    Aber: Salt Lake City, Watergate? Großer Skandal, der klein beginnt? Das ist dann wohl doch etwas fett. Scheinen eher die Ausläufer eines größeren Skandals aus dem Jahr 2000 zu sein …

    jw,
    Welche Konsequenzen hältst Du in einem solchen Fall für angebracht?

  13. natürlich kann man mögliche Interessenskonflikte aufzeigen, aber die Tatsache allein, dass die beiden sich näher kennen, und auch früher schon zusammen gearbeitet haben, beweist mit Blick auf den Fall „Cöster“ doch noch gar nichts.

    Ich weiss ehrlich gesagt nicht, worauf Herr Ridder jetzt eigentlich hinaus will. Die private Beziehung der beiden und die sich daraus möglicherweise ergebenden Probleme waren dem WDR ja anscheinend schon länger bekannt, und wurden ja auch schon intern untersucht.

    Anders gefragt: was, ausser dem bereits bekannten möglichen Interessenkonflikt, ist denn nun der Vorwurf von Herrn Ridder ?

    Da gehts mir wie Herrn Kohler, irgendwie hatte ich mehr erwartet, als bloss eine weitere Facette in einer alten Story.

    Klar, wie Jürgen Kalwa schon sagt, nicht jede Nachricht muss der große Scoop sein, mit dem Korruption aufgedeckt wird, manchmel dreht man als Journalist auch einfach nur jeden Stein um, den man halt so findet, und arbeitet sich vor.
    Aber unter diesem Stein scheinen sich, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, etwas wenig Substanz, und dafür umso mehr Vermutungen und implizierte Unterstellungen zu verstecken.

    Ich bin weder Journalist, noch im Reitsport tätig, aber wie Herr Ridder selbst schreibt, scheint die Szene im Bereich des Spitzenreitsports relativ klein zu sein, eine kleine Gruppe von vielleicht nur ein paar Dutzend Funktionären, Förderern, Besitzern, Reitern und Journalisten. Dazu kommt, dass man im Reitsport wesentlich länger aktiv sein kann, als in anderen Sportarten. Viele der Beteiligten werden sich vermutlich schon Jahrzehnte kennen.

    Da sind private Kontakte und Verflechtungen fast schon die logische Folge, und wenn man ehrlich ist, auch gar nicht zu vermeiden. Wir sind schliesslich bloss Menschen, und keine Roboter.

    Ok, Frau Hartelt hat den WDR nicht vorab darüber informiert, dass ihre Lebensgefährtin für die Spiele eine Akkreditierung haben würde.
    Das kann ein Versuch sein, etwas zu verbergen.
    Aber genausogut der verständliche Wunsch nach etwas Privatsphäre.

  14. Meine Freude wäre groß, würde sich jmd. mit ein paar der in meinem ersten Beitrag aufgeworfenen Fragen beschäftigen.

    Eine andere Sache scheint mir auch nicht unwesentlich. Die angesprochenen CHIO-Übertragungen waren im WDR, nicht in der ARD. Und die großen Wettbewerbe liefen im ZDF: Mit dem Nationen-Preis donnerstagabends um 22 Uhr hatte Moderatorin Sabine Hartelt nichts zu tun. Auch das Abschluss-Springen am Sonntag kam im Zweiten (http://www.reiterpost.de/Reitsport+NEWS+CHIO_Aachen+CHIO_Aachen_2009_1297+TV_Zeiten_1597.htm).

    Michael Ridder steigt ja mit der Vermarktung des CHIO ein und legt nahe, dass Sabine Hartelt da dran gedreht habe, dahingehend, dass das Turnier in ihrem Sender ausführlich und positiv rüberkommen sollte. Ein schöner Kniff des Kollegen. Nichts dagegen, aber der eine oder andere durchschaut halt, dass in diesem Punkt wohl um des aktuellen Bezugs willen ein wenig aufgebauscht wurde.

    Hat eigentlich irgendjemand in den vergangenen 15 Jahren Sabine Hartelt wahrgenommen, speziell als Reitsport-Moderatorin? Ich habe da Zweifel: Carsten Sostmeier wurde zur Marke, ansonsten sind mir die ZDF-Übertragungen präsenter.

    Und die „Unscheinbarkeit“/“Nichtbeachtung“ der Sabine Hartelt löst bei mir etwas Unbehagen aus, wenn ich mir nun diese Beiträge anschaue.

    Mir würde die Geschichte besser gefallen, wenn sie so aufgezogen wäre: Was haben wir uns gewundert über das Rumgeeiere von Sabine Hartelt bei Olympia und beim CHIO. Jeder musste sich fragen, warum sie die Dopingfälle im Reitsport so herunterspielte. Jetzt ahnen wir warum usw. blabla …

    Unabhängig vom Gefallen: Das „Problem“, das eine solche Herangehensweise verhindert ist wohl dies, dass niemandem in Erinnerung ist, was nun speziell Sabine Hartelt (nicht) gesagt hat und eben auch der Autor keine Video-Bänder hatte. Geschweige denn, dass sich beim Anhören DIESER Moderationen der Eindruck des Herunterspielens ergeben hätte.

    Das mit den Hartelt-O-Tönen ist auch so eine Hilfskonstruktion. Schön, ja. Eindrucksvoll. Nur O-Töne von Olympia wären interessanter gewesen. Dass der/die Journalisten dieses Material nicht aus dem Ärmel schütteln können, ist verständlich. Trotzdem wäre es besser, wenn es nicht der Hilfskonstruktionen bedürfte …

    So muss Michael Ridder halt allein auf den Verdacht gehen. In Ordnung, aber den Beweis, gar die Erklärung für ein Fehlverhalten liefern zu können, das wäre eine noch größere Leistung, als (nur) Zweifel zu säen.

    Klar, einige Skandale fangen klein an, werden dann aufgedeckt. Ich bin auch gespannt.

    Aber nochmal eine ernsthafte Frage, viele hier kennen soch auch das Geschäft, wissen wie die Medien ticken: Wer glaubt, dass es irgendjemand einen Bericht oder auch nur eine Meldung gewesen wäre, dass die Lebensgefährtin der ARD-Moderatorin (zu Unrecht) als Mitbesitzerin bei Olympia akkreditiert war, wenn nicht durch die Dopingfälle Brisanz in die Reitsport-Szene gekommen wäre, wenn nicht „ihr“ Pferd aufgeflogen wäre???

  15. Das wird jetzt etwas länger. Einige Anmerkungen, teils explizit erwünscht:

    @ ha: Konsequenzen? Ich bin nicht der Richter. Ich finde nur, dass dieser Fall öffentlich debattiert werden soll und dass die Kollegen Ridder und Hesse imho – wie bereits erwähnt – gute Basisarbeit geleistet haben. Konsequenzen allerdings, die darin bestehen, ein dreiviertel Jahr später zu behaupten, die Arbeit in Hongkong wäre über jeden Zweifel erhaben gewesen, sind für mich lächerlich.

    @ B.Schuss:

    Ich weiss ehrlich gesagt nicht, worauf Herr Ridder jetzt eigentlich hinaus will. Die private Beziehung der beiden und die sich daraus möglicherweise ergebenden Probleme waren dem WDR ja anscheinend schon länger bekannt, und wurden ja auch schon intern untersucht.

    Wie bereits erwähnt: Es geht hier um Grundsätzliches. Um die Glaubwürdigkeit des Journalismus. Um die Glaubwürdigkeit des öffentlich-rechtlichen Systems (auch wenn ich meine, dass da nicht mehr viel zu machen ist). Das muss Dich als Nicht-Journalisten vielleicht nicht interessieren. Andererseits: Wäre es nicht auch für Dich als Konsumenten, der möglicherweise während der Sommerspiele 2008, auch Berichte vom Reiten aus Hongkong gehört hat (Millionen Menschen haben diese Berichte gehört), interessant gewesen, wenn die jeweiligen Berichte mit ungefähr diesem Zusatz an- oder abmoderiert worden wären: „Dieser Beitrag wird ihnen, liebe Hörer, präsentiert von der Lebensgefährtin der Mitbesitzerin des gedopten Gauls Cöster.“ Ich will das gar nicht weiter ausführen, es ließe sich natürlich hübsch darüber lästern.

    Ernsthaft: Das geht nicht, das ging nicht, und das sollte auch künftig nicht so laufen – wie es aber leider läuft.

    Was mich in diesem Zusammenhang wirklich interessieren würde, und ich halte das für eine sehr berechtigte und sehr sachliche Frage: Haben die beiden Reitsport-Expertinnen in Hongkong zusammen gewohnt? Die ARD-Journalistin und die Mitbesitzerin des gedopten Gauls? Und damit noch grundsätzlicher: Hat die ARD-Journalistin eigentlich alles berichtet, was sie wusste?

    B.Schuss, ich weiß, Deine Grundhaltung ist sehr liberal (das soll keine FDP-Beleidigung sein, keine Bange) und ich schätze Deine Beiträge. Hier aber widerspreche ich kolossal. Gerade übrigens wegen der von Dir als Entlastung gewerteten Vorgeschichte seit Anfang der neunziger Jahre.

    @ Ralf Kohler. Gern einige Antworten auf einige Ihrer Fragen:

    Aber nochmal eine ernsthafte Frage, viele hier kennen soch auch das Geschäft, wissen wie die Medien ticken: Wer glaubt, dass es irgendjemand einen Bericht oder auch nur eine Meldung gewesen wäre, dass die Lebensgefährtin der ARD-Moderatorin (zu Unrecht) als Mitbesitzerin bei Olympia akkreditiert war, wenn nicht durch die Dopingfälle Brisanz in die Reitsport-Szene gekommen wäre, wenn nicht “ihr� Pferd aufgeflogen wäre???

    Selbst dann wäre es ein Problem, aber natürlich nicht so brisant. Nur verstehe ich nicht, warum der von Ihnen gewählte Konjunktiv entlastend sein soll. Wir haben hier Fakten, über die sollten wir reden.

    Ich erinnere mich aber z. B. auch an einen Auftritt von Anno Hecker von der FAZ bei einer Anti-Doping-Veranstaltung des Landessportverbands Baden-Württemberg. Ich hatte an seinem Resümee (moderative Tätigkeit) nichts zu beanstanden. Aber müsste man in diesem und anderen Fällen von Presseleuten nicht sehrähnliche oder besser gleiche Maßstäbe anlegen? Oder gelten für Mitarbeier der durch Gebühren finanzierten Sender eben höhere Maßstäbe als für “gewöhnliche Journalisten?

    Es sollten für alle Journalisten Maßstäbe des Presserechts und etwa die Verhaltenskodizes des Netzwerks Recherche gelten. Fest angestellte Journalisten haben möglicherweise zusätzlich Klauseln Ihrer Arbeitgeber zu beachten. Ich kann erstmal nichts Problematisches daran erkennen, dass Anno Hecker eine Doping-Diskussion des LSB BW moderiert. Hätten Sie jetzt gesagt, er habe eine Veranstaltung bei Siemens oder dem Sparkassen- und Giroverband moderiert, wäre das etwas anderes. (Bewusst in Klammern: Ich habe übrigens eher den Eindruck, als legen gerade die Sport-Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Anstalten die standes-ethischen Maßstäbe ständig großzügiger aus als die von Qualitätszeitungen, beispielsweise.)

    Konkret: Ich habe gerade eine Einladung von der Nada, auf einem Workshop Anfang August über Journalismus und Dopingberichterstattung zu diskutieren, übrigens u.a. mit FAZ-Sportchef Jörg Hahn. Die Reisekosten werden beglichen und es gibt ein bescheidenes Honorar, das ich gern offenlege: 100 Euro. Also eher symbolisch, sagen wir: eine Aufwandsentschädigung. Der Trip nach Bonn kostet mich möglicherweise, je nachdem wie ich anreise, anderthalb Tage. Ist das ein Problem?

    Es ist eine Diskussionsrunde ohne irgendwelche Vorgaben. Nun habe ich das Glück, dass ich von Sportorganisationen nicht so oft als Diskutant eingeladen werde, insofern stellen sich derlei Fragen für mich selten.

    Zu einigen Fragen aus Ihrem ersten gestrigen Kommentar habe ich meine Meinung bereits gesagt. Gern noch einiges:

    Die ehemalige freie WDR-Mitarbeiterin sagt, sie habe in Peking nicht journalistisch gearbeitet. Darf sie dann auch nicht akkreditiert sein oder nur nicht als Mitbesitzerin oder nur nicht fälschlicherweise als Mitbesitzerin? Ist das ganze grundsätzlich problematisch oder nur wenn der entsprechende Gaul bei der Doping-Probe auffliegt (und der Partner der “Mitbesitzerin� beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen arbeitet?

    Es ist grundsätzlich problematisch, aber sicher.

    Muss Moderatorin Hartelt ihren Arbeitgeber (vorab) darauf hinweisen?

    Aber ganz bestimmt, keine Frage.

    Oder braucht sie das nicht: Weil den Arbeitgeber ihr Privatleben nichts angeht? Oder weil der Interessenskonflikt (vorab) so gering ist?

    Es geht nicht um ihr Privatleben. Es geht um einen Interessenskonflikt. Schon aus Selbstschutz empfiehlt es sich, diesen offenzulegen.

    Oder “kannâ€? sie das nicht, eben weil es ein kleines krummes Ding ist, dass eine (mit ihr verbundene) Journalistin – fäschlicherweise – als Mitbesitzerin akkreditiert ist?

    Fälschlicherweise? Keine Ahnung, was Sie meinen.

    Wenn sie Bescheid gibt, was könnte, müsste der Sender tun? Die langjährige Mitarbeiterin unter Beobachtung stellen? Sie vorsorglich ersetzen? Ãœberspitzt gefragt: Darf sie genau in dem Zeitraum, in dem sie eine Beziehung zu jmd. aus dem Reitsport unterhält, vom Sender nicht in diesem Bereich eingesetzt werden (oder wäre das schon ein halbes Berufsverbot) – und wer will das wie (er)messen.

    Siehe oben: Der Sender muss handeln. Im Zweifel dürfte sie nicht eingesetzt werden, aber sicher. Berufsverbot? Lächerlich. Seit wann ist es ein Menschenrecht, bei Olympischen Spielen als Reporter nominiert zu werden. Sie hätte – rein theoretisch – zur selben Zeit daheim in der Redaktion nützliche Arbeit erledigen können. Sie hätte auch – ein weiteres Beispiel – in Hongkong andere Arbeiten im Hintergrund erledigen können.

    Sicher ist das pikant (und eine nette Geschichte). Aber wo ist DIE Lösung?

    Es gibt nicht DIE Lösung, wie Sie wissen. Aber Transparenz und das Einhalten von Verhaltenskodizes wären doch ganz hübsch, oder?

    Sprich: Warum kommt diese Geschichte auf? Warum jetzt? Ist das eine Aktion von jmd., der sich früher, als die Lebensgefährtin beim WDR beschäftigt wurde, benachteiligt fühlte? Oder ist das nur Zufall und nur journalistische Recherche?

    Fragen Sie doch bitte die Kollegen, die darüber berichtet haben. Die Fragen „Warum kommt eine Geschichte ausgerechnet jetzt auf“ kann ich, mit Verlaub, nicht mehr hören. Eine Geschichte kommt im Idealfall dann auf, wenn sie reif dafür ist.

  16. …Muss Moderatorin Hartelt ihren Arbeitgeber (vorab) darauf hinweisen? Oder braucht sie das nicht: Weil den Arbeitgeber ihr Privatleben nichts angeht? Oder weil der Interessenskonflikt (vorab) so gering ist?…

    Wir reden hier vom ÖR Fernsehanstalten, ja? Ich finde, dass man von einem gebührenfinanzierten Sender erwarten kann, sein Personal zu kennen und mögliche Interessenskonflikte ernsthaft zu prüfen. Zwei freiberufliche Moderatoren, die außerhalb der Sendung private und/oder berufliche Kontakte zu Sportlern und Funktionären pflegen, sollten m.E. sehr wohl darauf hingewiesen werden, dass von Ihnen eine objektive Berichterstattung gefordert wird. Kann man das, wenn man mit Ross und Reiter mitfiebert? Ein weiteres Dilemma: Sostmeier und Hartelt haben in den letzten Jahren durchaus ihre Qualitäten bewiesen. Ihr Ausfall wäre für den Sender nur schwer zu kompensieren. Würde sie die ARD nicht mehr einsetzen, riskiert sie das Interesse der Zuschauer zu verlieren. Bei der Frage was in einem zu beweisenden Zweifelsfall wichtiger wäre – die Glaubwürdigkeit oder der Unterhaltungswert der Moderatoren – gibt es klare gesetzliche Grundlagen, die selbsterklärend sind.

  17. jw,
    Du sagst ja doch etwas über mögliche Konsequenzen. Bin mit denen einverstanden, übrigens.

    *** GELÖSCHT am 29.09.2009 um 8.58 Uhr ***

  18. Jens Weinreich hat mich gebeten, aufgrund der großen Resonanz in diesem Blog ein paar der gestellten Fragen zu beantworten. Das mache ich gern:

    1.) Der Anfangshinweis kam, wie meistens bei solchen Geschichten, von einem Informanten. Daraufhin habe ich die Recherche gestartet. Warum der Hinweis erst jetzt kam, kann ich nicht sagen. Es spielt aber auch keine Rolle. Entscheidend ist, dass die behaupteten Fakten richtig waren.

    2.) Jens hat es hier schon sehr treffend formuliert, aber auch noch mal aus meiner Sicht: Es kann doch kein Zweifel bestehen, dass in einem solchen Fall eine Interessenkollision besteht. Wäre dies nicht so, hätte der WDR kein „ernsthaftes Gespräch“ mit Hartelt führen und ihre Berichterstattung auch nicht kritisch überprüfen müssen.

    3.) Auch ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky räumt mehr oder weniger direkt ein, dass hier ein massiver Konflikt besteht. Er sagt: „Es wäre für alle besser gewesen, wenn das bereits im Vorfeld bekannt gewesen wäre. Dann hätte ich das unterbunden.“ (u.a. „Bild“, Link siehe oben) Was heißt denn in diesem Kontext „unterbunden“? Die Akkreditierung der freien Autorin Sgrazzutti hätte der ARD-Sportkoordinator wohl kaum unterbinden können. Also kann er nur meinen, dass er Hartelt die Zuständigkeit für die ARD-Reitübertragungen aus Hongkong entzogen hätte, wenn er davon gewusst hätte – genau die logische Konsequenz, die Jens schon angesprochen hat. Da Hartelt den WDR aber erst hinterher informierte, konnte Balkausky nichts unternehmen.

    4.) Das führt zum nächsten Punkt: WDR und Balkausky konstatieren zwar de facto ein Fehlverhalten von Hartelt, sprechen sie aber zugleich wieder pauschal frei („über jeden Zweifel erhaben“). Ein Sender wie der WDR, der mit einer Selbstverpflichtung für seine Sportredakteure PR macht, sollte meines Erachtens deutlicher zeigen, das ihm an der Einhaltung wirklich gelegen ist.

    5.) Die Sache hat einen weiteren Aspekt, der hier noch gar nicht erwähnt wurde: Wir reden nicht nur von einzelnen Moderatoren, sondern vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt, der sich seit einigen Jahren unter veschärfter Beobachtung der EU-Kommission befindet. Brüssel stellt immer wieder infrage, ob ARD und ZDF tatsächlich zur Selbstregulierung in der Lage sind – ein Thema, das aktuell mit Blick auf die Drei-Stufen-Tests für neue Angebote stark diskutiert wird. Es müsste also im ureigenen Interesse des WDR sein, besser auf die Einhaltung von Selbstverpflichtungserklärungen zu achten.

    6.) Wir reden über einen Sender, der mit öffentlichen Geldern finanziert wird. Da sind höchste Ansprüche an Glaubwürdigkeit und Transparenz zu stellen. Hier vom „verständlichen Wunsch nach etwas Privatsphäre“ bei Hartelt zu sprechen, erscheint mir abwegig.

    7.) Einige haben geschrieben, ich hätte nicht nachgewiesen, dass Hartelt bei Olympia manipulativ über den Reitsport berichtet hat. Das stimmt. Aber kommt es darauf wirklich an? Dieser Nachweis wäre ohnehin schwer zu führen, weil ein Dopingfall wie bei „Cöster“ gar nicht verschwiegen werden kann. Der Punkt ist, was Jens geschrieben hat: Habe ich Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Berichterstatter, der mir im Fernsehen die Sport-Welt erklärt? Bei Hagen Boßdorf hatte ich das ob seiner mannigfachen Telekom-Verflechtungen nicht. Und bei Sabine Hartelt fällt es mir nach dem Vorfall zumindest schwerer, dieses Vertrauen zu haben. Das wollte ich sagen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

  19. Willst Du sagen, weil der Interessenskonflikt im TV-Bereich vorprogrammiert ist, sind die derlei Fälle entschuldbar?

    Gute Frage, die ich mir tatsächlich gerade selbst stelle. Wollte ich das sagen? Wahrscheinlich würde ich das Wort „entschuldbar“ nicht verwenden, ich bleibe da auf der Wortsuche eher in Richtung „harmlos“ unterwegs.
    Im Grunde denke ich wohl, dass Moderatoren und Live-Kommentatoren einfach nicht nach journalistischen Maßstäben beurteilt werden sollten, weil nicht mal ihr Arbeitgeber wünscht, dass sie als solche arbeiten.

  20. Und was soll dann auf der Visitenkarte stehen? Quizmaster? Stellt sich wohl auch bei dieser Sportart die Frage, inwieweit sich die ÖR dazu verpflichtet sehen, den Grundbedarf der Bevölkerung an Reitturnieren zu decken.

  21. Als bei den Olympischen Spielen 2004 gleich vier deutsche Pferde positiv getestet wurden, galt das als einmaliger Ausrutscher im sonst sauberen Reitsport. Doch trotz aller Aufklärung und trotz aller Mahnungen geht das Doping unverdrossen weiter.

    link

    Interessante Diskussion auf BR
    Triathlet Normann Stadler und die beiden geständigen Doper und Kronzeugen Jörg Jaksche (Ex-Radprofi) und Lisa Hütthaler (Ex-Triathletin) bei heftigen Doping-Kontroversen im Blickpunkt Sport-Studio. Übrings kennen Sich Lothar Heinrich und Normann Stadler ziemlich gut.Fest steht, dass Heinrich vor Stadlers erstem Hawaii-Sieg 2004 die Leistungsdiagnostik übernomen hatte.
    Bei seinem zweiten Sieg 2006 war die Zusammenarbeit entsprechend vertieft worden, nachdem Heinrich von Stadler als offizieller medizinischer Betreuer des Teams Tri Dubai, für das Stadler damals als Gallionsfigur startete, vermittelt worden war.

    link

  22. Ich lese gerade die sehr aufschlussreichen Abschlußarbeiten, die Sie mir an Herz gelegt haben. Äußerst interessant und ich kann sie auch nur dringend empfehlen zu lesen. :-)

    Ich hätte aber mal eine Frage: Wie siehts mit der Quote für die Tour de France im Moment aus bei ARD/ZDF? Und gibt es irgendwelche Stellungnahmen zu angedachten Komplettausstieg und warum er nicht vollzogen wurde?

  23. @ Fred Fredson: Dazu wäre eine Doktorarbeit zu schreiben. Simples Google-news-Verfahren ergibt diese aktuellen Meldungen zum Thema Ausstieg.

    Zu den Quoten ist u.a. Quotenmeter zu empfehlen: „Kaum Zuschauer für Mini-Ãœbertragung“.

    Außerdem hier im Blog der Beitrag „ARD nicht mehr live bei der Tour de France“ vom Oktober letzten Jahres mit derzeit 77 Kommentaren und zahlreichen Links, die die Diskussion und etliche Artikel dokumentieren.

  24. Sehr interessant.

    Zu dem von mir verwendeten Stichwort „fäschlicherweise“. In dem EPD-Bericht war doch zu lesen, dass die Lebensgefährtin gar nicht Mitbesitzerin ist.

    Ein Unterschied ist das ja schon: Hat sie Anteile an dem Pferd und deshalb die Möglichkeit auf diese Akkreditiuerung?

    Oder wird ihr die Akkreditierung zugeschanzt bzw. erscheicht sie sich diese?

    Wenn man nur sie sieht und den konkreten Fall, dann denke ich, dass das Letztere problematischer ist.

    Wenn wir nun die Verbindung zu Sabine Hartelt ins Spiel bringen, dann sieht es eher anders aus: Welche geschäftliche Beziehung sollte Sabine Hartelt offenlegen müssen, wenn gar keine bestünde, nichtmal zwischen ihrer Freundin und dem Reiter-Geschehen?

    Aber klar doch: Brisant ist das Ganze auch dann. Aber mich interessiert diese (spitzfindige) Frage.

    Würde Sabine Hartelt unter der Voraussetzung, dass ihre Freundin nicht Mitbesitzerin ist, aber eine entsprechende Akkreditierung bekommt, Meldung bei ihrem Vorgesetzten machen, müsste sie ihn entweder anlügen („Meine Freundin hat Anteile … und deshalb …“) oder sie müsste das Ganze offenlegen („Meine Freundin hat sich eine Mitbesitzer-Akkreditierung erschlichen.“).

    Da ist es natürlich viel eleganter, „Selbstschutz“, zu schweigen. Ich will das nicht gutheißen, aber eben mit etwas Realismus betrachten.

    Vor allem „erspart“ sie sich die Gefahr, aussortiert zu werden.

    Hätte Sabine Hartelt nach Bekanntwerden des Dopingfalls „Cöster“ in Pechstein-Manier eine Krankheit vortäuschen „müssen“, um „elegant“ vom Bildschirm verschwinden zu können? Oder plädiert jmd. ernsthaft dafür, dass die ARD eine solche Erklärung hätte abgeben sollen: „Leider können wir Ihnen Moderationen von Sabine Hartelt aus prinzipiellen Erwägungen momentan nicht zumuten. Ihre Freundin ist als Mitbesitzerin des im Dopingverdacht stehenden Pferdes hier in Hongkong …“???

    Päpstlicher als der Papst sein zu wollen, hielte ich auch für nicht optimal.

    Was auch mich stört, GEWALTIG, ist dieses nachträgliche, grundsätzliche (unbelegte) Reinwaschen. Aber für die Dummheit, Unverfrorenheit, ihres Senders können wir auch nicht die Moderatorin verantwortlich machen, oder?

    Übrigens: Normalerweise sollte es nicht so einfach möglich sein, für einen gewöhnlichen Arbeitnehmer, sich in einem Dopingfall aufgrund persönlicher Interessen zurückzuhalten, auffallend wohwollend pro irgendwen zu berichten. Nicht ohne sich möglicherweise selbst zu schaden. Redaktionen und Ressortleiter haben dann und wann auch so ihre Mechanismen, was unter diesen Gesichtspunkten von Vorteil ist.

    Der Aspekt den ich zunehmend interessanter finde: Wie kommt es, dass die Lebensgefährtin mehrfach den CHIO-Medienpreis bekommen hat? Und was war die Wirkung?

    Meine Theorie: Mindestens durch die Beauftragung von ihr (und offenbar nur von ihr) hat Sabine Hartelt den Weg bereitet. Umgekehrt dienen die Preise dann als Legitimation, die Frau für weitere Filme zu engagieren.

    Hat jmd. die Lösung für das Archiv-Problem? Das ist natürlich dumm, wirklich dumm: Aber wenn ich Archiv-Material brauche oder zumindest meine, es zu brauchen, und es gibt praktisch nur etwas von einer Person (weil fast nur sie über Jahre die passenden Bilder zu diesem Thema eingeholt hat), was dann tun???

    Noch etwas anderes (in Sachen Valeska Homburg): Nach Michael Antwerpes sollte man unbedingt mal einen Wackelpudding benennen.

    Gerade aber weil verschiedene Akteure tendenziell immer dasselbe Seichte Gewäsch von sich geben, dürfte der Beweis, dass nun gerade XY (z. B. Sabine Hartelt) besonders negativ auffällt, schwerlich zu erbringen sein. Oder um auf die grundlegende Frage einzugehen: Dass das ÖR-System und seine Akteure allenfalls bedingt vertrauenswürdig sind, das ist schon klar. Den Fall Hartelt brauchen wir nicht, um diese Frage zu beantworten. Interessant ist er natürlich – für sich genommen.

  25. Auf den Beitrag von Michael Ridder möchte ich nochmal extra eingehen.

    Grundsätzlich vielen Dank für die Anmerkungen. Mir geht es auch absolut nicht darum seine Arbeit schlecht zu machen oder zu argumentieren, dass er keine Zweifel säen sollte, sondern eher darum, auf die begrenzte Tragweite der (bisherigen) Erkenntnisse abzuheben.

    Besonders überzeugend finde ich die Punkte 3) und 4), wo es um die Einschätzung der Vorgänge in der ARD geht.

    Zu Punkt 1): Zumindest ich habe NICHT BEKLAGT, das die Geschichte erst und gerade jetzt kommt. Das ist nicht der Punkt. Ich habe nur Überlegungen angestellt, warum die Geschichte (noch jetzt) als relevant angesehen wird. Vor allem aber habe ich die Frage aufgeworfen, ob jmd. (Informant) ein persönliches Interesse haben mag, dass die Sache herauskommt. Dass Michael Ridder den Informanten nicht nennt und auch mit Hinweisen eher spärlich ist, ist in Ordnung, natürlich. Immerhin: Es handelt sich nicht um ein Zufalls-Produkt, sondern um eines, dass in Folge eines Tipps entstand. Meine Frage wird dadurch aber nicht weniger interessant.

    zu Punkt 2) Bei einem Schriftsteller würde ich das akzeptieren, dass er sagt, das Werk spricht für sich, lest selbst heraus was ihr wollt, ich brauche ja keine Interpretation vorzugeben … Bei einem Journalisten sehe ich das ein wenig anders. Wenn schon nicht sein Werk selbst „explizit“ ist, es auch nicht dermaßen klar sein kann, dann könnte er dem interessierten Leser wenigstens auf Nachfrage mehr an die Hand geben.

    „Es kann doch kein Zweifel bestehen, dass in einem solchen Fall eine Interessenkollision besteht“, ist mir ein bisschen wenig. Das geht ja schon aus dem Text selbst hervor.

    Aber: WIE könnte sich diese Interessenkollision auswirken ZUM BEISPIEL (aus Sicht des Autors)? Es muss doch irgendwas geben, meinetwegen verschiedene Szenarien, was infolge des Interessenkonflikts schief läuft und zum Nachteil von wem auch immer einen Schaden verursacht …

    Es geht doch nicht ausschließlich ums Prinzip, sondern um einen sehr interessanten, konkreten (deshalb schreibe ich ja soviel dazu) Fall. Wenn ich die Punkte 2) und 7) zusammennehme bin ich besonders unbefriedigt als interessierter Zeitgenosse. Unter Punkt 7) sagt Kollege Ridder ja (sehe ich ähnlich), dass nicht nur er den Beweis eines Fehlverhaltens der Sabine Hartelt ihrem Publikum gegenüber (noch) nicht liefern konnte, sondern dass das relativ aussichtslos, aber auch nicht unbedingt nötig sei. Aber wo wird die Geschichte dann greifbar?

    Mindestens eine (mutige) These des Urhebers hätte ich da gerne. „Die Glaubwürdigkeit des ÖR-Systems und seiner Mitarbeiter steht auf dem Spiel“, falls das die Aussage sein soll, so ist die nicht mutig. Das hat doch EPD selbst schon längst aufgezeigt mit der Story über das Product Placement im Vorabendprogramm. Da brauchen wir nicht (ausschließlich) auf alten interessanten Fragen herumreiten.

    Was anderes. Wenn der Wunsch nach Privatsphäre in dem Zusammenhang eh`keine Rolle spielt, würde mich natürlich auch noch interessieren: Wie lange kennen sich die beiden Frauen denn schon, wie lange sind sie sich so nahe?

    Achso, und noch eine Wendung: Aus Sicht des Duos (und evtl. z. B. auch der wahren Besitzerin) wäre es sicher nicht im Sinne des Erfinders gewesen, hätte Sabine Hartelt in Peking nicht tätig werden können, hätte sie zu Hause bleiben müssen. Da wäre die „bessere“ Alternative wohl gewesen, hätte die Lebensgefährtin keine Akkreditierung bekommen.

    Welche Absichten auch immer sonst dahinter gesteckt haben mögen: Die Vereinigung der beiden Frauen am Olypischen Reiter-Ort Peking scheint ja gerade der Sinn der hinterfragenswerten Aktion gewesen zu sein.

    Herrlich die Frage von jmd., ob Sabine Hartelt alles gesagt hat, was sie gewusst hat. Gibt es irgendjemanden (einen auch nur halbwegs informierten Journalisten z. B.), der das tut, der im Alltag überhaupt Zeit und Raum bekommt, um das zu tun. EIN Grund (von möglicherweise mehreren) könnte also sein, dass ihre Moderationen „zu kurz“ waren.

  26. Der Beitrag von Michael Ridder ist bei EPD Medien interessanterweise unter „Leitartikel“ aufgeführt (http://www.epd.de/medien/medien_index_66484.html.Nach meinem Dafürhalten macht das die Sache noch kurioser. Ein Leitartikel transportiert doch gemeinhin Meinung. Meinem Verständnis von „Leitartikel“, dass ich dem früheren Spiegel-Redakteur Ferdinand Simoneit enthält ein Leitartikel sogar so etwas wie eine Handlungsaufforderung. Beides ist hier nicht der Fall. Meinung schwingt nur insoweit hinein, dass der Autor klar macht, dass etwas (irgendetwas) nicht so gelaufen ist, wie es laufen sollte.

    Hm, geht eine Handlungsaufforderung auch rückwärts bzw, lässt sie sich verallgemeinern? Fann könnte man die Aussage herauslesen, dass Sabine Hartelt ihren Arbeitgeber hätte informieren müssen und dass jede(r) andere, das künftig zu tun habe.

    Grundsätzlich wäre das gerade hier interessant, wenn es eine Handlungsaufforderung gäbe. Wenn es schon keine gibt, dann könnte man ruhig auf die Deklarierung als „Leitartikel“ verzichten. Es gäbe einige Kandidaten, die man zu etwas auffordern könnte (Senderchefs, Sabinbe Hartelt, Lebensgefährtin, Besitzerin). Wie gesagt: Eine deutliche Positionierung, die vermisse ich. Mit dem Es-reicht-doch-zu-zeigen-dass irgendwas-nicht-in-Ordnung-zu-sein-scheint“ bin ich noch nicht glücklich.

    Ich will überhaupt nicht kleinlich sein und sage nocheinmal: Netter Beitrag, und, richtig Fragen aufzuwerfen. Nur, wenn wir es schon soooo genau nehmen, dann doch bitte nicht nur bei denen über die wir berichten. Auch wenn es mit den journalistischen Darstellungsformen vielleicht ähnlich ist wie mit dem Zustand des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und der handelnden Personen: Früher war alles besser, WENN ÜBERHAUPT.

  27. Lieber Ralf Kohler, ich empfehle – wie der Hausherr weiter oben auch – die nochmalige Lektüre des Artikels; vielleicht klappt es ja dann mit den Nachbarn.

    Der Beitrag von Michael Ridder ist bei EPD Medien interessanterweise unter “Leitartikelâ€? aufgeführt … Nach meinem Dafürhalten macht das die Sache noch kurioser.

    Was ein Leitartikel ist, darüber streiten noch immer die Gelehrten. Wolf Schneider schreibt in „Deutsch für Profis“ (das man natürlich mit der gebotenen Distanz, aber trotzdem immer mal wieder lesen sollte):

    Entgegen der theoretischen Unterteilung … sind auch Leitartikel usw. häufig keine Meinungsartikel, sondern bloße Erläuterungen, besonders bei exotischen oder sonstwie komplizierten Themen: erklärende Beigabe,Hintergrund, Deutung, Analyse, „Gebrauchsanweisung“

    Mir zumindest ist es bei Ridders Artikel so ergangen, dass ich mich permanent hinterfragt habe: inwieweit dehnst du die Grenzen, wo sind deine Interessenkollisionen? Und natürlich fällt einem dabei ein, dass die Tochter mal das eigene VIP-Band bekommen hat, weil man die Athleten auch außerhalb der verbotenen Zone treffen und fragen kann. Oder dass ihr Kampfsportlehrer auch Profi-Boxer ist, was die Berichterstattung über seine Kämpfe nicht einfacher macht…
    Ich habe – auch wenn wir uns nicht kennen – keine Zweifel an Ihrer Integrität, aber: Inwieweit lässt sich Ihre PR-Tätigkeit für den Faustball mit dem journalistischen Ehrenkodex vereinbaren, wenn Sie mal über Faustball schreiben? Auch da ist eine Interessenkollision PROGRAMMIERT (liebe Leute, das Wort „vorprogrammiert“ ist der lebenden Sprache zum Trotz barer Unsinn, da es aus dem Lateinischen übersetzt „vorvorgeben“ hieße). Wie ist das jetzt, wenn eine Tageszeitung einen Artikel über Faustball braucht? Weisen Sie auf Ihre Tätigkeit hin? Oder verzichten Sie unter Hinweis auf Ihr Engagement – und damit auf Einnahmen?

  28. Recht gut informiert, Wil. Es hat sich allerdings derweil etwas geändert.

    Nun, in der Tat habe ich regelmäßig darauf hingewiesen, dass ich für die Deutsche Faustball Liga tätig war. Ebenfalls in der Tat habe ich auf dem freien Markt nichts zum Thema Faustball verkaufen können …

    Ãœber Faustball habe ich in „meinen“ regionalen Zeitungen berichtet (wie schon zuvor). Dabei trat ein interessanter Fall auf. Mein Mitstreiter in der DFBL-Medienarbeit zettelte beim Int. Deutschen Turnfest eine Protestaktion an, und die DTB-Vizepräsidentin, die bei mir zu Hause ist, sagte so sinngemäß, all seine Argumente seien Mist. Im Wissen, dass es soooo einfach und klar wie sie es sagt keinesfalls ist, habe ich in aller Kürze (im Lokalteil) „aus ihrer Sicht“ berichtet. Das ist einer der Punkte, die ich vorher ansprach: Ich – und da bin ich nicht der Einzige – kann doch bei meiner Arbeit in einer Redaktion nicht machen was ich will, nicht einfach (ungestraft) irgendwelche persönlichen Nebeninteressen“ durchsetzen.

    Ich weiß nicht, inwieweit das interessiert, aber das „PR-Honorar“ im Faustball entsprach in etwas Jens Weinreichs „Aufwandsentschädigung“. Im Ãœbrigen kam ich über meine journalistische Tätigkeit zu der Tätigkeit, nicht weil ich Faustballer gewesen wäre.

    Im Ãœbrigen, und das ist mein voller Ernst, war das mehr investigativer Journalismus als klassische PR. Auch weil es weniger ums Schönreden ging, es zuweilen auch nichts schönzureden gab, sondern darum, überhaupt über die Aufmerksamkeitsschwelle zu kommen. Wenn Sie mal einen „PR-Beitrag“ mit dem Titel „Verhängnisvolles Schweigen“ lesen wollen, dann empfhehle ich das hier http://www.faustball-weser-ems.de/e4599/e4601/e4603/infoboxContent4605/2.Haupttext_VERHNGNISVOLLESSCHWEIGEN.pdf

    Da gibt es noch mehr zu studieren, als in Michael Ridders Beitrag, den ich mir gerne noch einmal vornehme.

    Das es sich um meinen letzten Beitrag als DFBL-Medienbeauftragter handelt – sicher nur Zufall. Ich wundere mich ein wenig, dass auf diese Geschichte, die drei, vier Dimensionen hat und längst keine dröge Randsportart-Geschichte ist, NIEMAND angesprungen ist.

    Wenn ich noch mehr zum Thema Interessenkolision (bei mir selbst) sagen darf: Das tue ich gerne – gerne auch über ralfkohler@hotmail.com.

    Wird sind wohlgemerkt immer noch beim Thema. Von mir selbst weggehend noch eine Frage: wie ist das, wenn bei einem privaten Sender der Schwager die Spiele des Ehemanns seiner Frau kommentiert(„Hochzeit direkt nach dem Turnier? Glauben Sie kein Wort … alles Gerüchte“)? Ist das dann exakt so problematisch wie der Fall Hartelt oder in welcher Art auch immer eine Spur anders.

    Nochmal zur Hartelt-Sache selbst (ich hoffe, der Hausherr und alle anderen verstehen mich oder geben sich zumindest die größte Mühe): Wenn nun die Aussage ist, Sabine Hartelts Arbeit sei über jeden Zweifel erhaben, dann kann man ja vermuten, dass der WDR das auch vorher so gesehen hätte: Wenn sie auf die Interessenkollision hingewiesen hätte. Was wäre dann: Sabine Hartelt fein raus und derjenige (Vorgesetzte), der den Interessenkonflikt verneint, der Buhmann?

  29. Oben muss es heißen: Der Schwager kommentiert die Spiele des BRUDERS seiner Ehefrau … Entschuldigung.

  30. Und das macht den Unterschied zu Frau Hartelt, selbst wenn die nicht beeinflusst gearbeitet haben sollte

    Nun, in der Tat habe ich regelmäßig darauf hingewiesen, dass ich für die Deutsche Faustball Liga tätig war. Ebenfalls in der Tat habe ich auf dem freien Markt nichts zum Thema Faustball verkaufen können

    Sie hat ihre potenziellen Interessenkonflikte eben nicht offen gelegt – und das ist ein Missstand, auf den der Kollege Ridder sehr wohl hinweisen durfte und musste.

  31. Aber: Auch ich habe doch nichts anderes gesagt. Er durfte darauf hinweisen. Gegebenenfalls bitte auch nochmal meine frühreren Wortmeldungen „studieren“. auch das könnte sich lohnen.

    Lassen Sie mich noch das sagen: Natürlich ist es gerechtfertigt nach Interessenskonflikten zu fragen: Bei mir, bei Sabine Hartelt und auch bei anderen.

    Ich bin nun allerdings ein großer Freund davon, Leute insbesondere danach zu beurteilen, was sie tun. Das ich – offenbar nicht verkaufsfördernderweise – auf meine PR-Nebentätigkeit hingewiesen habe ist ja noch das Wenigste. Ich habe auch im Sinne der Sache sehr umfangreich recherchiert, im Wissen, dass mir das im ungünstigsten Fall keinen Cent bringen würde und obendrein die Nebenbeschäftigung kosten könnte (was ja auch passierte).

    Deshalb kann bzw. will ich zwar nicht behaupten, dass nicht auch ich für Interessenkollisionen anfällig sein KÖNNTE, aber der konkrete Fall, das HANDELN, lässt sich durchaus als Indiz dafür heranziehen, dass ich in der Lage bin, so eine Konstellation nach journalistischen Maßstäben sinnvoll zu managen.

    Und da bin ich nun wieder bei Sabine Hartelt und versuche ein weiteres Mal zu verdeutlichen, um was es mir geht: Auch über Sie würde ich mir gerne anhand ihres Handelns ein Urteil bilden. Wobei bei einer Moderatorin Worte gleich Taten sein dürften. Nur hat uns allen weder Michael Ridder noch die ARD etwas an die Hand gegeben, was uns ermöglichen würde, uns ein Bild von ihrer Arbeit zu machen.

    Auf die Gefahr hin mich nochmals zu wiederholen: Das mache ich dem Kollegen nicht zum Vorwurf, das er uns nichts an die Hand gegeben hat. Es geht wohl über seine Möglichkeiten hinaus, mehr anzubieten, wenn er eben keine entsprechenden Bänder hat. Aber die Geschichte wäre eben stärker, wenn der Autor sie untermauern hätte können (z. B. in der Art wie im Beitrag „Verhängnisvolles Schweigen“).

    Theoretisch könnte es auch sein, dass man die Hartelt-Geschichte anders schreiben müsste (wenn man ihre Moderationen nachgehört hätte). Ich mach`s jetzt mal plakativ-boulevardesk: „Moderatorin knallhart und gewissenhaft! Sabine Hartelt spricht Klartext im Dopingfall um „Cöster“! Droht jetzt ein Hauskrach, wo doch ihre Lebensgefährtin als Mitbesitzerin akkreditiert ist?“

    Das Schöne in solch einem Fall ist doch wirklich, dass man sich ein Bild machen könnte: Die entsprechenden Moderationen sind sicher irgendwo dokumentiert. Wie gesagt: Auch ohne sie nochmal abgehört zu haben, darf der EPD-Kollege seinen Beitrag ja schreiben. Aber sollte die Argumentation wirklich in die Richtung gehen: Was-sie-gesagt-hat-ist-doch-egal-dass-sie-unter-Verdacht-steht-ist-das-Wichtige, dann fände ich das relativ schwach.

    Wil: Mit welchen „Nachbarn“ soll die Verständigung klappen?

  32. Hausherren, Nachbarn – man muss doch nicht jeden Spruch hier erschlagen! Aber ich glaube nach Ihren neuerlichen Ausführungen auch gar nicht, dass wir beide auf einen Nenner kommen.
    Sei es drum: Hab mal zwei Minuten meine Lesezeichen durchforstet und ohne es mir weiter angeschaut zu haben, verlinke ich mal ein Interview zum Thema Doping
    Hartelt Ist zunächst einmal der Beweis, dass man auch suchen darf. Schlau machen kann man sich auch auf der Homepage des CHIO, in der ARD-Mediathek, im Google-Cache und vermutlich auch bei U2B und Konkurrenten – mal ganz abgesehen von den diversen Reitsport-Streams im Netz

  33. Ich hatte gedacht, wir seien gerade dabei, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Vielleicht wollen sie mich auch nicht verstehen (?)

  34. Lieber Herr Kohler, ich fand eigentlich, Wil hat sich sehr klar ausgedrückt. Habe nicht den Eindruck, dass es am Nichtverstehenwollen liegt. Ich fand auch Michael Ridders Ausführungen sehr einleuchtend, einige andere auch, und bin sehr der Meinung, dass es Konstellationen gibt, die sich nicht leugnen und kaputtdiskutieren lassen. Diese Konstellationen gehören aufgelöst – bzw. sollten sie überhaupt nicht entstehen. Ich finde, so einfach ist das, auf wenigen Zeilen gesagt.

  35. Als interessierter (Neu-)Leser des Blogs finde ich die obige Diskussion sehr hilfreich. Erst fand ich mich in der Position Ralf Kohlers wieder:

    Kurzum: Nette Geschichte – für Insider aus der Journalisten-, Reiter- und Medien-Szene. Aber alles irgendwie noch dünn, nicht so durchsichtig bzw. skandalös, dass ich mir eine klare Meinung bilden könnte …

    aber mit den Erklärungen des Gastgebers, des Autors M. Ridder und zuletzt von Wil, ist mir klar geworden, dass jeder für sich selbst klären
    muss:
    1. Wo beginnt für mich der Interessenkonflikt?
    2. Wie würde ich mich in solch einer Situation verhalten?

    Von daher möchte ich auf B.Schuss‘ Kommentar

    Ich weiss ehrlich gesagt nicht, worauf Herr Ridder jetzt eigentlich hinaus will. Die private Beziehung der beiden und die sich daraus möglicherweise ergebenden Probleme waren dem WDR ja anscheinend schon länger bekannt, und wurden ja auch schon intern untersucht.

    antworten, dass die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung nur durch permanentes Aufzeigen des Interessenkonfliktes erhalten werden kann. Wenn die Rundfunkanstalten dann sagen, wir entsenden Frau Hartelt zu den olympischen Spielen, obwohl ihre Bekannte als Besitzerin akkreditiert ist, weil sie es versteht, den Abstand in ihren Berichten zu wahren, so sei ist. Aber dafür ist die von JW hochgepriesene Transparenz notwendig.

    Es ist wie bei der Korruptionsbekämpfung: Wenn es nichts zu kritisieren gäbe, wäre alles wundervoll. Ansonsten: Wehret den Anfängen. Wenn nun Herr Ridder mich allein für das Thema weiter sensibilisiert hat und ich meine persönlichen Grenzen hinterfrage, dann hat der Artikel (hoffentlich auch in seinen Augen) schon etwas erreicht. Auch ohne Skandal.

  36. Ich würde mich schon wundern, sollte der Eindruck enstanden sein, ich wollte eine Konstellation leugnen oder kaputtdiskutieren.

    Ich weiß überhaupt nicht, wo der Gegensatz sein soll zwischen meiner Meinung und der der anderen. Es gibt nur gewisse Unterschiede.

    Während es einige gibt – so fasse ich das auf – meinen, es sei vollkommen ausreichend zu rufen „Haltet den Dieb“, sage ich, es wäre noch weitaus besser, aufzuzeigen, dass es tatsächlich einen Diebstahl gegeben hat, zu zeigen, was gestohlen wurde, und die Sache womöglich sogar in Ordnung zu bringen.

    Jens W. verstehe ich auch nicht so ganz. Er meint Jens Weinreich, Michael Ridder und anderen zu folgen, meint aber, die ARD könne so eine Konstellation einfach absegnen, so sie vorab informiert wird.

    Wenn ich mich nicht völlig täusche, wäre das aber nicht im Sinne von Weinreich, Ridder usw.

    Keinesfalls dürfte das im stillen Kämmerlein abgesegnet werden, sonst weiß der Medienkonsument ja auch nicht Bescheid.

    Die Punkte 1 und 2 klingen gut. Aber ist alleine damit schon was gewonnen? Dann hätte Sabine Hartelt das ja mit sich selbst ausmachen und dabei zur Erkenntnis gelangen können, dass es aus ihrer Sicht keinen Konflikt gibt, und sie deshalb nichts zu melden braucht. Absurd, oder?

    Natürlich ist es trotzdem gut (ein erster Schritt), wenn jeder die Fragen für sich selbst klärt. Aus meiner Praxis heraus habe ich dazu ja einige Ausführungen gemacht …

  37. Ralf Kohler, wie der Gastgeber schon sagte: Es liegt nicht am fehlenden Willen. Ich kann Sie einfach nicht verstehen. Und um in Ihrem Bild zu bleiben: Es ruft hier niemand „Haltet den Dieb“, sondern viel grundsätzlicher „Du sollst nicht stehlen“.

  38. Ich möchte auf einen Gedanken eingehen, den Herr Kohler schon geäussert hat. Ist es Zufall, dass diese Sache gerade jetzt ans „Tageslicht“ kommt, wo die Reiter wegen des Dopings schon stark unter Druck stehen ?
    Ich meine, die Spiele in Peking waren vor einem Jahr, und die Tatsache, dass auch Frau Sgrazzutti vor Ort, und akkreditiert war, dürfte doch wohl vielen der Beteiligten schon länger bekannt gewesen sein, nehme ich an.
    Da kann dann schon der Gedanke aufkommen, dass hier der Versuch gestartet wird, einer der beiden zu schaden. Besonders, da die Angelegenheit ja bereits vom WDR untersucht und abgeschlossen wurde.
    Was uns dann zu der Frage führt, wer der Informant ist, und ob es nicht seinerseits ein bestimmtes Interesse gegeben hat, den Fall jetzt in dieser Weise an die Öffentlichkeit zu bringen.
    Aber das ist natürlich bloss Spekulation. ^^

    Generell zum Thema Interessenkonflikte:

    Lassen die sich überhaupt vermeiden ? Ich meine, in vielen der „kleineren“ Sportarten ist die Gruppe der Athleten,Journalisten, Funktionäre, und Förderer recht überschaubar. Da ist es doch schon fast unvermeidlich, dass sich zwischen diesen Personen enge Beziehungsgeflechte entwickeln. Wie soll das auch anders gehen ? Schließlich sind wir Menschen, keine Roboter.
    Wenn die ÖR-Schwimm-Expertin und ehemalige Weltklasse-Schwimmerin Franziska v. A. der frischgebackenen Olympiasiegerin Britta Steffen um den Hals fällt ( eine absolut verständliche Reaktion angesichts der Ereignisse ), wie kann ich dann von der selben Person überhaupt objektive Berichterstattung erwarten, z.B. zum Thema Doping im Schwimmen ?
    Das gleiche beim Fussball: wenn ich sehe, wie z.B. beim BR die Herren von der Säbener Straße hofiert werden ( kein Wunder, man kennt sich ja schon seit Jahren ), wie kann ich da glauben, dass das was anderes ist ausser weichgespülte PR ?
    Vom Radsport will ich gar nicht erst anfangen. Da waren die Verstrickungen ja geradezu legendär, wenn ich mich richtig erinnere.

    Was ich sagen will: kritische journalistische Distanz ist schwierig, wenn die handelnden Personen sich so nahe stehen.
    Wie kann man diesen Widerspruch auflösen, ohne eine der beiden Seiten zu benachteiligen ?

    Denn schliesslich profitieren die Journalisten ( und damit die Zuschauer ) ja auch oft von der Nähe zum Sportler, und viele Geschichten, die berichtenswert sind, würden gar nicht geschrieben, wenn es diese Nähe zum Objekt nicht gäbe.

    Mich würde interessieren, wie die Herren hier die zukünftige Vorgehensweise im vorliegenden Fall sehen.
    Dürfen Frau Hartelt und Frau Sgrazzutti noch bei den selben Veranstaltungen arbeiten ? Und wenn ja, wie gestaltet man die Transparenz für den Zuschauer in angemessener Weise ?

  39. @ B.Schuss: Vermeiden lassen sich derartige Konflikte natürlich nicht. Deshalb müssen sie aufgelöst werden und/oder ganz und gar verhindert werden. Deshlab ist Transparenz angesagt. Deshalb gibt es (noch) Regeln für den (immer noch) real existierenden Journalismus.

    So einfach ist das.

    Franziska van Almsick: Ist keine Journalistin. Hat keinen Abstand, keine Distanz, selbstverständlich nicht. Die Frage sollte an die ÖR Intendanzen gehen, warum sie und andere dennoch zugelassen werden.

    Zum BR äußere ich micht nicht, das hast Du doch recht gut beschrieben.

    Im Zweifel geht „kritische Distanz“ immer vor Nähe. Denn es ist doch so: Was uns da an angeblichem Mehrwert durch Nähe angeboten wird, ist meist nur Nonsens – und letztlich PR. Verrat am Journalismus.

    Es mag ja sein, dass wir uns in zehn Jahren nicht mehr drüber unterhalten müssen. Derzeit aber existieren journalistische Einheiten und solche, die sich so nennen, noch real. Es gibt ein Pressegesetz, es gibt – ich wiederhole mich zum gefühlten hundersten Mal – etliche Kodizes, es gibt Arbeitsverträge für Journalisten. Die gilt es einzuhalten. Weil sie so oft nicht eingehalten werden, hat sich der „Journalismus“ in die Krise manövriert, in der er sich befindet – auch deshalb.

    Zur Frage, wann unhaltbare Zustände öffentlich werden, habe ich mich schon geäußert. Andere auch. Ich bin es leid, derartige Basics ständig zu wiederholen. Es nervt kolossal, wenn sich die Ãœberbringer schlechter Nachrichten rechtfertigen müssen. Michael Ridder hat seinen Job gemacht. Dafür wird er bezahlt. Würden mehr Journalisten so ihren Job machen … aber das habe ich schon oft genug erzählt.

  40. Bringe mal einen praktischen Ansatz ein, aus der Perspektive der Freien, da ich auch eben etwas erarbeitet habe, das eher unter die Rubrik PR fällt, ein Jubiläumsbuch.
    Wird ein Vertreter der reinen Lehre auch nicht gutheißen. Aber Selbstverständlichkeit sollte dann sein, dass man über diesen Gegenstand und damit verbundene Themen eben nicht zugleich (und auch später nicht) journalistisch berichtet. Ausnahme: Es handelt sich um ausgesprochen ktitische Berichterstattung, weil es dafür einen Anlass gibt.
    Finde also, das ist alles nicht so sonderlich kompliziert.

  41. ergänzend zu Jens Weinreich möchte ich B.Schuss noch antworten: Wir führen hier keine Diskussion über die sexuelle Orientierung erwachsener Menschen oder über den Reitsport – sondern eine über den Journalismus respektive seine Ethik

    Ich möchte auf einen Gedanken eingehen, den Herr Kohler schon geäußert hat. Ist es Zufall, dass diese Sache gerade jetzt ans “Tageslicht� kommt, wo die Reiter wegen des Dopings schon stark unter Druck stehen?

    Und vor allem kann ich diese Meinung gar nicht teilen

    Denn schliesslich profitieren die Journalisten ( und damit die Zuschauer ) ja auch oft von der Nähe zum Sportler, und viele Geschichten, die berichtenswert sind, würden gar nicht geschrieben, wenn es diese Nähe zum Objekt nicht gäbe.

    Der Leser/Zuschauer/Zuhörer profitiert davon, dass ein Journalist mit offenen Augen durchs Leben geht. Dinge sieht, einordnet, bewertet und das dann öffentlich macht – also in gewisser Weise zur Diskussion stellt. Dazu brauche ich nicht einmal persönliche Nähe zum Sportler, denn natürlich kann ich ihn ja zu meiner Sicht der Dinge befragen. „Mittendrin statt nur dabei“ ist also – wenn auch ein toller PR-Spruch – der Anfang vom journalistischen Ende. Die wirklichen Geschichten bekomme ich nämlich eher nicht dadurch zu hören, dass ich mit jemandem um die Häuser gezogen bin, sondern weil ich mir durch fachliche Kompetenz Respekt verdient habe – oder einfach geschickt frage. Sonst wäre die BILD ja täglich voll von richtig guten Fußball-Geschichten ;-)

  42. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (37): Journalismus und Interessenskonflikte, USOC und Chicago 2016 : jens weinreich

  43. ich wollte noch einen Aspekt aufgreifen, den Arnesen auch schon angesprochen hat: er empfindet Moderatoren und Kommentatoren nicht als „richtige“ Journalisten, und legt dementsprechend bei deren Arbeit keine so hohen Maßstäbe an.

    Das ist auch bei mir so. Für mich sind das Leute, deren Job es ist, das, was ich sowieso selbst auf dem Bildschirm sehen kann, unterhaltsam und informativ zu begleiten. Mehr erwarte ich nicht, und wenn sie mal die Klappe halten, stört mich das auch nicht. Auch dank deiner Arbeit, Jens, glaube ich den wenigsten Journalisten unbesehen, wenn sie mir was erzählen wollen, und wenn mich das Thema interessiert, versuche ich immer, mich aus mehreren Quellen zu informieren.

    Überhaupt glaube ich, dass die heutige, in einer Mediengesellschaft aufgewachsenen Generation die Arbeit von Journalisten anders beurteilt, als das frühere Generationen vielleicht getan haben.

    Herr Ridder spricht in seinem Kommentar vom 16.07. unter Punkt 7 vom „[..] öffentlich-rechtlichen Berichterstatter, der mir im Fernsehen die Sport-Welt erklärt“.

    Ich kann verstehen, was er meint, aber für mich ist das eine Geisteshaltung, die noch aus einer Zeit stammt, als Walter Cronkite den Menschen vor den Fernsehern die Welt erklärte, und sie ihm glaubten, weil er eben Walter Cronkite war.

    So wie ich das sehe, nimmt die heutige ( mehr oder weniger ) aufgeklärte Mediengesellschaft die Arbeit von Journalisten anders war. Nicht etwa weil wir alle paranoid sind, und glauben, immer belogen zu werden; sondern weil wir wissen ( oder es zumindest glauben ), wie Nachrichten entstehen, wie sie verbreitet werden, und das selbst der objektivste, anständigste, und bestausgebildeteste Journalist immer nur einen Teil der Wahrheit berichten kann.
    Von den verschiedenen Interessen, die im Nachrichtenbusiness miteinander konkurieren, mal ganz abgesehen.
    Aktueller ( und lustiger ) Guckbefehl dazu: Die Daily Show-Ausgabe vom Montag, mit Gast Brian Williams, abrufbar über die Homepage http://www.thedailyshow.com/

    Natürlich ist es auch irgendwie traurig, wenn man kaum einem Journalisten noch vertrauen kann ( danke Jens..^^ ), und ja, es macht einen auch zynisch, aber ich finde, es ist auch sehr befreiend. Denn wer die Schlüsse aus dieser Erkenntnis ernst nimmt, hat die Verpflichtung, nicht als bloßes Wahl- und Klatschvieh hinter dem Umzug aus Politik, Medien und Wirtschaft her zu laufen, sondern sich selbst zu informieren, alles zu hinterfragen, und nichts nur aus Prinzip als wahr oder gegeben hin zu nehmen.

    Und was besseres könnte einer modernen Demokratie ja kaum passieren, oder ?

  44. @ B.Schuss: Ich kann fast alles verstehen, was Du schreibst und vieles auch unterschreiben.

    er empfindet Moderatoren und Kommentatoren nicht als “richtige� Journalisten, und legt dementsprechend bei deren Arbeit keine so hohen Maßstäbe an.

    Kann man so sehen. Was meist als Journalismus bezeichnet wird, sind doch im Grunde hunderte grundverschiedene, spezialisierte Tätigkeiten. Das Problem aber ist (eines der Probleme), dass den Kunden nicht dazu gesagt wird: Ãœbrigens, der Mann, der hier die Boxkämpfe im ZDF anmoderiert, dieser ehemalige Sportler, der ist gar kein Journalist, der ist halt nur Promoter und quatscht so daher, um sie heiß zu machen …

    Das ist unsauber. Wie so vieles.

    … glaube ich den wenigsten Journalisten unbesehen, wenn sie mir was erzählen wollen, und wenn mich das Thema interessiert, versuche ich immer, mich aus mehreren Quellen zu informieren.

    Tja, und das ist die Herausforderung für Journalisten. Ich weiß nicht, ob es den Beruf, den Begriff, in einigen Jahren noch geben wird und wenn doch, wie man ihn dann bezeichnet. Ich finde: Die Währung der Gegenwart und der Zukunft heißt: Vertrauen, Überprüfbarkeit. Ob das auch ein Geschäftsmodell sein kann für Journalismus, weiß ich nicht, aber das muss Dich ja als Konsumenten nicht interessieren ;)

    Überhaupt glaube ich, dass die heutige, in einer Mediengesellschaft aufgewachsenen Generation die Arbeit von Journalisten anders beurteilt, als das frühere Generationen vielleicht getan haben.

    Ein so wahrer Satz, dessen Ausmaß sich der „Mediengesellschaft“ oder besser „dem Journalismus“ sich nur langsam erschließt. Ich fürchte, dass in diesem Prozess auch Qualitätsmaßstäbe (ich nenne zum wiederholten Male die Journalisten-Kodizes), die eigentlich anzulegen wären, verschwimmen und größtenteils aufgelöst werden. Mal ein extremer Gedankensprung: Ich verfolge gerade sehr interessiert die Diskussion über die Vodafone-Werbung, die Testimonials und die gerade wegen der Kritik ausgestiegene Frau Schnutinger. Zu interessiert, weil mich das Stunde um Stunde kostet. Ich glaube festzustellen, dass bei den neuen selbst ernannten Kommunikationsgurus und Meinungsführern Verhaltens-Kodizes, Ethikregelen etc. überhaupt keine Rolle spielen. Dies betrifft imho auch etliche der Mitwirkenden, die sich als Journalisten bezeichnen. Ein Beispiel: Wo ist die Grenze zwischen PR und Journalismus? Diese Frage wird im selbstreflektierenden Bereich des Journalismus, angestoßen vom Netzwerk Recherche, in den vergangenen Jahren heiß diskutiert. Wie wichtig das ist, sieht man auch in dieser Diskussion hier. Ich bin da wahrlich kein Hardliner, kommt immer auf den Einzelfall an. Aber was ich nur anmerken möchte: Derartige Fragen werden in der Vodafone-Diskussion doch kaum gestellt.

    So wie ich das sehe, nimmt die heutige ( mehr oder weniger ) aufgeklärte Mediengesellschaft die Arbeit von Journalisten anders war. Nicht etwa weil wir alle paranoid sind, und glauben, immer belogen zu werden; sondern weil wir wissen ( oder es zumindest glauben ), wie Nachrichten entstehen, wie sie verbreitet werden, und das selbst der objektivste, anständigste, und bestausgebildeteste Journalist immer nur einen Teil der Wahrheit berichten kann.
    Von den verschiedenen Interessen, die im Nachrichtenbusiness miteinander konkurieren, mal ganz abgesehen.

    Wen oder was Du auch immer als „aufgeklärte Mediengesellschaft“ bezeichnest, ich nehme es Dir ab. Und ich glaube, dass viele (im meiner typischen Ãœbertreibungshaltung würde ich lieber sagen: die meisten) Journalisten nicht wirklich wissen, dass die Rezipienten aufgeklärt sind. Die Parameter, mit denen Journalisten operieren, sind meist noch die aus dem vergangenen Jahrtausend.

    Verrätst Du mir eines: Wie alt bist Du?

    aber ich finde, es ist auch sehr befreiend. Denn wer die Schlüsse aus dieser Erkenntnis ernst nimmt, hat die Verpflichtung, nicht als bloßes Wahl- und Klatschvieh hinter dem Umzug aus Politik, Medien und Wirtschaft her zu laufen, sondern sich selbst zu informieren, alles zu hinterfragen, und nichts nur aus Prinzip als wahr oder gegeben hin zu nehmen.

    Absolut. Das sehe ich auch so. Und siehst Du, an dieser Stelle lege ich mal einen Teil meiner Motivation offen, habe ich allerdings schon etliche Male bei anderer Gelegenheit getan: Ich bin in der behüteten DDR groß geworden. Ohne Westkontakte, ohne Kontakte zur Kirchenszene (obgleich evangelischer Kindergarten und kurze Zeit Christenlehre), aber auch ohne Eltern, die verbohrt gewesen wären – also „nur“ das volle Programm sozialistischer Erziehung mit jungen Pionieren, FDJ und EOS. Dann zehn Monate Volontariat an der FDJ-Zeitung mit Artikeln wie diesem über Heidi Kriegers Entdecker und zwei Jahre Studium am Roten Kloster in Leipzig, bevor die Mauer fiel und sich die Giftschränke öffnen ließen. Insofern hätte ich meine persönliche Motivation (neben der professionellen, denn ich glaube an einige Grundaufgaben des Journalismus) nicht besser beschreiben können, als Du es getan hast und zitiere Dich erneut:

    Denn wer die Schlüsse aus dieser Erkenntnis ernst nimmt, hat die Verpflichtung, nicht als bloßes Wahl- und Klatschvieh hinter dem Umzug aus Politik, Medien und Wirtschaft her zu laufen, sondern sich selbst zu informieren, alles zu hinterfragen, und nichts nur aus Prinzip als wahr oder gegeben hin zu nehmen.

    Ich mache also nicht nur was mit Medien, B.Schuss. Glaub mir, viel persönlicher kann ich das nicht sagen.

  45. @Jens: ich bin Jahrgang 1975. Also nicht mehr jung, aber auch nicht allzu alt…^^

    Meine Generation ( zumindest sehe ich das so ) steht/stand am Anfang der Entwicklung hin zu einer „aufgeklärten Mediengesellschaft“, oder präziser: einer aufgeklärten Medien- und Wissensgesellschaft.

    Äusserlich mache ich das im Grunde an zwei Entwicklungen fest.
    1. dem Entstehen von Privatfernsehen in Deutschland ( mit all seinen Folgen, positiv wie negativ ), und
    2. der Entwicklung des PC’s und des Internets ( dito ).

    Ich denke beides hat die Art, wie Menschen Informationen wahrnehmen, und konsumieren, kolossal verändert ( Paradigmenwechsel ? Keine Ahnung ). Bei mir jedenfalls war das so.

    Meine Eltern sind noch mit Pferdewagen aufgewachsen, einem Fernseher pro Straße, und Telefonen mit Vermittlung.
    Ich selbst habe in der Schulzeit den Wechsel erlebt von handgeschriebenen zu getippten und am PC ausgedruckten Referaten ( exemplarisch für den Wandel von der analogen zu digitalen Welt ), und später den Aufstieg von 24h-Nachrichtenkanälen und des Internets als Medien der Informationsbeschaffung neben dem verbeamteten Staatsfernsehen ( West ) und den klassischen Printmedien.

    Ich bin also ein bißchen von beidem. Ich hab noch echte Briefe geschrieben, weiss aber auch wie e-mails funktionieren. Twitter dagegen kann mich ( noch ) nicht begeistern. Aber ich kauf mir im Dezember ein iphone, mal schauen, was passiert…^^

    Wie meine Kinder mal Informationen beschaffen, sie filtern, einordnen und bewerten werden, kann ich nur vermuten. Aber eins ist klar: sie werden viel mehr darüber wissen, wie Informationen entstehen; sie werden die Strukturen kennen, die dahinter stehen; sie werden die Zusammenhänge zwischen Medien, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kennen, und sie werden über die Werkzeuge verfügen, unabhängige Informationen zu erkennen, zu beschaffen, und zu bewerten.
    Also werden sie im Grunde das tun, was bisher die Haupttätigkeit von Journalisten war. Filtern und bewerten.

    Das ist es, was ich mit „aufgeklärter Medien- und Wissensgesellschaft“ meine. Den Medien ihr Informations- und Meinungsmonopol entreissen.

    Ist natürlich bloß ein Schlagwort. Ob genug dabei mitmachen, wird man sehen. Ich habe da so meine Zweifel…

  46. Mit dem Thema verwandt, das wir hier diskutieren:

    Carta: Betrug am Leser …

    Gabriele Bärtels über Lug und Trug, Schein und Wirklichkeit im Journalismus oder: Warum die Journalistenbranche von innen verfault.

    Lesebefehl auch für die Kommentare!

  47. Mir gefällt an dem verlinkten Beitrag, was er nicht explizit sagt, aber gut beschreibt: Es gibt inszenierte (Medien-)Wirklichkeit (da waren wir schon mal hier im Blog), eine simulierte Realität, die mit vielerlei Wünschen spielt, und es gibt Journalismus (den Versuch, Realität abzubilden samt ihrer versuchten Inszenierung). Es gibt z.B. kaum noch „Reisejournalismus“ – das ist ein Paradoxon geworden.
    Tröstlich könnte man das so betrachten: inszenierte Wirklichkeit ist Geschäft, aber vielleicht auch Kunst, Fiction. Und so lange man das so nennt, ist es auch in Ordnung.
    Dass das kaum noch einer tut, ist ein Problem der Referentiale. Denn diese simulierte Realität hat ja seit langem auch Normen gesetzt. Auch das ist schön beschrieben in dem Carta-Text – es ist „normal“, Umstände zu erfinden, Begegnungen zu erfinden, Menschen umzuerfinden …

    Glaube aber, dass es ein Bedürfnis nach Realität gibt. Deshalb bekommt jw Preise ;-)

  48. Eva Simeoni in der FAZ:

    Im Schonwaschgang

    Problem beseitigt, wenn auch nicht bewältigt. Aber warum sollten sie das jetzt noch wollen? Die DOSB-Kommission hat ihnen beigebracht, wie man ethisch-moralische Untadeligkeit herbeiführt, ohne in sich gehen zu müssen. Das Signal aus dieser Simulation eines Selbstreinigungsprozesses kann nur heißen: Weitermachen wie bisher.

    genau, weitermachen!

  49. Sauberer Kommentar, keine Frage. Nüchtern analysiert. Der Link hätte hier bei geschätzten 100 Beiträgen gesetzt werden können :)

    Es sei noch angemerkt: Respekt vor derlei Kommissionen, die nicht einmal alle historisch verbürgten Dokumente wahrnehmen, verbietet sich. Und zwar gehörig.

    Evi Simeoni zur so genannten unabhängigen Steiner-Kommission:

    (…) In beiden Fällen hat die einsetzende Institution, der DOSB, also klare Interessen. Im ersten Fall sollen Trainer mit Doping-Vergangenheit nicht unkontrolliert in den Medien geoutet werden. Außerdem sollen den Verbänden unangenehme Arbeitsgerichtsverfahren erspart werden. Im zweiten Fall soll die medaillenträchtige Erfolgsgeschichte der deutschen Reiterei nicht durch einen massiven Imageverlust unterbrochen werden.

    Entsprechend fallen die Ergebnisse der sogenannten unabhängigen Prüfungen aus. In nur einem einzigen öffentlich gemachten Fall wurde die Weiterbeschäftigung eines Trainers, nämlich von Werner Goldmann, nicht empfohlen. Diese Entscheidung wurde später für die Gegenleistung eines Geständnisses zurückgenommen (…)

  50. Ich möchte in dem Zusammenhang aber auch daran erinnern, dass gegen Klöden bisher nichts vorliegt, was nicht auch nur von einer Kommission stammt.

    Wohlgemerkt: Es gibt wenig Grund, ihn für sauber zu halten, aber Kommissionen finde ich generell fragwürdig, weil sie immer erst einmal von jemandem eingesetzt werden müssen, der auch Interessen hat.

  51. Auftrags-Gutachten und „unabhängige Kommissionen“, die vom Sport besetzt und benannt werden, sind ein Thema für sich, keine Frage. Es bringt auch relativ wenig, darüber zu feilschen, welche der genannten Kommissionen unabhängiger war. Lässt sich schwer vergleichen. Steiner & Co. haben allerdings, anders als Schäfer & Co., so ziemlich gar nichts herausgefunden, zu bemängeln gehabt, kritisiert, öffentlich gemacht. Ganz im Gegenteil, darauf möchte ich schon erneut hinweisen: Sie haben nicht einmal sämtliche zur Verfügung stehende Dokumente (gerichtsfeste Dokumente) in ihre – Achtung, Kommentar: lächerlich unglaubwürdige – Entscheidungsfindung einbezogen.

  52. JW,
    kennen Sie den Spruch , bist du in Not mein Sohn, dann gründe eine Kommission?

    Was hat denn Schäfer im Auftrag der Uni Freiburg herausgefunden?

  53. Mir gefällt der neue Beitrag von Raimund Hesse noch besser). Da wird die Brisanz anschaulicher.

    Nur: Könnte man Sabine Hartelt dafür verurteilen, weil sie nicht gesagt hat, was alle anderen nicht gesagt haben, auch wenn der Unterschied wäre, dass sie mehr gewusst hätte?

    Wer kennt ihn nicht den Fall, wo einem jmd. etwas erzählt und sagt, „das schreiben sie aber bitte nicht“? Muss man sich daran – ohne Rücksicht auf Verluste – prinzipiell NICHT halten?

    Nun gut, es ist gut möglich, dass ihre Lebensgefährtin und dann Sabine Hartelt etwas erfahren haben und sie das (Behandlung und Zusammenbruch von Cornet Oblinsky) für sich behalten haben. Das ist aber nur EINE denkbare Variante.

    Also, wenn ich der Besitzer wäre und wenn ich das Ganze vertuschen wollte, dann würde ich doch lieber dafür sorgen, dass keine der beiden Journalistinnen das erfährt (anstatt sie einzuweihen und mich auf ein Stillhalten zu verlassen). Da die Lebensgefährtin tatsächlich NICHT Mitbesitzerin ist (sondern „nur“ als solche akkreditiert war), wäre es doch umso plausibler, wenn sie nichts erfahren hätte …

    Grundsätzlich: Was wäre eigentlich wenn – FIKTIVES BEISPIEL – sich Hartelt und die Mitbesitzerin – sagen wir mal im April 2008 – heimlich, still und leise getrennt hätten (bevor die Lebensgefährtin als Mitbesitzerin akkreditiert wurde) und sie meinetwegen ab Oktober 2008 wieder ein Paar gewesen wären? Muss ein ÖR-Mitarbeiter oder gar jeder Journalist seinem Vorgesetzten jede beziehungstechnische Veränderung rein vorsorglich melden? Wohl nicht: Dann ist das alles aber nicht so einfach. Und selbst wenn: Eine solche Meldung könnte ja auch falsch sein …

  54. Die Pferdesportzeitung veröffentlicht zu ihrem Beitrag vom 20. Juli 2009 einen „Gegendarstellung“ von Susanne Sgrazzutti, ohne gerichtliche Anordnung.

    Beide Texte, den Beitrag vom 20.7. und die „Gegendarstellung“ vom 27.7., habe ich im Blogbeitrag zusätzlich verlinkt, damit das nicht untergeht.

  55. Mein Gott, Herr Kohler: Die „Anderen“ haben ein Interesse daran, dass die Skandale und Skandälchen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Ein Journalist hat ein Interesse daran, die Skandale und Skandälchen offen zu legen

    Nur: Könnte man Sabine Hartelt dafür verurteilen, weil sie nicht gesagt hat, was alle anderen nicht gesagt haben, auch wenn der Unterschied wäre, dass sie mehr gewusst hätte?

    Und natürlich wurde jedem von uns schon einmal etwas „unter C“ erzählt – aber zum Berufsbild gehört natürlich auch die Kunst, so etwas zu umgehen. Denn wenn man sich die Artikel diktieren lässt, macht man sich auch schnell überflüssig!
    3. Selbst wenn es eine On-Off-Beziehung wäre, hätte zum Ortstermin Hongkong der Interessenkonflikt bei Hartelt bestanden, der entsprechende Schritte ihrerseits zur Folge hätte haben müssen

  56. Mein Gott, WiL: Ich habe doch nicht gesagt, dass die anderen kein Interesse am Vertuschen hätten.

    Ich habe nur gesagt, FALLS ich nicht nur Besitzer eines wegen schlechter Behandlung zusammenbrechenden Pferdes wäre und das Interesse hätte, dann würde ich Journalisten lieber gar nichts erzählen, als mich auf sie zu verlassen.

    Kennen Sie eigentlich Sabine Hartelt?

    Ich nicht (nur aus dem Fernsehen). Vielleicht versuche ich ja deswegen auch „Entlastendes“ zu finden.

    Sie machen es sich wieder schön einfach: Alles ist vollkommen klar (ich wünschte, das wäre es). Wenn es eine On-Off-Beziehung wäre, dann wäre es doch auch möglich, dass die Moderatorin von der Akkreditierung der anderen Frau gar nichts wusste. Wenn dem so gewesen wäre: Wie hätte sie im Vorfeld etwaige Schritte einleiten KÖNNEN?

    Um es nochmal zu sagen: Mir gefällt die ganze Sache AUCH NICHT. Aber erwarten Sie (und andere) nicht vielleicht ein wenig viel: ERWARTEN. Also, die perfekte Welt, wenn die zu haben wäre, ich würde sie nehmen. Aber ist sie es?

  57. Das habe ich schon verstanden und außerdem Ihnen auch gar nicht unterstellt. Aber ich befürchte, Sie haben meinen Beitrag nicht verstanden und verweise deshalb noch mal auf meine Ausführung zum Zitat

    Nur: Könnte man Sabine Hartelt dafür verurteilen, weil sie nicht gesagt hat, was alle anderen nicht gesagt haben, auch wenn der Unterschied wäre, dass sie mehr gewusst hätte?

    Die Antwort lautet: JAAAAAAAAAA! Denn wenn sie mehr wusste, hätte sie es auch journalistisch sauber aufarbeiten müssen.

    Kennen Sie eigentlich Sabine Hartelt?

    Nein

    Ich nicht (nur aus dem Fernsehen). Vielleicht versuche ich ja deswegen auch “Entlastendes� zu finden.

    Unterstellung voreingenommenen Schreibens

    Wenn es eine On-Off-Beziehung wäre, dann wäre es doch auch möglich, dass die Moderatorin von der Akkreditierung der anderen Frau gar nichts wusste. Wenn dem so gewesen wäre: Wie hätte sie im Vorfeld etwaige Schritte einleiten KÖNNEN?

    Kennen Sie eigentlich den Spruch „hic rhodos, hic salta“? Spätestens in Hongkong hätte sie ihren Vorgesetzten den Interessenkonflikt offen legen können und müssen

    Ich habe nur gesagt, FALLS ich nicht nur Besitzer eines wegen schlechter Behandlung zusammenbrechenden Pferdes wäre und das Interesse hätte, dann würde ich Journalisten lieber gar nichts erzählen, als mich auf sie zu verlassen

    Die Journalisten vor Ort (zumindest die ohne eigene Interessen)haben vermutlich zunächst auch gar nichts erfahren, werde mal bei Gelegenheit nachfragen. Aber: Der Zusammenbruch eines jedes Jahr Millionen Euro einbringenden Hengstes kann selbst in einem abgeschotteten Stallbereich nicht verborgen bleiben, zumal den Pflegern der anderen Tiere (und ganz abgesehen davon, dass die Ställe meiner Erinnerung nach auch per Video überwacht wurden). Also, und das vermutet ja auch der von Ihnen gewürdigte Verfasser der Pferdezeitung, waren die Umstände zumindest bei den anderen Reitern und in der Folge auch den Pferdebesitzern bekannt; das Boxengeflüster hatte bisher noch bei jedem Reitturnier die Geschwindigkeit eines Lauffeuers.

  58. Zu ihren Ausführungen sicher ein ander Mal noch mehr, Wil. Erstmal zu etwas evtl. Vergleichbarem.

    Tja, das Leben ist voller Überraschungen: Bis heute hielt ich Danja Müsch für eine Ex-Beachvolleyballerin und die (Ex-Ehefrau von HR-Sportchef Ralf Scholt) und hätte sie eher im Hartelt-Land-NRW gesehen.

    Hatte keine Ahnung davon, dass sie aus Kassel im HR-Land stammt und derweil journalistisch arbeitet (http://de.wikipedia.org/wiki/Danja_M%C3%BCsch). Das habe ich erst jetzt beim neugierigen Im-Internet-Stöbern erfahren, nachdem ich im Radio einen Sport-Beitrag von Danja Müsch gehört hatte.

    War gar nicht schlecht, nur dass die Interview-Passagen nicht recht zu verstehen waren. Naja, jedenfalls registrierte ich, dass Michael Roth, einer der an Prostata-Krebs erkrankten Handball-Zwillinge nun in Wetzlar (Hessen) tätig ist. Tja, und irgendwie fragte ich mich, ob Danja Müsch mit Sportchef-Scholt nun beruflich verbunden ist. Vielleicht ja auch wieder privat, aber der letzte Stand von September 2008 war ja, dass eine Schwimmerin Nachfolgerin der Beachvolleyballerin wurde … (http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/city-talk/roter-teppich-frankfurt/2008/09/19/hr-sportchef/ralf-scholt-wechselt-frau.html).

    Irgendwie fällt mir da auch noch ein, dass Scholt-Vorgänger Jürgen Emig seine Atlanta Killinger als Vorgesetzter beim HR kennengelernt hat. Das Ganze geriet dann beruflich, nunja auf Abwege …

    Aber, um es mal zuzuspitzen: Würde (Ex)-Ehefrau und Journalismus-Quereinsteigerin Danja Müsch unter einem womöglich traditionsbewußten Sportchef Scholt für den HR arbeiten … wäre das dann so bedenklich wie die Hartelt-Connection, bedenklicher, weniger bedenklich oder vielleicht auch gar nicht bedenklich?

  59. Würde sicher auch woanders passen, aber von den familiären Bezügen her gibt`s hierzu eine gewisse Parallelität:

    Der Ehemann der FEI-Präsidentin Prinzessin räumt ein Dopingvergehen ein:

    http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/685014

    Scheinen Rennpferde gewesen sein. Klingt „hübsch“: „(er) habe akzeptiert, dass sein Pferd Tahhan zweimal positiv getestet wurde.“

    Als ob Scheichs daran gewöhnt seien, Tatsachen wegzulügen …

    „Gut gefallen“ hat mir auch die Formulierung in der Südwestpresse, wo ich davon zuerst gelesen hatte: (er) habe gestanden, dass sein Pferd zweimal positiv getestet wurde.“

    Theoretisch gab es kein positives Ergebnis zu gestehen (das lag ja vor), allenfalls hätte der Scheich gestehen können, dass Doping beabsichtigt war.

    Ãœbrigens: Wenn ich mich bei den ganzen al Maktoums nicht vertan habe, ist das ein Bruder eines Olympiasiegers im Schießen von 2004: Ahmed bin Rashid Al Maktoum, der mir noch in Erinnerung ist, weil ich ihm damals den Kurier-Artikel „Ein Scheich steht auf Tauben“ gewidmet hatte.

  60. Also mich lässt auch diese Thematik (im engeren und weiteren Sinne) nicht los.

    Zuerst mal an Wil und andere, die mich möglicherweise falsch verstehen: Ich habe nun überhaupt kein Interesse daran irgendwelche korrupten Persönlichkeiten in den Positionen zu halten, die sie haben. Schon im eigenen Interesse nicht.

    Gleichzeitig reicht mir ein leiser Verdacht für eine Verurteilung nicht aus.

    Wil: Wenn Sie alle nicht „Haltet den Dieb“, sondern „Du sollst nicht stehlen“ rufen, auch recht. Passt mindestens genauso gut in meine Argumentation: Sie stimmen mir sicher (hoffentlich jedenfalls) zu, dass mit „Du sollst nicht stehlen“ keine Neuigkeit verbunden ist. Ein aktueller Beitrag muss wohl mehr enthalten als „Du sollst nicht stehlen“.

    Natürlich: Die Aufforderung „Nicht stehlen“ gibt es schon zu recht. Klar doch. Und es schadet auch nichts, an dieses Gebot zu erinnern. Aber wie gesagt: Weder ist es neu, noch sollte man überrascht sein, wenn auch nach 2000 Jahren nicht alle dieses Gebot befolgen.

    Nun zu einem neuen Fall mit gewissen Parallelitäten: BILD Stuttgart berichtete am Dienstag, Reporter Stefan Kiss werde an diesem Tag am späten Nachmittag eine VfB-Autogrammstunde in einem Kaufhaus moderieren.

    Ich war dann überrascht, am selben Abend in der „Landesschau“ einen VfB-Beitrag von ihm zu sehen (Vorstellung Pogrebniak). Hat er nicht mal einen freien Tag für den Nebenjob gebraucht …

    „Herrlich“ die Äußerung des SWR-Sportchefs: Als freier Mitarbeiter könne er solche Nebenjobs machen (einen Interessenkonflikt verneinte er auch).

    Prinzipiell stimme ich (als freier Journalist) zu, dass Freie etwas mehr Freiheiten haben sollten. Nur sind Kiss und Co. eigentlich ja nicht frei – und angesichts der passablen Bezahlung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht so sehr auf diese Nebenjobs angewiesen. Der Status des Freien ist in diesem Fall eine Tarnung oder gar Irreführung?

    Wie ist das eigentlich bei Sabine Hartelt: Sie, so nehme ich an, ist festangestellt (?)

  61. Pingback: Leichtathletik-WM, Tag 1 : jens weinreich

  62. Also die Sache mit Isabell Werh gef#llt mir nicht besonders.

    Sechs Monate Sperre: Mag in Ordnung sein. Aber wenn sich die Sperre wg. Schwangerschaft nicht auswirkt … Tja …

    Da ist die FEI so nach vorne gegangen. Und jetzt wo es zählt darf`s anscheinend doch nicht wehtun …

    Der Bild-Meldung vom Juli zufolge könnten Geburt und Ablauf der Sperre zusammenfallen.

    http://www.bild.de/BILD/sport/mehr-sport/2009/07/04/isabell-werth-ist-schwanger/dressurreiterin-bekommt-ein-baby.html

    Nun gut. Einerseits könnte man ja auch schwanger noch einige Zeit reiten. Andererseits mag nach der Beburt noch eine zumindest kleine Baby-Pause anstehen. Trotzdem: Ein ungutes Gefühl bleibt!

  63. Tja, wie willst Du das denn regeln? Wenn ein Sportler sich verletzt, soll die Dopingsperre dann auch verlängert werden? Hat sie halt Glück. Man kann es mit der Reglementierung auch übertreiben, spätenstens dann würden ordentliche Gerichte solche Regeln dann aber wohl auch einkassieren.

    Die Dauer der Sperre kann ich nicht beurteillen, das Pferdereglement ist mir zu hoch und mit Sport hat das mE eigentlich auch nichts zu tun, die armen Pferde.

  64. Über die perfekte Lösung müsste ich zumindest nachdenken.

    Eine Strafe soll ledenfalls eine Strafe sein, eine Wirkung haben. Natürlich kann eine Sportlerin eine Auszeit (sinnvoll) nutzen – per Schwangerschaft. Dann dürfte die Pause aber auch mehr als sechs Monate betragen. Hier ist es aber so, dass die Schwangerschaft schon vor dem Urteil gegeben war (gar schon vor dem Verstoß). Dann könnte man für eine entsprechende Anpassung sorgen. Ich schlage vor, dass nach Geburt eines Kindes zumindest noch die halbe Sperre abzusitzen sein sollte.

    Falls etwas schief läuft (die Schwangerschaft kein erfolgreiches Ende nimmt) könnte man die Sünderin direkt nach dem Ablauf der eigentlichen Sperre starten lassen.

    Sicher: Alles etwas heokel, privat, gar intim, aber so wie es bei Werth läuft finde ich es halt nicht zufriedenstellend.

  65. Hallo,

    jetzt geht es ja bei Werth in die (aus meiner Sicht richtige) Richtung. Wenn sie nach Ende der Schwangerschaft noch ein halbes Jahr nicht im Nationalkader ist, dann bedeutet das ein Mindestmaß an Strafe (wie von mir gewünscht).

  66. Westfalen-Blatt: Schmerzmittel in »Caressinis« Blut

    Das betroffene Pferd »Pikeur Caressini« sei für einen Tag in die Box einer dreijährigen Stute gestellt worden, die aufgrund einer Verletzung am Hinterbein mit dem entzündungshemmenden Phenylbutazon behandelt worden sei. Markus Brinkmann ist sich »ziemlich sicher«, dass »Caressini« so Restbestandteile des Schmerzmittels über Futterrückstände zu sich genommen hat. »Anders ist der Vorfall nicht zu erklären«, schreibt der Reiter.

  67. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (37): Journalismus und Interessenskonflikte, USOC und Chicago 2016 • Sport and Politics

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