Zum Inhalt springen

Das Olympische Bildungsmagazin

Freiburger Sportmedizin: „systematische Manipulationen im Radsport und Fußball“

Die Vorgänge rund um die Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin sind in all ihren Verästelungen schwer zu durchschauen. Ich habe hier im Blog lange Zeit versucht, Informationen weiterzugeben und auf dem Laufenden zu bleiben (einfach mal unten die Tags benutzen oder den related posts folgen). Heute gewissermaßen ein bisschen Forschungs-PR, die Pressemitteilung und die Zusammenfassung eines Sondergutachtens der von Letizia Paoli geleiteten Kommission. Es geht um systematische Dopingmanipulationen im Radsport und Fußball der alten DopingBundesrepublik.  Zentrale Figur ist dabei natürlich der im südafrikanischen Exil lebende Dopingprofessor Armin Klümper, Heilsbringer einer Armada westdeutscher Athleten.

  • Dazu passt auch dieser TV-Beitrag (sport inside, WDR) von Mitte Januar, in dem es um die Frage geht, dass Steuermittel damals in Klümpers Freiburger Dopingsystem investiert wurden.
  • Letizia Paoli hat die jüngsten Dokumente zur Diskussion um die Dopingaufarbeitung in Freiburg hier zusammengefasst.

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich gewiss, noch einmal die Berichte zum Forschungsprojekt Doping in Deutschland zu überfliegen.

Kernaussagen:

… ist es nun zum einen möglich, nicht nur großflächige, wenn nicht flächendeckende Dopingaktivitäten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) zu beweisen. Bewiesen werden kann nun auch die Finanzierung dieses Dopings durch den Verband. Zum zweiten ist nunmehr erstmals der sichere Befund möglich, dass Anabolikadoping auch im Profifußball eine signifikante Rolle spielte, nämlich beim Bundesligaverein VfB Stuttgart sowie – wenn auch nur punktuell nachweisbar – beim damaligen Zweitligaklub SC Freiburg zum Ende der 1970er und zu Beginn der 1980er Jahre. (…)

Damit erscheint der Nachweis möglich, dass Doping in der BRD keineswegs nur der individuellen Verantwortung einzelner Sportler überstellt war, sondern dass es über einzelne Sportverbände oder Sportvereine mitunter zentral organisiert und finanziert wurde. Im Radsport kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass auch Minderjährige von den von Klümper hauptverantwortlich gesteuerten, aber von einer längeren Reihe weiterer Verbandsärzte, Trainer und Masseure des BDR mitverantworteten Dopingmaßnahmen betroffen gewesen sein könnten. (…)

Gezeigt werden können aber erstmalig die Strukturen des Dopings im Fußball am Beispiel der hauptverantwortlichen Mitwirkung von Prof. Dr. Klümper inklusive der Finanzierung solcher Aktivitäten durch die Vereine.“

Die PM und die Kurzstudie von heute Mittag … und hintendran natürlich schon wieder eine Einschränkung zur Veröffentlichung (alles nicht abgesprochen … etc pp.) …

* * *

Kaum hatte ich den Post veröffentlicht, kam schon die Einschränkung in Form einer eigenen Pressemitteilung von Letizia Paoli, die a) rügt, dass der Kommissionssekretär Andreas Singler die obige Mitteilung unabgesprochen veröffentlicht habe, b) aber gleichzeitig „die inhaltliche Korrektheit der Dopinganschuldigungen gegen Radsport und Fußball“ bestätigt.

Ich sage doch: Schwer zu durchschauen. Welch ein Theater.

Die Mitteilung von Frau Paoli:

Prof. Paoli, Vorsitzende Evaluierungskommission, 1. Pressemitteilung vom 2. März 2015

Nachtrag, 3. März, 16.01 Uhr: Und noch eine Pressemitteilung von Frau Paoli. (Nur der Vollständigkeit halber. Damit hat es sich für mich schon wieder.)

Prof. Paoli, Vorsitzende Evaluierungskommission, 2. Pressemitteilung vom 2. März 2015; Seite 1Prof. Paoli, Vorsitzende Evaluierungskommission, 2. Pressemitteilung vom 2. März 2015; Seite 2

18 Gedanken zu „Freiburger Sportmedizin: „systematische Manipulationen im Radsport und Fußball““

  1. Pingback: #Link11: Früher war alles…lassen wir das | Fokus Fussball

  2. Pingback: Doping: Fußball ist too big to fail | Deutsch Sport

  3. Johannes, danke für das Interview. Ich hätte es ja fast vergessen :

    Manche werden jetzt beispielsweise an den sensationellen 7:3-Europacup-Sieg der Uerdinger gegen Dynamo Dresden denken oder an die Pokalkrimis Schalke gegen Bayern oder Mönchengladbach gegen Werder.

    Eines der schönen Beispiele, wie man gedopt gegen Ungedopte verlieren kann.
    Sei´s drum: Ein einziges Schmierentheater, wo letztendlich immer nur die Sportler auf der Strecke bleiben. Die Sportpolitik wäscht ihre Hände in Pilatus´ Wasser.
    Mache sich jeder seinen eigenen Vers drauf. Wahrheit wird in diesem Kontext selten verkauft.
    Ja, und Paule bleibt eben Paule. Ein Unikat eben, von der besseren Sorte.

  4. Andreas Müller in der StZ: Fund im Kultusministerium: Neue Doping-Akten entdeckt

    Danach zeigte sich die Spitzenbeamtin ungehalten, wie der Ministerialrat die Anweisungen zur Zusammenarbeit mit der Kommission immer wieder unterlaufen habe; „es wirkte wie eine gezielte Taktik auf mich“, wird Ruep wiedergegeben. Dabei habe sie W. ausdrücklich aufgefordert, „genau dem zu entsprechen, was Herr Treutlein einfordert, und alle Akten zur Verfügung zu stellen . . .“.

  5. Zudem bezieht sie sich auf die Aussage eines Zeitzeugen, in dem langjährigen CDU-Ressort seien nach dem Regierungswechsel „Berge von Akten geschreddert“ worden. Ihre Frage: könne Stoch ausschließen, dass auch Doping-Unterlagen vernichtet wurden? Misstrauisch macht die Kommission auch ein leerer Ordner mit der Aufschrift „Doping: Sonstige Angelegenheiten“. Paoli will wissen, „warum der Inhalt zu einem derart wichtigen Thema nicht mehr vorhanden ist“.

    Das verhält sich wie die Doping-Frage per se. Wenn die Grundehrlichkeit nicht gegeben ist, dann bleiben wahre Ergebnisse stets nur im Schatten.
    Ein rechtes Wort zur rechten Zeit hätte hier helfen können. Solange der letzte Verantwortliche noch in Amt und Würden ist, versucht seine Entourage zu retten, was noch zu retten ist. Ist jedoch egal. Sch*** drauf, weiß doch eh jeder, wie´s war und ist.

  6. Neuigkeiten aus Freiburg.
    Moment, anders.
    Old, but wasted: System(at)isches Doping durch Freiburg!
    New hotness: System(at)ischer Betrug bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen!
    http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/sportmedizin-uni-freiburg-ermittler-prangern-forschungsskandal-an-a-1070773.html

    Einige der Arbeiten aus den Jahren nach 1980 beruhen demnach wohl auf Datenfälschungen und Plagiaten. Andere Dissertationen, Habilitationen oder Fachpublikationen seien manipuliert worden. Ob ein Zusammenhang zu der Doping-Vergangenheit der Universität besteht, teilte die Kommission nicht mit.

    Na dann Mahlzeit!

  7. Pingback: #Link11: Das tapfere Schneiderlein | Fokus Fussball

  8. Der Wunsch nach Aufklärung der westdeutschen Dopingvergangenheit hielt sich von offizieller sport- und bundespolitischer Seite schon immer in Grenzen. Ist ja jedem bekannt. Als der Bumerang aus der ostdeutschen Aufklärung und scheinbaren juristischen Bewältigung auf die Altbundesrepublik zurück zu schmettern drohte, wurden schnell Kommissionen gegründet, deren Arbeit halbherzig betrieben und mit allerlei legalen und mitunter auch mit jenseits von Gesetz und Moral zu verortenden Methoden blockiert wurden. Wenn es nicht via Methoden ging, ging es eben via Personen. Loyalität zum System oder auch Korpsgeist ist ja vorhanden. Diesmal ist es Rektor Schiewer, vllt. ist es bald MP Kretschmann, der entscheidend hilft, das „Gesicht zu wahren“.
    Im Osten waren ca. 10.000 Sportler betroffen, als der Generalverdacht durchgezogen wurde. Im Dopingopferverein, an deren Spitze die ehemalige Nebenklägerin im Ewald-Prozess Ines Geipel präsidiert, wurde bis heute kein einziger ehemaliger westdeutscher Hochleistungssportler gesehen. (Da kann ich mich gerne auch korrigieren lassen) Die 5.500 in der Freiburger Uni-Klinik betreuten westdeutschen Sportler, deren bekannte Namen sogar Prof. Franke erschreckten, sollen nicht das gleiche Schicksal wie ihre früheren ostdeutschen Konkurrenten erleiden. Darum geht es überhaupt nicht. Es geht nur um Relativierung und ein wenig Gerechtigkeit. Mehr wollen die Betroffenen gar nicht. Außerdem – wie man während gemeinsamer Begegnungen in der Gesellschaft Deutscher Olympiateilnehmer wohltuend erleben kann – geht es den ehemaligen Aktiven aus der DDR und der BRD schon lange nicht mehr, wenn überhaupt schon einmal, um den Vergleich, den Blick nach hinten oder gar um eine Abrechnung. Da kennt jeder sein Wahrheit und bleibt sportlich fair. Politisches Nachtreten ist zum Glück der überwiegenden Mehrheit der Sportler fremd.
    Die Freiburger Evaluierungskommission war nie ehrlich gemeint, Paola Letizia stand von Anbeginn auf verlorenem Posten, andere haben leider vorzeitig aufgegeben und die Kommission verlassen. Die Vorsitzende will nur noch ihren Abschlussbericht vorlegen – unter welchen formal-juristischen Vorbehalten er auch immer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird -, um natürlich auch ihr Image und ihr Honorar – was man verstehen kann – zu retten. Der Dopingaufklärung hat diese Kommission nur wenig gebracht. Sie hat eher die Vorbehalte bestätigt, dass Verschleiern, Vertuschen und Vernichten, noch vor Aufarbeiten kommt.
    Wenn man allerdings 70 Jahre benötigt, – ich gebe zu, der Vergleich hinkt und ist vllt. sogar unangemessen – einen SS-Wachmann des deutschen Konzentrationslagers Ausschwitz ausfindet zu machen und vor ein Gericht zu stellen, dann hat die Aufklärung des Dopings in der alten Bundesrepublik noch viel Zeit, zumindest bis ihre (sport)politischen Verantwortlichen nicht mehr körperlich und geistig zu belangen sind.

  9. Im Dopingopferverein […] wurde bis heute kein einziger ehemaliger westdeutscher Hochleistungssportler gesehen. (Da kann ich mich gerne auch korrigieren lassen)

    Bitteschön:

    Mittlerweile würden sich beim DOH auch Doping-Opfer aus dem Westen und aus der Zeit nach der Wende melden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

What they say
"I give a shit on you!
I shit on German media!"
Husain Al-Musallam
President World Aquatics
and Co-Conspirator #3
coming soon
fund journalism
FIFA Watch
best of