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Das Olympische Bildungsmagazin

Manipulationsverdacht beim Spiel des FC Bayern

Huch, was kommt denn da für eine Meldung aus Spanien:

elpais-zenit-bayern

Ein Europapokalspiel des FC Bayern München manipuliert? Die spanische Staatsanwaltschaft ermittelt. Gerade bekam ich einen Anruf eines Radiosenders, der aufgeregte Kollege wollte wissen, welches Interesse der FC Bayern an einem verschobenen Spiel gehabt haben könnte, die hätten doch genug Geld. Wahrheitsgemäß antwortete ich: „Ich weiß es nicht. Gar kein Interesse. So weit ich es verstehe, sind meist einzelne Spieler und/oder der Schiedsrichter an Spielmanipulationen beteiligt.“ Die Antwort stellte den Anrufer nicht zufrieden. Er kam auch nicht damit klar, dass ich wenig aufgeregt reagierte.

Erstaunlicher Weise habe ich auf www.kicker.de bis jetzt keinen Hinweis auf die Geschichte gefunden, wogegen die Konkurrenz von www.sportbild.de schon titelt: „War Zenits Sieg über Bayern manipuliert?“ Tja, das ist die Frage.

Der FC Bayern teilt dazu mit:

Der FC Bayern München nimmt zu Meldungen der spanischen Medien „El Pais“ und „ABC“ am Mittwoch, nach denen die dortige Justiz wegen Manipulations-Verdacht im Uefa-Cup ermittele, wie folgt Stellung: Dem FC Bayern München ist dieser Verdacht ebenso wenig bekannt wie der Münchner Staatsanwaltschaft. Wir werden versuchen, jegliche etwaige Information zu diesem Vorgang zu erhalten.

Die Süddeutsche Zeitung belässt es bislang wie alle von mir bisher gecheckten Online-Auftritte beim Bericht der Deutschen Presse-Agentur, in dem Spanien-Korrespondent Hubert Kahl u. a. schreibt:

Während das Gericht zu laufenden Ermittlungen keine Einzelheiten bekanntgeben durfte, schrieben die Blätter (El País und ABC), dass sich der Verdacht der spanischen Justiz auf abgehörte Telefongespräche von russischen Mafia-Bossen in Spanien stützt.

Der in Spanien festgenommene Gennadi Petrow, der als der Chef einer der einflussreichsten Mafia-Clans in Russland gilt, soll nach Madrider Presseberichten in einem abgehörten Telefongespräch damit geprahlt haben, für das Weiterkommen der Zenit-Fußballer gesorgt zu haben. Im Mai war der FC Bayern gegen den russischen Spitzenclub durch ein 1:1 im Hin- und ein 0:4 im Rückspiel, der höchsten Münchner Niederlage im Europapokal seit 31Jahren, ausgeschieden. Er habe für den Erfolg des Außenseiters Zenit „50 Millionen“ ausgegeben, sagte Petrow nach Angaben der Zeitungen. Die Währung habe er nicht genannt. Die spanische Justiz nahm diese Äußerungen ernst genug, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Der im Frühjahr auf Mallorca festgenommene Petrow steht im Verdacht, der Chef des mächtigen russischen Mafia-Clans „Tambowskaja“ in St. Petersburg zu sein. Nach den Zeitungsberichten sollen Petrow und seine Gehilfen in drei abgehörten Telefonaten davon gesprochen haben, das Halbfinale manipuliert zu haben. Der ebenfalls inhaftierte Leonid Christoforow, der als die „rechte Hand“ Petrows gilt, soll sogar getönt haben, das Resultat des Rückspiels (4:0 für Zenit) im Voraus gekannt zu haben. Der spanische Untersuchungsrichter Baltasar Garzón, der die Ermittlungen gegen die russischen Mafia-Größen leitet, unterrichtete laut El País die deutsche Staatsanwaltschaft von seinen Untersuchungen. Bei der Münchner Staatsanwaltschaft war davon nichts bekannt.

Über die Operation Troika, die u. a. zur Festnahme Petrows führte, schrieb der Guardian im Juni 2008:

Spanish police arrest Russian mafia suspects

A gaudy neo-classical mansion, Ferraris and Bentleys in the drive, a painting by Salvador Dalí on the wall and royalty for neighbours. Welcome to the world of Gennadios Petrov, the alleged Mr Big of the Russian mafia in Spain. Petrov is said to head the Tambovskaya-Malyshevkaya gang from the sunny climes of Calvi, one of the most exclusive villages in Majorca. He counted among his neighbours Pilar de Borbón, the sister of King Juan Carlos of Spain.

Accustomed to handing out tips of €500 (£393) and not looking at the price tag when buying designer jackets, Petrov lived surrounded by tight security. But the peace at his €20m mansion was rudely interrupted when the Spanish police came knocking on Friday. In a major operation, codenamed Troika, 20 alleged members of the organised crime organisation said to have been led by Petrov were arrested in Majorca, Málaga, Alicante, Valencia and Madrid. Police seized 23 luxury cars including Bentleys and Ferraris and €200,000 in cash.

The Dalí painting, signed by the Surrealist master and dated 1949, was found at a luxury mansion in Valencia linked to Petrov. More than 100 bank accounts containing a reported €14m were also frozen. Spain’s leading anti-terrorist judge, Baltasar Garzón, who tried to prosecute former Chilean dictator Augusto Pinochet, charged Petrov and 17 others with a variety of offences including money-laundering, murder, extortion, drug dealing, illicit association, falsification of documents and tax fraud. They will appear before a maximum security court in Madrid today.

The gang, said to be one of the most brutal in Russia, allegedly set up a web of front companies in Spain to launder millions in illegal property deals gained from criminal activities in Russia and the former Soviet states. After the raids, which involved 300 police, Alfredo Pérez Rubalcaba, the interior minister, said: „This is the largest crackdown on organised crime in Europe.“ The operation was carried out with the help of German, US and Russian police.

Since the break-up of the Soviet Union, the Russian mafia has gained ground in Spain, exploiting lax property laws and limited police resources to launder millions in property deals through bogus firms and into tax havens such as Gibraltar. Petrov, who is in his 50s, arrived in Spain in the early 90s, and allegedly used cash from the former KGB and communist party to buy a luxury hotel in Majorca. Operation Troika is the latest stage of an ongoing investigation into the Russian mafia in Spain, which began in 2005 with the arrest of 28 suspects.

Kurze Pause, geht gleich weiter in diesem Theater.

Inzwischen hat auch der Gazprom-Verein Zenit eine Mitteilung veröffentlicht. Die Webseite funzt allerdings kaum, mehrfach taucht der Hinweis auf: Ansturm zu groß. Server ausgelastet.

Screenshot: Official statement of FC Zenit

„Quality of play, shown by FC Zenit in games (…) is the best proof, that victories were earned by Zenit in honest and non-compromising challenges.“

31 Gedanken zu „Manipulationsverdacht beim Spiel des FC Bayern“

  1. Wie? Kurze Pause? Ausgerechnet jetzt, an der Stelle? Das ist aber ein übler Cliffhanger …

    Dass die Spieler des FC Bayern bestochen waren, glaube ich aber sofort. Sonst hätten die doch nie niemals nicht gegen St. Petersburg verloren!

    (bei mir zerschießt übrigens das Guardian-Zitat das Layout des Beitrags, aber das nur nebenbei).

  2. Das dritte Zitat ist irgendwie kaputt. Seit 20:10 berichtet der „Kicker“ auch, allerdings nur mit der dpa-Meldung von 19.55 Uhr.

    Man hat die Zeit seit 16:40, als die erste dpa-Meldung kam, offenbar nicht zur eigenen Recherche genutzt. Heißt also, man hat die Geschichte schlicht nicht gebracht, weil – ja, warum nur, Herr Weinreich???? Wahrscheinlich hat das da die ganze Planung für die morgige Druckausgabe durcheinandergewirbelt.

    Apropos dpa-Meldung: In diesem Zusammenhang ist es lustig, dass Chefredakteur Holzschuh gern erzählt, es würden keine Ticker-Meldung für kicker.de übernommen. Wenn das mal geschieht, dann nur in veredelter Form …

    Wann geht es weiter in diesem Theater? Wollen Sie angesichts der „dubiosen Vorwürfe“ (Überschrift vom Spiegel) nicht noch einmal auf den angeblichen Wettbetrug von Schweinsteiger hinweisen? Warum werden immer die Bayern schlecht gemacht? Und was ist daran dubioser als an den ebenfalls unbewiesenen Behauptungen von Declan Hill, die der „Spiegel“ sehr gern verbreitet hat?

    Ich bin gespannt!

    Erwartungsvoll – der Hannnns

  3. so, jetzt stimmt’s wieder mit dem layout.

    @ Hannnns: Die erste Agentur-Meldung ist übrigens von 14.55. Wer soll noch mal auf Schweinsteiger hinweisen? der kicker, Spon, ich? Ich denke ja, es ist absurd zu behaupten, es würden immer die Bayern schlecht gemacht. Das klingt, sorry, nach Hoffenheim-Komplex. Dieser Komplex bzw. der Kleinkrieg mit einer Berliner Zeitung namens Tagesspiegel wird nebenan bei dogfood sehr detalliert verhandelt, und klug, wie ich finde.

  4. Schweinsteiger – Sie natürlich! Spon ist das ja jetzt alles zu vage. Könnte die Zurückhaltung dort (Meldung nicht die Top-Meldung im Sport …) und beim „kicker“ mit der Schweinsteiger-Ente zu tun haben? Warum hat der „kicker“ sonst so lange gewartet? Und warum spricht der „Spiegel“ von einem dubiosen Verdacht? Immerhin ermittelt die spanische Staatsanwaltschaft!

    Ich glaube ja auch nicht, dass die Bayern schlecht gemacht werden. Aber diese Argumentation bekommen wir von den Bayern-Oberen sicher in den nächsten Tagen und Wochen zu hören. Alles Neid, blabla …

  5. Zum Fall Schweinsteiger nur so viel, eine Meldung vom April 2007:

    München (ots) – Überraschende Wende: Der Sportjournalist Max Breitner wechselt in die Presseabteilung des FC Bayern. Der Sohn von Paul Breitner hatte vor einem Jahr in seiner Titelgeschichte des Münchner Lokalblattes tz über eine angebliche Verwicklung des Bayern-Stars Sebastian Schweinsteiger in einen Wettskandal berichtet und musste die Redaktion verlassen. Ab sofort wird Max Breitner die Pressestelle des FC Bayerns personell verstärken und u.a. auch bei dem Bayern Magazin des Clubs mitarbeiten. Das berichtet der internationale Nachrichtendienst der Kommunikationsbranche Kontakter in seiner aktuellen Ausgabe (EVT 2.4.).

    FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß forderte nach Bekanntwerden die tz zu Unterlassung, Widerruf und Gegenstarstellung auf. Diesen Forderungen kam der Verleger der tz, Dirk Ippen nach. Der ehemalige Chefredakteur der tz, Karl Schermann sowie der stellvertretende Chefredakteur und Co-Autor der Geschichte, Gerald Selch, mussten das Blatt verlassen. Die Geschichte und deren personelle Auswirkungen sorgten im vergangenen Jahr für viel Wirbel im Vorfeld der Fußball-WM in München. Der FC Bayern hatte der tz u. a. auch Hausverbot erteilt.

  6. Und das ist kein April-Scherz? Vielen Dank auf jeden Fall, das war mir neu. Mussten Sie auch laut lachen, als Sie die Meldung das erste Mal gelesen haben? Also ich lache immer noch …

    Diese Geschichte ist völlig an mir vorübergegangen. Wissen Sie zufällig, ob das in den Medien ein Thema war? Im BLZ-Archiv gibt es nix. Bin wahrscheinlich nur zu doof zum suchen …

  7. Die ots-Meldung ist sogar vom 1. April 2007. Habe sonst nur einen Artikel in der Frankfurter Rundschau gesehen. Und zwar schon vom 6. März. Natürlich von Wolfgang Hettfleisch, das dachte ich mir. Es geht darin um beide Breitners, über den Sohn schrieb er u. a.:

    Auch Sohn Max hat nichts zu sagen, will „nicht groß irgendwas aufbauschen“. Muss er auch nicht. Die Sache ist so schon groß genug. Der 25-Jährige fängt demnächst beim FC Bayern an. Als Pressereferent. Eine größere Versöhnungsgeste gibt’s nun wirklich nicht. Vor einem Jahr hatte Max Breitner an der Säbener Straße noch Hausverbot und sah einer Klage vom deutschen Vorzeigeklub entgegen. Der junge Journalist war da in eine blöde Sache reingeraten. Die Boulevardzeitung tz hatte Bastian Schweinsteiger nebst zwei Profis von 1860 München kurzerhand zum Beschuldigten der Staatsanwaltschaft in Sachen Wettmanipulationen gemacht – grundlos, wie sich sehr bald zeigen sollte. Der tz -Artikel wurde von zwei Autoren gezeichnet: dem bald geschassten Sportchef Gerald Selch und – Max Breitner.

    Uli Hoeneß fasste sein Urteil über diese Ruhmestat des deutschen Sportjournalismus‘ damals in zwei Worte: „Pfui Teufel.“ Aber manchmal sind die Dinge auch anders, als sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Bayern-Sprecher Markus Hörwick, der künftige Vorgesetzte von Breitner junior, sagt: „Dass Max Breitner an der Sache damals aktiv beteiligt war, stimmt nicht. Er wurde in die Autorenzeile gerückt, das war Pech. Aber er war mit Sicherheit der ärmste Kollege, der da reingerutscht ist.“ Dass der FC Bayern in der Angelegenheit schlecht informiert sein könnte, darf ausgeschlossen werden. Ergebnis: Der Mitarbeit von Breitner junior steht auch aus Sicht der Chefetage nichts im Weg. Selbstverständlich habe er die Personalie mit dem Vorstand abgestimmt, sagt Hörwick, der sich dafür stark gemacht hat, „einen aus dem Kollegenkreis zu holen, der sich hier an der Säbener Straße auskennt“.

  8. Ist irgendwo in der Nachricht von einer Wettmanipulation die Rede? Ich frage dies, weil der erste Link auf die Besprechung des Hill-Buches führt. Bisher habe ich nur von einer Spielmanipulation gehört. Damit hätte man sich mit dem Resultat „zufrieden gegeben“.

    Anderenfalls müssten ja besonders auffällige Wetten bei den gängigen Buchmachern feststellbar sein. Bei dieser Dimension ist auch wohl kaum davon auszugehen, dass „schwarze Buchmacher“ diese Wetten „gehalten“ hätten.

  9. Es geht in dem Buch von Hill nicht nur um Wettbetrug, auch wenn das in dem Werk ein bisschen schwer zu erlesen ist. In dem verlinkten Blogeintrag habe ich kurz skizziert, mit welchen Methoden Hill und Severgnini Manipulationen beschreiben wollen.

  10. Pingback: Grüße von der Russenmafia: Alimsan Tochtachunow : jens weinreich

  11. @ gua: hatte ich gestern oder so schon an anderer Stelle verlinkt. Da war auch ein aktuelles Datum drüber. Aber doppelt hält besser. Und gekannt hab ichs vorher auch nicht (so).

    Ansonsten … wette ich bei Bayern-Freundschaftsspielen im Ausland meist Niederlage, manchmal Unentschieden

  12. Tja, die Verwirrungen rühren daher, dass diese Zeitungsschreiber erstens ihre Quellen nicht offenlegen, und sich zweitens nicht präzise ausdrücken. Würde mich wundern, wenn da juristisch noch etwas nachkäme. Alle sind’s doch zufrieden mit der 0:4-Niederlage… and the show must go on!

  13. [Der von Ralf gesetzte Link wurde nach anwaltlicher Aufforderung am 18. Oktober 2011 von mir entfernt – vorbehaltlich der Prüfung des Sachverhalts. JW]

  14. T. Kistner und J. Cáceres in der SZ: Wettaffäre um den FC Bayern – „Keine Erinnerung“

    Der Streit droht die Kernfrage zu überdecken, die sich um jenes Halbfinale 2008 rankt, das die Bayern bei Zenit St.Petersburg 0:4 verloren. Diese Frage wurde nicht von Zockern aufgeworfen, sondern von der Strafverfolgungsbehörde in Madrid.
    […]
    Damit konfrontiert, sagte Grinda beim Treffen mit der SZ in seinem Madrider Büro, er habe aus dem ausführlichen Gespräch mit Limacher und B. am 30.April „keine Erinnerung“: Weder an behauptete Razzien beim FC Bayern, noch an Kokain-Funde oder an Hinweise auf Kontenbewegungen im achtstelligen Bereich.

  15. Pingback: Griechenland: Angeblich Länderspiele manipuliert

  16. APA: Desillusionierendes vom Mafia-Experten Jürgen Roth für Sportfans

    Petersburg kam mit dem Sieg nach einem 1:1 im Hinspiel ins Finale und siegte dort mit 2:0 gegen die Glasgow Rangers. Auch dort sollen im Vorfeld dem UEFA-Report zufolge Millionen geflossen sein, was neu ist. Bisher war medial nur das Spiel St. Petersburg – Bayern im Blickpunkt gestanden. „Zusammen hätte die Organisation sich diese beiden Spiele um die 20 bis 40 Millionen Euro kosten lassen“, heißt es in dem Bericht laut Roth. Bei dieser Organisation soll dem Autor zufolge eine Petersburger Mafia-Gruppierung, die Tambowskaja, massiv die Finger im Spiel haben.

  17. Jürgen Roth im DLF-Interview mit Philipp May: mp3-Datei:

    Manipulationsvorwürfe gegen Bayern München
    Sendezeit: 15.01.2012 19:45
    Autor: May. Philipp
    Programm: Deutschlandfunk
    Sendung: Sport
    Länge: 05:56 Minuten

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