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Das Olympische Bildungsmagazin

Goodbye England oder: Ärger mit der Ex

Dumm gelaufen für England.

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Am Freitag wurden mit großem Brimborium in Zürich die Bewerber-Dokumente der WM-Interessenten 2018/2022 an FIFA-Boss Sepp Blatter und seinen Generalsekretär Valcke übergeben. England, mit David Beckham im Home of FIFA, galt im Wettbewerb um die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 zwar zuletzt nur als Außenseiter – hinter der Totaldemokratie Russland, wo Wladimir Putin und seine Diebe im Gesetz mächtig werkeln. Seit einer hübschen Enthüllung der Mail on Sunday (Daily Mail) dürfte es nun ganz vorbei sein.

Denn dummerweise hat Lord David Triesman, bis eben noch Chef der Football Association und des Bewerberkomitees, in einem Gespräch mit seiner Ex (Melissa Jacobs) das erzählt, was eh alle in der Szene tuscheln:

Zum Nachlesen:

‘My assumption is that the Latin Americans, although they’ve not said so, will vote for Spain. And if Spain drop out, because Spain are looking for help from the Russians to help bribe the referees in the World Cup, their votes may then switch to Russia.’

At this point, Miss Jacobs asks: ‘Would Russia help them with that?’

Lord Triesman: ‘Oh, I think Russia will cut deals.’

Miss Jacobs: ‘Why will Russia help? Are Russia in the World Cup?’

Lord Triesman: ‘No, they’re not.’

Miss Jacobs: ‘Oh no they’re not, they’ve got nothing to lose?’

Lord Triesman: ‘Absolutely nothing at all to lose. Exactly.’

Zum Nachhören:

:

Was lernen wir daraus? Mann sollte die Ex schon mal fragen, ob sie nicht zufällig ihr iPhone auf Aufnahme gestellt hat, wenn Mann mit heißen Insider-Geschichten angibt.

Es ging beeindruckend schnell (anders als gewöhnlich beim DFB): Lord Triesman ist die längste Zeit FA- und Bewerbungschef gewesen. Warum eigentlich? Gegen welchen Paragrafen des abenteuerlichen FIFA-Ethikcodes hat er verstoßen?Die FA teilt mit:

The FA Board today met at Wembley Stadium to discuss allegations published in a national newspaper which have been attributed to The FA and England’s 2018 FIFA World Cup Bid Chairman Lord Triesman.

After fully discussing and considering the alleged comments with Lord Triesman, The FA Board accepted his resignation as FA Chairman and Chairman of the World Cup Bid Board with immediate effect.

Lord Triesman said: “I have decided to resign as chairman of The FA and the 2018 Bid board.

“A private conversation with someone whom I thought to be a friend was taped without my knowledge and passed to a national newspaper. That same friend has also chosen to greatly exaggerate the extent of our friendship.

“In that conversation I commentated on speculation circulating about conspiracies around the World. Those comments were never intended to be taken seriously as indeed is the case with many private conversations.

“The views expressed were not the views of the 2018 Bid board or the FA. Nobody should be under any misapprehension that The FA or 2018 Bid board are disrespectful of other nations or FIFA and I regret any such inference that may have been drawn from what has been reported.

“Entrapment especially by a friend is an unpleasant experience both for my family and me but it leaves me with no alternative but to resign. I have immediately informed The FA Board of my decision.

“I have enjoyed hugely my time at The FA and the Bid and feel I accomplished a great deal in areas I love – qualification for the World Cup in South Africa, healthy growth in grass roots, women’s and disability football, and changes in the representation of fans who are the lifeblood of English football and the involvement of our diverse communities. The 2018 FIFA World Cup Bid has made enormous progress both around the world and in the technical bid in England. I wish everyone associated with FA all the very best for what is a very exciting future for the game we all love.�

The FA Board have today appointed Board members David Sheepshanks (Chairman of the Professional Game Board) and Roger Burden (Chairman of the National Game Board) as joint acting Chairmen of The FA.

Vice-Chairman Barry Bright will take on the role of acting Chairman of The FA Council and will chair this week’s AGM.

Speaking on behalf of all the Board Barry Bright said: “The Football Association would like to thank Lord Triesman for his efforts over the past two and a half years as the first independent Chairman of The FA. The Board expressed its considerable regret at the circumstances of his departure and wish him and his family well for the future�.

The FA Board also gave its unanimous support to the World Cup Bid and is working with the Bid Board to plan the most effective way forward.

Der erste Nachtrag, 22.53 Uhr: Ich habe es geahnt, dass diese Geschichte noch viele lustige Pointen generieren wird. Die nächste lautet: Lord Coe, der beurlaubte Ethik-Chef, kehrt in FIFA-Gefilde zurück! Gerade meldet insidethegames:

Coe , now the chairman of London 2012, is due to speak to FIFA President Sepp Blatter tomorrow to try to begin to repair the damage caused by Triesman’s comments, he told insidethegames.

Geoff Thompson, the former chairman of the Football Association and England’s representative on the FIFA Executive Committee, is set to take over as the new chairman of the World Cup with David Dein, the former Arsenal vice-chairman, as his deputy.

Englischer Humor.

23.17 Uhr: Geoff Thompson confirmed as Chairman, meldet die Bewerber-Webseite.

21 Gedanken zu „Goodbye England oder: Ärger mit der Ex“

  1. Pingback: Tweets die Goodbye England oder: Ärger mit der Ex : jens weinreich erwähnt -- Topsy.com

  2. Quasi eine unvollendete Vorstellung der Verschwörung. Mir fehlt der Wettaspekt. Mit dem gewonnenen Geld könnte man unter anderem seine Bewerbung finanzieren oder es für schönere Sachen ausgeben. Und natürlich: Mal sehen, wem es am Ende nützt.

    Bin gestolpert über die Bezeichnung „first independent chairman“ – kann mir jemand helfen, was es damit auf sich hat?

    Ein Brite hat mir mal den Unterschied zwischen „News of the world“ und „Daily Mail“ erklärt. Ungefähr so: Bei „News“ wüssten die Briten, dass es keine Zeitung sei, und dass man die sich zur Unterhaltung kaufe. Die „Mail“ dagegen verbreite den Eindruck, eine Zeitung zu sein, sei aber letztlich nicht das, was man sich unter Zeitung vorstellt.

  3. Danke Jens, dieser Beitrag kommt jetzt, wo es gefühlte ARD-Brennpunkte wegen einer Verletzung unbekannter Schwere gibt (wie mich die WM jetzt schon nervt ;)), genau richtig!

  4. @ nocheinjurist: Alles Schlechte, was sich über die Mail erzählen lässt, stimmt garantiert. Ich habe davon keine/kaum Ahnung, lese auch nur regelmäßig Horror-Stories. Was ich aber weiß: Die Mail hatte vor einigen Jahren eine vorzügliche sportpolitische Berichterstattung über die FIFA, den ISL-Skandal, unseren Freund Sepp und seine Kumpane – von Andrew Jennings. Er schreibt zwar nun auch schon etliche Jahre nicht mehr für die Mail, damals aber war das sehr erstaunlich, die haben sogar Recherchereisen finanziert.

    Undenkbar, dass sich deutsche Boulevardblätter ähnlich kritisch und enthüllend mit Vorgängen im DFB und in der FIFA beschäftigen.

    Wenigstens das wollte ich zur Verteidigung der Mail, deren verantwortlicher Editor längst nicht mehr da ist (ich meine, er arbeitet jetzt für die FA :), flink mal los werden. Mehr nicht.

    Und diese Geschichte ist doch einfach hübsch. Ich kann derlei Methoden – Journalistenverbände und Ethiker bitte weghören -, also verdeckten Mitschnitten, sogar etwas abgewinnen. Das Ergebnis gefällt mir.

  5. @ jw: klar, die Geschichte wollte ich nicht anzweifeln. sondern nur davor warnen, aus der Qualität der einen auf die Qualität der nächsten Mail-Geschichte schließen zu wollen. Und, wie man sieht, hat die Mail ja manchmal den richtigen Zugang…

  6. Pingback: FA-Boss Triesman tritt von allen Ämtern zurück | Lattenpendler

  7. Ich habe ja keine Ahnung von dem ganzen Business, aber mich interessiert doch brennend, wieso der Herr Triesmann einfach so dein Rückzieher macht, ohne sich zu verteidigen.

    Wenn zudem noch – wie hier behauptet – diese Gerüchte sowieso schon die Runde machen, müsste dann nicht irgendjemand mal dieser Sache nachgehen? Zumindest für die Boulevardmedien wäre das doch ein gefundenes Fressen, so eine Bestechungsgeschichte. Aber nicht mal die berichten darüber. die berichten lieber über das Aussehen von Frau Jacobs…

  8. Pingback: Wenlock und Mandeville : jens weinreich

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  11. Oh Gott, oh Gott. Ich weiß jetzt ad hoc nicht, wie viele Jahrhunderte schon feststeht, dass die WM 2018 in Europa und die WM 2022 nicht in Europa stattfinden. Zumal, ganz am Rande :), die Bewerbungen der Nichteuropäer nur noch für 2022 laufen.

    Aber okay, auch daraus kann man eine „Exklusivmeldung“ basteln.

  12. @jensweinreich: liegen die Vereinigten Staaten jetzt in Europa. Deren Bewerbung für 2018 ist doch noch am Laufen.

  13. Stimmt. Habe ich auch gerade gesehen. Ändert aber nichts an meiner Beschreibung des Sachverhalts über viele Monate. Blatter hat mit einer kruden, lächerlichen Ausschreibung („ungefähr zwölf Stadien“, „entweder für 2018 oder für 2022 oder für beide Turniere“) gezielt für Verwirrung gesorgt. So lässt sich sportpolitisch und sonstwie besser dealen und kassieren.

  14. @jens
    wo du vorhin im DLF ganz beiläufig den Eindruck erweckt hast, auch Qatar hätte eine ganz normale Chance auf die WM 2022, quasi wie jeder andere seriöse Bewerber auch…
    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/09/12/dlf_20100912_1921_f3e34b39.mp3
    öhm… ist das denn wirklich eine realistische Option? Ich meine: Qatar?! Wenn man dessen Ausmaße mal auf europäische Maßstäbe übersetzt, kommt man auf eine Art Westentaschenausgabe von Slowenien (ca. 60% der Fläche, 80% der Bevölkerung). Oder besser noch: MeckPomm(!) — doppelte Fläche, selbe Bevölkerungszahl wie Qatar. In der ersten Qatari-Liga spielen denn auch ganze 12 Teams, davon allein 7 aus Doha. Da kann man sich ja ganz gut vorstellen, wie nachhaltig sich da „ungefähr 12 Stadien“ betreiben lassen könnten. Vor allem: 12 WM-Stadien — momentan fassen die Arenen nämlich zwischen 5.000 und satten 27.000 Zuschauern. Aber um Nachhaltigkeit müssen sich die Qataris natürlich nicht scheren, ist klar. Ist nur eine Frage des gesunden Menschenverstands.

    Dazu auch noch die Sache mit dem Klima — von April bis Oktober liegt die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur über 30°C, von Juno bis September sogar über 40°C. Das IOC hatte ja Dubai beim Rennen um Olympia ja letztlich, wenn auch indirekt über das geplante Datum, genau deshalb „disqualifiziert“. Und ich glaube kaum, dass seine Heiligkeit die WM mal so eben auf den Winter legen kann — dazu dürften die europäischen Top-Ligen doch wohl zu mächtig sein (sie ignorieren ja auch schon seit einiger Zeit geflissentlich den FIFA-Wunsch nach der Umstellung des Ligabetriebs auf den Kalenderjahresrhythmus). Oder wollen die Qataris klimatisierte Hallen in ihre Wüste klotzen? Da würde ich dann gerne mal das Öko-Konzept sehen wollen ;-)

    Lange Rede, kurzer Sinn: nach menschlichen Ermessen sollte doch ungefähr nichts für eine WM in Qatar sprechen?

  15. @ cf: Die Sache ist die: Ich kann nicht, wenn der Beitrag ohnehin einige Sekunden länger ist als mir zugestanden wurden, auch noch auf die Klimaverhältnisse am Golf eingehen, die ohnehin jeder kennt.

    Klar, ist alles richtig, was Du schreibst.

    Kleine Korrektur nur: Es war nicht Dubai, wo Katar aus dem Olympiarennen 2016 rausgeschmissen wurde, sondern Athen im Juni 2008. Wie die Zeit vergeht. In Dubai im April 2010 bei der Messe SportAccord und etlichen Verbandstreffen haben die Kataris ihr Clima-Cool-Programm vorgestellt. Ich bin damals aus Zeitmangel nicht mitgefahren und auch, weil ich kurz zuvor in der Dubaier Skihalle war, also durchaus eine Vorstellung hatte, dass die Typen das auch bis auf Eis- und Schnee-Verhältnisse abkühlen können.

    Schau Dich, wenn’s pressiert, mal auf der Bewerber-Webseite um. Zwei Punkte nur, die mir aufgefallen sind: Erstens, natürlich spielen sie in Hallenstadien und können die Umgebungstemperatur um 20 Grad abkühlen. Zweitens sollen die meisten Arenen temporär auf die nötige Größe, manche gar ganz temporär gebaut werden und sollen dann an bedürftige Nationen weiter gereicht werden. Kein schlechter Schachzug.

    Jedenfalls, all das und damit der Öko-Faktor, interessiert in diesem Rennen kaum. Es geht um sportpolitische Aspekte, höflich formuliert, denn korrupte Praktiken sind in diesem Begriff ja integriert :)

  16. @ Marko lehmann: Kleiner Nachtrag, ich sag’s doch :)

    US will withdraw 2018 World Cup bid says Platini

    September 13 – UEFA President Michel Platini insists he has still not made up his mind about who to back for the 2018 World Cup but is now „100 percent sure“ the tournament will come to Europe.

    Although the United States are technically still in the running, Platini is certain they will eventually pull out and concentrate on 2022, leaving the 2018 field to the four European candidates.

    For the first time ever, FIFA will vote on two host nations at the same time, on December 2 in Zurich, and Platini says 2018 is now a straight fight between the Europeans.

    „I am sure of this,“ said Platini. …

  17. @jens
    das sollte auch kein Vorwurf sein — mir ist schon klar, dass man nicht in jeden kleinen Beitrag eine vollumfängliche Bechreibung der kompletten Bewerbungslage packen kann. Mir war wirklich nur dieser eine Nebensatz aufgefallen…

    Aber nochmal zur Qatar-Berwerbung — da bleibt ja wirklich kein Auge trocken! Stadien für die dritte Welt! Quasi praktiziertes „for the game. for the world.“ — Da kann man als Funktionär natürlich schon schwach werden. Und architektonisch lassen sich die Qataris natürlich nicht lumpen, und CO2-neutral natürlich sowieso (auch wenn die Stadien in den Simulationsvideos doch fast alle oben rum ziemlich offen aussehen).

    Aber moment: ist da tatsächlich von 5 (in Worten: fünf) tollen, neuen Stadien die Rede? Fehlen da nicht noch ein paar.. so „ungefähr“ 7 vielleicht? Ich meine: es ist immerhin die offizielle Bewerbungsseite, 80 Tage vor der Vergabe. Sollte da die Stadienfrage nicht doch schon geklärt sein? Sind die restlichen Stadien geheime Staatssache? Zu unspektakulär? Wollen sie unkaputtbares Spezialgeläuf verlegen und kommen deshalb mit der Hälfte der Stadien aus?

    __________
    (Was „Dubai“ angeht, war ich wirklich schlicht auf dem falschen Dampfer und im festen Glauben, Dubai habe sich damals™ um Olympia 2016 beworben… Naja, Dubai, Doha, wer soll das denn noch alles auseinander halten können?!)

  18. @jens: Und rein zufällig stimmen die Europäer für die WM 2022 in den USA. I am sure of this.

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