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Das Olympische Bildungsmagazin

Der Pharao knickt ein: Erik Eggers darf doch zur Handball-WM

Erik Eggers hat gerade ein Update der Auseinandersetzung mit dem Handball-Weltverband IHF erstellt. Sein Bericht:

Ich hatte gestern Abend angekündigt, im Falle einer Änderung des Status quo (keine Akkreditierung) sofort Mitteilung zu machen. Das ist jetzt der Fall: Nach 24 recht turbulenten Stunden hat der Weltverband IHF einen Rückzieher gemacht. Den Akkreditierungswünschen meiner Wenigkeit und des Kollegen Mike Glindmeier (Spiegel Online) ist nun doch entsprochen worden. Ich kann also ab Freitag (16.1.) aus Kroatien über die deutsche Gruppe und das Geschehen im Welthandball berichten.

Passiert war das: Ich hatte sowohl den Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS), den europäischen Sportjournalisten-Verband (UEPS) als auch den Handballmann beim Weltverband AIPS über den Fall informiert. Alle Verbandsvertreter sagten spontan Unterstützung zu. Auch der Pressesprecher des Deutschen Handballbundes (DHB) und der DHB-Delegationsleiter Horst Bredemeier (er zu mir: „Wir vertragen kritische Berichterstattung. Man kann Journalisten nicht ausschließen“) versprachen, einen entsprechenden Brandbrief in die IHF-Zentrale zu schicken. Außerdem bat ich IHF-Geschäftführer Ekke Hoffmann um Aufklärung; auch Hoffmann sagte mir sofort Hilfe zu. Zudem schickte der Chefredakteur des SPIEGEL einen recht rauen Brief an die IHF-Zentrale nach Basel, der offenbar seine Wirkung nicht verfehlte.

Schon am Freitagabend telefonierte ein Kollege von Berliner Zeitung (Andreas Lesch) mit IHF-Präsident Hassan Moustafa, um der Sache auf den Grund zu gehen. Moustafa erklärte Folgendes: Dass ja jeder freier Journalist sich bewerben könne; mein Fehler sei wohl gewesen, dass ich nicht die Zeitungen angegeben hätte, für die ich in Kroatien schreiben wolle – ein schlechtes Argument, denn das hatte ich in meinem Akkreditierungsantrag sehr wohl getan („u.a. FTD, WAZ, FR“). Alles sei ein großes Missverständnis, erklärte er. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde es dann etwas hektisch in Basel. Hoffmann schrieb recht zügig eine Mail nach Kroatien, um die Akkreditierungen in unserem Sinne zu regeln. Die Organisatoren werden sich darob ein wenig gewundert haben. Denn laut Aussage von Günter Pfeistlinger (AIPS, Kommissionsvorsitzender Handball) war im Dezember allen Wünschen der deutschen Printmedien seitens des kroatischen OK entsprochen worden. Die Streichung zumindest in meinem Fall muss also danach in Basel erfolgt sein.

Ich nehme an, dass Mike Glindmeier gewissermaßen in Sippenhaft genommen wurde. Schließlich hatte auch der SPIEGEL im Dezember 2007 über den Manipulationsskandal bei der asiatischen Olympia-Qualifikation berichtet, bei der, wie sich später vor dem Internationalen Gerichtshof (CAS) in Lausanne herausstellte, Moustafa direkt beteiligt war, indem er nämlich die eigentlich angesetzten deutschen Schiedsrichter Lemme/Ullrich für das in Rede stehende Spiel eigenhändig absetzte (so steht es jedenfalls im CAS-Urteil). Der SPIEGEL enthüllte seinerzeit ein Fax des kuwaitischen Scheichs Al Sabah (Präsident des Asiatischen Handballverbandes) an Moustafa, das einen Komplott klarmachte: Dafür, dass der Scheich bei den Qualifikationen in Asien freie Hand hatte, hatte er Moustafa alle Freiheiten im Weltverband versprochen. Aber über den unrühmlichen Korruptionsskandals habe ich ja recht umfangreich berichtet, und immerhin hat es ja auch was gebracht: Nicht die Landsmänner des Scheichs, sondern die Südkoreaner spielten dann in Peking.

Verblüffender Zufall jedenfalls, dass jetzt Glindmeier und ich keine Akkreditierung bekommen haben. Aber nun denn, jetzt ist die Sache erst mal geregelt. Falls sich daran etwas ändert, gebe ich Nachricht.

Es grüßt herzlich aus dem schönen Schleswig-Holstein

Erik Eggers

21 Gedanken zu „Der Pharao knickt ein: Erik Eggers darf doch zur Handball-WM“

  1. Es ist ein wenig beachteter Nebeneffekt der staatlichen Repressionen gegen Presse und Journalisten in Aegypten (und woanders in der arabischen Welt), dass der private Sektor damit auch freie Hand hat. Unser Verstaendnis der Rolle der Medien und der Arbeitsweise von Journalisten fehlt bei Unternehmen und sonstigen Organisationen – wer kritische Fragen stellt, wird mitten im Interview aus dem Buero geworfen, wer recherchiert, wird eingeschuechtert oder mit Luegen diskreditiert.

    Ich finde es dann immer spannend zu sehen, ob sich westliche Partnerunternehmen, -universitaeten oder -NGOs auf die Seite des Journalisten schlagen, oder lieber auf Teufel komm raus ihren Partner decken.

    Im Falle einer komplexen multinationalen Sportorganisation gibt es offensichtlich genuegend „checks“, die letzteres verhindern!

  2. Im Prinzip ja. Mir fällt in dieser Branche eigentlich nur eine Ausnahme ein: Andrew Jennings. Als ihn 1992 der Bannstrahl des IOC traf, gab es keine Proteste. Kommunikationstechnisch gesehen war das natürlich die Steinzeit, als man sich Nachrichten noch per Fax zuschickte. Als Jennings dann ab 2002/2003 von der Fifa disqualifiziert wurde und keine Akkreditierungen mehr erhielt, gab es zwar einige Proteste (Play the Game, Internationaler Journalistenverband), aber die blieben folgenlos. Sepp ließ sich davon nicht beeindrucken. Und: Die meisten so genannten Football Writer, die um die Fifa herumschwänzeln, fanden das sehr in Ordnung so, ein Störenfried weniger. Dass Jennings, obgleich nicht mehr im Umfeld der Fifa-Funktionäre geduldet, dennoch allen etwas vor macht und die Dokumente ausgräbt, ist die andere Seite der Medaille.

  3. Organisationen, die sich ueber mehrere Kulturkreise erstrecken, haben innen drin immer mit erstaunlichen interkulturellen Grabenkaempfen zu tun. Da herrscht das optimale Klima, um Informanten zu finden. Das hilft vermutlich auch Jennings. Nur bei grossen multinationals ist das leider am wenigsten der Fall, wie mir scheint.

    Gemeinsam Geld scheffeln verbindet eben mehr, als gemeinsam Sport zu organisieren oder in NGOs die Welt zu verbessern!

  4. Ralf,da ist die UCI ja ein fortschrittlicher Verein!
    ARD und ZDF kann ja sofort zur Tat schreiten und die Live-Übertragung stoppen;-)

  5. Ralf,da hat die ARD ja Glück gehabt,ich habe das noch nicht mitbekommen,weil ich Sport nur auf Eurosport schaue,die anderen Kommentare bekommen mir nicht.

  6. Eine Handball-WM ohne Grönland und den Peking-Silbermedaillengewinner Island hat doch eh‘ keinen sportlichen Wert. Wundert mich, dass da überhaupt jemand zuschaut.

  7. Herr Holle, RTL braucht für sein Publikum keinen „sportlichen Wert“, sondern nur ganz viele, möglichst populäre einheimische Sportler, damit die Masse „SCHLAAAANND“ brüllen kann. ;-) Und wenn ich schon lese, dass ein Marco Schreyl da eingesetzt wird (Danke Ralf für den Link!), werde ich mich gar nicht erst per Fernbedienung bis RTL vorarbeiten um zu sehen, ob die Übertragung abweichend von anderen ist.
    Na ja, Handball finde ich dank Jens hier eh auch nicht mehr so toll (ok, auch weil die SG nur 6. ist ;-( ), aber das macht nichts.

  8. FAZ: Angriff auf den „Pharao“

    Innerhalb der IHF regt sich zwar bislang kaum Widerstand – ein Mann aber scheut sich mittlerweile nicht mehr, Kritik an dem Ägypter Moustafa zu üben. […] Der Angriff auf den „Pharao“, so der Spitzname Moustafas, kommt aus der Schweiz, von einem Mann in gehobener Position, von dem Berner Peter Mühlematter, dem Generalsekretär der IHF.

  9. Pingback: Proof of life : jens weinreich

  10. huch? die usa today schreibt über die korruptionsvorwürfe gegen den präsidenten eines verbandes eines sports, den 80% ihrer leser vermutlich nicht mal kennen? das nenne ich mal wellen schlagen.

    überfällig, daß moustapha mal konkurrenz kriegt, aber ein kongreß in kairo, mal ehrlich – wieviele chancen haben die wohl? wozu hat moustapha denn sonst all die kleinstaaten aufgenommen, die mit mühe und not zwei handballmannschaften im ganzen land zusammenbekommen?

  11. ich gebe zu, von der Asoif das erste mal zu hören. wie mächtig ist so ein posten? ich nehme mal an, daß moustapha nicht für einen frühstücksdirektorposten kandidieren wüde. also entweder macht oder geld, was verspricht er sich davon?

  12. Pingback: Alles unter Kontrolle? | VOCER

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