Checkliste „Korruption im Sport“
Mal eben zwischendurch aus dem Netz gefischt – eine Checkliste für Korruption in Sportverbänden. Zutreffendes bitte ankreuzen: Wie weiter? Haben…
Mal eben zwischendurch aus dem Netz gefischt – eine Checkliste für Korruption in Sportverbänden. Zutreffendes bitte ankreuzen: Wie weiter? Haben…
ZÜRICH. Fast hätte ich es vergessen. Passend zum Tage, wer mag, kann sich meinen „Hintergrund Politik“ von heute Abend im Deutschlandfunk anhören. Eine weitere Analyse zur Korruption im Sport. Dauert rund 18 Minuten. Der Korruptionsexpertin Britta Bannenberg zu lauschen, lohnt sich immer. Viel Vergnügen.
Über die Ereignisse in Zürich, über Yussuf Blatter (das ist wirklich einer seiner Spitznamen) und Wladimir Putin, über den Emir von Katar und andere Milliardäre, die demnächst Fußball-Weltmeisterschaften ausrichten, kann hier weiter diskutiert werden, da schreibe ich heute auch noch weiter.
Nachtrag, 3. Dezember: Nun steht der (redaktionell gekürzte) Text online, den ich flugs hierher kopiere. Manches habe ich schon oft genug besungen, wird ja stets aufs Neue bewiesen. Frau Bannenbergs Analysen, ich sagte es bereits, sind immer eine Lektüre wert. Und Rogges Ausführungen, nun ja, sind schlicht enttäuschend.
Korruption und Wettbetrug. Täglich werden kleine und große Fälle von Manipulationen im Sport bekannt. Von den großen Verbänden werden diese zumeist als Einzelfälle heruntergespielt. Der organisierte Sport macht Korruption leicht. Denn das Sport-Business mit seiner eigenen Rechtswelt hat strukturelle Probleme.
Der Fußball-Weltverband FIFA hat heute in Zürich zwei Weltmeisterschaften vergeben: Die WM 2018 findet in Russland statt, die WM 2022 wird in Katar ausgetragen. Die Entscheidung des FIFA-Exekutivkomitees wird seit Wochen von Korruptions-Enthüllungen begleitet. Zwei bestechliche Exekutivmitglieder – Amos Adamu aus Nigeria und Reynald Temarii aus Tahiti – wurden suspendiert und durften nicht mit abstimmen. Vier weitere einflussreiche Funktionäre wurden ebenfalls gesperrt.
Doch drei andere Exekutivmitglieder, die schon vor Jahren eine zweistellige Millionensumme an Schmiergeld von der Vermarktungsagentur ISL/ISMM kassiert haben, durften mit abstimmen. Dazu gehört Ricardo Teixeira, der Präsident des brasilianischen Fußballverbandes, der auch als Chef des WM-Organisationskomitees 2014 agiert. Gegen ihn wird nun in Brasilien ermittelt. Die Veröffentlichung weiterer Namen von bestochenen Top-Funktionären versuchen FIFA-Anwälte derzeit zu verhindern.
Derlei Skandale werden von den Amtsträgern gern als Einzelfälle beschrieben. FIFA-Präsident Joseph Blatter kürzlich am Rande des DFB-Bundestages in Essen:
„Die FIFA hat 208 Verbände. Und wenn einige Individuen aus diesen 300 Millionen Teilnehmern der FIFA vielleicht korrupt sind, dann kann man nicht sagen, die ganze Familie ist korrupt. Das kann man nicht sagen.“
So kennt man Sepp Blatter. Er spricht stets von seiner „Familie“, von Einzelfällen. In Wahrheit sind diese Fälle nur die Spitze des Eisberges. Korruption im Sport ist zu einem Dauerthema geworden. Das globale Geschäft mit den Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften garantiert Milliardengewinne für die Sportverbände. Die Verlockung ist groß, sich dabei auch privat die Taschen zu füllen. Verbände, Funktionäre, Vermarktungsfirmen, Trainer, Betreuer, Athleten, sogar Politiker – viele Personen und Institutionen verdienen auf illegale Weise.
Täglich werden kleine und große Fälle von Manipulationen bekannt. Vom größten Korruptionsskandal der Sportgeschichte rund um die Firma ISL/ISMM, die mehr als 140 Millionen Schweizer Franken Schmiergeld gezahlt hat, sind auch Funktionäre des Internationalen Olympischen Komitees betroffen: IOC-Doyen Joao Havelange, der FIFA-Ehrenpräsident, Issa Hayatou aus Kamerun und Lamine Diack aus dem Senegal, der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF.
Korruption folgt nicht dem klassischen Täter-Opfer-Prinzip. Es gibt nur Täter – Geber und Nehmer. Die sind sich in der Regel einig und schließen auch keine Verträge ab. Das macht die Aufklärung so schwierig. Zumal die Geschädigten anonym bleiben – meist sind es die Steuerzahler.
Kriminologen wie Britta Bannenberg, Professorin an der Universität Gießen, gehen davon aus, dass in allen Bereichen der Gesellschaft mehr als 95 Prozent der Korruptionsfälle nie öffentlich werden. Von den wenigen Fällen, die juristisch verhandelt werden, endet nur ein kleiner Prozentsatz mit einem Schuldspruch. Der Sport macht da keine Ausnahme.
„Nein, im Gegenteil. Der Bereich des Sports ist ja noch abgeschotteter, weil es keine Kontrollstrukturen von außen gibt. Das Strafrecht zum Beispiel, das natürlich im Grundsatz bei Unternehmen und Verwaltungen einsetzbar ist, das greift im Sport ja meistens schon gar nicht. Weil nämlich Akteure gar nicht bestochen werden können. Die eigentliche Bestechung im Kern, die ist vom Strafrecht überhaupt nicht erfasst. Und auch Funktionäre, die ihre Stimme abkaufen lassen, die sind vom Strafrecht in den meisten Ländern nicht erfasst. Und dann ist auch für alles andere, was vielleicht möglich wäre, also Schadensersatzklagen, überhaupt gar kein Raum.“
In der ISL-Affäre wurden nur wenige der Schmiergeldempfänger bekannt. Die FIFA zahlte sogar ein Schweigegeld von 5,5 Millionen Franken an die Justizkasse des Kantons Zug, um die Veröffentlichung weiterer Namen zu verhindern. Experten bezeichnen derlei Abmachungen als Korruptionsverdunklungs-Vertrag. Es war nicht der einzige in der ISL-Affäre.
Die ISL-Gruppe unterhielt ein ausgeklügeltes Korruptionssystem mit Dutzenden von Briefkastenfirmen, geheimen Stiftungen und Schwarzkonten in zahlreichen Ländern. Mindestens 140 Millionen Franken wurden zwischen 1989 und 2001 bis zum Konkurs der Firma bezahlt. Ein ISL-Manager, der sich vor zwei Jahren nicht etwa wegen Korruption, sondern wegen Unterschlagung vor Gericht verantworten musste, sagte damals aus, Schmiergeld an Sportfunktionäre zu zahlen sei …
„… als wenn man Lohn bezahlen muss. Sonst wird nicht mehr gearbeitet. Sonst wären diese Verträge von der anderen Seite nicht unterschrieben worden. Diese Praxis war unerlässlich, sie gehörte zum Stil des Geschäfts.“
Der organisierte Sport macht Korruption leicht. Denn das Sport-Business mit seiner eigenen Rechtswelt hat strukturelle Probleme, die von den Verantwortlichen stets geleugnet werden, sagt Britta Bannenberg:
„Es sind sehr wenige Menschen mit sehr hoher Macht in diesen Bereichen tätig. Und sie werden im Grunde auch von staatlichen Spitzen hofiert und sind dadurch fast sakrosankt. Das ist eine ganz besondere Konstellation, die ja kaum Vorstandschefs von großen Unternehmen genießen. Und dadurch stehen sie noch mehr außerhalb der staatlichen Kontrolle. Aber es gibt ja auch kaum staatliche Regelungsmechanismen. Das staatliche Strafrecht greift für sie ja nicht. Und deshalb können sie sich auch leicht zurückziehen in ihre wortgewaltigen Ankündigungen der Konsequenzen, die dann aber ohne jegliche rechtliche Relevanz sind, weil selbst ihre Selbstkontrolle oder Eigenkontrolle im Grunde überhaupt nicht ausreichend ist, aber auch nicht konsequent durchgezogen wird.“
ZÜRICH. Auf geht’s. Auch heute wieder live aus dem Tollhaus – den ganzen Tag lang. [youtube hx-1rOneMRc nolink] Recht so.…
ZÜRICH. An solchen Tagen lernt Mann (einmal mehr) den Vorteil des Bloggens zu schätzen. Ich werde eine Art Live-Blog starten bis zur Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 am Donnerstag. Warum ich die WM 2022 nicht mehr erwähne? Nun, es heißt, die FIFA-Gottheiten hätten ein Krisenmeeting, Sepp Blatter und Jerome Valcke, die 2008 diese irre Idee der Doppelvergabe ausgeheckt haben, könnten umschwenken. Eventuell wird die WM erst in zwei Jahren vergeben.
Das wäre doch mal was.
Das IOC will angeblich Beweise von der BBC. Kein Problem, Andrew Jennings wird es dem IOC schon schicken. Komisch nur, dass IOC-Chef Jacques Rogge bisher immer so getan hat, als sei das IOC davon nicht betroffen, und die ISL-Korruption ohnehin eine gaaanz alte Kiste. Mir hat er zwar mal erzählt, das war 2005, dass er das Ganze aufmerksam und kritischst verfolgt. Davon habe ich nie etwas bemerkt. Und als AJ im Oktober 2009 auf dem Olympischen Kongress in Kopenhagen die ISL-Frage stellte, war Rogge ziemlich kurz angebunden. Dabei wollte AJ doch nur wissen, warum der Schmiergeldbote Jean-Marie Weber ständig IOC-Akkreditierungen erhält.
https://www.youtube.com/watch?v=vIKCpLK5lUM
Als Jens Sejer Andersen als Delegierter auf dem Kongress die Frage stellte, wurde die vom Chef der Ethik-Kommission nicht angenommen. Der Chef von Swiss Olympic, Jörg Schild, hat mir gerade eine ähnliche Geschichte erzählt.
Es wird noch spannend in diesem Wettbewerb um die Winterspiele 2018. Und München holt international auf, das erzähle ich seit Vancouver, das bestätigte sich in Dubai und erst recht in Acapulco. Inzwischen ist es nicht mehr überraschend.
München holt auch deshalb auf und hat Chancen auf die Spiele, weil die Südkoreaner Fehler machen. Sie können halt nicht anders. In Korea stehen viele Konzerne hinter der Bewerbung, und die machen das, was sie immer machen, so sind sie groß geworden im Olympia-Business. Sie kaufen Image und Stimmen mit Sponsorverträgen, zum Beispiel. Sonderlich geschickt sind sie dabei nicht, aber wenn sie die Spiele haben wollen, müssen sie sich ein wenig smarter anstellen …
Das ist doch mal eine klare, schnörkellose Überschrift zu einer schönen Geschichte, die die Kollegen der Sunday Times da veröffentlicht…
Wer Olympische Spiele ausrichten will, muss nur flink seine nationale Rechtsordnung außer Kraft setzen (das ist zuspitzend kommentierend formuliert, liebe…
Es gibt ein Leben neben der Fußball-WM. Linkfutter für zwischendurch, Lesebefehle habe ich zuletzt sträflich vernachlässigt:
Fecht-Olympiasieger und IOC-Mitglied Pál Schmitt, langjähriger Protokollchef des IOC und Mitglied des Europäischen Parlaments, ist zum neuen Staatspräsidenten Ungarns gewählt worden.
Oops, mal wieder eine Entscheidung des Eislauf-Weltverbandes ISU, die anderswo mindestens so ausgiebig diskutiert wird, wie in Deutschland der Fall Pechstein. Ich wusste gar nicht, dass die ISU noch zwischen Profis und Schauläufern und vielleicht sogar Amateuren unterscheidet. Ich halte es beim ersten Hinsehen für absurd, dass Jewgeni Pluschenko gesperrt wird und nicht an den Winterspielen 2014 in Sotschi teilnehmen soll. Ausgerechnet Pluschenko! Hier ist er übrigens kurz nach der Verkündung von Sotschi als Olympiastadt 2014, damals im Juli 2007 in Guatemala City:
Der ISU-Beschluss, gegen den Pluschenko vor den CAS ziehen kann:
Decision of the ISU Council on Eligibility of Mr. Evgeny Plushenko (RUS)
Based on evidence presented the Council has concluded that Mr. Evgeny Plushenko breached the ISU eligibility rule 102, paragraph 2, i) of the ISU General Regulations and as a consequence has become ineligible under paragraph 7 a) of that rule. The evidence has proved to the satisfaction of the Council that Mr. E. Plushenko, a skater and member of the Figure Skating Federation of Russia (FSFR), skated in exhibitions held in March and April 2010, in Russia and other countries, without the express prior authorization of the FSFR. Such activity is a breach of the ISU eligibility rules and results in the loss of eligibility.
The present decision communicated to both Mr E. Plushenko and the FSFR may be appealed to the Court of Arbitration for Sport, Lausanne, Switzerland, within 21 days upon receipt of the decision, in accordance with Article 25, paragraph 2, c) of the ISU Constitution.
Wie erwartet hat sich Thomas Bach dazu durchgerungen, als DOSB-Präsident zu verlängern. Ein halbes Jahr vor der Entscheidung über die Olympischen Winterspiele 2018 wäre ein Ausstieg ein katastrophales Zeichen gewesen. Die Mitgliederversammlung findet am 4. Dezember 2010 in München statt. Der DOSB sagt:
Am Montag erklärten Präsident Thomas Bach, Walter Schneeloch, Vizepräsident Breitensport/Sportentwicklung, Hans-Peter Krämer, Vizepräsident Wirtschaft und Finanzen, Gudrun Doll-Tepper, Vizepräsidentin Bildung und Olympische Erziehung, und Ilse Ridder-Melchers, Vizepräsidentin Frauen und Gleichstellung, dass sie sich am 4. Dezember 2010 dem Votum der Mitgliederversammlung stellen wollen. Eberhard Gienger, Vizepräsident Leistungssport, wird wegen der Doppelbelastung aus seiner politischen Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter und als DOSB-Präsidiumsmitglied nicht erneut antreten. Dies nahm das Präsidium mit Bedauern, aber auch mit Respekt und Verständnis zur Kenntnis. Ingo Weiss wird im Oktober 2010 erneut als Vorsitzender der Deutschen Sportjugend (dsj) kandidieren, ebenso Christian Breuer als Vertreter der Aktiven; die Voten der dsj bzw. der Aktiven würden der Mitgliederversammlung dann im Dezember zur Bestätigung vorgelegt werden.
Ich denke, Ausstiegschancen geben sich für Bach nach der IOC-Session im Juli 2011, wenn über die Winterspiele abgestimmt wird, immer noch. Er muss dann seine IOC-Präsidentschaft vorbereiten, das IOC wählt 2013 in Buenos Aires den neuen Präsidenten/die erste Präsidentin.
Zu Gienger: Ist mir überhaupt nicht klar gewesen, dass der CDU-Mann mit seinen Aufgaben belastet ist.
Und noch mal Russland/Sotschi bzw. das Vancouver-Nachbeben. Der russische Rechnungshof, wenn ich das auf die Schnelle richtig übersetze, hat einen Bericht zum Umgang mit den Olympiafinanzen für die Vorbereitung auf die Vancouver-Spiele vorgelegt. Völlig überraschend ist von Korruption und Misswirtschaft die Rede. Ja, ich weiß, Putin und Medwedew haben das in Auftrag gegeben, denen ist nicht zu trauen. Egal, was mich hier fast mehr interessiert, warum so genannte olympische Insiderdienste wie Inside the Games oder Around the Rings und andere Medien darüber berichten, ohne Quellen zu nennen und den Bericht zu verlinken. Mich nervt das kolossal, täglich mehr, wenn ich nicht zum Original geführt werde, wenn Leute meinen, sie müssten Ihre Beiträge stets ohne Belege und weiterführende Hinweise veröffentlichen. Vielleicht war ich nur zu blöd, sicher kann mir jemand helfen und bessere Links finden als diese, etwa einen zum Originalbericht des russischen Rechnungshofes? Danke schon mal.
Wie gesagt, vielleicht kann jemand mit besseren Beiträgen dienen.
Blatters ehemaliger Außenpolitik-Chef, der kurz vor der WM unter Druck gefeuerte Jérôme Champagne, hat einen neuen Job. Er schreibt:
Dear friends,
It is with pleasure that I can announce to you that the Palestinian National Authority appointed me as „Adviser to the PNA for the development of sport and football“ in Palestine.
Here attached you can find the press release issued in Ramallah on 21st June in Arabic, English and French versions.
This position is attached to the PNA President, H.E. Mr. Mahmoud Abbas, and the PNA Prime Minister, H.E. Mr. Salam Fayyad, and to be executed under the guidance of the Palestinian National Olympic Committee and Palestinian FA President, Mr. Jibril Rajoub.
Four intital directions were given to me:
- the administration of Palestinian football,
- the launch of the Palestinian professional league
- the marketing of these activities,
- the developement of international relations for Palestinian sport and football with sport organizations at world, continental and national levels (including the sister football federations) AND with foreign governments, international organizations, etc.
This mission bears a huge responsability but represents also a privilege for me to continue what I was doing in my eleven FIFA years to help Palestinian football with the support of the FIFA President, Mr. Joseh S. Blatter.
This email is just a first information for you and I will contact you at a later stage when we will be able to start the first concrete projects.
Thanking you in advance for your future support of my new mission,
With my best regards,
Jerome
Nachtrag, apropos Pechstein: Gerade verbreitet ihr PR-Büro Powerplay die Meldung, wonach die gesperrte Eisschnellläuferin eine Einstweilige Verfügung gegen Prof. Fritz Sörgel erwirkt hat – im Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung (einen Dringlichkeitsaspekt kann ich anders als der putzige Richter Buske nicht erkennen).
Demnach
… darf Sörgel nicht mehr den Eindruck erwecken, die fünfmalige Olympiasiegerin hätte in ihrer sportlichen Karriere Dopingmittel eingenommen oder verbotene Methoden zur Leistungssteigerung angewandt …
Die Verfügung bezieht sich auf ein Rundfunkinterview vom 19. März 2010! Hochinteressant. Wie gesagt, der Richter heißt Buske, Prozessbevollmächtigte sind „Rechtsanwälte Schertz pp.“ – muss man mehr sagen? Bitte vorsichtig sein mit den Kommentaren – Abmahngefahr. Die Verfügung findet sich auf der Webseite von Claudia Pechstein.
Nachtrag 2: Zur Verfügung des Richters Buske teilt Prof. Sörgel soeben mit:
Wir werden diese Entscheidung natürlich nicht hinnehmen. Die Begründetheit der Ansprüche werden wir in einem Klageverfahren klären lassen. Käme es dann zu einer Verhandlung, könnte auch die Öffentlichkeit einen besseren Eindruck gewinnen was die wissenschaftliche Basis der Pechstein- Seite ist. Natürlich werden wir die „Creme de la Creme“ nationaler wie internationaler, und wahrhaft unabhängiger Gutachter die Argumentation der Gegenseite kritisch überprüfen lassen.
Diese Entscheidung des Hamburger Gerichtes würde mir einen Maulkorb verhängen, denn Ziel ist es ja mich zum Schweigen zu bringen, zumal ich eben bisher in den wirklich wichtigen Fragen nicht in die Knie zu zwingen war. Das soll auch in Zukunft so bleiben und meine Argumente sollen Gerichten wie Öffentlichkeit jederzeit zur Verfügung stehen.
Ich werde so lange kämpfen bis die Wissenschaft , wie bisher beim ISU und CAS ihr Recht bekommt. Es kann nicht angehen, dass man Wissenschaftler mit guten und nachvollziehbaren Argumenten einen Maulkorb umhängen kann.
Die nachfolgenden Ausführungen von RA Scholz-Recht legen auch dar wie oft wir uns schon gegen die Anträge der Kanzlei Scherz & Bergmann erfolgreich vor Gericht gewehrt haben. Wir haben daraus aber keine Medienkampagne gemacht. Jetzt müssen die Dinge aber ausführlich dargestellt werden.
Seine Rechtsanwältin Nicola Scholz-Recht schreibt:
VANCOUVER. Aus aktuellem Anlass, eine Gute-Nacht-Lektüre aus der Olympiastadt. Skate-Gate, Teil 2?
The Winter Olympics. The only time the rest of the sporting world has its eyes on this beautiful, difficult, horribly corrupt and politicized sport.
Das schreibt Sports Illustrated. Man könnte auch sagen: The Winter Olympics sind der einzige Anlass, zu dem sich Sports Illustrated, der langjährige IOC-Sponsor (Time Warner), für derlei Hintergründe interessiert: „Judge’s e-mail exposes corruption of figure skating’s scoring system“. Sonst kommt: nichts. Sportpolitisch ist SI ein Witzblatt. Aber lassen wir das, ein Seitenhieb muss reichen. Der Artikel gibt einen Überblick zur aktuellen Diskussion. Ich empfehle, einfach mal den Namen Joe Inman bei Google News einzugeben, die Suchmaschine spuckt dann etliche auch deutsche Treffer aus.
Retrospektiv möchte ich ein Kapitel aus dem Buch „Korruption im Sport“ anbieten – (fast) umsonst :)
VANCOUVER. 16.32 Uhr: (Angaben immer Ortszeit): Geradezu jungfräulich präsentiert sich der Arbeitssaal im Main Press Centre (MPC) des frühlingshaften Vancouver. Das wird sich bald ändern. Lärm machen bisher nur die Wasserflugzeuge, die direkt neben dem Vancouver Convention Centre starten und landen. Die neue Westseite des VCC beherbergt während der Spiele das IBC (International Broadcasting Centre), die alte Ostseite mit dem Pan Pacific Hotel beherbergt das MPC.
Zu meinen Lieblingsgästen hier im Blog zählt der altruistische Pharao Hassan Moustafa, Präsident des Handball-Weltverbandes IHF. Unermüdlich werkelt er für das Wohl seines Sports, für das Wohl der Familie und – wer will es ihm verübeln – auch ein bisschen für das eigene Konto. Bevor ich einige Gedanken zur Enthüllung von Michael Wulzinger im Spiegel äußere, schlage ich vor, wir hören den Pharao. Denn er hat mir ja nicht nur einmal erklärt, dass es im Sport keine Korruption gibt, ganz einfach, weil der Sport immer sauber ist.
[youtube sEFY0y3-n-A nolink]
Wer mag, kann gern die sechs Teile meiner Umfrage unter Weltverbandspräsidenten und IOC-Mitgliedern nachhören (und anschauen). Es galt, die Frage zu beantworten, ob der Sport eine Welt-Anti-Korruptions-Agentur braucht?
Doch zurück zum Pharao. Die Spiegel-Geschichte in Kurzfassung, demnächst wird der gesamte Text aus dem aktuellen Heft ja online verfügbar sein:
Hassan Moustafa, der Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF), hatte über seine nahe Kairo ansässige Firma Sport Group einen geheimen Beratervertrag mit der Sportvermarktungsagentur Sportfive. Demnach zahlte das Hamburger Unternehmen, das bis zum 31. Dezember 2009 die Fernsehrechte des Welthandball-Verbandes verwertete und bis dahin der mit Abstand wichtigste Geschäftspartner der IHF war, dem Spitzenfunktionär von Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2009 für seine Lobbyistendienste 602.000 Euro. Mindestens die Hälfte dieses Honorars wurde Moustafa auf ein Privatkonto bei einer Filiale der Bank BNP Paribas in der ägyptischen Stadt Gizeh überwiesen.
Wie es in dem Vertrag heißt, der dem SPIEGEL vorliegt, sollte Moustafa seine „guten Beziehungen zu Sportorganisationen und ihren Entscheidungsträgern“ sowie zu Mediengesellschaften exklusiv für die kommerziellen Interessen von Sportfive nutzen. Zudem sollte Moustafa Sportfive „nach besten Kräften in seiner Anstrengung unterstützen, sich die Vermarktungsrechte an bedeutenden Veranstaltungen zu sichern“.
Einige Anmerkungen:
1) Interessant (oder doch eher wieder typisch) ist zunächst, dass die Enthüllung – und ich nenne es Enthüllung, wenn ein solcher Vertrag öffentlich wird – vorab am 23. Januar 2010 veröffentlicht wurde. Deutsche Nachrichtenagenturen haben aber, wenn ich mich nicht täusche, erst am 25. Januar um 9.40 Uhr (SID) bzw. 17.31 Uhr (dpa) darüber berichtet. Hallo? Ich meine, hier geht es nicht um eine beliebige Kleinigkeit, sondern um einen Präsidenten eines olympischen Weltverbandes, um einen vorbelasteten Sportkameraden, der in einer urdeutschen Sportart sein Unwesen treibt, für etliche Skandale und korruptive Umtriebe verantwortlich ist und mächtig abkassiert.
Aber die Zurückhaltung deutscher Agenturjournalisten kann neben allgemeinem Desinteresse an derlei brisanten Themen natürlich auch mit Anordnungen zusammenhängen :), die Stefan Niggemeier gerade dokumentierte: „Klare Ansage bei dpa: Lieber spät als falsch“
Nein, ernsthaft: Es liegt ein Vertrag zwischen Moustafa und dem Rechteverwerter vor, den beide Seiten bestätigen, also auch der frühere Sportfive-Geschäftsführer und heutige Ufa Sports-Chef Robert Müller von Vultejus.
Da gibt es nur eins: Die Geschichte ist zu vermelden. Sie hat Relevanz, und zwar beträchtliche Relevanz.
(Wie das mit Vermarktungsverträgen, Bietern und denjenigen, die Verträge vergeben, oftmals läuft, habe ich sehr ausführlich hier beschrieben.)
2) Der Vorgang beweist einmal mehr, wie lächerlich irrelevant die so genannte IOC-Ethikkommission ist. Und wie großzügig das IOC noch unter dem selbst ernannten Null-Toleranz-Präsidenten Jacques Rogge agiert. Daran ändert der Umstand nicht, dass das IOC neuerdings behauptet, Jean-Marie Weber, der in der Familie nie etwas Illegales getan hat und der nach wie vor für etliche IOC-Mitglieder, deren Verbände und Sportarten arbeitet (Fußball, Leichtathletik etc.), werde nicht mehr zu IOC-Veranstaltungen akkreditiert. (Ich werde mir das in Vancouver anschauen.)
3) Der Vorgang beweist, dass die von der ISL einst geprägte Praxis des Geben und Nehmen noch immer an der Tagesordnung ist. Wie sagten einst Manager des ISL-Konzerns, der – nur das wissen wir – 138 Millionen Schweizer Franken Bestechungsgeld an hohe Sportfunktionäre gezahlt hat?
Im ISL-Prozess sagte der ehemalige ISL-Finanzchef Hans-Jürg Schmid vor Gericht:
„Das ist, als wenn man Lohn bezahlen muss. Sonst wird nicht mehr gearbeitet. Ansonsten wären diese Verträge von der anderen Seite nicht unterschrieben worden. Alle diese Zahlungen waren notwendig, um überhaupt Verträge zu bekommen und dass die sich dran halten.“
ISL-Vorstand Christoph Malms erklärte damals:
„Diese Praxis war unerlässlich, sie war branchenüblich, sie gehörte zum Stil des Geschäfts. Ohne das geht es nicht.“
In den Prozessunterlagen finden sich etliche andere Aussagen und Beweise. Dies soll heute genügen.
4) Gemäß dpa von heute („Moustafa weist Vorwürfe zurück„) hat die IHF inzwischen ein Statement abgegeben, das ich aber weder online finde, noch kann mir ein Kollege, der zurzeit bei der Handball-EM ist, mit einem Schriftstück aushelfen (ich denke, das Original trage ich bald nach). Die dpa schreibt:
Hassan Moustafa, Präsident der Internationalen Handball-Föderation (IHF), hat Vorwürfe wegen angeblich fragwürdiger Geschäfte zurückgewiesen. Bei dem Vertrag zwischen dem ehemaligen IHF-Sport- und Fernsehrechte-Vermarkter Sportfive und der Firma Sport Group aus Kairo handele es sich um eine „normale geschäftliche Verbindung“, betonte der 65-Jährige in einer Verbandsmitteilung am Dienstag. Diese Zusammenarbeit sei Moustafa als Inhaber der Firma eingegangen, und dies habe „absolut nichts“ mit seiner Funktion als IHF-Präsident zu tun. Zugleich erhielt er Rückendeckung durch den Verband. Die IHF sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Moustafa in allen Belangen korrekt verhalten habe.
Ich will das gern auseinandernehmen. Andere werden das demnächst ebenfalls tun, zum Beispiel Christer Ahl, langjähriger IHF-Schiedsrichterchef, der aus Protest gegen die Machenschaften Hassan Moustafas zurückgetreten ist.
Tatsächlich aber ist das der Missbrauch von anvertrauter Macht zu privatem Vorteil – und erfüllt damit exakt die Korruptions-Definition von Transparency International.
Soviel Klarheit sollte sein. Korruption ist und bleibt ein illegaler Deal.
Ich finde, das hätte auch im Spiegel besser herausgearbeitet werden können.
5) Strafrechtlich könnte die Sache für Vermarkter (Sportfive, Ufa Sports) und die entsprechenden Rechtehändler, die Unschuld beteuern, schon noch interessant werden. Ich sage nur: Siemens. Hier mal ein Auszug aus dem Strafgesetzbuch:
§ 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr
Die Geschichte von Juan Antonio Samaranch und dem KGB zieht ihre Kreise. „KGB plays chess“ ist derzeit das sportpolitische Top-Thema zwischen Vancouver, Madrid, Lausanne, London – und natürlich Moskau. Doch wenn ich es recht verstehe, muss Samaranch nicht viel befürchten, und die IOC-Führung kann sich weiter blöd stellen, das Prinzip der drei Affen vervollkommnen und die Öffentlichkeit für dumm verkaufen. Alles nur Gerüchte, wie mir IOC-Kommunikationsdirektor Mark Adams mitteilte?
Nothing but rumors? Not at all.