Peking, Tag 24
10.34: Power off. Jemand hat mir den Stecker gezogen. Da helfen auch keine double-shot-Espresso vom IOC-Sponsor.
11.27: Jacques Rogges letzte Pressekonferenz, nachdem er gestern, wie ich den Kommentaren zum Tag 23 entnehme, seinen TV-Rundgang absolviert hat. Im chinesischen Staatsfernsehen war er, in der ARD (mit dem UDIOCM), bei der BBC und und und. Immer dasselbe. Siegesgewiss. Das IOC verkauft die Spiele als grandiosen Erfolg. Witz-Bolt und The Big M sind für ihn „icons of the Beijing Games“. Rogge spricht oft von „langfristigen Wirkungen“. Wenn er sich da mal nicht täuscht. Ich habe gestern schon etliche andere Meinungen verlinkt. Ein interessantes Ergebnis brachte eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Berliner Zeitung, für die ich – disclaimer – als Autor tätig bin. Einige Details:
- Nur 48 Prozent der Bundesbürger glauben, dass es im Spitzensport mit rechten Dingen zugeht.
- Jeder Dritte der Befragten gab an, dass sich seine Einstellung gegenüber den Olympischen Spielen in den letzten Jahren zum Negativen verändert habe. Bei älteren Menschen ab 60 Jahren (39 Prozent) und bei den formal höher Gebildeten mit Abitur- oder Studienabschluss (38 Prozent) ist das Frustrationsgefühl am größten.
- Nur 34 Prozent der Bundesbürger glauben, dass Michael Phelps seine acht Goldmedaillen ungedopt erschwommen hat. Jeder Zweite glaubt, dass Phelps gedopt hat.
- Jeder fünfte Deutsche ist der Meinung, dass Britta Steffen bei ihren Olympiasiegen gedopt war.
- Mehr als jeder vierte Deutsche spricht sich dafür aus, dass in Zukunft keine weiteren Steuergelder in den Leistungssport fließen sollten. Nur noch 66 Prozent der Deutschen sehen ein, dass die Olympiafahrer von öffentlichen Geldern subventioniert werden.
12.08: Auf dem Weg zum Mittagessen treffe ich Gennadi Schwets, den russischen NOK-Sprecher. Er lacht. „Da war ich wohl zu pessimistisch“, sagt er. Schwets erinnert sich genau an jene Zahlen, die er mir bei unserem Gespräch auf meinen Block gekritzelt hat: 17 Goldmedaillen, 55 insgesamt, hat er getippt und auf die Schockwirkung für den russischen Sport gesetzt.
Momentan sind es 22 Gold, 21 Silber, 28 Bronze. Insgesamt zwar ein Fünftel weniger Medaillen als in Athen. Doch die Russen haben ihr Gesicht gewahrt, weil sie Großbritannien in der Länderwertung überholen und doch wieder auf Rang drei kommen. So eine Nationenwertung bietet für jeden was: China hat die meisten Goldmedaillen, die Amerikaner die meisten Medaillen überhaupt – und alle sind ein bisschen damit zufrieden.