#London2012 (XIV), schon wieder: vielfältige Lebenssachverhalte
[Dank an @JSachse, der das Fechtvideo beim Guardian entdeckt hat.] LONDON. Moin, moin, bin noch unterwegs und habe in einem…
[Dank an @JSachse, der das Fechtvideo beim Guardian entdeckt hat.] LONDON. Moin, moin, bin noch unterwegs und habe in einem…
LONDON. Aus gutem Grund, falls wieder Technik verloren gehen sollte, meine Koordinaten hier im Olympic Stadium, Notiz an mich und den Kollegen G., auch so ein vergesslicher Experte, der wieder neben mir sitzt:
Block 211/212, Row 63, Seat 334
19.22 Uhr (Ortszeit): Wir können beginnen. Ich bleibe bei der herkömmlichen Technik, schreibe einfach hier in WordPress das Internet voll, ohne Zeilen- und Zeichenbegrenzung, und wer mag, der kann kommentieren. Auf ein live-Blog-Plugin oder andere Angebote verzichte ich. Gehe Nummer sicher. Die Internetverbindung per Lan scheint top zu sein, das ist schon die halbe Miete.
Olympiaticket zu gewinnen!
Ich habe kürzlich per Twitter eine erste eigene olympische Bestechung ausgelöst. Ich wollte unbedingt 4000 Follower voll machen – habe dafür ein Handball-Ticket für das zweite Olympiawochenende ausgelobt, das ich ordnungsgemäß in der Ticketlotterie erworben und bezahlt habe – mit Visa natürlich (London-2012-Slogan: „We are very proud to accept only Visa“). Mein 4000. Follower war Nicholas Grenier von der Isle of Man, sein Ticket ist per Post unterwegs.
Sachdienliche Hinweise werden in den Kommentaren entgegengenommen. Sollten mehrere Personen den richtigen Namen wissen/tippen, stelle ich eine gemeine Fangfrage, wer als erster richtig antwortet, bekommt das Ticket.
19.46: In Peking ließen Chinas KP-Bonzen damals die Wolken vertreiben, um einen trockenen ersten Abend zu haben. Im wolkenverhangenen London lassen die Organisatoren Wolken einmarschieren. Seit einer halben Stunde marschieren vier zehn Mann/Frau-Delegationen um die verhüllte Bahn und lassen riesige Wolken steigen, so wie andere ihre Drachen.
19.55: Noch dürfen die Details der von Danny Boyle arrangierten Eröffnungsfeier, etliches ist bereits bekannt, die den Journalisten in einem kleinen Katalog verteilt wurden, nicht veröffentlicht werden. Sperrfrist 21 Uhr. Boyle zitiert, natürlich, Shakespeare:
Be not afeard: the isle is full of noises
btw: Slumdog Millionaire ist wirklich einer meiner liebsten Filme der vergangenen Jahre.
19.59: Das erste Viehzeug ist drinnen. Schafe, Gänse, Pferde, Kühe usw usf – sieht aus wie auf einer Hobbit-Farm.
20.04: Wer die 205 Fahnenträger schnell noch auswendig lernen will:
Sagt mir bitte jemand, warum das 205 sind, wo das IOC doch gleichzeitig sagt, es habe nur 204 NOK anerkannt?
20.12: Make some noise!
Es wird bunt und laut. „Versaut es nicht“, schreit der Conferencier die Zuschauer an.
Ihr habt es so gewollt, neuer Eintrag in der Kammer des Schreckens:
Die Brille soll im zweiten Teil der Show behilflich sein.
20.29: Ähhhmmm. Sagte ich schon, dass es regnet?
20.39: Ich muss zwar kein Ticket gewinnen, aber ich kann mir vorstellen, dass die keinen Promi Feuerzünder spielen lassen, sondern vielleicht das Mädchen, das 2005 auf der IOC-Session in Singapur aufgetreten ist.
20.47: Der UN-Generalsekretär mit seiner Friedens-Botschaft. Nichts für ungut, aber ich kann derlei Gerede nicht mehr ernst nehmen, wenn das IOC doch gleichzeitig voller Militär-Ganoven ist (Syrien, Bahrain, Ägypten u.v.a.m.) und Diktatoren mit olympischen Orden geschmückt werden. Habe gerade mit Grit Hartmann einige aktuelle Beispiele aufgeschrieben – wer heute auf der Promi-Tribüne sitzt und wer nicht.
10 minutes to go
Im Übrigen finde ich einmal mehr: Leute, bitte überfrachtet Olympische Spiele nicht mit dem Gefasel über Weltfrieden und anderes. Es ist, noch einmal, The greatest show on earth, währt exakt 17 Tage, wird erstklassig kommerziell vermarktet – und ist ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Kommt mir nicht mehr mit Coubertin. Nonsens. Wobei der gute Baron ohnehin ständig falsch zitiert und interpretiert wird.
20.58: Zwei Minuten noch bis zum Glockenschlag. (und, pssssst: Bradley Wiggins schlägt die Glocke, das dürfte ich, Sperrfrist, noch gar nicht verraten)
21.02: Ich hoffe, es erwartet jetzt niemand eine schlaue Bemerkung von mir. Lassen wir uns einfach unterhalten.
Welcome im Auenland!
21.06: Drüben bei Zeit online bloggen übrigens The Incredible Oliver Fritsch und The Incredible Gunter Gebauer.
Mal ein bisschen Content-Klau #LSR, Gunter Gebauer sagt:
Ursprünglich in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele waren Eröffnungsfeiern ein zeremonieller Rahmen mit religiösem Charakter. Wenn man aus dem Alltag heraustreten will, kann man durch ein Schwellenritual in eine Sonderwelt eintreten: Man tritt über eine Schwelle aus dem profanen Leben in eine höhere Welt, wie man in der Kirche in einen Sakralraum tritt. Das war unter den Bedingungen der Moderne eine rituelle Last für die Olympischen Spiele.
(OF: Ich hab die paar Tippfehler rausgemacht, kannst das Zitat wieder mit copy-paste übernehmen, dann sieht es bei Dir besser aus.)
21.13: Und schon rauchen die Schlote.
21.14: Gunter und Trainer Olli: Wenn’s Euch langweilig wird da drüben, kommt doch rüber :)
21.18: Es qualmt schlimmer als der G. neben mir. Muss gleich mal vor die Tür, Luft holen.
G. hat seinen Artikel, den er direkt ins Redaktionssystem pinnt, fast fertig. Fast. Der letzte Satz fehlt. Zwei Zeilen sind noch zu füllen. Das kann dauern. Das schmerzt. Das ist anstrengend. Wann haben die eigentlich Redaktionsschluss in … Ich kann G. jetzt leider nicht fragen.
21.15: Klar, der fehlte bisher. James B.
Pretty cool! #Bond-Girl
So viel Witz, rein theoretisch, bei einer deutschen Olympia-Eröffnungsfeier? Undenkbar.
Ich muss jetzt mal aufstehen für die Queen … bis gleich in diesem Theater.
21.31: Habt ihr den stolzen Blick des UDIOCM gesehen, als die Queen vor ihm Platz nahm? Er wusste, dass ihn jetzt Milliarden Menschen sehen können. Er liebt seine vielfältigen Lebenssachverhalte.
Hymnensingen müssen die englischen Journalisten noch lernen. Ich habe einen vom Guardian beobachtet, Namen spielen keine Rolle, der kaute die ganze Zeit Kaugummi.
21.37: Zwischenstand auf der Suche nach dem Pyromanen/Feuerzünder/Flammenwerfer. Es wurden genannt:
21.47: Chariots of fire – ohnehin grandios. Und dann Rowan Atkinson. Endlich. Noch grandioser.
Ich freue mich vor allem für meine Kinder. Da haben sie was zu lachen.
21.54: Habe gerade mal im Programmheft geblättert und fast vergessen, dass die den Einmarsch der Nationen auf 89 Minuten gekürzt haben. Holt Euch alle Popcorn.
22.02: Die Queen als best bond girl ever – ich glaube, dieser Tweet wurde eine Million mal abgesetzt.
Das Feuer spüre ich bis auf die Tribüne. Muss heiß sein, da unten.
Ich bleibe dabei: pretty cool.
22.13: Okay, Beckham hatte seinen Auftritt. Er spielt nicht den Pyromanen.
22.16: Freunde, ich weiß zwar nicht recht, warum die da eine Schweigeminute eingebaut haben, kam etwas unvermittelt. Aber ich frage: Wenn es diese Schweigeminute gab, warum hat man das nicht einfach mit dem 72er Attentat verbunden? Antwort an mich selbst: Weil es das IOC nicht wollte.
In der Programmbegleitung heißt es dazu:
Er hat ein stolzes Alter erreicht. Er war der prägende olympische Sportfunktionär der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Neben dem IOC-Gründer Pierre de Coubertin war Juan Antonio Samaranch, der heute in seiner Heimatstadt Barcelona verstarb, sicher der wichtigste aller bisherigen acht IOC-Präsidenten. Der treue Diener des Caudillo, der überzeugte Franquist.
[caption id="attachment_28741" align="aligncenter" width="530"] Juan Antonio Samaranch, Francisco Franco (c) democracyanddignityinsport.cat[/caption]Interessant, wie es das UDIOCM (FDP) schafft, in einer selbstzufriedenen Vancouver-Bilanz seinen in selbstverschuldete Bedrängnis geratenen Koalitionär Theo Zwanziger (CDU) in höchsten Tönen zu loben. Ich weiß allerdings jetzt nicht so genau, ob die Unterstützung des deutschen Fußballs, ob nun DFB oder DFL, so enorm wichtig für Münchens Olympiabewerbung ist. Aber darum geht es vielleicht ein andermal. Heute kurz noch einige Anmerkungen zur Bilanz von Vancouver, die ja andernorts nicht so rosig ausfiel. Im Gegensatz zum UDIOCM ist etwa der langjährige russische NOK-Präsident Leonid Tjagatschow (IM Elbrus) seinen Job los.
Sportpolitik in Russland fasziniert mich, keine Frage. In den kommenden Jahren werde ich mich dieser Spezialdemokratie ausführlich widmen und wenn alles klappt, im April schon mal in Sotschi nach dem Rechten sehen. Will damit auch sagen: Die Wünsche von Lesern werden immer ernst genommen und nach Möglichkeit erfüllt. Hier mal der Auftritt von Russlands Präsident Dmitri Medwedew aus der vergangenen Woche im Original, als er russische Sportverbände mit – je nach Übersetzung und Neigung der Journalisten – mit faulen, vollgefressenen Katern verglich. Mein Russisch ist auch nicht mehr das, was es einmal war, vielleicht kann jemand die Passage treffender wiedergeben, vielleicht aber sind die Übersetzungen, die dazu in den vergangenen Tagen angeboten wurden, auch einigermaßen korrekt.
Medwedew, dessen Videoblog ich immer wieder gern empfehle, auf Youtube (darunter die englische Übersetzung des Kreml):
[youtube dJdjNF3GMcc nolink]
Beginning of Meeting with Leaders of United Russia Political Party
PRESIDENT OF RUSSIA DMITRY MEDVEDEV: Colleagues, the time has come to examine the latest round of new appointments. This week, as I understand it, we are starting with the candidates for the post of governor of Kemerovo Region. Later, we will have the candidates for governor in a few other regions to consider too.
Mr Gryzlov, you have the floor.
CHAIRMAN OF THE UNITED RUSSIA SUPREME COUNCIL AND SPEAKER OF THE STATE DUMA BORIS GRYZLOV: Thank you, Mr President. We have examined candidates for the post of governor of Kemerovo Region and we want to present three nominees to you: Valentin Mazikin, currently first deputy governor of Kemerovo Region, Sergei Neverov, a deputy of the State Duma of the Federal Assembly, and the incumbent governor, Aman Tuleyev. All three candidates are connected to United Russia. Neverov and Tuleyev are members of the party, and Mazikin is a supporter of United Russia. All three candidates are equal in merit, and so the choice is yours to make.
DMITRY MEDVEDEV: Good, thank you for this presentation. In accordance with the law I will make my proposal in line with the established procedure.
Is there anything else?
BORIS GRYZLOV: There is one other matter. The Olympic Games in Vancouver have just ended. Over these last two weeks we have followed out team’s performance very closely. I think, talking about Russians’ national idea, you could say that one of the things that unites us is a desire to always be first. It is all the more sad therefore to see that our country only reached eleventh place in the overall medal count. This is a worse result than Russia achieved in the first Olympic Games it took part in back in 1912. In other words, this is our worst result ever. I think this is a systemic failure. Of course, the sports officials should take responsibility for this. We have the Sochi Olympics ahead and I think that every day is valuable now and we need to decide how we are going to go about preparing for these Olympics.
We would like to hear your opinion on this situation, because United Russia is ready to get involved in the efforts to get our athletes ready for the Games.
DMITRY MEDVEDEV: Yes, and you should get involved. This is a national affair, something we all need to get involved in. I think it is still too early to make a final analysis, but I will make three points nonetheless.
VANCOUVER. Das Ende naht. In 20 Stunden ist alles vorbei. Für mich gibt es aber noch ein volles Programm. IOC-Session am Morgen (ab 18 Uhr MEZ), dann das Eishockeyfinale und am Abend die Abschlussfeier. Das wird stimmungsvoll. Sollte jemand Interesse an einem bescheidenen Live-Blogging von der Abschlussfeier haben – bitte melden und in die Kommentarliste eintragen. Bei mehr als 30 Interessenten wird gebloggt, einen Arbeitsplatz mit Internet habe ich bekommen.
Und weil ich gerade so in Stimmung gerate, eröffne ich die Notizen vom letzten Tag dieser Olympischen Winterspiele mit einem Freundschaftsfoto. Andere finden sich bereits in der Kammer des Schreckens. Ich komme gerade von einem Empfang des Koreanischen Olympischen Komitees (KOC), wo ich Gelegenheit hatte, eine Weile mit Präsident Park Yong Sung zu plaudern.
Herr Park war auch mal IOC-Mitglied und Präsident des Judo-Weltverbandes. Nun ist er als NOK-Chef eine treibende Kraft der Olympiabewerbung von Pyeongchang 2018. Weil der Fotograf des Herrn Park ohnehin schwer beschäftigt war, hat er für mich auch gleich noch ein Foto fürs Poesiealbum gemacht.
VANCOUVER. Ich weiß nicht, ob es kuriosere Szenen gab bei diesen Winterspielen. Aber was Anni Friesinger-Postma da gerade aufs Eis des Olympic Oval gezaubert hat, war schon sehenswert. Ich würde sagen: Sechskommanull, ist noch mal alles gut gegangen, und in anderthalb Stunden gibt es vielleicht sogar eine Goldmedaille.
Im Halbfinale des Teamwettbewerbs gegen die USA rutschte Friesinger gerade so ins Ziel (Screenshot ARD):
In der Totalen sah das so aus.
War wirklich sehr hübsch anzuschauen, der Moment, als sie begriff, dass sie trotzdem im Finale steht. Und ich ärgere mich, dass ich von der Bilanz-Pressekonferenz im Deutschen Haus nicht eher aufgebrochen bin, um nach Richmond zurückzufahren zum Eisschnelllaufen.
Eine verrückte Zuspitzung nach all dem.
Ganz großes Kino natürlich auch im Langlauf der Frauen: Die Dreifachsiegerin Marit Björgen gegen Justyna Kowalczyk, die Björgen gerade Doping vorgeworfen hatte, oder sollten wir sagen: Medikamentenmissbrauch?
„Ohne ihre Medikamente hätte sie nicht gewonnen. Marit weiß genau, dass sie ohne ihre Hilfsmittel nicht viel zu bieten hätte.“
Oh, ich glaube, das war nicht nur Sport. Was für ein Duell. Gold für Kowalczyk. Bin auf den Verbal-Wettbewerb gespannt.
13.24 Uhr: Kleine Indiskretion: Ich sitze noch im Deutschen Haus. Vor mir ein Flatscreen. Gerade kommt eine Horde jener Bundespolizisten vorbei, die hier als gefühlte Hundertschaft für Ordnung und Sicherheit sorgen. Auf dem Bildschirm: der Friesinger-Sturz. Einer der Bundespolizisten im breitesten Sächsisch: „Sie hat’s versaut!“
Ich glaube, das war Volkes Stimme.
14.16 Uhr: Kurz vor dem Team-ESL-Finale. Hier schon mal erste deutsche Bilanzen. Unkommentiert. Nur O-Töne:
Es spricht Bernhard Schwank, ehemals NOK-Generalsekretär, heute einer der Geschäftsführer der Münchner Olympia GmbH und Chef de Mission des deutschen Olympiateams in Vancouver:
Es spricht das UDIOCM (FDP):
Es spricht Michael Vesper (Grüne), DOSB-Generaldirektor und Vorsitzender des Aufsichtsrats (!) der Münchner Olympia GmbH:
VANCOUVER. Das Gesicht der Bewerbung ist müde. Willy Bogner sitzt in der Lounge II des Deutschen Hauses in Vancouver und braucht jetzt einen Kaffee. Er ist schon wieder zwölf Stunden auf den Beinen, und der Abend hat nicht einmal begonnen. Er muss noch zwei Interviews geben und in Kürze gibt es ein Essen zur Erinnerung an die Sommerspiele 1972 in München.
Walther Tröger kommt gleich, der Bürgermeister des Olympischen Dorfes von 1972, der in Vancouver mit seinen 81 Jahren – und trotz tagelanger heftiger Zahnschmerzen – tapfer fürs Vaterland schuftet. Tröger, seit Januar IOC-Ehrenmitglied, damit nicht mehr stimmberechtigt und also relativ unabhängig, blüht wieder auf. Denn München ist seine olympische Liebe. Er umgarnt die älteren IOC-Mitglieder, von denen es viele gibt, und er führt seinen Kumpel Willy Bogner (68) in diesen bizarren Zirkel ein.
So eine Olympiabewerbung ist eine anstrengende Sache. Jeden Morgen um 7.30 Uhr lässt Thomas Bach, IOC-Vizepräsident und Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), seine Pappenheimer aufmarschieren. Dann werden im Deutschen Haus die großen Themen und winzige Details besprochen. Die Deutschen sind gründlich.
VANCOUVER. Im deutschen Haus sind die Koalitionäre gestern Bob gefahren: Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Thomas Bach (DOSB, IOC, FDP) und Georg Hackl (CSU/INSM). Umgekippt ist niemand, anders als auf der Bahn in Whistler.
Während ich das schreibe, haben die beiden deutschen Zweierbobs nach dem ersten Tag zunächst Rang eins und zwei inne. Es wird wohl wieder Gold und Silber geben. Nirgends sonst lassen sich Medaillen mit solcher Zuverlässigkeit produzieren wie im Eiskanal und seinen exotischen Sportarten.
Ich weiß, dass ich manchen Leser damit nerve, ich wiederhole es dennoch: Bob und Rodel sind Randsportarten, die bei detektivischer Auslegung der Olympischen Charta Probleme hätten, Olympiasportarten zu bleiben. Deutsche Sportsoldaten aber, die auf vier Kunsteisbahnen (Weltrekord) für viele Millionen Euro abwärts sausen, verrichten die derlei schräge Übungen vorzüglich.
„Was kostet das Gold?“ hatten Michael Reinsch und Michael Horeni am 30. Januar in der FAZ gefragt und etliche Zahlen dazu aufgelistet.
VANCOUVER. Hier ist noch Donnerstag, 18. Februar. Insofern stimmt es: Tag 7 der Spiele. Was soll man sagen: Ich habe…
VANCOUVER. Deutschland schläft, und ich taste mich langsam rein in den Tag. Zunächst etwas Erfreuliches: Es gibt Neues von der Möwe Jacques (Foto wird nachgereicht)! Jacques flirtet weiter mit dem Kollegen G., der auch wieder aufgetaucht ist und mit dem ich vorhin ein Mittagessen genossen habe (Tim Horten’s). Erstaunlich.
Olympia meint es ja nicht immer gut mit Tieren. Gedopte Pferde (Peking 2008), gebratene Friedenstauben (Seoul 1988/ab 4:40 im Video), das sind so die Schlagzeilen.
Seither müssen keine Tauben mehr bei Eröffnungsfeiern ins Verderben fliegen.
Nicht dass sich Olympia und die Tiere am Ende noch versöhnen. Das wäre doch mal ein Thema, über das Journalisten berichten sollten. G. wird dazu allerdings schweigen. G. ist ein stiller Genießer. Er bevorzugt auch in seiner Arbeit die leisen Töne und meint, wenn ich ab und an im Blog ein Foto veröffentliche, müsse das reichen. Er wolle seine Beziehung nicht öffentlich besprechen. Das kann ich verstehen und respektieren.
18.50 Uhr: Lassen wir also den bisherigen Tag Revue passieren. Mich haben besonders die Auftritte der Olympiabewerber 2018 interessiert, was an anderer Stelle kurz angerissen wurde.
18.03 Uhr: Mit leichter Verspätung, sorry. Ich bin im Dienst. Und, ja, jetzt schon fast Gänsehaut. Großes Theater. Und ähnlich warm wie einst in Peking. (Wie gut, dass ich meine Hotpants doch im Auto gelassen habe. Ich sitze im Sweatshirt da, selbst das ist noch zu behaglich.) Vermisse übrigens den Kollegen G.
Die Mounties, die Flagge und das blutrote Etwas der Sängerin, das hat was. Nikki Yanofsky ist das übrigens, sie singt auch den offiziellen Olympiasong „I believe“.
[youtube 7lKM5OHKLcM nolink]
Das Organisationskomitee VANOC sagt:
A numerical countdown at the Opening Ceremony for the Vancouver 2010 Olympic Winter Games at BC Place, described by the organisers as the largest air-supported domed stadium in North America.
Three billion – Estimated television viewers worldwide able to watch the Opening Ceremony.
60,600 – Filled-to-capacity seating at BC Place indoor stadium.
50,000 – Tickets sold to a Madonna concert at BC Place in 2008. Sold within 29 minutes.
45,000 – Kilometres. Distance the Olympic Flame travelled across Canada to reach BC Place.
25,000 – Kilograms of audio equipment.
11,600 – Meals ordered for delivery to the stadium to feed everyone during the day.
10,050 – Litres of water to hand in the stadium.
5,000 – In-ear monitors for the performers.
4,100 – Pairs of shoes.
3,600 – Metres of elastic holding things together.
2,050 – Volunteers working in the programme.
1983 – Year the BC Place opened.
1,054 – Intelligent lighting fixtures, many holding some of the 1,296 LED screen tubes.
900 – Kilograms, the weight of a 16 m-high Spirit Bear, the biggest prop on the stage.
750 – Support volunteers within and around the BC Place.
450 – Racks of costumes.
200 – Kilograms, the weight of the stadium’s five Olympic rings, each 7m in diameter.
123 – Metres long cylinder in the centre of the arena, displaying changing light projections.
100 – Fiddlers and 100 drums.
36 – Rigging points in the 41,480 sq m roof. Below, 1.8 km of trusses suspend lights and scenery.
21 – Average number of rehearsal days donated by each volunteer.
17 – Projection screens surrounding the audience in the stadium.
13 – Snowboards, plus 100 pairs of rollerblade skates and eight skis.
2 – Artistic directors, David ATKINS (AUS) and Ignatius JONES (AUS).
0 – Worries about bad weather delays in an indoor stadium.
18.28 Uhr: Es erwarte bitte niemand politisch-korrekte, feuilletonistische Betrachtungen. Gehe unvorbereitet an den Job. Wie meistens.
Ich habe übrigens bislang kein Zeichen, kein Wort in Bezug auf den Tod von Nodar Kumaritaschwili wahrgenommen. Mag sein, dass mir einige Infos fehlen. Denn draußen stand ich eine halbe Stunde am Security Check für die Second Class People, also Journalisten und Volunteers. Nebenan gab es mindestens 20 Eingänge, wo überhaupt nichts los war. Bei den Second Class People mussten 100 Leute an einem Scanner warten und durften nicht etwa die leeren Eingänge benutzen. Das ist Olympia. Fairerweise muss ich aber sagen, dass sie die Sicherheitskontrollen im MPC bisher grandios meistern, besser und schneller noch als die Chinesen, kein Witz. Meist wird nichts gescannt. Wer zehnmal am Tag da durch muss, weiß das zu schätzen.
18.43 Uhr: Jetzt bin ich schlauer. Es gab eine Schweigeminute und einen Hinweis.
Erste Fahnenträgerin aller Zeiten aus dem Iran: Marjan Kalhor. Da schau her. Aber ich denke, solche Details sollte ich lieber weglassen, dass habt ihr alles viel besser von den bestens vorbereiteten TV-Kommentatoren. Ist Maischberger auch wieder dabei?
Ich finde, beim Einmarsch der Georgier hätte man schon noch einige Worte sagen können. Regiefehler.
Bitte nicht erschrecken. Aber ich dachte, ein Beweis der Anwesenheit sei Pflicht. Immer noch besser als die Maskottchen–Fotos. Ein Maskottchen war blöderweise gerade nicht zu greifen.
19.12 Uhr: Vor einer Woche hatte das IOC auf Facebook übrigens 770.000 Friends. Soeben 1.278.142.
Sie können feiern. Keine Frage. Bisschen lebendiger als in Peking, wo vor allem die Artisten überzeugten.
Bryan Adams, Nelly Furtado. Nun ja.
Erstaunlich, sogar die VIPs tanzen. Mittenmang in Reihe eins: Herr und Frau UDIOCM.
19.29 Uhr: Mensch, ein Eisbär. Quatsch, Hirngabel hat Recht: Es ist der Exportschlager Berlino.
19.41 Uhr: Große Show, habe ich unten schon kommentiert. Bin ja immer für so was massentaugliches zu haben. Fühle mich wunderbar unterhalten. Dennoch, das Kontrastprogramm will ich nicht verschweigen. Ich weiß nicht, ob die ARD auch davon berichtet. Vor dem Stadium, im Regen, sieht es so aus:
Schätze, es waren einige tausend Demonstranten, vielleicht 3.000. Die Stimmung war relaxt, hoffe, das nichts passiert. Sie haben „We shall overcome“ gesungen. Das habe ich ewig nicht gehört. In der Schule, im Osten, war das Pflichtprogramm im Englisch-Unterricht.
Dank an Howie Munson: „I believe“ in HD und für den deutschen Youtube-Markt zugelassen. Das Video oben funzt offenbar nur bei mir in Vancouver. Aber eigentlich brauchen wir die Musik jetzt gar nicht. Live ist doch viel schöner.
[youtube X5GLHWa53oE nolink]
Die Farben das hatte jemand gefragt, kommen im Fernsehen natürlich viel besser als im Original. Ich kann es auf dem Monitor an meinem Platz vergleichen. Das ist die typische Fernsehwirklichkeit. Designed for HD and right-holders.
20.02 Uhr: Ich wurde aufgefordert, die Nachtschwärmer im Blog zu loben. Lob! Lob! Lob! Und morgen versuchen wir es dann wieder mit Qualitätsjournalismus :)
Mein spontanes Ranking aller Eröffnungsfeiern, die ich bisher live gesehen habe:
VANCOUVER. Ich weiß, dass ist eine ganz billige Kiste, die ich jetzt anbiete. Tiercontent geht immer, denkt der Journalist in…