taz verzichtet auf Berichterstattung von der Leichtathletik-WM
Die Berliner Tageszeitung verzichtet aus Protest gegen das Akkreditierungsprocedere auf eine Berichterstattung von der Leichtathletik-WM, die kommende Woche in Berlin…
Die Berliner Tageszeitung verzichtet aus Protest gegen das Akkreditierungsprocedere auf eine Berichterstattung von der Leichtathletik-WM, die kommende Woche in Berlin…
Was ist eigentlich ein „kritischer Schulterschluss„, über den der FDP-Sportabgeordnete Thomas Bach Detlef Parr neulich im Bundestag fabulierte? Ich weiß es…
Die Entscheidung, Katarina Witt zum so genannten „Gesicht der Olympiabewerbung“ zu machen, ist eine nahe liegende, zielgruppenoptimierte Entscheidung. Keinesfalls sensationell, auch nicht herausragend originell, sondern clever, kühl kalkuliert. IOC-Mitglieder sind noch immer fast ausnahmslos Männer mittleren und gesetzteren Alters (wie man an jenem hochrangigen Vertreter sieht, der hier schon mal freundschaftlich und mit einigem Stolz ihre Hüfte Taille umfassen darf/Foto: Bewerbergesellschaft München 2018), und da kommt Gold-Kati an, keine Frage. IOC-Vizepräsident Thomas Bach (FDP/hier gern auch UDIOCM genannt) spricht von einer „besonderen Nuance“.
Ich sage allen Ernstes: Damit sind Münchens Chancen gestiegen. Nur dass Katarina Witt, bei allem Respekt, eben doch nicht die „erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten“ ist, wie sie behaupten, das müssen die Münchner Bewerber noch lernen. Es ist wichtig in dieser Szene, über die deutschen Grenzen zu schauen. Sonja Henie beispielsweise oder auch Irina Rodnina – die sollte man schon kennen. Do your homework!
Egal, das wird bestimmt lustig mit der Sportpolitikerin Kati, da bin ich recht optimistisch. Für Schlagzeilen in jeder Hinsicht ist gesorgt. Es war vor einigen Jahren ohnehin einer der vielen absurden Fehler des gewesenen Leipziger Oberbürgermeisters Tiefensee (SPD), sich selbst zum Gesicht der Bewerbung zu machen – und nicht seine sächsische Landsfrau.
Im Kuratorium finden sich ansonsten die üblichen Verdächtigen, ob sie nun Schröder, Westerwelle, Beckenbauer, Sommer, Schäuble, Huber, Gruber, Schächter (ja, auch die Medien) oder Zwanziger heißen.
Der Vollständigkeit halber, weil hier im Blog ja doch einiges zur Olympiabewerbung dokumentiert wird und das auch künftig so gehalten werden soll, in Gänze die beiden Pressemitteilungen von heute
Die aktuelle Pressemitteilung einiger DDR-Dopingopfer vor dem Gespräch mit DOSB-Präsident Thomas Bach am morgigen Dienstag in Berlin: DDR-Dopingopfer fordern: DOSB…
Mit welchen Methoden arbeitet die Abteilung Sport des Bundesinnenministeriums, mit welchen Methoden arbeitet der Sportminister Wolfgang Schäuble (CDU), wie sein Sport-Staatssekretär Christoph Bergner (CDU/SV Halle), wie die so genannten Kontrolleure des Sports und des BMI-Sports, also die Umfaller und MdB’s aus dem Sportausschuss?
Stammlesern sind diese Fragen nicht fremd. Es sind Kernfragen in diesem Theater. Und das Theater geht weiter.
Am vergangenen Montag, zwei Tage vor der letzten Sportausschuss-Sitzung, teilte Christoph Bergner, Parlamentarischer Staatssekretär im BMI, dem Sportausschuss-Chef Peter Danckert (SPD/Pferdesportverband Berlin-Brandenburg/Nada-Kuratorium) mit, dass von Sportverbänden, die Dopingtrainer mit Steuermitteln beschäftigt haben, durchaus Geld zurückgefordert werden kann. „Kann sanktioniert werden“, schreibt er.
Zwei Tage später stellte Bergner den Sachverhalt in der öffentlichen Debatte im Bundestags-Sportausschuss allerdings anders dar und behauptete, es gäbe „keine Möglichkeiten“, Fördermittel zurückzufordern. Er sehe es als „nicht gerechtfertigt“ an. Komisch.
Hier ist übrigens der Brief von Bergner:
Hat Bergner die Wahrheit gebeugt? Haben Abgeordnete der Regierungskoalition, die den Brief kannten, wider besseren Wissens entschieden, als sie den Antrag der Bündnisgrünen, die u. a. eine unabhängige Überprüfung entsprechender Sportfördermittel seit 1991 (insgesamt in Größenordnungen von mehreren hundert Millionen Euro) gefordert hatten, kollektiv abschmetterten? Steht es in der Macht des Innenministers und seiner Sportabteilung, sich selbst von der Kontrollpflicht zu befreien und dauerhafte Verstöße über beinahe 20 Jahre zu bereinigen?
Am 15. Juni schrieb Bergner, dass die Zuwendungsbescheide des BMI für Sportverbände zum Teil schon seit 1982 Anti-Doping-Klauseln enthalten. Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV), um dessen sechs Trainer es derzeit geht, habe vorbildliche Arbeitsverträge abgeschlossen, die ausdrücklich das Recht auf außerordentliche Kündigung bei Dopingvergehen enthalten. Interessant, dass Bergner einen siebten Fall erwähnt, allerdings nicht namentlich. Es folgt ein Bandwurmsatz:
In Bezug auf den DLV ist festzustellen, dass auf der Basis der Nebenbestimmungen der gegenwärtigen Bewilligungsbescheide eine Weiterbeschäftigung von Trainern, bei denen ein Verstoß gegen die „Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Dopings“ des DOSB vorliegt und der DLV nicht die nach den Nebenbestimmungen vorgesehenen Konsequenzen zieht, sanktioniert werden kann.
Noch einmal: Zwei Tage später behauptete Bergner in der Öffentlichkeit das Gegenteil.
„Dieser Widerspruch ist völlig inakzeptabel“, kommentierte Grünen-Sportsprecher Winfried Hermann im Deutschlandfunk im Gespräch mit Herbert Fischer-Solms. „Schriftlich erklärt Bergner: Es geht. Mündlich erklärt er: Es geht nicht.“ Das komplette Interview:
Zur Information gern auch noch einmal die Stellungnahme von Martin Nolte.
Sportpolitisch und zuwendungsrechtlich birgt Bergners Brief enormen Zündstoff. Denn eigentlich müsste die Vergabe der Sportfördermittel überprüft werden, müsste der Verband wegen fortgesetzter Verstöße über einen Zeitraum von fast 20 Jahren sanktioniert werden. Das Parlament wäre in der Pflicht, eine solche Überprüfung anzuordnen. Doch der Antrag wurde abgelehnt. „Ein Allparteien-Kartell von CDU und SPD, bis hin zu FDP und Linken, ist nicht bereit, Konsequenzen zu ziehen“, rügt Hermann.
Der Sportausschuss soll ein Kontrollorgan der Regierung sein. In der Leistungssportförderung müssen also vor allem das Bundesministerium des Innern, Minister Wolfgang Schäuble und die in Bonn angesiedelte Abteilung Sport kontrolliert werden – und natürlich auch die Sportverbände. Doch immer, wenn es ernst wird, wird es im Ausschuss schnell peinlich. Das mag vielleicht auch an den Vielfach-Funktionen zahlreicher Abgeordneter liegen.
Nur einige Beispiele:
(Die Notizen von Robert Kempe, der freundlicherweise die Berichterstattung über die Umfaller und Sportlobbyisten aus dem Bundestag übernommen hat, sind jetzt komplett online. Vielen Dank noch einmal an Robert! Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, Aussagen der kenntnisreichen und aufrechten Volksvertreter mitunter zu kommentieren und habe das kenntlich gemacht.)
Zuvor noch der Beitrag von Herbert Fischer-Solms im Deutschlandfunk:
Hier der Bericht:
von Robert Kempe
Ein straffes Programm gibt die 77. Sitzung des Sportausschuss heute vor, 15 Punkte gilt es abzuhandeln. Als sicher am interessantesten zu beurteilen sind die Tagesordnungspunkte:
Klaus Dieter Zöllig, Vorsitzender des Vereins Dopingopferhilfe (DOH), hat gestern Abend nachfolgende Einzelpetition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages übermittelt. Die Meldung darüber und über die angekündigten Protestaktionen der Dopingopfer im Umfeld der Leichtathletik-WM im August in Berlin gingen am Sonntag bereits durch die Medien.
Für mich ist diese Petition zunächst wichtiger als andere Aktionen, weil sie den Fokus endlich wieder auf die politisch Verantwortlichen der Anstellung von ehemaligen Dopern und dieser Entschuldungspauschale für Dopingtrainer (und Ärzte und Betreuer?) richtet: die Sportpolitiker im Bundesinnenministerium (BMI), im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und seinen Vorgängerorganisationen DSB und NOK sowie in den Fachverbänden. Auf jene also, die im fragwürdigen Zeitraum seit 1990 insgesamt Steuermittel in Höhe von mehreren Milliarden Euro in den Hochleistungssport gepumpt haben und damit auch zahlreiche dopingbelastete Trainer und Mediziner aus Ost und West (Freiburg u.a.) finanziert haben.
Die Petition richtet sich explizit gegen das für Sport verantwortliche BMI. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat bereits erklärt, die umstrittenen Trainererklärungen akzeptieren zu wollen. Der DOH drängt darauf, dass nicht im Stile eines Duodez-Fürstentums zuwendungsrechtliche Verfehlungen folgenlos bleiben, sondern verlangt, dass bestehende Gesetze, Bestimmungen und Verordnungen eingehalten werden. Laut DOH dienen die Trainererklärungen auch dazu, die Verantwortung von Sportfunktionären und Politikern zu vertuschen.
… zur angeblichen, von dpa wieder einmal zielgerichtet geförderten „Initiative“ des DLV-Präsidenten Clemens Prokop:
Diese Meldung macht mich fast genau so wütend wie das verantwortungslose Geschwätz des NOK-Ehrenpräsidenten Tröger. Wer hat denn die „West-Trainer“ eingestellt, wer war verantwortlich für ihre Arbeit?
Ich war einer von Ihnen, und ich habe 1971/72 aus gegebenem Anlass mit Präsidiumsmitgliedern des DLV die Situation „Doping“ mündlich und schriftlich diskutiert. Schriftlich gab es nie eine Antwort. Die damalige, heute noch lebende Frauenwartin, die mich – eigentlich müsste ich sagen – gekeilt hat, wusste über die Situation genau Bescheid, vor allem über meinen Nachfolger, der mit der Antibaby-Pille arbeitete.
Es ist doch zutiefst heuchlerisch heute in der Öffentlichkeit um „geständige Westtrainer“ zu betteln, wenn man handfeste Aussagen über die Medien schon seit Jahrzehnten kennt.
Die Antwort von DOSB-Chef Thomas Bach auf den offenen Brief von Ute Krieger-Krause kam per Email und ist schon veröffentlicht. (Bach führt neuerdings in Interviews an, er stehe mit Frau Krieger-Krause im „Briefwechsel“.)
Die Antwort von DLV-Präsident Clemens Prokop kam per Post und wird hier nun veröffentlicht. Steht noch aus: ein Schreiben von Wolfgang Schäuble.
Prokop schreibt am 8. April 2009:
Sehr geehrte Frau Krieger-Krause,
eigentlich antworte ich auf „offene Briefe“ nicht, da in der Regel Mit solchen Briefen nur öffentliche Wirkungen, nicht aber Problemlösungen angestrebt werden. Bei Ihrem Brief mache ich eine Ausnahme. Allerdings antworte ich nur mit einem an Sie persönlich adressierten Brief, weil ich mich um eine Lösung des Konfliktes bemühen möchte.
Der Eintrag kommt etwas spät, was der Zeitdifferenz geschuldet ist, denn ich bin noch in Chicago und beschäftige mich mit…
Ich veröffentliche eine weitere Erklärung von DDR-Dopingopfern nach: „Kein fauler Frieden in der Dopingaufarbeitung“.
Erklärung von DDR-Dopinggeschädigten zur anstehenden Entschuldungspauschale für Sportkriminelle
Die Entschuldungspauschale von dopingbelasteten Trainern wird einer konsequenten Dopingbekämpfung in Deutschland, einer sachgerechten Aufarbeitung der Dopingvergangenheit in Ost und West sowie dem massiven Schadensvolumen der zahlreichen Dopingopfer nicht gerecht. Wir akzeptieren keine pauschalen Entschuldungsschreiben von Trainern, die zwanzig Jahre lang ihre Geschichte weggelogen und sich damit Einstellungsverhältnisse erschlichen haben. Ein universaler Entschuldungstext meint niemanden und respektiert niemanden. Wir lehnen es ab, dass durch eine solche Erklärung zahlreiche Verantwortliche einen rückwirkenden Freifahrschein für angetanes Unrecht, Zugriffe und Verfehlungen im Sport erhalten sollen. Das viel gebrauchte Argument, diese Trainer seien in den vergangenen zwanzig Jahren in Sachen Doping unauffällig geblieben, ist gemessen am Zustand des deutschen Antidopingsystems nicht nur gezielt scheinheilig, sondern unstatthaft. Jeder, der in diesem Land dopen will, kann das unbehelligt tun.
Heißa, das war doch eine recht muntere Diskussion zum TOP 10 der 67. Sitzung des Bundestags-Sportausschusses heute Nachmittag im angestammten Saal 4.800 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin. TOP 10 hieß:
Ein Dokument dazu habe ich heute Vormittag schon veröffentlicht, hier noch einmal das gute Stück (pdf, 8 Seiten), auf dieser Präsentation baute DOSB-Leistungssportdirektor Bernhard Schwank seinen Vortrag auf.
Wie bereits im letzten Beitrag notiert, ist für mich die Veröffentlichung dieser Zielvereinbarungen eine Selbstverständlichkeit. Die Diskussion bewies, dass jene, die hier mit Millionensummen aus öffentlichen Töpfen (Bundesinnenministerium und zahlreiche andere Ministerien – eine Aufstellung gibt es hier) gefördert werden, diese Transparenz gar nicht gut heißen.
Doch genug der Vorrede, ich habe diesen Umstand schon in mehreren Beiträgen kritisiert. Jeder kann lesen und sich selbst ein Bild machen. Es sind ja nicht meine ersten Notizen von Sportausschuss-Sitzungen, einigen Lesern sind die handelnden Personen schon ganz gut vertraut. Und: Sie spielen ihre Rollen wieder gut.