Olympiabewerbungs-Kampagne mit personifizierter Alleinhoffnung
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat eine Kampagne für eine neue deutsche Olympiabewerbung gestartet. Nach sieben meist peinlich und krachend…
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat eine Kampagne für eine neue deutsche Olympiabewerbung gestartet. Nach sieben meist peinlich und krachend…
… es bleibt ein Jammer. Es tut weh, das weitgehend embryonale Niveau der medialen Diskussion zu verfolgen.
Deshalb ein bisschen Bildung. Fakten, so wichtig.
LOL, es geht lustig weiter, was für ein jämmerliches Niveau auch im Sportausschuss des Bundestages. Denn sie wissen nicht, was sie tun.https://t.co/c8TUQ4sHA0
— SPORT & POLITICS (@JensWeinreich) August 23, 2022
Fast alles, was ich vor 17 Monaten in meiner Stellungnahme für den Sportausschuss des Bundestages zusammengetragen habe, ist noch brandaktuell.
Das Papier vermittelt ein Mindestmaß an Wissen, bestens belegt übrigens, das man sich für eine angemessene Diskussion über deutsche Olympiabewerbungen aneignen sollte – ob als Sportpolitiker (BMI, SMK, Parteien), Sportfunktionär (DOSB et al) oder Journalist.
#NRW Ministerpräsident @ArminLaschet: „Wir begrüßen & unterstützen die Initiative für eine Bewerbung der Rhein Ruhr Olympic City für 2032.“ pic.twitter.com/PXsAgD1u6p
— Staatskanzlei NRW (@NRWpunktDE) July 14, 2017
Heute hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) gemeinsam mit dem Eventmanager Michael Mronz (FDP-Mitglied wie der IOC-Präsident) ein Sportstättenkonzept für die Olympiabewerbung 2032 vorgestellt. Die Papiere finde ich online noch nicht, doch ein Kollege hat mir freundlicher Weise die Presse-Aussendung der Mronz-Agentur MMP Event GmbH geschickt.
Die MMP ist hundertprozentige Tochterfirma der 7Sports, die wiederum zur ProSiebenSat1 Group gehört. Damit sind, neben dem Mronz’schen FDP-Netzwerk, schon mal etliche Interessierte an diesem Bewerbungs-Bohei zu einem albernen Zeitpunkt genannt. Der Zeitpunkt ist deshalb schräg, weil das IOC nun gerade einen historischen Entscheid über die Sommerspiele 2024 und 2028 getroffen hat und das Bewerbungsprocedere für 2032 umkrempeln muss – und überhaupt.
In der Schalker Fußball-Arena soll, zum Beispiel, geschwommen werden.
[caption id="attachment_29745" align="aligncenter" width="1024"] Presse-Aussendung MMP Event GmbH[/caption]Kann man mal machen.
Bisher sehe ich nicht viel mehr als eine Aufstellung von Stadien und Hallen, denen mal eben eine Olympiasportart zugeordnet wird. Das ist Kinderkram, was es wirklich braucht, skizziere ich gleich und habe es tausend Mal in den vergangenen Jahrzehnten skizziert.
Wobei der Netzwerker Mronz allerlei interessante Firmen in der „Rhein Ruhr Olympic City-Initiative“ vereint.
Hier also die gesammelten Pamphlete:
Vor ein paar Tagen wurde in der WAZ ein „Pro und Contra“ zu den vor allem von Mronz, aber auch von verantwortlichen Politikern in NRW forcierten Olympiaplänen 2032 veröffentlicht (interessant sind die Kommentare). Mir wurde dabei die Rolle des „Contra“ zugedacht, der ehemalige Olympiaschwimmer und heutige ZDF-Experte Christian Keller übernahm das „Pro“. Ich mag derlei Titulierungen nicht. Wer meinen Text aufmerksam liest, wird unschwer erkennen, dass es nicht um ein „Contra“ geht, sondern dass ich schlicht Fakten benenne und zu beschreiben versuche, warum der erste und vielleicht auch zweite und dritte Schritt nötig ist – und nicht gleich der vierte oder fünfte. Was aus NRW regelmäßig vermeldet wird, ist größtenteils absurd, denn da versuchen Lokalgrößen und Landes-Parlamentarier gewissermaßen schon Sportstätten und olympische Trainingsstätten für 2032 zu verteilen.
Herrgottnochmal. Begreifen es diese Leute eigentlich nie?
Deutschland braucht dringend ein nationales Sportkonzept, das auf breiter Basis diskutiert worden wäre, nicht nur in den Hinterzimmern von DOSB und BMI. Deutschland braucht als Bestandteil dieses Konzepts eben auch ein Konzept für Großveranstaltungen. Andere Länder, die vergleichsweise demokratisch strukturiert sind, haben das seit Jahrzehnten. Kanada zum Beispiel. Derlei Fragen habe ich ausführlich schon vor Jahren im IOC-Ebook „Macht, Moneten, Marionetten“ diskutiert und mit zahlreichen Dokumenten und originären Statistiken wie dem Olympic Power Index belegt.
[caption id="attachment_29729" align="aligncenter" width="864"] WAZ, 4. Juli 2017[/caption]In diesem Textlein habe ich mich kurz und knapp auf die Frage eines bundesweiten Konzepts und das typische deutsche olympische Gegendiewandfahren konzentriert. Minimal überarbeitet:
Lassen wir einen Augenblick lang Putin Putin sein und reden über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Dessen tollpatschiger Präsident Alfons Hörmann macht in der Russland-Frage erwartungsgemäß auch keine gute Figur, weil er wieder nur auf der von seinem großen IOC-Vorbild Thomas Bach ausgelösten Welle surft. Der DOSB hat neben Hörmann mindestens einen weiteren glühenden Verehrer des IOC-Präsidenten, und dieser heißt Michael Vesper, bekleidet das Amt des Vorstandsvorsitzenden und ist während der Sommerspiele in Rio erneut Chef de Mission des deutschen Olympiateams. An die konsequent suboptimale Performance von Hörmann und Vesper hat sich „Sportdeutschland“ (DOSB-Slogan) längst gewöhnt, bei zwei am Bürgerwillen gescheiterten Olympiabewerbungen (2022, 2024) war das wunderbar zu bestaunen – Vesper hat in verschiedenen Funktionen zusätzlich die gescheiterten Bewerbungen 2012 und 2018 mit zu verantworten.
Von Vesper hört man derzeit nicht so viel, das wird sich mit den in Rio de Janeiro anstehenden täglichen DOSB-Pressekonferenzen (jeweils 14 Uhr MESZ) und den üblichen Wasserstandsmeldungen zum Stand der Medaillen ändern. In einem deutschlandweit agierenden Radiosender, in dem Vesper eine Art Stammplatz- und Sendegarantie genießt, durfte er kürzlich eine gute halbe Stunde ungebremst darüber fabulieren, dass Rio de Janeiro bestens auf die Olympischen Spiele vorbereitet sei. …
LAUSANNE. Moin Moin. Habe den Besuch bei der Gartenparty des Scheichs gut überstanden. Keine Festsetzung diesmal, musste nur einen kurzen Wortwechsel mit des Scheichens rechter Hand Husain Al-Musallam ertragen und den dämlichen Hinweis einer Olympia-Lobbyistin und Scheich-Geschäftspartnerin von JTA, ich solle mich den Regeln unterordnen. Habe ihr was erzählt. Sie soll sich um ihre Despoten-Klientel kümmern (Alijew, Berdimuhamedow et. al.) und mich bitte meinen Job machen lassen.
Zu lange hat es gedauert. Wenige Tage vor den entscheidenden Sitzungen zur deutschen Olympiabewerbung 2024 ff. (und der Festlegung auf Hamburg oder Berlin), unmittelbar nach dem Besuch einer fünfköpfigen DOSB-Delegation in Lausanne, veröffentlicht der Einheitssportbund seinen „Leitfaden zur Olympiabewerbung 2024“. 102 Seiten. Muss das jetzt selbst erstmal studieren und äußere mich dazu auf Krautreporter, wo ich ohnehin eine Geschichte vorbereitet hatte.
Hier ist der Text: „Olympia 2024: Transparenzattacke wider Willen“
Im NDR ist man sich nicht zu blöd, daraus eine „Exklusivmeldung“ zu basteln.
Lieber #AlfonsHörmann @dosb, #WirwollendieSpiele, weil es bei uns sehr kreativ werden wird. pic.twitter.com/UopKhrMyw9
— Tobias Dollase (@TobiasDollase) February 19, 2015
Berlins Sport- und Politikfürsten biedern sich beim DOSB an, schalten Anzeigen in Berliner Tageszeitungen, beugen sich einem skandalös-intransparenten Verfahren, machen mit öffentlichen Mitteln Stimmung für die angeblich repräsentative Umfrage in der kommenden Woche und sind auch sonst sehr kreatief darin, zum Beispiel Olympiakosten zu verschleiern.
Da ich dem ulkigen Glauben anhänge, olympische Gegenwart und Zukunft habe etwas mit olympischer Vergangenheit zu tun, werde ich in den nächsten Tagen und Wochen immer mal ein süßes Dokument aus dem Fundus vergangener deutscher Olympiabewerbungen posten.
Beginnen möchte ich mit einem meiner Lieblingspapiere überhaupt, mit dem Bericht des Landesrechnungshofes Berlin zu Verschleuderung von öffentlichen Mitteln während der Berliner Olympiabewerbung 2000. Es wurden weitgehend unkontrolliert 51.305.684,12 DM verpulvert:
Niemand wurde zur Verantwortung gezogen. Diese gemäß Rechnungshof „Unkultur im Umgang mit öffentlichen Mitteln“ wurde auch während der Leipziger Olympiabewerbung 2012 von Buchprüfern gerügt.
Lesen. Staunen. Wundern. Begreifen.
Begreifen?
152 Seiten aus dem prallen olympischen Leben.
In Kurzfassung einige Kernaussagen aus dem Bericht, der sich liest wie eine Kopie des Leipziger Prüfungsberichts vom November 2003 bzw. umgekehrt:
Es ist spät geworden nach dem ersten Bürgerforum des Senats zur Berliner Olympiabewerbung 2024. Mehr als 300 interessierte Bürger, PR-Leute, Medienvertreter, Sportfunktionäre, Stadtplaner, MdB, Lokalpolitiker, Olympiagegner sollten es im Ewerk gewesen sein.
Hier nun eine kleine Bildgeschichte. Ohne Kommentar. Es schreiben jene, die das milliardenschwere Olympia-Abenteuer finanzieren müssen: die Berlinerinnen und Berliner. Die Gäste dieses Bürgerforums waren ausdrücklich aufgefordert, ihre Gedanken, Vorschläge, Fragen, Kritik etc auf den Tischdecken zu verewigen. Als alles vorbei war, habe ich die meisten dieser Notizen im Bild festgehalten – ungeordnet, ungefiltert.
Wer neu hier vorbei schaut, sollte Suchfunktion und Navigation benutzen und erfährt viel, was er gestern nicht erfahren konnte, wäre er im Ewerk gewesen.
Wer noch mehr wissen will, sollte den Kauf des Ebooks „Macht, Moneten, Marionetten“ erwägen – kann sich damit olympisch weiterbilden und nebenbei Recherchejournalismus finanzieren, damit es hier hochklassig weitergehen und Öffentlichkeit über das Olympiabusiness geschaffen werden kann. Aufklärung tut Not, das habe ich nicht nur gestern in Berlin wieder gemerkt, sondern auch tags zuvor, als ich mich in Hamburg und Norderstedt herumtrieb. Recherchejournalismus und Faktenvermittlung sind nötig – solche Texte, oder solche, diese und jene. Sie sind nicht alltäglich.
Und nun wünsche ich eine möglichst erhellende Lektüre der olympischen Tischdecken-Notizen!
Es ist erstaunlich, was sich heute in München, Garmisch-Partenkirchen sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land abgespielt hat. Erstmals wurden die Bürger VOR einer deutschen Olympiabewerbung gefragt. Es gab eine deutliche Abfuhr.
München | Markt Garmisch-Partenkirchen | Landkreis Berchtesgadener Land | Landkreis Traunstein | |
---|---|---|---|---|
Nein |
161.714 |
6.065 |
17.268 |
33.100 |
Ja |
148.589 |
5.697 |
14.652 |
22.374 |
gegen eine Olympiabewerbung |
52,10 % |
51,56 % |
54,10 % |
59,67 % |
Wahlberechtigte |
1.073.218 |
21.127 |
83.576 |
138.962 |
Wahlbeteiligung |
28,90 % |
55,80 % |
38,25 % |
39,98 % |
Ergebnisse online |
Zum Vergleich die Ergebnisse der Abstimmung in Garmisch-Partenkirchen im Mai 2011, als zwei Monate vor der IOC-Entscheidung die Olympiabewerbung 2018 verhandelt wurde:
Das Ergebnis heute überrascht mich. Die Bewerbung 2022 wird von einer Mehrheit jener abgelehnt, die ihre Stimmen abgegeben haben. In Orten wie Schönau (Bob- und Rennschlittenbahn am Königssee) oder Biathlon (Ruhpolding) haben sich die Bürger mehrheitlich für Olympia ausgesprochen. Insgesamt aber sind die Abfuhren in den Landkreisen deutlich.
Die Chancen Münchens, gemeinsam mit Partnergemeinden (etwa Ruhpolding, Garmisch-Partenkirchen) die Olympischen Winterspiele 2022 auszurichten, würden eigentlich ganz gut stehen.
Wenn da nicht einige Partikularinteressen zu berücksichtigen wären.
Oder besser: wenn da nicht einige Privatinteressen über anderen stehen würden.
Privatinteressen verfolgen zum Beispiel die Bewerbungschefs der 2018er Offerte Christian Ude (SPD) und Thomas Bach (FDP).
Ude, derzeit Oberbürgermeister von München, will im September 2013 Ministerpräsident des Freistaates Bayern werden.
Bach, derzeit Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), will im September 2013 Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) werden.
Und deshalb sind die beiden Sportkameraden seit Juli 2011, als München im Wettbewerb um die Winterspiele 2018 gegen PyeongChang verlor, quasi wortbrüchig geworden.
Bis dahin hatten sie jahrelang behauptet, die Münchner Bewerbung, ohnehin grandios und unübertroffen, sei langfristig angelegt – also auch für spätere Olympische Winterspiele.
Für 2022 zum Beispiel.
Es geht drunter und drüber zwischen München (Olympia GmbH) und Frankfurt am Main (DOSB, Hauptgesellschafter der Olympia GmbH). Hauptgeschäftsführer Willy Bogner…
VANCOUVER. Das nenne ich Timing: Pünktlich zum bayerischen Abend heute im Deutschen Haus in Vancouver wird die Webseite der Olympia-Opposition…