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Das Olympische Bildungsmagazin

Was vom Tage übrig bleibt (104): die Usancen im Verein Doping-Opfer-Hilfe

Über die traurigen Vorgänge im Verein Doping-Opfer-Hilfe e.V. (DOH) hat Markus Völker in der taz einen geradezu bedrückenden Text veröffentlicht. Lesebefehl:

Er schreibt u.a.:

Es ist ein unheimlicher Streit, weil, vereinfacht gesagt, die Guten gegen die Guten kämpfen und den Bösen damit vielleicht in die Hände spielen. Es ist aber auch ein unheimlicher Streit, weil man als Rechercheur das Gefühl hat, knietief in einem Sumpf aus Vorhaltungen, Neidkomplexen und gekränkter Eitelkeit zu waten und nicht so recht weiß, wie man sich von da aus wieder auf eine Sachebene begeben kann. Neuerlich hochgekocht ist der Konflikt nach einem Bericht des in Neubrandenburg erscheinenden Nordkuriers: „Wie sauber ist die Hilfe für Opfer von DDR-Doping?“

Der Verfasser, Thomas Krause, hat sich bislang wohl eher nicht mit der Materie „Dopingopferhilfe“ befasst, er wurde zum Autor des Stückes, weil in seiner Stadt der stasi- und dopingbelastete Leichtathletiktrainer Dieter Kollark („IM Alexander“) arbeitet und weil Vorwürfe des Minderjährigendopings aufgekommen sind, die der 73-jährige Kollark vehement bestreitet; gegen die FAZ und den Tagesspiegel ist er deswegen juristisch vorgegangen.

Krause fiel schon vor ein paar Wochen als Sprachrohr Kollarks auf. Leider trifft er diesmal einen sehr wunden Punkt. Unlängst hat sich sogar der sehr verdienstvolle Anti-Doping-Aktivist Henner Misersky aus dem DOH zurückgezogen – im erbitterten Streit. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen, auch mit den Dopingopfern Uwe Trömer und Marie Katrin Kanitz, steht die DOH-Chefin Ines Geipel. Völker gelingt in der taz der Spagat, den Kampf der „Guten“ gegeneinander und den Kampf der „Guten“ gegen die „Bösen“, einigermaßen adäquat widerzuspiegeln.

Ein überaus delikates Thema, das keinen kalt lassen kann.

Als sie von der taz die Anfrage erhält, ob sie nicht Zeit hätte, sich zur Causa Nordkurier zu äußern, sagt die DOH-Chefin zu und schickt wenig später ungefragt eine E-Mail, deren Inhalt einen geradezu erschlägt. Darin finden sich intime Mails, Marie Katrin Kanitz betreffend. Ines Geipel versucht, Kanitz als Zeugin unmöglich zu machen, weil diese „hochpsychotisch“ sei. Man solle ihr nicht glauben. Kanitz geht freilich offen und selbstkritisch mit ihrer Krankheit um. Sie gleitet im Rahmen ihrer bipolaren Störung immer wieder in psychotische Phasen ab, das gibt sie unumwunden zu.

Die Vorwürfe, die Marie Katrin Kanitz formuliert und die vor allem den Umgang mit Kritik sowie beim DOH in Ungnade gefallene Personen betreffen, erscheinen durchaus substanziell. Es passt ins Bild, dass auch der Nordkurier mit Anwürfen heftiger Art überzogen wird. Ines Geipel interveniert bei der Chefredaktion des Provinzblatts, spricht von „Verwahrlosungsjournalismus“ und wendet sich mit einem Schreiben an den Presserat. Hinter der Berichterstattung vermutet sie „Stasi-Seilschaften“.

Lobbyarbeit ist nichts für Weicheier, schon klar, aber warum geht sie mit stählerner Härte gegen Kritiker vor? Warum wird sie derart persönlich?

Mittlerweile hat der DOH eine Stellungnahme seines Vorstands veröffentlicht und an Medien verschickt. Ich bekomme derlei Meldungen seit einiger Zeit nicht mehr, aber das mag Zufall sein.

Trömer und Kanitz werden in dieser Stellungnahme hart angegangen – der Nordkurier, Krause und Markus Völker natürlich auch. Von „ausschließlicher Diffamierung“ ist die Rede, von Lügen und „Falschdarstellungen“, vom Presserat, von der Erkrankung Kanitz‘ – das volle Programm.

Und nun zu den Fakten: Die Bundesregierung teilte inzwischen auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mit, die Frist für die Antragstellung auf finanzielle Hilfe im Rahmen des zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes erneut zu verlängern – bis 31. Dezember 2019.

Die Drucksache 19/4491:

Nachtrag, Offenlegung: Ich habe im Herbst 2007 den Journalistenpreis des DOH, damals ‚Das Protokoll‘ genannt, für die Initiative sportnetzwerk entgegen genommen. Der Preis war mit 2.000 € dotiert. Das Preisgeld haben wir für Projekte des sportnetzwerks verwendet – für einen Workshop zu den Olympischen Spielen 2008 in China und vor allem für die bislang größte Sportjournalismus-Konferenz in Deutschland, gemeinsam mit der TU Dortmund im Februar 2008 veranstaltet. Mein damaliger Eröffnungsvortrag: „Unter Druck: Die Rolle des Journalismus im Milliardengeschäft mit dem Sport“.

Auf der DOH-Webseite findet man keinen Hinweis mehr zu diesem Journalistenpreis, wohl aber wird im Dezember ein neuer Journalistenpreis vergeben, an Michael Reinsch von der FAZ und André Keil vom NDR.

Die Heidi-Krieger-Medaille des DOH, dieses einzigartige Erinnerungsstück, heißt übrigens schon lange nicht mehr Heidi-Krieger-Medaille, weil Andreas Krieger dem DOH unter Ines Geipel den Rücken gekehrt hat.

Er auch.

11 Gedanken zu „Was vom Tage übrig bleibt (104): die Usancen im Verein Doping-Opfer-Hilfe“

  1. Ziemlich fragwürdige Berichterstattung von ZAPP. Extremst tendenziös. Wie so oft. Unfassbar, was auch die mit Kanitz machen.

  2. Pingback: Ines Geipel verlässt DOH: Konflikte mit der Chefin - Euro Journal

  3. Alles sehr unbefriedigend… Nun der Rücktritt von Ines Geipel und Auftritt von Michael Lehner, den ich im Gegensatz zu H. Misersky und I. Geipel nicht persönlich kenne. Hat aber Doper verteidigt, oder?
    Auch wenn ich das nicht vermute, vom Ergebnis her eine perfekte (Zersetzungs-)Strategie, um maximale Verwirrung zu schaffen… Hilft wem genau? Keine Ahnung. Schadet allen.
    Und vermutlich bleibt bei einer übergrossen Mehrheit hängen: Trau keinem, die betrügen doch eh alle.

  4. @ tomte

    Michael Lehner ist einer der Initiatoren/Gründer des DOH. Er war also vor Ines Geipel dabei, wenn ich mich korrekt erinnere. Er wird das schon machen.

    Ich sehe da keine ‚Zersetzungsstrategie‘. Fehler haben alle gemacht. Es ist, wie ich es von Beginn an formuliert habe: ein Jammer.

    Habe darauf verzichtet, all die Erklärungen und offenen Briefe zu veröffentlichen – aus Respekt vor allen Beteiligten und in gewisser Weise auch als Schutz gegenüber Ines Geipel.

  5. Gesine Tettenborn

    Ich glaube es steckt immer noch viel unerlöster Sprengstoff in der ganzen Problematik und auch viel Wut, die sich an den Falschen entläd. Der Doping-Opferhilfeverein hat viel für die betroffenen Sportler erreicht. Und es ist eine sehr aufreibende Tätigkeit die hier geleistet wurde und wird. Hinzu kommt, dass jeder die Sache aus seiner persönlichen Perspektive sieht, die nicht frei von Wunden und Komplexen ist. Ich habe nochmal mit Uwe Trömer gesprochen. Er fand den Film Kraftakt nicht gut. Mir persönlich hat er wiederum ganz gut gefallen. Naja ich hoffe jedenfalls, dass sich die Beteiligten wieder einkriegen.

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