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Das Olympische Bildungsmagazin

Olympia im Blog, die Paywall und Recherchejournalismus

NOCH ÜBER DEN BRASILIANISCHEN WOLKEN. So, liebe Leute, auf geht’s. Nach zwei Tagen in der Luft, von einem Kontinent zum alten Kontinent und dann zum neuen Kontinent, melde ich mich ab Montagabend aus Rio de Janeiro. Drei Wochen lang, täglich mit einem live-Blog, dazu mit etlichen einzelnen Beiträgen – so wie 2008 aus Peking und 2012 aus London und von vielen anderen Anlässen auf allen Kontinenten. Mit mehr als einem Dutzend ausführlichen Texten und live-Blogs zu schrägen Anlässen (McLaren-Bericht, IOC-Entscheidungen etc) ist die Rio-Reise im Blog in den vergangenen Wochen vorbereitet worden.

Es sind insgesamt meine sechsten siebenten Sommerspiele, die dritten, von denen ich exzessiv blogge. Diesmal wird das Blog zu weiten Teilen hinter einer Paywall verschwinden. Darauf habe ich zuletzt mehrfach hingewiesen, in ellenlangen Erklärungen in fast jedem Beitrag. Diejenigen, die bereits einen Rio-Pass oder einen Jahrespass gebucht haben – hier im Shop oder via LaterPay in den jeweiligen Beiträgen – akzeptieren und unterstützen das. Wie immer will ich den Irrsinn auf dem Raumschiff Olympia beschreiben, jenen winzig kleinen Ausschnitt, den ich als Berichterstatter überschaue oder besser: erlebe, und das große Ganze, das ich mir nach – ich kann es kaum glauben – einem Vierteljahrhundert intensiver Arbeit in dieser Parallelgesellschaft einzuschätzen zutraue.

Barcelona 1992, Atlanta 1996, Sydney 2000, Athen 2004, Peking 2008, London 2012, sage und schreibe 25 IOC-Sessionen (Barcelona, Lausanne, Monaco, Lillehammer, Paris, Budapest, Atlanta, Nagano, Lausanne, Lausanne, Sydney, Moskau, Salt Lake City, Prag, Athen, Singapur, Guatemala, Peking, Kopenhagen, Vancouver, Durban, London, Buenos Aires, Kuala Lumpur – nun Barra da Tijuca), mehr als die meisten IOC-Mitglieder, zwei Olympische Kongresse, mehr als 100 weitere Tagungen, Exekutivsitzungen, Recherchereisen, Bücher, Dokumentationen, tausende Beiträge in allen Mediengattungen – da kommt einiges zusammen. Irrtümer und Fehler inklusive, aber mit diesen Erfahrungen und etwas Wissen, um nicht zu sagen Intimkenntnis der sogenannten olympischen Bewegung möchte ich in den kommenden Wochen bei Ihnen punkten.

Ich will Ihnen und Euch Recherche und Analyse bieten, Einordnung, selbstverständlich die üblichen Hinweise auf Klasse-Beiträge anderswo – einen Kompass durchs olympische Dickicht, in weiten Teilen live von unterwegs, aus Rio, aus Barra da Tijuca, wo ich mich vor allem herumtreiben werde: dort wo das IOC logiert, die Spitzen der 28 olympischen Fachverbände des Sommers, die Führungskräfte der mehr als 200 NOK ohnehin, denn wenn sie nicht im Olympischen Dorf gastieren, dann in den Hotels am Strand, so wie das IOC im Windsor Marapendi.

Das war vor der Eröffnungsfeier 2012 in London. Inzwischen ist der Hausherr noch runder geworden. Weitere Bilder gibt es nur in der Kammer des Schreckens.

Das war vor der Eröffnungsfeier 2012 in London. Inzwischen ist der Hausherr noch runder geworden. Weitere Bilder gibt es nur in der Kammer des Schreckens.

Manch einer der Herrschaften schaut mir bereits auf die Finger. Die IOC-Propagandaabteilung hat einen Pass gebucht an jenem Tag, als ich einen ultralangen Text über Thomas Bach veröffentlichte. Alischer Usmanow wiederum, Global Player, zweitweise reichster Russe und auch jetzt nicht gerade verarmt, sondern mit rund 14,5 Milliarden Dollar gemäß Forbes weiter unter den 100 reichsten Menschen des Planeten, außerdem Präsident des Fecht-Weltverbandes FIE, hat vergangene Woche schon mal eine Anwältin schreiben lassen. Mal schauen, wie ernst das noch wird. Das kann teuer werden.

Aber ich habe ja Sie/Euch, die potenziellen Hundertschaften der Abonnenten, die den Jahrespass und den Olympiapass buchen, einzelne Beiträge oder Ebooks kaufen – mit dem zweiten allerdings dauert es noch ein bisschen, das ist meine große Schwäche, das ärgert mich selbst am meisten, daran kann die relativ erfolgreiche Berichterstattung über den DFB und die WM 2006 wenig ändern. Wer das FIFA-Ebook bereits gekauft hat, bekommt auf den Olympiapass einen Rabatt, selbstverständlich. Bitte melden.

Wieder andere stufen dieses Blog, u.a. für die Peking-Berichterstattung mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet, als „politisch extrem“ ein, als ein Angebot „mit extremistischen Ansätzen“, „Sexismus“, Rassismus“ und „Unterdrückung von Minderheiten“ und sperren den Zugang etwa auf Bildungsservern in NRW. So was Dämliches. Wird sich gewiss klären.

Sie und Ihr, die Stammgäste hier, wissen es ohnehin besser.

Bin spät dran diesmal, bin sonst meist neun oder zehn Tage vor der olympischen Eröffnungsfeier vor Ort gewesen, aber keine Sorge: wir holen das gemeinsam auf – in diesem Theater.

Natürlich ist das keine klassische Sport-Berichterstattung. Ich sehe mich schon lange nicht mehr als Sportjournalist und reagiere da immer ein bisschen zickig. Oben steht „Sport and Politics“, seit vielen Jahren. Ich werde über politische Hintergründe, Ränkespiele, den finanziellen Aspekt des Olympia-Abenteuers, über Doping, Medien und Korruption und die grauen Schnittstellen dieses globalen Business berichten – und die eigenen Wirren, Unsicherheiten und Fehler wie immer nicht aussparen – meine Art Berichterstattung heißt, den journalistischen Schaffensprozess ständig mit zu beschreiben, ohne natürlich alle Quellen offenzulegen.

Nochmal, ich will das auch in Rio so live wie möglich anbieten. So schnell es geht. Analyse, Einordnung, Faktenvermittlung, Kommentar, Recherche und Geschwindigkeit sind – nicht immer, aber immer öfter – durchaus symbiosefähig. Von unterwegs aus dem Bus, aus dem Taxi, im Stehen, von Hotelbars, im Gehen (Twitter ist ein zentraler Bestandteil dieser Berichterstattung), wenn es sein muss auch von Toiletten (weil nur da manchmal Ruhe ist), natürlich auch aus Hallen und Stadien, denn ein bisschen Sport schaue ich mir an (Handball, Harting u.a.), und auf das traditionelle Live-Blog von der Eröffnungsfeier im João-Havelange-Stadion Maracana freue ich mich seit vier Jahren, wenn Gott es will und die nette Vertreterin des Verbandes Deutscher Sportjournalisten, dessen Mitglied ich seit zehn Jahren nicht mehr bin, wieder ein Einsehen hat, darf ich vielleicht erneut neben dem Kollegen G sitzen. Das hat verdammt nochmal Tradition.

Also: Ich biete Recherchejournalismus, der durchaus nicht folgenlos blieb – über einen längeren Zeitraum betrachtet. Und das kostet Geld (das Rio-Abenteuer eine größere vierstellige Summe) und Zeit und damit auch wieder Geld – und ist riskant.

Was ist es Ihnen wert, hier einigermaßen kompetent durch die kommenden drei Wochen geführt zu werden? Was ist es Ihnen wert, täglich ein paar Kleinigkeiten zu lesen, die nicht überall stehen? Was ist es Ihnen wert, wenn ich Ihnen regelmäßig Dokumente vorlege, die manchmal exklusiv nur hier veröffentlicht werden, wie zuletzt dieses Strategiepapier des DOSB oder dieser Brief von Thomas Bach an IOC-Mitglieder und Verbandspräsidenten? Dabei wird es nicht bleiben, das Archiv ist gut gefüllt. Ich bemühe mich wie immer auch auf alle Fragen einzugehen. Was ist es Ihnen wert, mit diesem Projekt letztlich auch folgende Projekte und vernünftige Arbeit zu finanzieren?

Das Blog wird bei diesen Spielen meine Hauptbetätigung sein, wenngleich ich wahrscheinlich täglich anderswo einzelne Texte veröffentliche und mich um langfristige Themen kümmere, mich umhöre, meine Vögelchen zwitschern lasse, ein bisschen wühle.

Ich habe große Lust drauf und will einige neue und neue alte Elemente ausprobieren. Lassen Sie sich überraschen – und unterhalten.

Wenn Sie das für ein akzeptables Angebot halten, dann schauen Sie doch im Shop vorbei und Sie es bitte weiter: Sharing is caring, habe ich mal irgendwo gelesen.

Sonst wird das irgendwie nichts mit dem unabhängigen Journalismus.

Ich kenne einige im IOC-Völkchen, die freuen sich auf diese Auseinandersetzung.

Wie immer gilt: So ein Projekt ist nichts ohne Sie und Euch. Finanziers, Diskutanten, stille Leser, Beobachter, Hinweisgeber, Kritiker und die olympische Familie.

Herzlich

Jens Weinreich

* * *
Noch kurz zur technischen Abwicklung:

LaterPay hat mir versprochen, zeitnah nachzubessern. Dann werden die Kauf-Optionen (Artikel, 24-h-Pass, Rio-Pass, Jahrespass) hoffentlich etwas übersichtlicher an einer Stelle gebündelt – in allen Artikeln, die mit einer Paywall versehen sind. Die technische Abwicklung übernimmt sodann LaterPay. Der Zahl der Reklamationen nach zu urteilen, müsste das eigentlich recht zuverlässig laufen. Ich habe mich immer bemüht, jede Anfrage zeitnah zu beantworten. Das könnte in Rio etwas schwierig werden, persönlich zu antworten, werde deshalb einen Text vorbereiten und so schnell wie möglich copy-paste-antworten. Sie haben außerdem die oben mehrfach verlinkten Möglichkeiten, im Shop einzukaufen, wo Zeitpässe u.a. mit Ebooks gekoppelt werden. In diesem Fall bekommen Sie nach Zahlungseingang eine Rechnung und eine Email mit einem Gutscheincode, den Sie bitte am Ende eines beliebigen Beitrag mit Paywall unter „Gutscheincode eingeben“ hinein kopieren. Das sollte klappen.

21 Gedanken zu „Olympia im Blog, die Paywall und Recherchejournalismus“

  1. Möchte mir gerne den Rio-Pass zulegen.
    Kann ich dann auch von iPhone, iPad, Büro-Rechner oder Heim-Rechner auf die Artikel zugreifen oder ist die Freischaltung nur an einen Rechner gebunden?

  2. @Walter: Nein, das sollte von allen Geräten möglich sein. Und sollte es Probleme geben, mache ich es möglich. Email genügt.
    Aus Sao Paulo, jw

  3. Ich habe den Rio-Pass, funktioniert definitiv auf mehreren Geräten.
    Und ja, man muss ein Konto bei laterpay anlegen.

  4. Interessanterweise, der einzige Grund für mich, #Rio2016 zu verfolgen (darf man in Kommentaren diesen und andere „geschützte“ Hashtags verwenden, oder reitet man damit den Hausherrn eventuell in die Scheiße …), ist die Tatsache, daß ich mir auch so’n Olympia-Pass für dieses Theater hier gekauft habe.

    Jetzt will ich aber auch bedient werden! Frollein Weinreich, noch’n Herrengedeck! Aber’n büskens zackig …

  5. Bei so hohen Zahlen kann man schonmal durcheinander kommen. Ich wünsche schöne Tage und unterstütze das ganze auch.

  6. Wenn man dann so einen tollen Grünton bekommt, werde ich auch zur beweinreicherung des Hausherrn beitragen und die Gelegenheit nutzen, hier mal meine Emailadresse zu aktualisieren.

  7. Überraschenderweise hat die Freischaltung völlig problemlos geklappt. Die größte Hürde war erstmal zu checken, dass es bei der jetzigen Paywall-Runde neben dem LaterPay-Account noch einen jensweinreich-Account gibt… Ich wünsche Dir viel Spaß und tolle Momente und freu mich auf großartigen Textstoff!

  8. Hallo zusammen,
    vielleicht kann mir jemand kurz Hilfestellung geben.
    Ich habe einen Account bei LaterPay angelegt und bin angemeldet, habe auch einen Gutschein, der akzeptiert wird. Dennoch sehe ich nur den grünen Klotz vor dem Text.

  9. @Jörg
    Ich glaube, du schreibst am besten mal eine Mail an den Hausherren, um welchen Beitrag es geht, was für ein Gutschein das ist und was dir sonst noch an möglicherweise relevanten Details einfällt.

    Es gab am Anfang mal Probleme mit dem gemischten Aufruf per http/https — aber seit der konsequenten Umstellung auf https ist diese Baustelle ja zu. Und gerade wenn du dich, wie du ja schreibst, vorher noch bei Laterpay einloggst, sollten ja auch zwischenzeitlich gelöschte Cookies als Problemursache ausscheiden. Ein bisschen merkwürdig — bei den allermeisten scheint es ja einigermaßen reibungslos zu funktionieren. Ergo: der Fehler sitzt meist vor dem Rechner! ;)

  10. Also so gings nun: Bezahlen, Laterpay anlegen, Gutschein einlösen, dann ändert sich der Preis des Rio-Passes oben drüber auf 0,00. Draufklicken bringt einen wieder auf Laterpay. Dort dann „Jetzt nutzen, später zahlen“ anklicken, dann wird es freigeschatet. Puh. Ich nenne es „Modernen olympischen Fünfkampf“.

  11. Da könnte man ja fast auf die Idee kommen, dass es Laterpay ganz grundsätzlich gar nicht mal soo gerne sieht, wenn Gutscheine eingelöst werden…

    Ich gratuliere jedenfalls recht herzlich zur redlich verdienten Olympia-Teilnahme — und der damit einhergehenden Aufnahme in den nationalen Doping-Testpool A. Wenn es also morgen früh um 6 an der Türe läutet, sind es womöglich nicht die Zeugen Jehovas.

  12. Da bräuchte man jetzt sowas wie ein Voting…

    Und ein paar brauchbare Vorschläge. Tukan Thomas/Tommy wäre doch ganz nett, so als kleine Verbeugung vor dem großen Vorsitzenden. Oder aber man bedient sich beim VEB Wortspielkombinat und tauft das Ding nach kräftigem Schütteln: Kanu-T.

  13. Pingback: live aus Rio (6), die Nacht der Schande: 271 russische Sportler bei Olympia – aber die Heldin Stepanowa bleibt ausgeschlossen • Sport and Politics

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