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Das Olympische Bildungsmagazin

Olympic poem (X): Gewichtsvorteile und andere EPO-Wunder #Sochi2014 #Österreich

Screenshot Krone.at

Screenshot Krone.at

Aus den Trümmern in die Trümmer

PROLOG
ÖSV-Präsident Schröcksnagel
Gold von Johannes Dürr
im sonntägigen 50-km-Langlaufrennen
Dafür bleibe ich extra noch da

Eine Medaille
am Schlusstag
Dürr kann noch
für einen Knalleffekt sorgen

 

I. TOUR DE SKI, JANUAR
Es war geil
Der Stern
geht auf
Ein Wunder
Gesundheitliches Wunder

Triumph trotz Stockbruch
Hart erarbeitet
Hoffnungsträger

Da habe ich mir ein Herz genommen
Es ist einfach unglaublich
Endlich haben wir es geschafft
Überragende Leistung

Der Niederösterreicher
nutzte seinen Gewichtsvorteil
Wachsexperten
Sportler-Psyche
irre
natürlich im positiven Sinne

Dass er bergauf laufen kann
haben wir gewusst
Und gerade bergauf
macht dem Niederösterreicher
niemand so schnell etwas vor

Ich hatte nie Angst
dass mich irgendjemand überholt
Er ist eine Ausnahmeerscheinung
das haben wir immer schon gewusst

Wie der 26-Jährige
Richtung Stockerl
Großmaul Petter Northug stehen ließ
beeindruckte
die gesamte Weltelite

Acht Jahre
nach den folgenschweren Dopingrazzien von Turin
Salt Lake City 2002
Wiederbelebung
des österreichischen Langlaufs

Johannes Dürr
feierte bei der Tour de Ski
einen historischen Erfolg
für den österreichischen Langlaufsport

Ich spüre kein Misstrauen bei den Kollegen
und auch nicht bei den Medien
Der Langlaufsport
sei tot gewesen
in Österreich
man habe sich fast schämen müssen
Langläufer zu sein
so Dürr
nach dem Exploit

Ich glaube daran und hoffe
dass der Sport sauber ist
Er selbst sei in diesem Winter
bereits 13 mal
zumeist im Training
getestet worden

Sinnbildlich für den neuen Weg
steht Johannes Dürr
der sogar als Medaillenanwärter gehandelt wird

Der Langdistanzspezialist ist stolz
Er trägt dazu bei
seinem durch viele Negativschlagzeilen
beschädigten Sport
wieder zu einem besseren Image zu verhelfen

Es ist schön
dass der Glaube in den Sport zurückgekommen ist
Es fühlt sich gut an
dass der Langlauf wieder Wertschätzung erfährt
betonte Dürr

Es sei wichtig
der Jugend zu zeigen
dass Langlauf gar nicht so deppert ist

Ich sehe mich als Teil eines neuen Werks
stehe für einen sauberen Weg
Ich wäre doch ein Depp
würde ich alles aufs Spiel setzen
Ich habe ja noch viel vor

 

II. SOTSCHI, FEBRUAR
Medaillenkandidat
am Sonntag
beim Skating-Marathon
er ist brutal gefährlich

Johannes Dürr ist am Schlusstag
Österreichs einzige
und somit letzte Medaillenhoffnung

Das ist eine neue Garde

Das ist auch Schicksal
Mit Dürr aus den Trümmern

Am 9. Februar wurde er
beim Olympiadebüt im Skiathlon Achter
Danach flog er nach Österreich zurück
und bereitete sich in Obertilliach
auf die 50 km vom Sonntag vor
Es wird schmerzen
und Dürr kann leiden

Pfeiffersches Drüsenfieber
Die von vielen Rückschlägen begleitete Rückkehr
verlief zäh

Das österreichische Fernsehen
hat den Langlauf wiederentdeckt
In Sotschi erreichte der Skiathlon
einen Marktanteil von über 50 Prozent

Weiteren Schub
auch an Fördergeldern
brächte eine erfolgreiche Kandidatur von Seefeld
für die nordischen Skiweltmeisterschaften 2019

Sein Schwiegervater ist Gottlieb Taschler
der italienische Vizepräsident der Internationalen Biathlon-Union
Dürr hat die Olympiastarts
strikt auf seine Stärken ausgerichtet

Dürr war nach seinem ersten Bewerb
in die Heimat zurückgekehrt
zehn Tage in Obertilliach
in Ruhe
trainieren

Freitag kehrt er nach Sotschi zurück

 

III. TJA
Dürr hat bereits die Heimreise angetreten

Obertilliach in Osttirol
Dort fand offenbar die verhängnisvolle Dopingkontrolle statt
am 16. Februar

Dopingalarm!
Schock

Der österreichische Wintersport
steht neuerlich
vor einem Dopingskandal großen Ausmaßes

Das Österreichische Olympische Comité bestätigt
Johannes Dürr
Medaillenanwärter
ist positiv auf das Blutdopinghormon Erythropoetin
getestet worden

Dürr gab sein Dopingvergehen zu
und betonte
dass er allein gehandelt habe
und niemand anderer
darin involviert sei

Dürr droht eine Sperre
von bis zu vier Jahren

Bereits bei den Spielen
2002 in Salt Lake City
und 2006 in Turin
hatte es Dopingvorfälle
im nordischen Lager der Österreicher gegeben

Spritzen
Hausdurchsuchungen
Olympiaausschlüsse
Wettkampfsperren
Geldstrafen
Gerichte

 

EPILOG
Nächster Tiefschlag
auf der größtmöglichen Bühne
von dem sich
der nordische Bereich
im österreichischen Spitzensport
lange nicht erholen dürfte

Wir sind über diese Meldung schockiert
Wir haben Maßnahmen eingeleitet

Ausgerechnet Dürr
Super-GAU!
Das darf doch wohl nicht wahr sein!

Wie Phönix
aus der Asche
und retour

Das ist wirklich
ein trauriges Kapital
und ein schwarzer Sonntag
für uns

Leider haben wir
jetzt einen Einzeltäter
der überführt werden konnte

* * *

Quellen: ORF, derstandard.at, NZZ, Tiroler Tageszeitung, laola1.at, sportnet.at, APA, NÖN, Kleine Zeitung, Kronenzeitung, Salzburger Nachrichten, Wiener Zeitung, Nachrichten.at u.a. Wie bei den bisherigen neun ARD/ZDF Poems gilt: Sämtliche Zitate sind so gefallen, alles Original – nur von mir neu komponiert.

Häme? Nicht bei mir. Hier zeigt sich ein grundsätzliches Problem im Journalismus/Sportjournalismus. Es gab schon andere Beispiele dafür – natürlich auch in Deutschland.

Zur Wahrheit gehört allerdings: Ich habe bis heute keinen Text gefunden, der thematisiert hätte, ob Dürrs fabulöse Leistungssteigerung nicht mit Doping erklärbar wäre. Ich höre jetzt u.a. in der ARD Experten, die sagen, man habe sich das denken können – nur haben sie das vorher besprochen?

Ich sage natürlich auch diesmal, beim zehnten Poem: Schade, dass es keinen olympischen Kunstwettbewerb mehr gibt.

27 Gedanken zu „Olympic poem (X): Gewichtsvorteile und andere EPO-Wunder #Sochi2014 #Österreich“

  1. Ich kann mich aber erinneren, dass der ARD-Kommentator bei dem Berglauf am Ende der Tour de Ski Dürrs Leistung in einem Nebensatz schon angezweifelt hat. Also so ganz ohne Verdacht war das nie. Ausserdem ist es fragwürdig einen Sportler ohne hinreichenden Verdacht und Indizien nur aufgrund seiner Leistung vorzuverurteilen. Selbst wenn einen das Gefühl meistens bestätigt.
    Abgesehen davon denke ich, dass dem Wintersport, speziell den Ausdauer Disziplinen, in den nächsten Jahren so etwas wie dem Radsport passieren wird.

  2. Okay, Felix. Das wird schon so sein, wenn Du es gehört hast.

    Österreichs Langlauf/Biathlon, Personen, Strukturen etc – das sind noch immer Fakten und Indizien, lieber Felix.

    Es geht nicht um Gefühle, sondern um kriminalistisches/journalistisches Gespür. Auch ich habe vor vielen Jahren mal Märchen geglaubt. Die historische Lehre aus derlei Geschichten und Strukturen ist aber, und das darf man wissen als Journalist (sogar als Konsument): Geschichte wiederholt sich. Wunder gibt es nicht.

    Dennoch ein zweites Mal: Es geht mir nicht um Häme – ich notiere, was seit Januar zu Dürr berichtet wurde.

  3. Warum das nie jemand thematisiert hat? Weil niemand (Fans, Journalisten, Experten) tatsächlich an den „sauben Athleten“ glaubt und nur noch hofft, dass sich die Herrschaften nicht erwischen lassen. Und solange nichts bewiesen ist, wird so getan, als ob alles in Ordnung wäre. Gewisse Sportarten bzw. -verbände erinnern mich an das Orchester auf der Titanic, das ja auch (der Legende nach) bis zum bitteren Ende nicht aufhörte zu spielen.

  4. Spiegel Sport-Blog

    Denn die Enthüllung des Dopingfalls gestern wirkte so, als hätte jemand beim zweiwöchigen „Happy Dance“ der ARD plötzlich die Musik ausgestellt und das große Licht angemacht. Das erste Opfer war Moderator Gerhard Delling…Aber wo waren sie denn, die Dopingexperten der Öffentlich-Rechtlichen? Das sind ja die Schattenwesen des TV-Journalismus. Kaum jemand kenne ihre Namen, sie tauchen fast nie vor der Kamera auf, und wenn, dann mal irgendwann in düster klingenden Dokus gegen Mitternacht.

    Schöner Artikel!

  5. Johannes Dürr im Interview mit der Zeitschrift „Sportwoche“.

    Nur ein Anreißer online: http://sportnet.at/home/wintersport/skinordisch/1566807/Johannes-Durr-exklusiv_Ich-habe-Dopingkontrollen-bestanden

    EPO sei die einfachste Methode gewesen, sagt er. Interessant.

    Zusammenfassung von APA via Standard:
    http://derstandard.at/1392686342403/Duerr-Ich-war-bloed-aber-nicht-so-bloed

    Einige Quotes:

    Ich war mit meinem Leben damals überfordert. Mein kleiner Sohn hat nur geschrien, überhaupt nicht geschlafen. Ich sollte trainieren, hatte eine gute Saison hinter mir, die Erwartungshaltung war gestiegen. Aber ich wusste auch: Mit meinem bisherigen Verdienst kannst du deine Familie nie im Leben durchbringen. Ich habe also trainiert, stand aber völlig neben mir.

    Ich hatte zunehmend Angst, dass mir die Felle davonschwimmen, die Saison den Bach runtergeht

    … dieses Angebot von dem Typen aus Ex-Jugoslawien. Er hat mir den Einnahmeplan dazugegeben, ich hab mich zusätzlich in Büchern informiert, von den empfohlenen Dosen die Hälfte weg genommen, um nur ja auf der sicheren Seite zu sein.

    Ich habe Dopingkontrollen bestanden, wo ich vorher die doppelte Dosis genommen hatte. Für Olympia habe ich nochmals nach unten geschraubt, weil ich wusste, dass ich zu 100 Prozent kontrolliert werde. Ich war blöd, aber nicht so blöd.

    Ich wollte dieses Gepantsche wie etwa bei Eigenblutdoping nicht, hätte aber auch keinen Zugang gehabt.

    Ich werde alles offenlegen, wie es war. Genug ist genug. Aber nicht wegen des geringeren Strafmaßes. Ich glaube, ich würde meinem Sport nichts Gutes tun, würde ich noch einmal zurückkommen.

    Wer frei von Schuld ist, werfe den ersten Stein.

  6. IOC: IOC sanctions Latvian Ice Hockey Player Ralfs Freibergs for failing anti-doping test at Sochi 2014

    The analytical report of the laboratory analysis of the A sample, issued by the WADA Accredited Laboratory in Sochi, dated 22 February 2014, indicated the presence of dehydrochloromethyl-testosterone metabolite 18-nor-17b-hydroxymethyl-17a-methyl-4-chloro-5b-androst-13-en-3a-ol (a prohibited substance that belongs to the category of non-specified exogeneous Anabolic Androgenic Steroid, in Class S1).

  7. FIS: Decisions of the FIS Council Meetings in Barcelona

    Doping Cases – Marina Lisogor (UKR) and Johannes Duerr (AUT)

    Marina Lisogor (UKR), Cross-Country Skiing, tested positive on 18th February 2014 for the presence of trimetazidine (Class S.6 Stimulants). Since the sample was collected during the period of the Olympic Winter Games, the IOC Disciplinary Commission dealt the case and decided that the athlete is disqualified from the Ladies’ Team Sprint Classic semi-final B event (and at the same time the team members of this race).

    The Ukrainian Ski Federation informed FIS that based on a decision of the Executive Committee, the Federation has removed the athlete from the national team and banned her from participation in national competitions.

    The FIS Doping Panel found that Marina Lisogor has committed an anti-doping rule violation contrary to article 2.1 of the FIS Anti-Doping Rules and sanctioned her to two years ineligibility, beginning on 6th May 2014.

    Johannes Duerr (AUT), Cross-Country Skiing, tested positive on 22nd February 2014 for the substance recombinant erythropoietin (EPO). Since the sample was collected during the period of the Olympic Winter Games, the IOC Disciplinary Commission dealt the case and decided that the athlete is disqualified from the Men’s 15km and 15km Skiathlon event where he placed 8th; shall have his diploma in the above-mentioned event withdrawn; and is excluded from the XXII Olympic Winter Games in Sochi in 2014.

    The Austrian Ski Association has expelled the athlete from the Association as of 24th March 2014.

    The FIS Doping Panel found that Johannes Duerr has committed an anti-doping rule violation contrary to article 2.1 of the FIS Anti-Doping Rules and sanctioned him to two years ineligibility, as from 26th February 2014, whereby all of the athlete’s individual results obtained since September 2013 are disqualified, including forfeiture of all medals, points and prizes.

  8. Aber so blöd es klingen mag: Ich hatte kein Interesse, jemanden zu betrügen. Mein Bestreben war, Waffengleichheit herzustellen. Dass es schlichtweg Betrug ist, habe ich in dem Moment nicht gesehen.

    Das habe ich irgendwo so ähnlich schon mal gehört. *grübel*

  9. Thomas Kistner in der SZ: Spuren nach Tirol und Wien

    Schon am Mittwoch hegten Ermittler den Verdacht, dass die in Erfurt konfiszierte Blut-Zentrifuge Stefan Matschiner zuzuordnen sei, einem damals im Zentrum des Humanplasma-Skandals angesiedelten und als Betrüger zu einer Haftstrafe verurteilten Sportmanager. Am Sonntag bestätigt Matschiner den Verdacht in der ARD; er habe damals seine einschlägigen Geräte und Kunden auf Wunsch weitergegeben: an Schmidt.

    Wenn man diese Zentrifuge Matschiner damals schon nicht wegnehmen konnte, wieso hat man nicht überprüft, was mit dieser geschieht?

  10. Hajo Seppelt und Jörg Winterfeldt für sportschau.de: Blutige Geschäfte – die aktuellen Hintergründe der Doping-Razzia

    Am Sonntag überraschte ausgerechnet ein offizieller Partner des Österreichischen Skiverbandes mit einer neuen Volte: In einem Artikel behauptete das Boulevardblatt Krone, Johannes Dürr sei der „Drahtzieher hinter dem Sportbetrug der Österreicher gewesen“, er sei ein „dreister ‚Doping-Vermittler‘“.

    Die ethisch fragwürdige Nähe des Mediums zum Verband lässt Raum für Spekulationen. […] Fakt ist […], dass die Staatsanwaltschaft am Sonntag auch nach den Aussagen von Baldauf und Hauke Dürr nicht als Beschuldigten führte.

  11. Johannes Aumüller in der SZ: 55 000 Euro für die Erfurter Praxis

    Die Praxis […] war über viele Jahre eine sogenannte sportmedizinische Untersuchungsstelle des LSB. Das heißt, sie führte bei jungen Athleten des Thüringer Landeskaders eine Grunduntersuchung durch und prüfte sie auf ihre sportliche Tauglichkeit. Nach Angaben des Landessportbundes tat die Praxis das seit 2010 in 403 Fällen.

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