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Das Olympische Bildungsmagazin

„Der Mann, der zu viel zu berichten wusste“

Michael Reinsch schreibt auf der Medienseite der FAZ über ein brisantes Thema. Lesebefehl!

… heißt Reinschs Text über Matthias Wolf und die Frage, warum die Berliner Zeitung den profilierten Journalisten von der Berichterstattung über den 1. FC Union Berlin abgezogen hat.

Wenn wir so weit sind, dass es einem Fußballpräsidenten gelingt, einen Sportjournalisten wegzumobben – dann gute Nacht zu Ihrem Blatt.

Ich habe mit Herrn Wolf zu meiner aktiven Zeit so manche Schlacht geschlagen – und wahrlich nicht immer zu meiner Begeisterung. Aber auf die Idee, mich darüber bei einem Chefredakteur zu beschweren, wäre ich niemals gekommen. Vielleicht liegt es daran, dass ich im Gegensatz zu Herrn Zingler schon in jungen Jahren demokratisches Verständnis lernen konnte.“

Heiner Bertram, ehemaliger Präsident des 1. FC Union Berlin, in einem Schreiben an Uwe Vorkötter, Chefredakteur der Berliner Zeitung

Ich glaube, diese Geschichte wird noch einige Schlagzeilen machen.

Klassische Konflikte, von denen es im eng verzahnten Mediengeschäft zu viele gibt. Man sehe es mir nach, wenn ich mich ein bisschen mehr als sonst üblich zurückhalte. Zu viele Baustellen. Mit Feigheit hat das nichts zu tun.

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* * *

Offenlegung:

  • Ich bin mit Matthias Wolf befreundet. Ich schätze seine Arbeit ungemein.
  • Ich war lange Jahre Ressortleiter Sport der Berliner Zeitung.
  • Ich schreibe für die Berliner Zeitung und die mit ihr verbundenen Blätter Frankfurter Rundschau und Kölner Stadt-Anzeiger.

20 Gedanken zu „„Der Mann, der zu viel zu berichten wusste““

  1. Der Vorgang ist traurig, denn gerade die Heimat des Vereins aus dem Berliner Osten hatte lange mit dem unfreien Journalismus zu leben.
    Aber vielleicht klärt mich einer der Fachleute über die Wahl der Veröffentlichung in der FAZ auf, der Artikel erschien im „Feuilleton/Medien“. Gehört das nicht zum „Sport“?

  2. Starke Nummer. Heißt das nicht unabhängige Tageszeitung? Wenn ich mich recht erinnere, leitete Vorkötter doch einige Jahre die Redaktion der FR, die in dieser Zeit ihren massiven Qualitätsverlust fortsetzte. Ich bin also eher skeptisch, was die künftige Entwicklung der Berliner Zeitung angeht. Andererseits: Ist die männerbündische Verquickung der lokalen/regionalen Sportredaktionen mit den örtlichen Fußballgöttern nicht generell ein Problem?
    Zumindest ist hier in Hessen das Sportprogramm des gebührenfinanzierten HR nur zu ertragen, wenn man Eintracht-Fan ist.

  3. Es ist 1 Schande.

    Die Zeiten, in denen meine präferierte Papierzeitung in ihrem ohnehin viel zu dünnen und weitgehend uninteressanten Sportteil wenigstens ab und an so etwas wie Sportjournalismus zu simulieren verstand und den Leser darob am Ball hielt, diese Zeiten sind offensichtlich vorbei. Herr Wolf und somit nach außen die Berliner Zeitung hat in der Angelegenheit sämtliche Standarts des Journalismus (soweit man das als Leser beurteilen kann) bravourös eingehalten und auch nicht zurück geschlagen, als man für eine solche an sich Petitesse – die nur auf Grund des eigenen Verschuldens der öffentlichen Person, welche hier Objekt der Berichterstattung war, überhaupt skandalierungswürdig wurde – auch mit den lächerlichsten Mitteln bekäpft wurde. Und jetzt das. Rausschmiss [eigene Wertung ohne Tatsachengehalt] des Hausherrn, Verschmelzung mit der FR, dieses und jenes Zeichen des Niedergangs – und nun ein so unglaublich feiger Kniefall vor einem, mit Verlaub, allenfalls innerhalb des engsten Kernverbreitungsgebietes halbwichtigen Zweitligisten. Wie soll ich denn in Zukunft Berichterstattung über Hertha, Bayern München, die AEG oder Aldi Nord, Lidl, die Deutsche Bank etc ernst nehmen können? Alter, hier ist für mich der Rubikon überschritten, aber echt mal.

    [Offenlegung: Ich mochte die Artikel von Mathias Wolf noch nie.]

  4. „Ab dem dritten Kommentar wird’s zum Spam“, gleichwohl: Wenn der Hausherr wünscht, dass sich auch der von ihm verantwortete Webspace zurückhält, würde ich ihm das nicht als Feigheit auslegen.

  5. „Andererseits: Ist die männerbündische Verquickung der lokalen/regionalen Sportredaktionen mit den örtlichen Fußballgöttern nicht generell ein Problem?“

    Exakt das ist doch das Problem. Die Sportteile der Stadt werden mehr und mehr durch distanzlose und gnadenlose eitle Hofberichterstatter à la Andreas Lorenz oder Mathias Bunkus dominiert. Mathias Wolf war einer der letzten Gründe, die Berliner noch zu lesen.

  6. “Andererseits: Ist die männerbündische Verquickung der lokalen/regionalen Sportredaktionen mit den örtlichen Fußballgöttern nicht generell ein Problem?”

    Exakt das ist der Punkt. Die Sportteile der Stadt werden mehr und mehr durch distanzlose und gnadenlos eitle Hofberichterstatter à la Andreas Lorenz oder Mathias Bunkus dominiert. Mathias Wolf war einer der letzten Gründe, die Berliner noch zu lesen.

  7. @ sternburg #5: Nö, Rausschmiss würde ich nicht sagen. Es war gut so, trotz allem.

    @ stan #8: Oh, Journalistenkritik kommt in diesem journalistischen Blog, stets der Kritik (Selbstkritik, Fremdkritik) verpflichtet, bei Journalisten erfahrungsgemäß schlecht an. Journalisten, die sich im öffentlichen Raum bewegen und öffentlich kritisieren, mögen es nicht so, sich der Diskussion und Kritik zu stellen – my 2 cents.

    Kann natürlich bei den Erwähnten ganz anders sein.

  8. Auch wenn der Link verunglückt ist, weiß ich natürlich, auf welches Statement Du anspielst – das habe ich immer sehr zwischen den Zeilen gelesen. „Trotz allem“ interpretiere ich jetzt mal so, dass ich damit aus der damaligen Betrachtung nicht völlig falsch lag.

  9. Darf sich Chefabwickler und DuMont-Faktotum Vorkötter wirklich immer noch ungestraft Redakteur und Journalist nennen?

    @JW: bitte eine Analyse zum Rücktritt von Teixeira schreiben – lag es nur an seiner Gesundheit oder hat die Politik in Brasilien doch einmal eingegriffen?

  10. Nun hat sich ja der Chefredakteur in der FAZ gemeldet. Er weist alle Vorwürfe von sich und teilt den einzigen Grund der Kündigung mit, Herr Wolf hat nicht die Wahrheit über den 1.FC Union geschrieben. Gibt es dazu Belege?

  11. FAZ (15.03., S. 33): Klarstellung

    Hierzu stellt Dr. Uwe Vorkötter, Chefredakteur der „Berliner Zeitung“, fest: Grund für die Entscheidung, Herrn Wolf nicht mehr über den 1. FC Union Berlin berichten zu lassen, war nicht seine zu kritische Berichterstattung, sondern, dass er wiederholt in seinen Artikeln Behauptungen über den 1. FC Union Berlin aufgestellt hat, die falsch waren oder von ihm nicht belegt werden konnten.

  12. Das ist heftig. Für diese Vorwürfe hätte ich gern einen Beleg. Wenigstens einen.

    Ganz davon abgesehen, dass jeder in diesem Geschäft weiß, wie leicht es ist, mal eine Unterlassung oder Gegendarstellung zu kassieren. Aber das wiederum ist bei Union nicht passiert.

  13. Den endgültigen Ausschlag habe ein Artikel kurz vor dem Start der Rückrunde gegeben, in dem es bei zwei Tatsachenbehauptungen erneut zu Unterlassungsansprüchen und Gegendarstellungsersuchen gekommen sei. „Wir haben das von uns aus korrigiert.“ Konkret ging es darum, wer das Trainingslager der Eisernen bezahlt hatte und wo die Höhe der Spielergehälter bei Union lagen.

    Von sich aus korrigieren kan man ja viel, um einen wichtigen Partner nicht zu verärgern. „Behauptungen über den 1. FC Union Berlin aufgestellt hat, die falsch waren oder von ihm nicht belegt werden konnten“ ist wiederum selber eine Tatsachenbehauptung. Vielleicht den Spieß mal umdrehen? Wobei man natürlich nicht weiß, inwiefern dies dem Mann an mindestens zwei Stellen tatsächlich nicht gelingt. Soll ja noch sowas wie Informantenschutz geben.

  14. Da wird Matthias Wolf Unrecht getan. Ich kenne das Begehren auf Unterlassung. Matthias Wolf hat sich auf zwei Pressemitteilungen von Union Berlin bzw. auf die Aussagen der Jahreshauptversammlung berufen. Dieses Begehren hätte imho leicht vom Tisch gewischt werden können.

    Im Übrigen wird da nun etwas behauptet, wird ein verdienter Autor belastet, ohne dass es dafür irgend einen Beleg geben würde.

    Union Berlin hat Matthias Wolf sogar viel zu verdanken. Etwa den zwischenzeitlichen Retter Kölmel.

  15. Wie gesagt: Wenn der Sachverhalt so ist, dann ließe sich der Spieß ja leicht umdrehen. Auch ein Herr Vorkötter kann Adressat einer Unterlassungsverfügung sein. Man muss sich natürlich fragen, wie viel einem eine solche Eskalation wert ist (emotional, beruflich und so; finanziell hält sich das Risiko – Nachweisbarkeit genau dieses Sachverhalts vorausgesetzt – in sehr engen Grenzen).

  16. taz-Genosse über Matthias Wolf
    „Einer, der über uns richtet“

    Matthias Wolf ist also der Union-Familie zu nahe getreten.

    Ja. Er hat immer eine extreme Distanz zum Verein gewahrt.

    Das muss er als kritischer Journalist.

    Wir als Fußballfans sehen das anders. Er hätte die Union-Befindlichkeit besser transportieren müssen, die Sicht des Vereins. Er hat sich als unser Gegner dargestellt, der nur guckt, wo der Haken ist.

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