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Das Olympische Bildungsmagazin

„Festival of Friendship“

ACAPULCO. Münchens Olympiabewerbern steht der bisher wichtigste internationale Auftritt bevor. In der Nacht zum Freitag (MESZ) müssen sich die drei Interessenten für die Olympischen Winterspiele 2018 zum ersten Mal einem großen Kreis von Sportfunktionären präsentieren, seit sie im Juni vom IOC-Exekutivkomitee in den Rang von „Candidate Cities“ erhoben wurden. Auf der Vollversammlung aller 205 Nationalen Olympischen Komitees nehmen im Fairmont Acapulco Princess Hotel einige Dutzend IOC-Mitglieder teil. Für München, den Favoriten Pyeongchang (Südkorea) und Annecy (Frankreich) geht es um mehr als Sympathiepunkte. Es ist bei derlei Offerten stets wichtig, die Stimmungslage im Internationalen Olympischen Komitee auszuloten und von Beginn an einen professionellen Eindruck zu hinterlassen.

Die harten innerdeutschen Auseinandersetzungen mit der Olympia-Opposition blieben dem Wahlvolk nicht verborgen. Die Schwedin Gunilla Lindberg ist Chefin der IOC-Evaluierungskommission, die Anfang 2011 die Bewerberstädte besucht. „In Demokratien sind derartige Diskussionen selbstverständlich“, sagt Lindberg. „In einer freien Gesellschaft werden sie nie hundertprozentige Zustimmung haben.“ Für die Visite im März in München, Garmisch-Partenkirchen und Schönau kündigt sie an:

„Natürlich treffen wir uns mit den Olympiagegnern.“

Für München gehen in Acapulco Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt, Chefin des Olympia-Kuratoriums, IOC-Vizepräsident Thomas Bach (FDP), Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und Olympia-Geschäftsführer Bernhard Schwank in die Bütt. Die Aufgaben sind 20 Minuten lang klar verteilt: Witt ist für Emotionen zuständig, Bach fürs Sportpolitische, Ude für Lokalkolorit, Schwank für den sporttechnischen Aspekt. Bei der Präsentation mit Video-Einlagen wird auch der neue Bewerberslogan vorgestellt. National wirbt München seit einigen Wochen mit dem Claim „die freundlichen Spiele“. International soll nun der Slogan „Festival of Friendship“ beeindrucken. Ein Festival der Freundschaft.

Eigentlich war am Dienstag die Generalprobe angesagt. Der Engländer Jon Tibbs, der als Berater einst mit Peking (Sommerspiele 2008) und Sotschi (Winterspiele 2014) Olympiasiege feierte, übernahm im Sitzungssaal schon das Kommando. Einige wenige Journalisten mussten den Raum verlassen. Doch als Münchens Delegation proben wollte, wurde sie von mexikanischen Technikern vertröstet. Der Saal war noch nicht fertig hergerichtet. Der Test musste um 24 Stunden verschoben werden. München passt das durchaus, denn dadurch konnte auch Christian Ude noch an der Generalprobe teilnehmen. Ude kam am Mittwoch in Acapulco an, er reiste gemeinsam mit Claudia Bokel, dem zweiten deutschen IOC-Mitglied.

Ude hatte bei der ersten internationalen Pressekonferenz der Bewerbergesellschaft im Februar 2010 in Vancouver einen Fauxpas begangen, als er einen englischen Text vortrug und dabei behauptete, es habe auf dem Oktoberfest niemals einen ernsthaften Zwischenfall gegeben. Die Verantwortung für den Fehler, das Bombenattentat von 1980 zu unterschlagen, übernahm der Amerikaner George Hirthler. Er fertigt nicht nur die englische Version des Bewerbungsbuchs, das München im Januar 2011 beim IOC in Lausanne abgeben muss, sondern schreibt alle wichtigen Reden der Bewerber. In Acapulco choreographiert er auch die Präsentation. Es ist Hirthler etwas unangenehm, an Vancouver erinnert zu werden. „Das passiert uns nicht noch einmal“, verspricht der Mann aus Atlanta, der an drei siegreichen Bewerbungen mitwirkte: Atlanta 1996, Peking 2008 und Vancouver 2010.

Im Nachbarhotel probte die Konkurrenz aus Pyeongchang mehrere Stunden lang, gecoacht von Terrence Burns, einem ehemaligen Geschäftspartner von Hirthler. Die Welt der Consultants ist klein. Man kennt sich. Auch Burns führt drei Olympiasiege im Portfolio: Peking, Vancouver und Sotschi 2014. Je zwei davon errang er mit Hirthler und Tibbs, die jetzt auf der Gegenseite für München werkeln.

Die Koreaner verzichten in Acapulco nun doch auf ihre Nationalheldin Kim Yu-Na. Die Eiskunstlauf-Olympiasiegerin von 2010 war eigentlich im Charme-Duell gegen Katarina Witt erwartet worden. Diese Auseinandersetzung wird es erst im Frühjahr geben: Bei den Präsentationen im April auf der Branchen-Messe Sportaccord in London, vor dem IOC im Mai in Lausanne – und auf der entscheidenden IOC-Vollversammlung am 6. Juli 2011 in Durban.

12 Gedanken zu „„Festival of Friendship““

  1. Ich halte hier eine erneute Abstimmung für notwendig – bitte.
    Immer wenn ich T. Bach, München und Samsu..-ähh Pyeongchang höre mache ich eine neue Abstimmung im Kopfe.

  2. „Festival“ und „Freundschaft“ klingen ziemlich ostdeutsch, muss ich Ossi mal sagen. Hat die Witt den Slogan gemacht?

    Die Erinnerung hatten wir hier schon einmal, glaube ich: Das Konkurrenzprodukt des Ostens zu den Sommerspielen 1984 hieß „Wettkämpfe der Freundschaft“ (Druschba 84).

  3. @enrasen: Was ich hingegen im Kopf höre, wenn ich im Themenkreis IOC von „…einem ehemaligen Geschäftspartner von Hirthler“ lese, möchtest Du wahrscheinlich gar nicht wissen.

  4. “Festival� und “Freundschaft� klingen ziemlich ostdeutsch, muss ich Ossi mal sagen. Hat die Witt den Slogan gemacht?

    Ist aber keine Schande, wenn die Herkunft durchklingt. Die Bundeskanzlerin ist da jedenfalls sprachlich auch locker und bereichert den Politiksprachschatz mit Worten, die auf Parteitagen und FDJ-Kongressen in der DDR des Öfteren zu vernehmen waren. Ossis und Wessis sollten das als weiteren Beitrag neben dem Ampelmännchen und dem grünen Pfeil sehen, die neue BRD mitzugestalten. ;)
    Den Damen und Herren der Politikprominenz und der medialen Zunft scheinen ihre Lehnworte nicht aufzufallen und/oder zu gefallen. Effektiv klatschen sie nicht selten vergnügt anhaltenden Beifall. Ändern wird sich das erst, wenn der (west)deutsche Adel die Worthoheit (wieder) übernimmt.

  5. Silke Lode in der SZ: Merkels 90-Sekunden-Spot

    Doch das Konzept lag den Politikern erst einen Tag vor der Sitzung vor – was nun als erneute Bestätigung verstanden wird, dass es genau an der Kommunikation hapert.

    „Ich weiß, dass die Bewerbungsgesellschaft großen Zeitdruck hat“, sagt die Grünen-Stadträtin Sabine Krieger. „Aber so geht es nicht.“ Die Debatte über das Konzept wurde deshalb vertagt – auch weil aus dem Papier immer noch nicht hervorgeht, wie die Bevölkerung für die Bewerbung gewonnen werden soll.

  6. br-online: München punktet vor der olympischen Familie

    Bewährungsprobe bestanden – und wie: Im Bewerbungsmarathon um Olympia 2018 hat sich München in Acapulco der olympischen Familie präsentiert und seinen Mitstreitern Pyeongchang und Annecy den Kampf angesagt. Vor knapp 40 IOC-Mitgliedern punktete der Trupp aus Bayern mit Emotionen und Argumenten.

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