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Das Olympische Bildungsmagazin

Peking, Tag 6

09.15: Das RSS-Problem: Die Feeds funktionieren nicht mehr. Ich bin überfragt und habe auch keine Zeit, das zu lösen. Habe gestern schon am Feedburner geschraubt. Vergeblich. Tut mir leid. Wer lesen will, muss also direkt aufs Blog gehen.

Schwank, Nowitzki, Vesper

PK mit dem Fahnenträger in spe

11.13: Die Herren links und rechts heißen Bernhard Schwank und Michael Vesper. Schwank war mal NOK-Generalsekretär und ist heute DOSB-Leis­tungs­sport­direktor. Vesper war mal Politiker, ist es eigentlich immer noch, hat nur offenbar ein paar Grundsätzen abgeschworen, und fungiert jetzt als Ausputzer für das jüngste deutsche IOC-Mitglied als DOSB-Generaldirektor.

Habe ich jemanden vergessen? Den Herrn in der Mitte, klar: Dirk Nowitzki, Multimillionär und deutscher Fahnenträger am Freitag bei der Eröffnungsfeier. Ganz überraschend kam das nicht. Macht auch nichts, dass Vesper den Fahnenträger als „Gerd Nowitzki, äh Dirk Nowitzki“ vorstellte. Kann passieren in der Aufregung.

14.28: Ich lese gerade einen interessanten Artikel in der taz von Andreas Rüttenauer: „Feuer und Flamme für Olympia“ zur Abberufung des sid-Redaktionsleiters Dieter Hennig. Er schreibt u.a.:

Man muss gewiss nicht alles toll finden, was Thomas Bach, der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes, absondert. Auch vom Auftreten des IOC muss man nicht begeistert sein. Doch jemanden kaltzustellen, der äußert, was derzeit gesellschaftlich nicht opportun ist, geht doch ein wenig arg weit.

Dass es einen Fall Hennig gibt, liegt auch an einflussreichen Journalisten, die in ihren Blogs das Thema erst so richtig groß gemacht haben. Einer von ihnen ist Jens Weinreich, Gründer der kritischen Journalistenvereinigung Sportnetzwerk.

Er hat ausführlich über den IOC-Freund Hennig berichtet und geurteilt. Der SID ist dem Urteil gefolgt und hat einem seiner langjährigen Mitarbeiter einen Maulkorb verpasst. Hennigs Fehler, so wie sie oben beschrieben wurden, mögen schwer zu verzeihen sein, eine harte arbeitsrechtliche Maßnahme, etwa eine Kündigung, rechtfertigen sie nicht. Hennig wurde klammheimlich ruhiggestellt. Ein beinahe absurder Vorgang. Ausgerechnet beim Thema Zensur wird die Meinung auf den Druck eines Meinungsführers wie Weinreich hin gleichgeschaltet.

Wer bei den Mitarbeitern im Pekinger Olympiabüro nach Hennig fragt, wird unterdessen nicht viel erfahren. Die Kollegen geben keine Auskunft, sie wurden zum Schweigen verdonnert. Manchmal ist keine gut ausgestattete Zensurbehörde von Nöten, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu behindern.

Ich wusste, dass der Vorwurf der „Kollegenschelte“ kommen wird. Das Spiel kenne ich seit Jahren. Nun, ich habe Dieter Hennig weder abberufen noch kalt gestellt. Ich habe seine Berichterstattung und Kommentare erwähnt und keinen Hehl daraus gemacht, dass ich es für wenig angebracht halte, als sportpolitischer Chefkorrespondent mit der olympischen Fackel zu laufen. Das finde ich immer noch.

So weit ich weiß, hat Dieter Hennig in diesen Minuten seinen großen Moment und trägt das olympische Feuer, als Privatmann, wie der sid-Geschäftsführer sagt. Und ich muss damit leben, dass mich jemand als Zensor bezeichnet. Mein Kollege Matti Lieske, der gerade von einer Pressekonferenz des USOC kommt, meint lachend: „Zensor ist doch in China ein Ehrentitel.“ Es ist ein hartes Umfeld in Peking, es geht ums Ganze, da mischen halt Zensoren und Propagandisten mit. Und Gleichschalter. Und Leute mit einer eigenen Meinung.

Das bringt mich dazu, mich ein wenig gründlicher mit dem Thema Propaganda und Medienbeeinflussung zu beschäftigen. Das hat dann, wie beim Kollegen Hennig und wie von Andreas Rüttenauer korrekt berichtet, auch etwas mit dem jüngsten deutschen IOC-Mitglied zu tun.

Ich verlinke mal auf eine Geschichte – „Wettlaufen auf dem Kontakthof“ -, die ich vor fünf Jahren auf Grundlage eines exklusiven Dokumentes geschrieben habe. Sie handelt von der Tätigkeit der WMP-Eurocom-Tochter TV Media im olympischen Sport, von Bevorteilung, Beeinflussung und von Ausgrenzung von Journalisten.

Auch Thomas Kistner, mit dem ich seit vielen Jahren zusammen arbeite und drei Bücher geschrieben habe, hat damals über den Fall berichtet. Auch später haben wir immer wieder darauf hingewiesen. Denn schließlich waren wir es, die von den IOC-Propagandisten von Terminen ausgeschlossen, nicht informiert worden und auf vielfältige Art und Weise behindert und verleumdet wurden. Dazu und zu grundlegenden Problemen des Sportjournalismus noch drei Texte von mir, Thomas Kistner und Hans Leyendecker:

21.41: Wie schon erwartet, hat der Weltsportgerichtshof CAS im Abstellungsstreit gegen die Fifa den Vereinen Recht gegeben. Axel Kintzinger kommentiert in der FTD.

Soll nur niemand glauben, man könne – nur weil man zufällig in Peking abhängt, so eine CAS-Pressekonferenz besuchen. Fast unmöglich. War heute morgen im Kempinski-Hotel, das glücklicherweise (oder weil die Planung ausnahmsweise stimmte, keine Ahnung) nur zehn Minuten vom Poly Plaza entfernt ist. Bin dann früher aus der Nowitzki-Pressekonferenz gestürmt, um nach 45 Minuten Taxifahrt die PK von Michael Phelps und Dara Torres zu verfolgen. Dann galt es, Geld zu verdienen, Texte schreiben. Mehr ist kaum drin. Und schon ist es draußen wieder dunkel.

22.43: Das ist hier keine Nachrichtenagentur, aber ein paar Kleinigkeiten will ich schon noch los werden. Um 15.42 Uhr wurde im Nachrichtensystem des MPC die Aussage des unsäglichen BOCOG-Sprechers Sun Weide von heute Mittag hinterlegt. Es betrifft die Bewegungsfreiheit von Journalisten auf dem Tiananmen-Platz:

During the Olympic Games a series of cultural activities will be held in Tiananmen Square. In order to convenience journalists from home and abroad, we ask that they call the Administrative Committee of Tiananmen Square District in advance to make a reservation, there will also be staff doing security checks and helping out.

Wie nett. Die Deutsche Presse-Agentur schreibt:

Die chinesischen Behörden hatten am Vortag die Arbeitsbedingungen für Journalisten am Platz des Himmlischen Friedens erschwert, eine Sonder-Akkreditierung gefordert und damit nicht nur Giselle Davies überrascht. (Die IOC-Kommunikationschefin/JW) „Das haben wir ursprünglich anders verstanden und geplant, aber wir arbeiten daran“, sagte Giselle Davies, „wenn es eine Maßnahme ist, um die Menschenmassen dort zu kontrollieren, wäre es akzeptabel, aber wie gesagt, wir arbeiten dran.“ Nach der Niederlage im Internet-Streit droht den Olympiern die nächste Brüskierung.

23.05: Einige Leseempfehlungen:

00.21: So, Feierabend für heute. Aber Lopez Lomong (III) musste schon noch sein.

19 Gedanken zu „Peking, Tag 6“

  1. man zieht halt nicht über den eigenen Berufsstand her ;) tststs

    schon im wochenend-teil der sz zitiert, aber immer wieder passend dazu:

    „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mir einer guten.“ Hajo Friedrichs

    Bitte Herr Weinreich machen sie weiter so…

  2. zunächst mal hut ab angesichts des erbrachten investigativen journalismus. die anbiederungen eines grossteils der deutschen journaille hat ja mehr oder weniger system, weshalb es sicherlich nicht schadet, eine alte soziologische binse immer wieder auszupacken: der journalismus (ob sport-, politik- oder wirtschafts-) ist treibender bestandteil der kapitalistischen unterhaltungsindustrie. politik, wirtschaft, sport und medien, sogar religion sind eine trübe brühe…
    mir kamen heute morgen fast tränen des glücks, in der sz den wunderbaren satz von thomas kistner zum thema des tages gelesen zu haben (gleich auf der 1. seite des olympia-sonderteils): „was peking ist: der perfekte spiegel für die durchkommerzialisierte westliche welt. das ist schon die botschaft dieser spiele.“ nur am rande: angereichert wird dieser passende hieb in die olympischen weichteile durch informative & teils beklemmende artikel etwa zur aufzucht von kindsoldatischen sportlern oder zum nbc-diktat.

    zum schluss eine frage: unter dem taz-artikel steht: „mitarbeit: John Hennig“ hennig? weißt Du/wissen Sie wer das ist? irgendwie verwandtschaftlich verbandelt mit dem sid-HENNIG?

  3. Nee, glaube nicht. Ich schätze, ich kenne ihn sogar: JH, wenn es dieser JH ist, hat 2007 an der Uni Leipzig ein Seminar bei mir gehabt: „Recherche im Sportjournalismus“.

  4. „Es ist üblich, dass Intellektuelle Intellektuelle Intellektuelle nennen“ (Feuchtwanger), das Spielchen geht auch mit Journalisten. Rüttenauers beitrag ist gaga, aber er berichtet laut taz auch aus Peking, da lässt sich das U2 klären. Die Zeit hat dazu einen chineoisen Kommentar:

    http://kommentare.zeit.de/user/runzheim/beitrag/2008/08/05/dieter-hennig-affaere

    Viel besser als das Rüttengemauere gefiel mir in der taz heute der Bericht über den australischen Konzern BHP, der kostenlos das Metall für die Medaillen liefert. –Detlef (auch Journalist)

  5. Schließe mich Detlev Borchers an. Die taz klärt selten bis nie etwas auf, obwohl sie doch die eigentliche kritische Instanz der bundesrepublikanischen Zeitungslandschaft sein möchte. Rüttenauers Text ist so pseudogerecht und dabei hochgradig (profil)-neurotisch, so als verstehe nur er es die feinen Schwingungen der Macht „wahrhaftig“ aufzuspüren, um sie als solche auch beim Namen zu nennen: Dort das IOC, da die chinesischen Zensurbehörden und dazwischen die Fraktion Weinreich, die Teil dieser Machtkonstellation ist und auf ihre Weise „Berufsverbote“ erteilt. Sehr peinlich das.

  6. @hot: Wenn man sich die Google Bildersuche nach „Amanda Beard“ anschaut, dann bekommt man das Gefühl, dass sie eher selten schwimmt – und dass die PK hätte interessant werden können ;-)

  7. in Deutschland gibt es dagegen Stress um Nowitzki. Einige haben sich aufgeregt, dass jemand, der nie zuvor an den Spielen teilgenommen hat, die Fahne tragen darf.

    Eigentlich kann ich derlei Reaktion verstehen, aber Nowitzki und seine Emotionen in Verbindung mit der Olympia-Qualifikation sind reinste Werbung für die Spiele.

    Und von allen deutschen Olymponikien ist Nowitzki wohl der bekannteste und ob die DBB-Auswahl auch 2012 die Qualifikation schaffen würde, ist ebenfalls fraglich.

  8. Sehr aufmerksam, tiptop. Der Blogeintrag dazu war schon fertig, bin nur gerade mit dem Laptop abgestürzt.

  9. Pingback: Peking, Tag 8 : jens weinreich

  10. Pingback: Beate Merk vs. Thomas Bach 0:6 : jens weinreich

  11. Paßt das hierher?

    DER SPIEGEL: Basketball – Gefälschte Liebe

    Er hatte sein Privatleben geschützt wie einen Schatz und erlebt jetzt, wie er auf den Titelseiten der Klatschpresse vorgeführt wird. Er, der Meister des Schweigens, glaubt nun, dass es besser sei zu reden.

  12. Pingback: Thomas Bach: Lebenssachverhalte im nationalen Interesse : jens weinreich

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