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Das Olympische Bildungsmagazin

München 2018: Was das BMI zur Finanzierung der Olympiabewerbung sagt

Kann schon sein, dass hier heute einige Einträge zu viel erscheinen. Aber ich finde, die Themen haben es verdient, nicht in einem meterlangen Grundsatzartikel vermengt zu werden. Nächste Notiz also: Die Frage der Finanzierung des olympischen Abenteuers 2018. Diese Frage interessiert mich immer, ich kann mich noch recht gut an einige verbale Auseinandersetzungen mit dem unfehlbaren und cholerisch veranlagten stets ausgeglichenen Herrn Bundesminister des Innern Otto Schily (SPD) erinnern. Einmal habe ich ihn nach einer Aufsichtsratssitzung gefragt, ob er denn sagen könne, was der Spaß – also die Austragung Olympischer Spiele in Leipzig – tatsächlich die Steuerzahler kosten würde. Schily antwortete zusehends und hörbar genervt: Eine Kostenanalyse sei „im gegenwärtigen Stadium nicht notwendig“ (das war acht Monate nachdem sich das deutsche NOK für Leipzig entschieden hatte). Dann sagte er: „Die wirtschaftlichen Vorteile werden in angemessener Form der Bevölkerung mitgeteilt werden.“ Über die wirtschaftlichen Belastungen sprach er nicht. Hier dazu ein Grundsatzbeitrag aus jenen Tagen, in dem ich auch die für Olympiabewerbungen wichtigen Fragen des OCOG und Non-OCOG-Budgets streife: „Was kosten die Spiele?“

Aus Schilys Ministerium und aus der sächsischen Staatskanzlei kannte ich damals die Hochrechnungen der Beamten: Sie kalkulierten zwischen 9 und 14 Milliarden Euro Kosten für den Fall, dass Leipzig den olympischen Zuschlag erhielte. Es kam dann glücklicherweise so, dass Leipzig im Mai 2004 im Staus der Applicant City hängen blieb und vom IOC nicht für die Finalrunde der Candidate Cities zugelassen wurde.

Ja, die Finanzfrage wird uns in den nächsten Monaten und vielleicht sogar Jahren beschäftigen. Bislang weiß man nur, dass man nichts weiß, dass es irgendwie billig sein soll – die Austragung der Spiele, also beispielsweise nicht so teuer wie in Peking oder Sotschi :) – und dass die veranschlagten 30 Millionen für die Bewerbungsphase allein aus der Privatwirtschaft aufgebracht werden sollen. Dies allerdings, und das als erste Lehre aus den vergangenen deutschen Olympiabewerbungen, wurde immer versprochen – aber nie gehalten. Die Bewerbungen von Berchtesgaden (Winter 1992), Berlin (Sommer 2000) und Leipzig (Sommer 2012) wurden zum überwiegenden Teil aus Steuermitteln finanziert. Alle Bewerbungen brachten kolossal weniger private Mittel ein, als großspurig versprochen worden war. Stets rügten Rechnungsprüfer katastrophale Versäumnisse im Umgang mit öffentlichen Geldern (und keine Sorge: die entsprechenden Originaldokumente werden hier bald auch veröffentlicht). Wie viele Steuermillionen oder gar Milliarden die Ausrichtung der Winterspiele in Bayern verschlingen würde, bleibt weiter unklar. Bislang existiert kein belastbares Finanzierungskonzept. Albert Speer & Partner, die bereits die Machbarkeitsstudie erstellt haben, werkeln zwar an den Inhalten des Bewerbungsbuches, klammern die Finanzfrage aber vollends aus. Ein entsprechendes Projekt wird erst ausgeschrieben.

Laut Angaben aus München fließen derzeit keine Steuermittel direkt in die Bewerbung. Es gibt allerdings einige Fördermaßnahmen, etwa die der Stadtwerke, die ich frech als verdeckte Subventionen bezeichne. Das lief in Leipzig ja auch so. Damals wurden, ein Skandal, gar Provisionen auf Leistungen städtischer Firmen für die Olympia GmbH gezahlt.

Um mal eine Hausmarke zu haben für die anstehenden Diskussionen, hier die Antworten des BMI auf meine Fragen, die ich am 13. Januar 2009 an Rüdiger Kass, Abteilungsleiter Sport des BMI, Christoph Bergner, Parlamentarischer Staatssekretär im BMI, und Roland Dubyk, Leiter der Projektgruppe 2018, geschickt habe. Die freundliche Antwort – ich finde wirklich, hier zählen nur schriftlich dokumentierte Antworten erging zwei Tage später. Vielen Dank.

Fragen und Antworten an die Sportabteilung des BMI:

1) Wann genau wurde die Projektgruppe Olympia 2018 des BMI eingerichtet, wie viele Mitarbeiter umfasst diese Projektgruppe?

Zum 1. Januar 2008; Bezeichnung PG 2018, derzeit 4 Mitarbeiter.

2) Welche Aufgaben erledigt diese Projektgruppe derzeit?

Ansprechpartner für das Bewerbungskomitee, Mitwirkung bei der Erarbeitung des Bid Books durch das Bewerbungskomitee einschl. Strategieentwicklung durch· notwendige Koordinierung der Bundesaspekte mit den beteiligten Ressorts gegenüber dem Bewerbungskomitee (insbesondere im Rahmen der Themenbereiche Standort-bedingungen, rechtliche Aspekte, Zoll- und Einreiseformalitäten, Garantien); Interessenwahrnehmung des BMI im Rahmen der einzelnen Themenbereiche des Bid Books und ggfls. notwendige weitere Koordinierung; IOC-Fragenkatalog für Bewerberstätte (z. B. Rückfragen IOC auf abgegebenen Antwortkatalog).

3) Unter den Sportfördermitteln des Bundeshaushalts 2009 taucht eine Zuwendung für die Olympiabewerbung nicht auf. Gibt es also derzeit keine Bundesförderung für die Bewerbung?

Für die Kosten der Olympiabewerbung sind keine Bundesmittel vorgesehen.

4) Oder verbirgt sich eine Zuwendung (mehrere Zuwendungen) unter anderen Etatposten bzw. werden nicht explizit genannt?

Nein.

5) In welcher Weise wird sich das Bundesinnenministerium beteiligen?

Unterstützung der Bewerbung im Rahmen der unter 2) genannten Aufgaben.

6) Welcher Zeitfahrplan ist für die Regierungsgarantien vorgesehen, die einem Bewerber seitens des IOC abverlangt werden?

Der Zeitfahrplan für die notwendigen Regierungsgarantien wird gegenwärtig mit den Beteiligten abgestimmt.

7) Wie hoch sind derzeit die Kostenschätzungen für den OCOG und den Non-OCOG-Etat Olympischer Spiele im Großraum München? Mit wie vielen Millionen aus öffentlichen Kassen kalkulieren Sie derzeit im Falle einer Austragung der Winterspiele 2018 in Deutschland?

Das konkrete Bewerbungskonzept wird derzeit erarbeitet. Insofern kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussage über den Anteil öffentlicher Gelder im Falle einer Austragung der Olympischen Spiele getroffen werden. Kostenschätzungen liegen derzeit – soweit bekannt – noch nicht vor.

8) Die 30 Millionen Euro, die im Bewerberetat vorgesehen sind, sollten – so wurde mehrfach angekündigt – komplett aus privaten Mitteln (Sponsoreneinnahmen) aufgebracht werden. Gibt es Ihrer Kenntnis nach derzeit überhaupt einen Sponsorenvertrag in Größenordnungen?

Der Bund ist nicht Gesellschafter der Bewerbungsgesellschaft GmbH. Auskunft kann nur diese erteilen.

9) Welche Sponsorenverträge wurden bisher unterschrieben?

Vgl. Antwort zu Frage 8)

10) Wie wird der Haushalt der Olympia GmbH derzeit sichergestellt?

Vgl. Antwort zu Fragen 8, 9)

11) Welche öffentlichen Mittel fließen derzeit in die Olympia GmbH (Bund, Stadt München, Kommunen, Freistaat)?

Da der Bund nicht Gesellschafter der Bewerbungsgesellschaft GmbH ist, fließen keine Bundesmittel in diese Bewerbungsgesellschaft. Der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München, die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und das Berchtesgadener Land haben als Gesellschafter die im Gesellschaftervertrag vorgesehenen Einlagen erbracht.

27 Gedanken zu „München 2018: Was das BMI zur Finanzierung der Olympiabewerbung sagt“

  1. Bin versucht, einen Beitrag zu schreiben: Warum die Olympiabewerbung scheitern wird. Melde mich heute sicher noch mit neuen Texten.

  2. Du bedienst die „Vorurteile“ über dich gnadenlos oder? ;D Und damit meinte ich nicht dass Thema.

  3. Wollen wir die Olympiade denn nicht in Deutschland? Ich würde mich freuen, wenn solch ein Großereignis in Deutschland stattfindet.

    Mein Vorschlag: Gleich mit einer PPP oder ähnlichem anfangen. Aber das würde ja bedeuten, daß sich die Verantwortlichen Gedanken über unsere Steuergelder im machen müßten …

  4. Münchens Handicap Nr. 1 sind nicht die noch fehlenden 30 Mio, sondern: Nach Spronks gesundheitsbedingtem Rückzug hat die Geschäftsführung des 2018-Bewerbungskomitees niemanden mit der notwendigen Vernetzung in den internationalen Sportgremien. Adam, Schwank? Vergesst es! Kaum zu glauben, dass Bach jetzt selbst antichambrieren wird. Berchtesgaden-Berlin-Leipzig und jetzt München?

  5. @ rentner: Völlig richtig. Adam und Schwank sind nett und verstehen sicher ihr Handwerk. Nur: Sie sind nicht die, die für einen internationalen Feldzug gebraucht werden. Und: selbst Leipzig war im Aufsichtsrat besser aufgestellt. Ich war gestern so schockiert, obwohl ich ja Schwanks Wechsel seit Anfang Dezember angekündigt habe, über diesen unglaublich schwachen Start, dass ich mir, obgleich ich anderes vor hatte, erstmal Schreibpause verordnet habe. Abkühlen. (dies für gua!)

  6. Pingback: Was vom Tage übrig bleibt (18): Bid Books der Olympiabewerber 2016 : jens weinreich

  7. Mei, es ist halt bayerische Folklore. Schuhplattler „am weißen und purpurfarbenen Horizont“ – oder wie war das gleich?

  8. sid: München hat für Olympia 2018 gute Karten

    Das einflussreiche IOC-Mitglied Gian-Franco Kasper hat die Olympia-Bewerbung von München für 2018 als „äußerst stark“ bezeichnet und glaubt an einen Zweikampf mit dem südkoreanischen Pyeongchang. […] Und wir dürfen nicht vergessen, dass Deutschland der wichtigste Markt im Skisport ist.“ Deshalb regte Kasper auch eine erneute Kandidatur von Oberstdorf für die Nordische Ski-WM 2015 an.

  9. SZ: Marathon zu den Winterspielen

    Denn die Wirtschaftskrise wirkt sich auch auf die Bewerbung aus. Die soll bis zur Entscheidung des IOC im Juli 2011 rund 30 Millionen Euro kosten – immerhin drei Mal so viel wie die jeder der beiden erfolglosen Anläufe Salzburgs. […] „Ich kann Zusagen über zehn Millionen Euro bestätigen“, sagt Adam. […] Schätzungen darüber, was die Spiele nach erfolgreicher Bewerbung kosten könnte, wollen die Werber öffentlich noch nicht abgeben. […] 67 Prozent der Münchner, so zitiert er eine Meinungsumfrage, stünden hinter der Bewerbung

  10. Vielleicht reichen dem Kollegen Schätzungen. Ich hätte lieber Fakten. Der Finanzierungsbedarf bzw. die Ermittlung des Bedarfes soll extra ausgeschrieben werden – ist nicht Bestandteil der Arbeit von AS&P an den Bewerbungsunterlagen.

  11. BR1-Audio: Olympiabewerbung

    Es fehlt offenbar Geld für die Olympiabewerbung Münchens. Und das Geld, das bislang zugesagt ist, kommt zu großen Teilen von öffentlichen Unternehmen. Genaue Zahlen wollen die Unternehmen aber bislang nicht veröffentlichen.

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