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Das Olympische Bildungsmagazin

Die Bankrotterklärung (II): “Doping in Deutschland”

FRANKFURT (ODER). Habe die Überschrift des vorgestrigen Beitrages übernommen und durchnummeriert. Sitze im Senatssaal der Viadrina im Frankfurt an der polnischen Grenze.

Erster Vortrag von RA Prof. Dr. Johannes Weberling, Leiter der Arbeitsgruppe Aufarbeitung und Recht, Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder):

Rechtsprobleme gesamtdeutscher Aufarbeitung

Sehr kompliziert und ohne Schriftsatz nicht adäquat wiederzugeben. Doch sein Fazit zum Thema Datenschutz/Persönlichkeitsrecht etc. ist klar:

Die rechtlichen Grundlagen für eine Aufarbeitung sind jedenfalls vorhanden, im Gegensatz zu anderen Informationen. Wer sie nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht nutzt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er an einer umfassenden Aufarbeitung interessiert ist.

Das geht an BISp, BMI, DOSB, Sportverbände etc pp

Die erste Viertelstunde, die ich hier verfolge, ist bereits gehaltvoller als die fünf Stunden vorgestern in Berlin.

Prof. Gerhard Treutlein fragt als ehemaliges Mitglied des wissenschaftlichen Beirates (ergänzt) der Freiburger Kommission nach der Personalakte des Großdopers Josef Keul:

Zu Keuls Personalakte sagt Weberling:

Es gibt zehn Jahre nach seinem Tod absolut keinen Grund, die Herausgabe von Keuls Personalakte zu verweigern.

Michael Reinsch (FAZ) fragt nach, was Weberling in ZF gesagt hat, um Nummer sicher zu gehen.

Weberling-Summary:

… Daten bleiben unverändert Eigentum der Behörde (BISp)

… der Auftragsdatennehmer (Humboldt-Uni, Uni Münster) muss danach alles abgeben und die Daten vernichten

… BISp hat sich selbst ins Knie geschossen. Denn die sind jetzt absolut für die Daten verantwortlich

… aber die Wissenschaftsfreiheit hat mit Auftragsdatenverarbeitung so viel zu tun wie die Kuh mit dem Eier legen.

Die Veröffentlichung, die ein Wissenschaftler macht, muss er in Deutschland West seit 1945 und in Deutschland Ost seit 1990 nicht mehr einer Behörde vorlegen. Eine Zensur findet hier in Deutschland nicht mehr statt. Das Zensurverbot gilt absolut in Deutschland. Das Gebot der Vorzensur ist absolut unzulässig in einer freiheitlichen Gesellschaft.

Äußert Verständnis für Wissenschaftler, die diese Papiere unterschrieben haben, weil der Druck, Drittmittel einzuwerben, unglaublich hoch sei. Er hatte sich das selbst angeschaut und für seine Uni entschieden, sich diesen Bedingungen nicht zu beugen.

Er sagt, das BISp habe „Forscher eingesperrt“.

Diese Regelungen, mit denen das BISp versucht hat, diese Dinge voranzubringen, sind untauglich und von der Rechtsordnung nicht gedeckt.

Weitere Weberling-Notizen, nicht 100prozentig sauber wortwörtlich:

… wenn er (der Wissenschaftler) sorgfältig recherchiert, hat er das seinige getan, dann muss die Bewertung des wissenschaftlichen Diskurs überlassen werden

… Persönlichkeitsrecht heißt nicht, nur zuzulassen was ihm (dem Täter/dem Dopingtäter/JW) genehm ist

… nur wenn die Wirkung völlig außer Verhältnis stünde … Pogromstimmung, Lynchjustiz, oder Schilderung zu sehr aus privatem Bereich des Täters

… Dopingtäter oder IM, das wäre nicht Privat- sondern Teil seiner Sozialsphäre

Es ist zulässig, Täter beim Namen zu nennen.

… wenn wir ethische Grundlagen einer freien Gesellschaft ernst nehmen, ist es nicht hinnehmbar, Täter des westdeutschen Dopings und Strukturen über Jahrzehnte zu ignorieren.

Nun Dr. Jens Schnell, Berlin, Mitglied der Berliner Forschungsgruppe:

Doping in Deutschland von 1950 bis heute: Probleme der Aufarbeitung

Er sagt:

Der Bericht hat 804 Seiten und ist publikationsfertig.

Und sagt, das sei alles von BISp-Direktor Jürgen Fischer bestätigt. Sowohl in Fragen des Datenschutzes als auch des Persönlichkeitsrechts. Er wirft Zitate aus angeblichen Fischer-Briefen per Powerpoint an die Wand. Ich kann das nicht überprüfen und in der Schnelle auch nicht sauber zitieren. Die Akustik ist sehr schlecht. Dokumente werden nicht gereicht bzw gingen wohl nur ausgewählten Personen zu.

Er sagt, niemand der Berliner Gruppe habe eine Datenfreigabe am 31. Mai 2012 erhalten, wie Fischer am Dienstag in Berlin behauptet habe.

Einmal mehr sage ich: Dokumente an die Wand. Dokumente ins Netz, Dokumente verteilen.

Warum begreifen die das nicht? Ich rede von den Briefwechseln etc.

Kommt jetzt zur berühmten Testosteronstudie des BISp – nach Berliner Ansicht klare Dopingforschung. Schon die Teilstudien hatten Leistungssteigerung zum Ziel und setzten sich über Auftrag hinweg.

Eine Art Etikettenschwindel.

Anders als die Münsteraner „Forscher“ bringt er zumindest Zitate (per Powerpoint) aus Dokumenten, die die Truppe eingesehen hat, und er nennt auch die Quellen, wo er das gefunden hat. Bisher – Achtung, Uli! – wird KEIN Zeitungsartikel als Hauptquelle genannt. Gut.

Schnell erzählt einiges über die alte Anabolikastudie. Ich finde allerdings, das Thema seines Vortrags wird nicht richtig erwischt – oder er hat eine falsche Überschrift gewählt.

Philosophiert jetzt über den olympischen Imperativ, der es nicht leicht mache, ethische Grenzüberschreitungen zu einem inhumanen Sport rechtzeitig zu erkennen. Nun ja. Wissenschaft. Die Frontberichte und Praxiserfahrungen sind spannender.

Wie will man zukunftsweisende Weichen in der Dopingprävention stellen wollen, wie das am Dienstag postuliert wurde, ohne die Dopingvergangenheit aufzuarbeiten? Ohne Verantwortlichkeiten zu benennen? Wir haben unseren Teil der Aufarbeitung Ende März 2012 eingereicht und wünschen uns eine kritische Diskussion – nicht nur vom Beirat des BISp, sondern von einer kritischen Öffentlichkeit.

Nun Giselher Spitzer:

Doping in Westdeutschland

– Resultate eines Forschungsprojektes

Spricht von den 804 Seiten, deren Empfang vom BISp bestätigt wurde.

Verfehlte Form der Forschungsförderung.

Diskussion ist nicht möglich, weil man die Daten nicht herausgeben kann.

Eine Veröffentlichung ohne Genehmigung ist nach unserem Kenntnisstand nicht möglich und könnte auch zur Rückförderung von Fördermittel führen.

Unterlagen sind von den Berlinern vernichtet worden, den Absprachen gemäß, ein Datenträger wurde in Verwahrung gegeben.

Die dritte Phase des Projekts – 1990 bis 2008 – ist „gar nicht mehr zustande gekommen“, sagt er, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Aber, sorry: die Akustik.

Ja, ich höre richtig:

Diese dritte Phase konnte nicht mehr bearbeitet werden.

Jetzt zitiert er Zeitungsberichte. Hat den Doppelpass gespielt mit Journalisten.

Geht auf Vorwürfe zur Qualität der Arbeit ein. Und zitiert aus Berichten über Vespers Aussagen.

Ich muss mich fragen, hat eigentlich der Schlussbericht dem DOSB vor dieser Abschlusstagung vorgelegen?

Wurde unser Bericht dem Beirat vorgelegt und gibt es dazu ein Gutachten?

Wie kann man ein so negatives Urteil fällen, wie es dem Direktor des Bundesinstitut zugeschrieben wird.

Ich meine, er zitiert Fischer aus der FAZ (sagt er), der gesagt haben soll, die Berliner Forscher hätten nur „Indizien zusammengekehrt“.

Er sagt, er sei Leiter des Projektes gewesen (das hörten wir am Dienstag anders) und habe den Abschlussbericht übersandt und dann auch Fischer gefragt, wie es weiter gehen solle, auch mit ihm, mit der dritten Phase, habe auf Probleme aufmerksam gemacht (Datenschutz, NADA etc, sportmedizinisch problematische Handlungsweisen eines Beiratsmitglied).

Antwort am selben Tag: Dank für die ehrenamtliche Mitarbeit. Gute Wünsche für die Zukunft. Hinweis: Urheberrecht. Bundesdatenschutzgesetz – „wie ein Zauberwort“, sagt Spitzer.

[Sorry, aber ich muss erneut darauf hinweisen: die Akustik ist eine Katastrophe. Gebe mir redlich Mühe, mag sein, dass ich manches missverstehe. Die Hinweise auf die schlechten Bedingungen, und mein Gehör ist mein bester Sinn, bitte ich zu entschuldigen. Muss sein.]

Fragt sich, warum die Texte der Zwischenberichte (zum Beispiel) unter anderem zur problematischen Rolle von Willi Daume bisher nicht veröffentlicht worden sind.

Es gibt viele Aussagen über die dritte Phase im Abschlussbericht vom März 2012, aber die Phase ist nicht abgeschlossen.

Wir fordern, dass diese Arbeit abgeschlossen wird, aber nicht unter den Bedingungen der Auftragsdatenverarbeitung. Knebelverträge darf es nicht geben!

Seine letzten Punkte:

Er fordert ungehinderten Zugang zu den bisher eingesehenen Akten und unterstellt Aktenvernichtung beim BISp/Verbänden/etc pp.

Im schlimmsten Fall sind Akten, die wir bereits eingesehen haben, geschlossen vernichtet worden.

Sie verstehen meine Frage nicht oder wollen sie nicht verstehen, die ich zweimal gestellt habe:

Warum veröffentlichen sie den Briefwechsel mit dem BISp nicht? Ggf auch Aktennotizen etc.

Spitzer spricht stattdessen vom Berichtsband zu dieser Tagung.

Das habe ich nicht gemeint.

Weberling redet offenbar auch von Inhalten des 804-Seiten-Berichts. Aber nicht darüber, was ich gefragt habe: Briefwechsel mit dem BISp. Denn bisher steht lediglich Aussage gegen Aussage. Das habe ich bereits vorgestern vorgestellt. Ich unterstelle niemandem etwas, sage nur: Transparenz, Schriftwechsel öffentlich.

Michael Reinsch fragt nach Einsicht in Knebelvertrag, also in meiner Intention.

Weberling sagt, man könne angeben, wo der zu finden sei etc. Man könne dann presserechtlich versuchen, an das Dokument zu kommen.

Wir machen normalerweise keine Briefdokumentation. Diese Briefe die sind da. Wenn von der Gegenseite bestritten würde, es gibt diese Dokumente nicht, dann legen wir die sicher vor ..

Bisschen wenig, finde ich.

Spitzer noch einmal zum Problem der Auftragsdatenverarbeitung:

Was für einen Wissenschaftler das Problematischste ist: Er verliert praktisch das Recht zum Umgang mit seinem Wissen.

Warum haben sie das denn unterschrieben, fragt Michael Reinsch.

Ich habe das nicht unterschrieben …

… sagt Spitzer.

Es sei eine Vereinbarung zwischen BISp und Universität (Humboldt).

Wurden Sie bewusst behindert bei Ihrer Forschungsarbeit?

Die ersten Forschungsberichte sind bis heute nicht veröffentlicht. Sie sind nicht freigegeben worden. Es wurden immer höhere Hürden aufgebaut …

Für mich ist das im Ergebnis eine Behinderung. Das ist das Geld von Ihnen allen, das wir benutzt haben, um neues Wissen zu schaffen.

Die Verwertung durch uns ist behindert worden.

Welche Verbände waren kompliziert?

DLV ok,. Schwimmverband war es nicht so. DFB eigenes Problem (Eggers ist schon als Journalist darauf eingegangen und geht nachher in seiner anderen Funktion als Wissenschaftler darauf ein. Diese Doppelrolle finde ich sehr unpassend, im Übrigen, und nicht souverän getrennt.)

Spitzer sagt, er habe auf seine Anfrage, an der Berliner Veranstaltung teilzunehmen, vom BISp keine Antwort bekommen. Er glaube nicht, dass ihm die Humboldt-Uni verboten hätte, daran teilzunehmen.

Zur Aktenvernichtung sagt er, man habe den Eindruck gewonnen, dass Originale aus der Dopingforschung der 80er Jahre im Bundesarchiv vernichtet worden sein könnten. Ob Originale noch dort seien, müsse man klären. Wenn es sich zeitlich klären könnte, dass dies mit dem Zeitraum des Projektes übereinstimmt, wäre dies bedenklich.

15.34 Uhr: Nach der Kaffeepause nun Daniel Drepper (WAZ-Rechercheteam) und Mathias Hausding (Märkische Oderzeitung) zum Thema:

Merkwürdigkeiten der Aufarbeitung von Doping in der BRD

– Förderung und Verhinderung wissenschaftlicher Forschung zum Einsatz von Doping in der Bundesrepublik Deutschland

Im Grunde referieren die beiden den bereits verlinkten Text auf dem WAZ-Rechercheblog, den Hausding ebenfalls veröffentlichte und mit einigen anderen Geschichten verband, wenn ich das richtig sehe.

Hausding ergänzt mit Äußerungen und Zitaten aus den vergangenen Tagen. Er sagt, was ich auch stets sage, denn es liegen ja keinerlei Dokumente (Briefwechsel, Aktennotizen, Verträge etc) aus BISp und Humboldt-Uni vor.

Es steht Aussage gegen Aussage.

Drepper sagt, auch die Humboldt-Uni trage Verantwortung. Nennt den „Projektleiter“ Hanno Strang, der das Projekt nie geführt habe, dies sei ehrenamtlich durch Spitzer geschehen. Die Probleme seien aber hauptsächlich dem BISp anzulasten. Der Auftraggeber greife die Studie an (weiterlesen im WAZ-Blog, wo ausgerechnet der Historiker und unverbrüchliche IOC-Freund Norbert Müller/Uni Mainz) als Kronzeuge genannt wird – mehr als fragwürdig.

Gerhard Treutlein mal wieder mit einigen Zeitzeugen-Ergänzungen. Er lobt den DOSB (sic!) für den komplikationslosen Archivzugang.

Letzter Vortrag, von Erik Eggers:

Ethik und Moral im Sport – das Beispiel Handball

Das Thema wundert mich jetzt. Denn eigentlich will er doch wohl auch über das Projekt reden und zum Beispiel über den Widerstand des DOSB und die dubiose Rolle des Multi-Auftragsstudienschreibers und Multi-Funktionärs und zwischenzeitlichen NADA-Chefs Martin Nolte.

Komisch, alles.

Natürlich geht Eggers erst mal nicht auf „das Beispiel Handball“ ein, sondern auf Nolte/DFB, „gewissermaßen als Antwort auf eines unserer Forschungsergebnisse zum Projekt Doping in Deutschland“.

Nolte-Gutachten für den DFB, es geht um die WM 1966 und drei Spieler, die Ephedrin genommen hatte. Nolte schreibt, Ephedrin auf Dopingliste der FIFA, aber „die Nasensprays demgegenüber allein der Einhaltung der normalen Leistungsfähigkeit“, „die Feststellung, dass die Spieler … allein zur Erhaltung ihrer natürlichen Leistungsfähigkeit, war damals regelkonform“.

Eggers interpretiert das natürlich anders.

Ich verstehe manches nicht.

Ich finde es unangemessen, dass fast die gesamte Veranstaltung mit ihren sechs Vorträgen nur die Auseinandersetzung mit dem BISp thematisiert (bisher, aber gleich soll es, warum auch immer, noch um den Pharao Hassan Moustafa und den Handball-Weltverband gehen). Aber ohne Dokumente vorzulegen, ich wiederhole ein letztes Mal: Briefwechsel, Verträge, Protokolle etc pp.

Erik Eggers sagt, der DFB sei nicht der einzige Sportverband, der Ethik und Moral schnell mal hinten an stelle.

15.58 Uhr: Jetzt spricht er wieder als Journalist, nicht mehr als Wissenschaftler, und über die Olympiaqualifikation im Handball 2008 und den Pharao und den mysteriösen Scheich.

Da hat er Bemerkenswertes geleistet. Aber mit dem BISp-Projekt und dem Thema des Tages hat das, sorry, nichts zu tun.

Nochmal flink das Tagesthema:

  • Probleme gesamtdeutscher Aufarbeitung am Beispiel der Aufarbeitung von Doping in Westdeutschland

Dafür aber kann man nun wirklich nicht mal Hassan Mustafa und Scheich Al-Sabah verantwortlich machen.

Das versteht keen Mensch …

… murrt eine Zuhörerin vor mir, während etliche Leute (leider) den Senatssaal verlassen.

Jetzt geht es vom Handball wieder zu Nolte und sagt, dass der Handball-Weltverband all diese Berichte über Korruption nie publiziert hat:

Nach der Logik Noltes hat also diese Korruption nie stattgefunden.

Fragerunde. Fragen kann es dazu nicht geben. Gibt es auch nicht.

Was gut begann, mit Weberling, der juristische Einblicke und Anhaltspunkte gab, wurde immer schwächer.

Spitzer spricht, weil keine Fragen, nun nochmal über Nolte und den DFB. Er kritisiert, dass das Nolte-„Gutachten“ nur an den DOSB, das BISp und den Beirat ging, aber nicht an seine Forschergruppe. Spitzer „will mal auf die Logik hinweisen“ der Datenverarbeitung: Weil sie das Dokument (das „Gutachten“) nicht mehr besitzen dürfen, können sie also auch nicht weiter daran arbeiten.

Eggers erzählt, wie Nolte ihn gebeten habe, an die Quellen zu kommen. Eggers sagte, er könne und dürfe ihm nicht helfen. Nolte habe ihm gesagt, er habe schon eine Genehmigung des BISp. Eggers erzählt noch einmal, was bereits am Dienstag Thema war, dass BISp-Direktor Fischer Nolte das Dokument zugänglich gemacht habe. Das sei nicht zu dulden.

Das war’s von hier. Johannes Weberling sagt, er wolle das Symposium nicht unnötig in die Länge ziehen.

Weberling sagt, dass viele Dokumente kursieren und Unterlagen im Besitz von Personen seien, die sie eigentlich nicht haben dürften.

Derlei Spitzfindigkeiten erwecken bei ihm nur einen Eindruck: Von einer offenen, transparenten Aufarbeitung könne keine Rede sein, wenn bei der kleinsten Information gemauert und bei der kleinsten Information der Datenschutz herangezogen werde.

Aber ich muss mich nicht weiter als Überbringer dieser Botschaft betätigen.

Ein letztes Mal: Die Botschaft überzeugt mich nur peripher. Ich mag es nicht, wenn Journalisten instrumentalisiert werden sollen Die Truppe um Spitzer/Schnell/Eggers/Weberling hat eine Chance verpasst, selbst transparent zu werden. Vom ehemaligen, eigentlichen Chef des Teams an der Humboldt-Uni, der offenbar völlig versagt hat, mal gar nicht zu reden.

Nochmal spricht Weberling von Aktenvernichtung. Auch da nennen sie aber keine Fakten.

Vielleicht ist das aber auch alles ganz anders. Vielleicht ist das aber auch eine große Chimäre.

Sagt Weberling.

Ciao.

59 Gedanken zu „Die Bankrotterklärung (II): “Doping in Deutschland”“

  1. ZF = Zusammenfassung.

    Es ist live. Mit Tethering. Auf dem Schoss. Bei schlechter Akkustik. Genug der Meckereien! Oder ich höre sofort auf :)

  2. Probleme wie:

    …sportmedizinisch problematische Handlungsweisen eines Beiratsmitglieds

    Die Mitglieder des Projektbeirats mit sportmedizinischer, zur Not: biochemischer, Qualifikation und anzunehmendem Zugang in den Sport sind ja nun überschaubar. Braumann (Hamburg), Gotzmann (Köln/Bonn), Hemmersbach (fällt eher aus, da lange genug in Oslo), Thieme (Kreischa).
    Irgendwie interessant. Aber fällt wohl unter Maulkorb. Und muss deshalb nach „Kriminalroman“ (Vesper) klingen. So kommt dieser Eindruck halt auch zustande – zwangsweise. Oder weil es wirklich so spannend ist wie ein Krimi?

    Und wenn ich das richtig lese, ist das Zensurproblem wohl ein Geburtsfehler des Projekts, sicher ein gewollter. Wenn das BISp – quasi zwischengeschaltete Behörde – als Auftraggeber / -nehmer (des DOSB) fungiert, ist es wohl auch bei evtl. Klagen / Unterlassungsklagen bzw. Schadenersatzansprüchen haftbar. Nicht die beiden Universitäten. Deshalb beansprucht BISp offensichtlich die Deutungshoheit über die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit bzw. fasst den Rahmen des Persönlichkeitsrechts so, wie es ihm passt. Eine Frage ist also, wer da haftbar ist, falls Betroffene klagen würden.

  3. @ ha #4: Spitzer sagte, der Name sei bei einer anderen Veranstaltung (vergangenes Jahr) schon genannt worden. Dies sei auch publiziert worden. Mal googeln :) Aber aufpassen, Datenschutz.

  4. #

    Gerhard Treutlein mal wieder mit einigen Zeitzeugen-Ergänzungen. Er lobt den DOSB (sic!) für

    Für was oder ist das ein Statement von dir für was man den DOSB loben kann?

  5. Eigentlich ist es müßig, sich mit dieser Farce weiter auseinanderzusetzen. Vllt. gibt´s die 800 Seiten zu Gesicht, wenn keiner der medizinisch und politisch Verantwortlichen und heute „Datenschutzwürdigen“ mehr lebt. Solange musste man im Osten nicht warten. Da war nichts beschützenswert. Nicht mal die Namen der Sportler. Ich hoffe, dass dieses zweierlei Mass an Behandlung auch denen auffällt, die DDR-Doping nicht verharmlosen helfen.

    Der Zwischenbericht vom Okober 2010 ließ die Richtung und das Ausmass ahnen, in der die erlaubte Kenntnisgabe über westdeutsches Doping gehen würde. Ja, würde.
    Aber das wußten vor allem diejenigen zu verhindern, die massgeblich dabei ihr Gesicht verloren hätten. In einem Rechtsstaat juristische Scheinhindernisse aufzubauen und Akten „unbeabsichtigt“ zu vernichten, darin gibt es alarmierend und erschreckend derzeit viel Übung und leider auch Erfolg. Die Deutschen (Ost) waren anscheinend nicht nur die besseren Doper, sondern auch die besseren Archivare. Beides hat sich als Nachteil herausgestellt. Zu spät, um es zu bedauern.

    Bei dem Versuch, etwas mehr als gar nichts aus dem Medienwald – der hier allerdings mehr einer Lichtung gleicht – zu googeln, bin ich auf diese Äußerungen der Protagonisten zur Vorstellung des Zwischenberichts am 25.10. 2010 in Leipzig gestoßen. Das klang damals noch alles ganz anders.

    „Es ist an der Zeit, dass wir uns nun auch mit dem befassen, was sicht seit 1950 in der alten Bundesrepublik getan hat“, sagte Jürgen Fischer und ergänzte: Die Ergebnisse dieses vom DOSB angestoßenen Projekts seien „keine Vorlage für haftungsrechtliche oder privatrechtliche Ansprüche“. Ebenso wenig wollen die Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen eine Vorlage für „öffentliche Skandalisierungen“ liefern. „Das ist ein guter Tag für den Sport, weil wir ein klein wenig Aufarbeitung der Vergangenheit erleben“, sagte Ingo Weiss, der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend (dsj). „Wir möchten hieraus lernen, vor allem vor dem Hintergrund der Dopingprävention, die für uns und den DOSB ein ganz wichtiges Thema ist, so wie dieses Forschungsprojekt insgesamt.“ Ingo Weiss plädierte wie Jürgen Fischer und alle an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Humboldt-Universität Berlin für eine vorbehaltlose Aufklärung ohne Tabus. „Wir möchten, dass die beiden Forschergruppen frei und unabhängig arbeiten können. Wir nehmen da von Seiten des Sports keinerlei Einfluss. Die Wissenschaftler haben absolute Freiheit.

    http://www.dosb.de/de/leistungssport/anti-doping/news/detail/news/doping_in_westdeutschland_beginnt_schon_1949/

    Der offenbare Sinneswandel muss schon einen sehr derben Grund haben. Das BMI und der DOSB lassen grüßen.

  6. Lieber JW, was um aller Welt haben Sie sich da angetan? Sieben Vorträge und immer noch verstehen Sie nicht, dass es nur darum geht – und es wird immer wieder klar gesagt: AUFARBEITUNG. Das hat rein gar nichts mit AUFKLÄRUNG zu tun. Fragen Sie doch endlich mal die BerufAUFARBEITER, was sie eigentlich wirklich wollen. Ich wünschte mir AUFKLÄRUNG. Aufgearbeitet ist das DDR-System im Sport jedenfalls hnlänglich. Und den Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen, solange die Begrifflichkeit nicht richtig geklärt ist, redet man logischerweise aneinander vorbei.

    So war nur ein perfides Angebot für eine neue Sackgasse zu erleben. Die ist genau neben den vielen anderen Sackgassen, in die man die Lämmchen auch nach Jahrzehnten noch brav führen kann. Vielleicht haben Sie es wegen der schlechten Akustik nicht gleich mitbekommen.

    Wunderlich, dass unser alter Freund Spitzer jetzt „ehrenamtlich“ dran beteiligt ist. Das bekomm ich nicht auf die Reihe.

  7. @ gua #7: … für den Zugang zum DOSB-Archiv.

    (Freue mich immer über ein Lebenszeichen von Dir.)

    @ M.M (alter getarnter Ossi):

    Ich weiß nicht viel. Aber den Unterschied zwischen Aufarbeitung und Aufklärung habe ich begriffen.

  8. Interessantes Detail in der Badischen Zeitung, Andreas Strepenick: Staatsdoping light. Darin:

    Es tauchen immer mehr Belege dafür auf, dass auch die politische Führung im Westen des Landes in den 70er Jahren den Einsatz leistungssteigernder Medikamenten im Spitzensport forderte und finanzierte. Eine Berliner Forschergruppe fand dazu Dokumente und Ministerunterschriften.

    „Ministerunterschriften“ wären eine absolut neue Qualität über das bisher Bekannte (der seit vielen Jahren gern zitierte Schäuble im Sportausschuss, Ministerialdirektor Groß bei der Eröffnung eines Neubaus der Freiburger Sportmedizin 1976 oder auch die 2011 von den Berlinern über einen Zeitzeugen zitierten Genscher-Äußerungen, die der dann bestritt) hinaus eine neue Qualität.

    jw: Hast Du das mitbekommen?

  9. @ ha: Habe ich nicht „mitbekommen“ …

    a) womöglich wegen der schlechten Akustik …
    b) weil ich nicht zu jenen zählte, die es „mitbekommen“ sollten
    c) da halte ich es mit Johannes Weberling:

    Vielleicht ist das aber auch alles ganz anders. Vielleicht ist das aber auch eine große Schimäre.

    Ich glaube gar nichts. Ich glaube keiner Seite, so lange ich nicht Dokumente sehe. Wollte ich etwas glauben, ginge ich in die Kirche.

  10. JW,

    Ich glaube gar nichts

    Ich könnte das sofort glauben, wer Deutschland eine ganze Ökoagenda unterschiebt, kann auch sowas machen ;-)

  11. Hallo Walter, nice to have you back.
    Leider hat sich kaum etwas geändert. Es wird über Doping geredet und jeder sieht es so, wie er es sehen will.

    Aber jetzt wird es besonders tricky. Denken einige. Es ist aber stinksimpel. Mit Macht geht alles am besten. Damit, dem nötigen Kleingeld und ein paar devoten Karrieristen kann man zwar die Wahrheit verzögern, verhindern kann man sie jedoch nicht. Erst müssen 6 Sportler sterben und dann müssen wir noch warten, bis die dafür Verantwortlichen auch gestorben sind. Was für ein makaberes Szenario. Was ich nicht verstehe, ist, dass sich der Dopingopferverein gerade jetzt ausschweigt. Böse Absicht ist es bestimmt nicht, sicher nur eine Kommunikationspanne im Land der Pannen.

    Walter, ich kann dir aber ein schönes Buch über DDR-Doping empfehlen. Hab´s jetzt durch.
    Wenn du westdeutsch verstehst, dann liest es sich auch schnell. Mit Name und Adresse wird da nicht gespart. Es sind ein paar kleine sachliche Missverständnisse drin, aber ansonsten ist es ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die gerade die Aufklärung über (west)deutsches Doping ab 1949 mit juristischen Kunstgriffen verhindern wollen.
    Das Buch zeigt, es (ging) geht auch anders. Allerdings sind im Gegensatz zu den im Buch genannten ostdeutschen Personen die Persönlichkeitsrechte der westdeutschen Klientel schützenswert. Die Gunst der westdeutschen Geburt eben.
    Da ich hier keine Werbung machen will, mail mich einfach an. Obwohl, naja, du könntest dir hier auch ne Widmung holen. Ich überleg noch, ob ich es mache.

  12. Was wusste das Nationale Olympische Komitee?

    Ende Januar 1977 schrieb der Freiburger Sportmediziner und Olympia-Arzt Joseph Keul einen persönlichen Brief an den inzwischen verstorbenen Willi Daume, von 1961 bis 1992 Präsident des Nationalen Olympischen Komitees. Eine Kopie des Schreibens ging an Walther Tröger. Keul berichtet darin über ihm bekannte prominente Fälle von Anabolika-Doping bei Frauen. Über die damalige Fünfkampf-Weltrekordlerin Eva Wilms schrieb Keul: „Ich weiß verläßlich, dass sie anabole Hormone eingenommen hat.“ Und er legt nach: „Ist Ihnen bekannt, daß unsere Sprinterinnen, die so erfolgreich im letzten Jahr waren, über mehrere Perioden anabole Hormone eingenommen haben?“ Die Rede ist von der 4-mal-100-Meter-Staffel, die bei den Spielen in Montreal Silber holte

    http://www.moz.de/themen/doping/artikelansicht/dg/0/1/1051718/

    Der deutsche Olympia-Arzt Bernd Wolfarth hat in seiner Doktorarbeit über die Wirkung von Testosteron auf Leistungssportler geschrieben. …2010 ist er der wichtigste Arzt des Deutschen Olympischen Sportbundes.

    Der Titel von Wolfarths Doktorarbeit lautet „Zur Regeneration im Ausdauersport“. 1993 veröffentlichte er diese 30 Seiten knappe Dissertation an der Universität Freiburg. Die Athleten bekamen von Wolfarths Kollegen sechs Wochen lang pro Woche jeweils 250 Milligramm Testosteron gespritzt. Der Anabolika-Experte Luitpold Kistler nannte eine solche Dosis 2008 im Deutschlandfunk „mittleres bis hohes Doping“, das zum Herztod führen könne. Im Sport ist Testosteron seit 1984 verboten.

    http://www.moz.de/details/dg/0/1/1051723/

  13. @Herbert:

    Die Deutschen (Ost) waren anscheinend nicht nur die besseren Doper, sondern auch die besseren Archivare. Beides hat sich als Nachteil herausgestellt. Zu spät, um es zu bedauern.

    Jetzt wird zum Thema Doping im Westen schon mal geforscht und Sie sind immer noch nicht zufrieden?
    Wo ist Ihr Problem?
    Glauben Sie Ost und West seien gleich schwer Doping belastet oder ärgern Sie Sich, dass man über die kriminellen Dopingpraktiken des Ostens mehr herausgefunden hat?

  14. @andi: Doping ist ja kein Thema mit dem Patent einer Gesellschaftsordnung. Die Amis haben wie das böse Teufelmonster gedopt, der 100-Meter laufende Muskelprotz Ben Johnson war auch weit der DDR entfernt, der Brite Tommy Simpson hat sich 1967 bei der Tour de France in den Tod gedopt, China (Gesellschaftsmix zwischen der Nomenklatur einer Kommunistischen Diktatur und exzessiven kapitalistischen Produktionsweise auf Knochen der Bandarbeiter) hatte eine exzessive Hochdopingphase (teilweise effizient wie Kapitalismus in Reinkultur). Die Bundesrepublik Deutschland war vor der Wiedervereinigung kein Waisenknabe in Sachen Doping. Selbst mit hoher Dioptrienzahl ist dies erkennbar. Das jetzt die rosarote Brille verabreicht werden soll … Nun ja.

  15. @ Andi

    Der Gerechtigkeit halber – obwohl es gerade damit andere nicht so genau nehmen – sei angemerkt, dass schon längere Zeit und durch einige (west)deutsche Wissenschaftler und Journalisten die Dopinggeschichte in der alten Bundesrepublik bis 1990 thematisiert, belegt und angeprangert worden ist. Dafür stehen Namen wie Gehrhard Treutlein, Werner Franke und dessen Ehefrau Brigitte Berendonk.

    Und ich bin auch nicht verärgert, dass DDR-Doping aufgedeckt worden ist. Im Gegenteil. Ich bin dafür. Dagegen bin ich allerdings, dass immer wieder in einem Atemzug alles, was den DDR-Sport betrifft mit Doping gleichgesetzt wird. Und obwohl denen, die gerade das immerfort behaupten, sehr wohl bekannt ist, dass DDR-Leistungssport vor allem auch Talentesichtung, Auswahl und Förderung sowie Sportwissenschaft war. Vorsorglich wiederhole ich, dass ich gleichzeitig Doping, weder in der DDR, noch anderswo verharmlosen möchte, wie mir gern unterstellt wird, um mich zum Schweigen zu bringen oder scheinbar bloß zu stellen.

    Gewehrt habe ich mich stets, wenn ich der Auffassung war, unzulässige und pauschale Verallgemeinerungen auch vom heutigen Sport lesen zu müssen. Obwohl ich kein Insider war oder bin – wie so einige auch , die allerdings für sich in Anspruch nehmen, die Kenntnis der ihnen zugänglich gemachten Archivunterlagen rechtfertigen ihre allgemeinen, pauschalen und für alle gültigen Schlussfolgerungen – konnte ich schon erkennen, dass der Sport in der DDR nicht nur eine infernale Rolle gespielt hat. Diejenigen, die ein ganzes Leben im Sport gewirkt haben, können das sicherlich bestätigen.

    Ja, und jetzt sind wir in einer Situation, wo nach Auftrag des DOSB und Finanzierung durch das BMI, oder auch BIsP, auch reiner Tisch mit dem westdeutschen Doping bis 1990 gemacht werden soll.
    Und da plötzlich stockt einigen der Atem. Staatliche Mitwisserschaft, Duldung und gar finanzielle Förderung, durch Sportmediziner betriebene Dopingforschung und regelwidrige Leistungssteigerung bei Athleten – dazu gibt es ja auch konkrete Einzelfälle – gab es auch in der alten Bundesrepublik. Die Sportchefs Daume und teilweise auch Tröger scheinen davon gewußt zu haben. Und es sind noch ganz andere Namen gefallen.

    Und da bauen sich plötzlich juristische Hürden auf, werden Persönlichkeitsrechte und Datenschutzgründe – die bei DDR-Sportlern und Trainern nie eine Rolle gespielt haben – konstruiert, werden Wissenschaftler für Kosten bei gerichtlichen Verfahren aufgrund von möglicherweise nicht nachweisbaren namentlichen Verwicklungen haftbar gemacht und die Forschungsergebnisse gleich ganz „weggesperrt“. All das scheint jedoch den Verantwortlichen erst dann in den Kopf gekommen zu sein, als das Ausmass des Dopingmissbrauchs auch in der BRD klar wurde.

    Es wird zu den weiteren Praktiken in Freiburg geschwiegen, obwohl es eine Große Evaluierungskommission gibt. In der Klinik wurden 3.5000 Kaderathleten, nicht nur das Telekom-Radsportteam über Jahre hinweg medizinisch betreut. Die Namen von Ärzten und medizinischem Forschungs- und Führungspersonal gingen ja schon durch die Medien. Und beinahe nichts – außer, dass die Professoren Heinrich und Schmidt ein marginales Problem bekommen haben – ist passiert. Der Leiterin der dortigen Kommission Prof. Dr. Letizia Paoli scheint es die Sprache verschlagen zu haben.

    Angesichts dieser Situation – nennen wir es ruhig Ungleichbehandlung von ostdeutschen und westdeutschen Doping – muss man sich zumindest wundern dürfen und darf sich seinen Vers drauf machen. Auch wenn in der alten BRD sicherlich weniger planmäßig Doping erforscht und eingesetzt worden ist, bleibt Doping Doping und gleichermassen regelwidrig.
    Die Frage, weshalb jetzt im Westen der Republik eine mildere Form der Aufklärung, Auseinandersetzung und Bewertung angesagt sein soll, kann man nicht beantworten, ohne polemisch zu werden.
    Doping im Osten wurde als kriminell und regelwidrig bewertet, Gerichtsverfahren geführt und Strafurteile ausgesprochen, die Namen von (scheinbar) betroffenen Sportlern öffentlich gemacht.

    Wieso soll das mit der alten BRD jetzt nicht genau so gehen ?
    Wieso sollen jetzt auf einmal die Massstäbe und Konsequenzen andere als die für den Osten sein ? Das darf man sich als Ostdeutscher schon mal fragen.

    Ja, Andi , und das regt mich auf.

  16. Ich finde diese Daueraufgeregtheit ziemlich anstrengend… Vor allen weil sie sich anscheinend auch gegen jene richtet, die auch jetzt Namen hören wollen…

    Die Frage, weshalb jetzt im Westen der Republik eine mildere Form der Aufklärung, Auseinandersetzung und Bewertung angesagt sein soll, kann man nicht beantworten, ohne polemisch zu werden.

    will ja keiner außer Sportfunktionäre… Oder fordert hier irgendwer diese Milde in den Kommentaren?!

  17. #20
    Und damit verhindern genau dieselben, die schon zur Aufklärung des DDR-Dopings nichts beigetragen haben bzw. gern gedeckelt hätten ;)

    Kurz zum DDR-Vergleich, zu Unterschieden und Rechtslage:

    1) DDR-Doping ist nicht im Rahmen staatlich finanzierter Auftragsforschung aufgeklärt worden oder nur zum geringen Teil. Sondern eher von Privatleuten (Berendonk/Franke), teils Journalisten, wenigen Wissenschaftlern im engeren Sinne (Treutlein), natürlich: Betroffenen, Dopingopfern. Berendonk/Franke haben für Namensnennungen massenhaft das kassiert, was das BISp jetzt fürchtet bzw. vorschiebt – Klagen/Prozesse, von denen sie beinahe alle – auch gegen West-Doper – gewonnen haben. Denn sie konnten ihre Vorwürfe belegen mit Dokumenten, die sie unorthodox erschlossen hatten.

    2) Auch fürs DDR-Doping ist nicht jeder Name genannt worden. Giselher Spitzer kann davon ein Lied singen. Sein Buch „Sicherungsvorgang Sport“, auch ein BISp-Projekt, zum Wirken der Stasi im DDR-Sport verzichtet etwa an einigen Stellen darauf, die Klarnamen beteiligter Dopingtäter (auch solcher, die IM waren) zu nennen – denn es gilt: das Stasi-Unterlagengesetz. Die Namen von Dopern, die nicht IM waren, die auch nicht unter dem Begriff Amts- und Funktionsträger fielen, sind auch anonymisiert, mussten es laut StUG sein.

    3) Ohne Behinderungen rechtfertigen zu wollen – und nach dem Veröffentlichten sieht es so aus, als ob die Hürden in der Tat besonders hoch waren: Für Forschungsprojekte wie dieses gilt neben dem Bundesdatenschutzgesetz auch das Bundesarchivgesetz (das z.B. in der Regel Personalakten für 30 Jahre sperrt). Wie die Grundrechte der Wissenschaftsfreiheit und des Persönlichkeitsschutzes gegeneinander abgewogen werden – das ist dann, wenn der Betroffene nicht in Veröffentlichung einwilligt, interpretationsfähig und in der Tat für den Einzelfall zu entscheiden (nach öffentlichem Interesse, nach Quellenverlässlichkeit). Und hier hat die unter #5 verlinkte Vereinbarung zur Auftragsdatenverarbeitung (eine Mustervereinbarung für den BMI-Geschäftsbereich; sie wurde also nicht für dieses Projekt erfunden) den Forschern enorme Fesseln angelegt. Ob die rechtswidrig ist, wie Weberling behauptet hat, kann ich nicht einschätzen. Aber unter dieser Bedingung war das Vorhaben, die Zeit nach Wiedervereinigung im Auftrag des BISp (und damit BMI) erforschen zu wollen, eine Totgeburt.

    4) Man soll nicht so tun, als ob zum Westdoping gar nichts bekannt wäre. Auch da hat es Anzeigen und Prozesse gegeben (von Franke/Berendonk angestrengt wie letztlich die großen Prozesse zum DDR-Staatsdoping auch) – beendet ohne Verurteilungen, mit Strafbefehlen maximal. Auch da sind Namen von Athleten bekannt gemacht worden – und zwar zahlreich.

    Weil @Herbert das von mir ja schon kennt ;) – der Hinweis auf den Unterschied zwischen Doping-Ost/Doping-West. Er liegt im deutlich größeren Kriminalgewicht der DDR-Variante: massives, systematisches Minderjährigendoping. Juristisch gesprochen: ohne Einverständnis der Athleten. Beim Kinderdoping ohnehin, das hat sich dann aber auch im Erwachsenenbereich fortgesetzt.
    Und ich bezweifle, dass man, selbst bei Öffnung aller Akten, auf eine staatliche Steuerung wie in der DDR stoßen würde, die auch die exakt verordnete Dopinganwendung über die sog. Verbandskonzeptionen einschloss. Diesen Unterschied haben die Berliner mit „systematischem“ versus „systemischem“ Doping gefasst. Man kann auch sagen: direktes staatlich organisiertes Zwangsdoping versus (hauptsächlich) indirekter Dopingzwang, durch Normensetzung, dopingbefürwortendes Sportpersonal etc.pp.

    Was die Ursachen für den Erfolg des DDR-Sports angeht, von Herbert einmal mehr in Talentsichtung, Wissenschaft etc.pp. verortet … Ich will aber darüber gar nicht streiten, man kann das auch weiter ganz anders sehen, ich sehe es so: Im Spitzensport entscheiden Tausendstel. Diese Tausendstel bringt Doping (das bessere Doping, das trainingsmethodisch integriert ist, auch, anders formuliert: das konsequentere, brutalere Doping ). Das war seinerzeit so, und so ist es bis heute, siehe der italienische Experte Ferrari.

    Einmal mehr: Ich glaube nicht, dass der dauernde DDR-Vergleich überhaupt hilfreich ist bei der Klärung der Frage, inwieweit hier Aufklärung von BMI und BISp oder DOSB behindert wird.

    Weil das noch nicht verlinkt ist, ein veröffentlichter Forschungsbericht der Münsteraner zu den Dopingskandalen in der alten Bundesrepublik. Der Teil zu Birgit Dressel ist ganz aufschlussreich für das, was die Wissenschaftler sagen dürfen – und dafür, wo Namen fehlen.

  18. @ha, vielleicht wäre ein 5) mit dem Hinweis auf die anwendungsorientierte und steuerfinanzierte Dopingforschung (Testosteron-Studie 1986 bis 1990) ja noch eine sinnvolle Ergänzung in dieser Auflistung.

  19. @#21:

    Ein Dankeschön für das sachkundige Zurechtrücken der Perspektive. Für mich eher peripher interessierten Betrachter klingt die Ossi-Opfer-Interpretation nämlich zunächst mal durchaus plausibel. Und – @ha – ich bewundere Ihre Geduld.

  20. @ Howie

    Ich finde diese Daueraufgeregtheit ziemlich anstrengend

    Zum Glück war das ja bei der Causa Ullrich, Landis, Contador, Pechstein und Erfurt nicht der Fall. ;-)

  21. @ha

    ganz fein zusammengestellt und gut geschlußfolgert. Kleine Anmerkung, die den Ausgangssatz:

    „Und damit verhindern genau dieselben, die schon zur Aufklärung des DDR-Dopings nichts beigetragen haben bzw. gern gedeckelt hätten ;)“

    noch ergänzt. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7882007.html

    Die ZERV hatte alles zusammen. Weit mehr, als die privaten Aufklärer sich damals vorstellen konnten. Nur „gerichtsverwertbar“ war halt nicht alles. Und in Gänze für die Öffentlichkeit gabs schon mal gleich gar nichts.

    Meine Kritik richtet sich ebenso gegen die Jounalisten. Nicht das es niemanden gab, der Vollgas geben wollte. Neben anderen, sei vor allem H. Sch. ewig gedankt. Am Ende haben die Herschaften doch versagt. Und sich von den ersten drei Mächten, zusammen mit ein paar Berufstätschlern in den Verbandsetagen den Schneit abkaufen lassen. Und als sich dann einige Freunde um eine Dopingopferseite gekümmert haben, hatte der feine Herr von der FAZ nichts besseres zu tun, als dagegen zu schießen. Das war eines der gezielten Manöver, um schon den Ansatz zu diskreditieren. Als dann noch ein Herr G. aus der Versenkung mit einer Klage aus Hamburg erschien, war der Ofen aus. Denn da hatte sich zusammen gefunden, was doch eigentlich nicht zusammen gehört.

    In sofern liegt der Apfel (der stinkendfaule) immernoch ganz dicht am Stamm mein lieber JW.

  22. Der Datenschutz in Wissenschaft und Forschung unterliegt speziellen Regeln.

    Geraten dabei Grundrechte miteinander in Konflikt, so muss der Gesetzgeber Regelungen schaffen, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem Grundsatz der „praktischen Konkordanz“ – also hier dem Ausgleich zwischen Wissenschafts- und Forschungsfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt und dem persönlichen Recht eines jeden auf Schutz gegen Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten – entsprechen.

    In Anbetracht dessen wurden jedoch auch bereits Gesetzliche Regelungen zur Forschung mit personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der Betroffenen geschaffen, um bei vorhandenen öffentlichen Interesse auf die Einholung der Einwilligung der Betroffenen verzichten zu können.

    Das ist im worst case vor allem dann der Fall, wenn dadurch die Betroffenen mit ihrer Einwilligung Erkenntnisse offenbaren müssten, mit denen sie vermutlich nicht mehr konfrontiert werden wollen. Davon ist ja im Fall der Dopingstudie auszugehen.

    Mir ist nicht klar, weshalb die Abwägung dieser Grundrechte nicht schon vor Beginn der Forschungsarbeiten eindeutig geklärt wurde, da doch scheinbar Wissenschaftler der Bundesrepublik schon seit Annahme des Grundgesetzes damit konfrontiert sein müssen. Es müssen doch dazu Erfahrungen und bürokratische Vorgehensweisen existieren. Wir haben sicher auch dafür schon lange ein Formular.

    Allerdings endet hier noch nicht das Stirnrunzeln.

    Es gibt Grund zur Annnahme, dass die Studien vorschriftsmäßig unter Beachtung der formalen und gesetzlichen Feinheiten vor zwei Jahren begonnen wurden. Alles andere wäre als äußerst diletantisch und ja grob fahrlässig zu bewerten.

    Dann erleben wir den Zwischenbericht und dann wartet man auf den Abschluss der Studie. Und jetzt kommt das nicht Nachvollziehbare: Das BISp legt nach § 11 Bundesdatenschutzgesetz den Wissenschaftlern eine Auftragsdatenvereinbarung (AVD) vor. Und – macht mich auch nachdenklich – sie akzeptieren nachträglich wahrscheinlich nach dem einfachen Motto „Augen zu und durch“ diese AVD. Und jetzt können sie sich nicht einmal mehr zu ihrer Forschungsarbeit öffentlich äußern.
    Fragen, die sicherlich bald wieder Anwälte und Rechtswissenschaftler beschäftigen könnten.

    Eine Erkenntnis steht allerdings jetzt schon fest: Mit der nachträglichen Errichtung der in Rede stehenden formalen und rechtlichen Hindernisse, dürfte klar sein, dass die Auftraggeber zu keinem Zeitpunkt an einer Aufklärung der deutschen Dopingvergangenheit interessiert gewesen sein können.

  23. @ha

    „Und ich bezweifle, dass man, selbst bei Öffnung aller Akten, auf eine staatliche Steuerung wie in der DDR stoßen würde, die auch die exakt verordnete Dopinganwendung über die sog. Verbandskonzeptionen einschloss. Diesen Unterschied haben die Berliner mit “systematischem” versus “systemischem” Doping gefasst. Man kann auch sagen: direktes staatlich organisiertes Zwangsdoping versus (hauptsächlich) indirekter Dopingzwang, durch Normensetzung, dopingbefürwortendes Sportpersonal etc.pp.“

    Ich weiß nicht, welche Form widerlicher ist. Das systemische oder das systematische Doping. Ich als Wessi mit Wohnsitz im Osten (scheint ja in der Diskussion eine Rolle zu spielen) traue mich gar nicht mehr daran zu glauben, dass die BRD weniger staatlich gelenkt hätte. Sie macht es eben über Medaillenzahlen und Fördergelder. Wo ist der Unterschied? In der Freiheit sich dafür zu entscheiden, zehn bis 15 Jahre der investierten Jugend einfach mal wegzuwerfen, wenn man sich plötzlich selbst entscheiden muss. In der DDR waren es dann Opfer der Unfreiheit (Wer weiß? Vielleicht konnte man doch nein sagen). In der BRD ist man dann Opfer des eigenen Gewissens?

  24. @anre. als ich vom osten in den westen umgebuürgert wurde, gabs als ratschlag: gibt hier auch vieles, nur viel subtiler. ist nicht so falsch. aber die ausweichmöglichkeiten ohne staatliche sanktion für die meisten sind groeßer.

  25. In Westen möchte man den Altvorderen in den Verbänden nicht weh tun. Andererseits soll es nach schonungsloser Aufdeckung aussehen. Die Fehler in der Ausschreibung und das daraus folgende fehlende Ergebnis kommen dem DOSB gerade recht. Bald wird Gras über die Sache gewachsen sein. Schließlich will die Öffentlichkeit ihre „Helden“ unbeschädigt in Erinnerung behalten.

  26. @29: klingt irgendwie traurig, als ob sie umgetopft worden wären wie eine Pflanze

    @ha: Da bin ich mit einverstanden. Auch sehr traurig, diese Schwimmerinnen zu sehen, die Körper wie Michael Phelps hatten…

  27. Klaus Blumes neustes Buch „Die Dopingrebublik“ erscheint zu einem passenden Zeitpunkt und passt in die Diskussion.

    Nicht aufdecken – nur kopieren
    Neues Buch gibt Einblicke in das zwielichtige Verhältnis der Dopingmacher in DDR und BRD
    Nicht nur in der DDR wurde von Staats wegen gedopt. Sondern auch im Westen. So lautet die These des Buches »Die Dopingrepublik«. Der Autor Klaus Blume, der sich seit fast einem halben Jahrhundert mit Korruption und Doping im Sport befasst, nimmt den Leser mit auf einen Parforceritt durch die Dopinggeschichte – mit starken und schwachen Passagen.

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/804159.nicht-aufdecken-nur-kopieren.html

    Grit Hartmann und ihre Co-Autoren veröffentlichten einst „Zum Doping in der DDR“, Klaus Blume wagt sich an einen Vergleich. Fehlt nur noch die unzensierte Veröffentlichung der 800-Seiten-Studie von Giselher Spitzer @ Co. und die Öffentlichkeit bekäme einen einigermassen balancierteren Einblick in staatlich gebilligtes und gefördertes Doping in Ost und West.

  28. Der Autor ist imho dafür bekannt, dass er seine Quellen (ich rede nicht von Personen, sondern von Unterlagen, Dokumenten, Fundstellen etc) kaum oder selten angibt. Oft genug hatte ich in den vergangenen Jahren den Eindruck, da arbeitet jemand mit copy+paste. Wenn nun schon in der verlinkten Rezension darauf hingewiesen wird, dass es keine Quellen- und Literaturverweise gibt, dann sollten wir eines tun: Über das Buch schweigen. Es lohnt die Diskussion nicht.

    Und Herbert: Ja, Sie sind verbohrt. Tut mir leid, das zu sagen. Aber Ihre Urteilsfähigkeit ist durch ihre Herkunft und ihre Agenda getrübt.

  29. Ich setze das mal unter meine beiden Berichte zum „Forschungsprojekt“: Eine Reaktion von Bisp und DOSB.

    Ein Dokument. Nur eines. Aber mehr, als die Berliner Seite bisher vorgelegt hat:

    BISp bezieht Stellung

  30. @35

    Huu wie geheimnisvoll. Einschreiben Rückschein. Standart? Systematisch -er Standart? Oder systemisch, weil auch Wessis dabei waren?

    JW! Alles Mist, Blendgranaten, Sackgasseneinfahrten, Erbsenzählerei.

    Wem nützt Doping? Wem schadet Doping? Nur um die beiden Fragen geht es doch. Wie schwer die Antworten zu finden sind, ist mir auch klar. Schließlich stehen fast alle Protagonisten gleichzeitig auf Täter- und Opferseite. Beispiel: Sie und ich gehören dazu. Bei mir gabs über 30 Mille cash. Sie haben sogar Preise bekommen. Ich hab unzählige körperliche Gebrechen, Sie sind schon mit dem einen Bein auf der schwarzen Journalistenliste.

    Und doch gibt es einige, die scheinen nur (bzw. ganz überwiegend) auf der Habenseite zu stehen. Jedenfalls haben sie als Dopingtäter gut genug dafür gesorgt, dass sich das auch nach Bekanntwerden nicht ändert. Und eine Truppe scheint hier gar keinen zu interessieren.

    Im Berliner Dopingprozess fiel das Wort vom „Mengele des Ostens“. Gemeint war ein Fachdoper mit Facharzttitel und ungenannt die ganze staatliche Dopingbande. Aber interessanter waren doch die Menschenversuche dahinter. Also ganz klar Jenapharm und Co.. Die haben (nach einer lapidaren Abschlagszahlung an die Opfer) den eigentlichen Vorteil gehabt. Das soll in Freiburg anders gewesen sein? Ich lach mich schlapp.

    Menschenversuche traut sich kein System, ohne die (faktische) Freigabe dafür, von ganz dicken Fischen bekommen zu haben.

  31. @ Jens

    Nun sag ich Ihnen mal was. Ich versuch´s nett. Sie müssen nicht die beleidigte Leberwurst spielen. Und Sie wollen mir doch auch nicht sagen, dass ich Ihr virtueller Gegner bin. Darauf, dass man auch woanders mal seine Meinung sagen kann, haben Sie mich nach unserem ersten Telefonat erst gebracht. Gut, war meine freie Entscheidung.

    Sie wissen doch selbst, dass man nicht einfach überall so seine Minderheitsmeinung schreiben kann, ohne gleich durchs Fegefeuer gehen zu müssen. In Foren und Bloggs wird oft nur die freie Meinungsäußerung gezielt genutzt, um die Attraktivität dieser Medien im Interesse der Betreiber zu erhöhen. Um die konträren Auffassungen schert man sich inhaltlich nicht. Weil die Wahrheit ja schon längst gefunden und daher vehement verteidigt werden muss. Früher nannte man das Dogmatisieren.
    Ob das bei Ihnen auch so ist, lasse ich mal dahingestellt.

    Ich beschreibe Ihnen mal ein in diesem Zusammenhang allzu oft erlebtes Szenario:
    Man schreibt etwas – begründet auf persönliche Informationen und teils auf Vermutungen – gegen die herrschende Auffassung. Dabei stellt man die Auffassung von Vertretern Ihrer Branche infrage. Nach kurzem Geplänkel wird man persönlich nach dem Muster des argumentum ad hominem angegriffen. Dann treten die Klakeure auf und man wird inhaltlich und sachlich isoliert.

    Wenn man weitermacht, wird man stigmatisiert, selbst wenn Informationen, Annahmen und Vermutungen richtig sind, werden diese ad absurdum geführt. Letzters ist mir hier kürzlich zweimal passiert. Man passt nicht mehr in die Diskussion, wird ausgegrenzt. Ein Überbleibsel aus „guten alten“ Zeiten. Wir können anscheinend nicht aus unserer Haut. Da wird man schnell vom Zweifler, zum Verharmloser, zum …. Es geht lange nicht mehr um das Problem, es geht um die Person, die eine andere Meinung hat.
    Am Schluß ist man sich einig und ignoriert denjenigen. Fein.
    Ihr Blogg ist dagegen nicht gefeit, obwohl ich Ihnen da nicht die Schuld geben möchte.

    Ja, Sie sind verbohrt. Tut mir leid, das zu sagen. Aber Ihre Urteilsfähigkeit ist durch ihre Herkunft und ihre Agenda getrübt.

    Na, da ist ja ein Ding. Sie kennen weder mich persönlich, meine Herkunft und auch nicht meine Agenda. Da Sie meinem einstigen Angebot stets bewußt aus dem Wege gegangen sind, haben Sie sich in das hier vor allem in mein, von Ihrer Freundin entworfenes Profil verbohrt. Gerade Sie als Journalist sollten jedoch wissen, dass Menschen komplexer als ihre Fernbeschreibungen sind. Aber gut, Sie und andere wollten mich in die dunkle Ecke stellen. Scheint ja teilweise gelungen.

    Allerdings ein letztes Wort. Jemand, der wie Sie genau darunter leidet, dass er schnell und oft stigmatisiert und ungerecht behandelt wird, sieht nicht, wie das Gleiche mit anderen auch gemacht wird.
    Ein oft beobachtetes Phänomen.

  32. @Herbert
    Versöhnlich: Wenn man, wie Sie über sich schreiben, eine „Minderheitsmeinung“vertritt und glaubt, damit das Richtige zu tun, dann muss man auch die Folgen – auch Kritik, noch das kleinste Problemchen, wenn überhaupt eins – aushalten können. Gilt nicht nur auf diesem Blog, nicht nur für Sie. Sollten Sie wissen. Wissen Sie auch.
    Geprägt sind wir alle, nur unterschiedlich. Und natürlich ist das erkennbar, wenn man sich öffentlich zeigt.
    Im Übrigen, die persönliche Eitelkeit hinter dieser Anmerkung mögen Sie nachsehen: Ich lass mich ungern auf „Doping in der DDR“ reduzieren, selbst wenn das Thema wichtig genug ist. Haben Sie mehr so kursorisch gelesen. Macht aber nichts.

  33. Sie irren, ich lese Bücher nie kursorisch. Dann lege ich sie schon mal eher weg. Ihrs gehört jetzt zu denen, die ich gelesen habe. Fleißige Arbeit. Fragen gäbe es natürlich. Aber das wäre nichts für den Blogg. Ich intendiere auch nicht zu Polemik, viel Raum sehe ich da auch nicht. Prinzipielles ja, aber das läuft ja eh schon hier.
    Ansonsten habe ich mich gut orientieren können, da vor allem Leipzig und der Sport dort mir aus ganz persönlichen Gründen lange am Herzen lag.

    Viele, besser einige gingen ja aus Leipzig im März 1990 nach Berlin. Ein Deja Vu, ich hatte es beinahe vergessen. Sehr schade, dass nicht mehr Zeit blieb, um Dinge unabhängig und gemeinsam zu klären anstatt sich Hals über Kopf – auch von völlig Unbedarften, Unsportlichen und Uninteressierten – Wege und Vorgehen oktroyieren zu lassen. Ich erinnere mich noch gut, dass man im Ausland – wie auch der damalige Sportminister Frankreichs Roger Bambuck – immer wieder nachfragte, was wir da eigentlich machen.
    Ja, und dann wurden die Klärungen der brisanten Fragen in einem politischen Kontext gezwungen, der dem Thema mehr schadet als genutzt hat und für einige ein „gefundenes Fressen“ war.

    Manchmal erinnert mich das alles wie an die entscheidende Episode in der Geschichte der Comedian Harmonists.

    Weder das Buch, noch Sie reduziere ich auf Doping. Was mir jedoch auffällt, dass man Sie allzu schnell so einordnet. Aber das hat ja auch Gründe, die mehr bei Ihnen als bei anderen liegen.

  34. @ jw .. danke für das Schreiben. Es ging also um eine Rechtsschutzzusage? War die wirklich gefordert worden? Und wofür – wenn keine Namen drinstehen? Mir ist noch immer unklar, warum die Forscher 2011 (!) diese „Datenschutzerklärung“ unterschrieben haben.

  35. @41, ich drehe mal ein Stück weiter: Weshalb hat die im Februar 2011 unterzeichnete Erklärung zur Auftragsdatenverarbeitung nicht am 26./27.9.2011 zu einer „Ergebnispräsentation-ohne-Namensnennung-Veranstaltung“ geführt? Da wurden von beiden Gruppen ganz offen die Namen von verantwortlichen oder involvierten Sportfunktionären genannt, was bei der Abschlussveranstaltung sowie der Veranstaltung in Frankfurt (Oder) trotz gleicher Rechtslage nicht möglich war.

    Bei Durchsicht meiner Unterlagen vom September 2011 habe ich keinen Hinweis der Forschergruppen gefunden, dass sie auf die Existenz einer Vereinbarung und deren mögliche Restriktionswirkung hingewiesen hätten. Wäre zum damaligen Zeitpunkt sicher angebracht gewesen, um noch für Phase III gegensteuern zu können.

    Auch kann die Unterzeichung einer Vereinbarung ja ganz offensichtlich keine verwaltungsrechtliche Auflage des BISp gewesen sein, denn das Forschungsprojekt lief ja schon seit mindestens 17 Monaten.

    Dieses Forschungsprojekt hinterlässt viele Fragezeichen.

  36. Jetzt komplett verfügbar: „Alle wussten vom Betrug im Westen“

    1976 war ich geschockt von dem, was in manchen Sportarten üblich war. Gravierend war es im Gewichtheben, im Schwimmen, in der Leichtathletik und im Radsport.
    […]
    Die gedopten Athleten sind verantwortlich für das, was sie getan haben. Aber den Sportler allein an den Pranger zu stellen, das war der Sündenfall des Sports. Damit hat er versucht, sich zu entlasten. Bis heute wurde kein Verbandspräsident, kein Sportdirektor, kein Verband sanktioniert und Trainer nur ausnahmsweise. Der gravierende öffentliche Skandal ist dabei das Medizinsystem, denn ohne medizinische und pharmakologische Expertise ist Doping nicht möglich
    […]
    Es gibt Hinweise auf internationale Informationssysteme und Dealerstrukturen. Der Medikamentenschwarzmarkt hat ein enormes Ausmaß erreicht. Die Zahl der Sportarten, in denen Dopingmissbrauch aufgedeckt wurde, steigt. Und wenn man kontrolliert, findet man immer nur das, was kontrollierbar ist. Der Sport gaukelt der Öffentlichkeit vor, dass er das Problem im Griff hat.

  37. Dass ich den DOSB am 6. November gelobt habe, das ist wohl ein Gerücht. Dass ich von Fischer, Vesper, Alfermann gelobt wurde, liegt mir bis heute schwer im Magen: Wo bleiben die Konsequenzen eines solchen Lobs für die Förderung der Präventionsarbeit oder für die Bereitschaft für ein Dopinggesetz???
    In einem Beitrag auf Facebook habe ich dagegen im Zusammenhang mit dem Armstrong-„Geständnis“ sehr die wenigen investigativen Journalisten gelobt: Ohne deren meist schlecht bezahlte Arbeit, verbunden mit hohem Risiko (vor allem Klagen) sähe es an der Betrugsfront noch viel schlimmer aus. Zu diesen wenigen gehörst Du ebenso wie Ralf Meutgens, Grit Hartmann, Hajo Seppelt und wenige andere mehr an vorderster Stelle genannt, herzlichen Dank für Deine Arbeit!

  38. Herbert Fischer-Solms in der FAZ: Willi Daume: Visionär der Leichtigkeit

    Über Doping habe Daume „nicht mit sich diskutieren lassen und alle, die damit anfingen, massiv zusammengestaucht.“ Eine Erfahrung, die auch der damalige DSB-Vizepräsident von Richthofen machen musste, als er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Doping-Untersuchungskommission auf die Abberufung des Doping-Befürworters Joseph Keul als Olympia-Arzt drängte und Daume dem Freiherrn die Tür wies. Die Olympia-Athletin und Doping-Gegnerin Brigitte Berendonk nannte den NOK-Chef einen „Häuptling und Hohepriester der Doppelzüngigkeit“.

  39. Wie wenig ihm die Entwicklung gefiel, sagte er klar und deutlich den Journalisten, die er bei den IOC-Tagungen in sein unaufgeräumtes Hotelzimmer beordert, und die sich auf der Bettkante niederließen, nachdem sie die herumliegende Gebrauchtwäsche beiseitegeräumt hatten.

    Wehe, der Jens beschwert sich nochmal über vergebliche Interviewversuche…

  40. Michael Reinsch in der FAZ: Doping-Bericht: Bitte warten

    Er sehe keinen Grund, dass nicht der Sportausschuss des nächsten Bundestages sich in aller Ruhe mit den Forschungsergebnissen beschäftigen solle, sagte Klaus Riegert. Er und die Regierungsfraktionen lehnten den Antrag ab, den Bericht auf einer Sondersitzung knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl in Empfang zu nehmen. Damit sprach der scheidende Unionsabgeordnete, vielleicht deutlicher als er wollte, ein Schlusswort zur Arbeit des Sportausschusses. Diese fand, ungehört und ohne Folgen, weitgehend hinter verschlossenen Türen statt. Auch am Schlusstag machte der Ausschuss nicht den Eindruck, als wollte er Sportpolitik machen.

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