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Das Olympische Bildungsmagazin

dapd sagt: Schadenersatzforderung gegenstandslos

ZÜRICH. Ich habe am Nachmittag zwei Emails aus dem dapd-Office erhalten. Demnach ist die Schadenersatzforderung gegen mich, über die ich heute morgen berichtet habe, gegenstandslos.

Gut so.

Es ist von einem Versehen die Rede, eine Entschuldigung gab es auch. Leider möchte der dapd-Verantwortliche, der sich am Morgen erstmals telefonisch bei mir gemeldet hatte, nicht, dass ich seine Emails veröffentliche. Er möchte auch nicht zitiert werden. Das finde ich sehr schade, weil ich seine Sätze im Grunde – in meinem Fall – als durchaus nachvollziehbar empfunden habe. Das muss ich aber, leider, respektieren.

Die Wende, mit der ich – ganz ehrlich – absolut gerechnet hatte, lässt mich aber nicht frohlocken. Denn die Probleme bleiben ja, und in den Kommentaren zu meinem Beitrag von heute morgen ist dazu vieles Interessante und Kluges gesagt worden, wie ich finde. Dort findet man nun auch viele nützliche Links.

Ein Problem besteht darin, dass nicht nur die dapd, sondern viele andere Medienunternehmen mit Kanonen auf Spatzen schießen. Sie schicken Heerscharen von Abmahn- und Inkasso-Anwälten in die Spur. Irgendwas bleibt dann schon hängen, weil manche Betroffene, selbst wenn sie sich nichts zu Schulden kommen ließen, vielleicht nicht die Laune, nicht den Mut oder was auch immer nicht hatten, um sich zur Wehr zu setzen. Das ist eine grundsätzlich sehr unbefriedigende Situation, die sich künftig, wenn dieses Leistungssschutzgesetz, für das die Verleger-Lobby seit Jahren mit vielen unsauberen und skandalösen Mitteln kämpft und munter die Wahrheit beugt, wie geplant von der Koalition verabschiedet wird, gewiss weiter zuspitzt.

Ich habe mir den Luxus geleistet, die Diskussion um Leistungsschutzgesetz und ACTA nur passiv zu verfolgen und kann dazu nur die üblichen Verdächtigen empfehlen, ohne Wertung und Anspruch auf Vollständigkeit, getreu dem Motto „mach, was Du kannst und verlinke den Rest“:

Es ist kein Trost zu wissen, dass meine Art des Zitierens und der journalistischen Verarbeitung, in diesem Fall goutiert wird. Dazu möchte ich keinen Roman schreiben, einige Bemerkungen zum inkriminierten Beitrag – es ging um die Verurteilung des korrupten ehemaligen HR-Sportchefs Jürgen Emig – habe ich im Laufe des Tages in Kommentaren notiert. Andere Kommentatoren haben sich dazu geäußert. Ich fand u.a. interessant:

Franz: 

So was Lächerliches wie diese dapd-Abmahnung hab ich noch selten gelesen. Sicherlich ist das Zitat sehr ausführlich, aber die Quelle korrekt angegeben und vor allem: Was bitteschön war denn die eigene intellektuelle Leistung von dapd (bzw. seinerzeit AP Deutschland) bei diesem Textabschnitt? Das sind bloß ein paar zusammengeschnippelte Aussagen des Richters, mal in direkter, mal in indirekter Rede. Eigenleistung: marginal. Wenn überhaupt müsste dem Richter das Urheberrecht an einem Großteil der beanstandeten Passage zustehen :-)

B.Schuss:

ich bin sicher auch kein Freund von Abmahnungen, aber nur so aus Neugier, und weil ich selbst nicht vom Fach bin: wo ist denn die Grenze zwischen dem Zitatrecht, und der unzulässigen kommerziellen Nutzung von Texten, die andere erstellt haben ( und diese “Leistung üblicherweise gegen Geld an Journalisten verkaufen ) ?

Es ist nun mal so, dass Stefan als Medienjournalist quasi berufsmäßig die Arbeit anderer Journalisten und Medienschaffender zitiert. Kommt er da nicht automatisch fast immer in diese Grauzone?

Oder ist das auf der Meta-Ebene ( Journalist, der über die Arbeit anderer Journalisten berichtet ) was anderes ?

Nandor:

@ Zitatrecht: Es kommt natürlich auf den Einzelfall an. Das mag manchmal ein schmaler Grat sein, aber hier (ohne Experte zu sein) meiner Meinung bei aller juristischen Spitzfindigkeit nach hoffentlich ja wohl nicht. Das betreffende Zitat erfüllt seinen Zweck im Rahmen der Funktion und der Bedeutung des Blogeintrags, ich hätte übrigens auch keine Probleme zu sagen: auch unter Berücksichtigung von Jens’ langjähriger journalistischer Arbeit. Es geht hier, wie bei die vielen, vielen anderen Zitaten und Verlinkungen hier, immer um einen Hinweis auf weitere Quellen und andere Darstellungen, aber eben im Rahmen journalistischer Auseinandersetzung mit sportpolitischen Themen.

Wer ein Zitat einer (eigenen trifft es ja nicht so ganz) geistigen Leistung derart bekämpft, offenbart sein Verständnis von (angeeigneten) Meinungen als geistigem Eigentum in dem Sinn, das es sie als Schatz zu hüten und zu verteidigen gilt. Und dass man sie am besten gar nicht teilt. Für jemanden, der mit Informationen sein Geld verdient (Wolfgang Zehrt würde wahrscheinlich das Wort KOMMERZIELL hier verwenden, das klingt so schön anrüchig), eine wahrlich atemberaubende Einstellung über die eigene Rolle in der Gesellschaft. Ihr Nachrichtenleute, Ihr genießt den besonderen Schutz der Pressefreiheit, weil ihr der Informationsfreiheit verpflichtet seid. Ihr genießt es genau deswegen, weil Ihr hinnehmen müsst, dass man über Euch redet, Euch kritisiert, sich mit Euch auseinandersetzt, Ihr verlinkt werdet.

Und da lass ich gar nichts gelten von “Ist uns bei 5000 anderen schlimmen Fällen leider durchgerutscht”. Das Missliche an dieser ganzen Unart des Abmahnungs-Geschäftsmodells ist doch, dass es auf die Feinheiten des Urheberrechts aus der Perspektive der Anspruchsteller gar nicht so ankommt. Die Masse machts, da verliert man halt ein paar Prozesse, wo gehobelt wird, da fallen Späne – es lohnt sich trotzdem. Irgendjemand trifft die Entscheidung, ab welchem Punkt man die angebliche Urheberrechtsverstöße verfolgen will; wie weit man da ins Risiko reingeht; wie weit man da mit der Angel fischt, dem Kescher oder dem Fangnetz. Und zwar genau deswegen, weil er es so will.

Jürgen Kalwa:

Es wäre etwas anderes, wenn sich der Hausherr die fragliche Textpassage ohne Nennung der Quelle und ohne Verlinkung des Gesamttextes angeeignet hätte. Hat er aber nicht. Er hat zitiert.

Wie sehr gerade der inkriminierte Blog-Eintrag den Charakter eines Pressespiegels hat, sieht man an den Kommentaren. Sie bestehen überwiegend auf weiteren Hinweisen auf Veröffentlichungen in Zeitungen. Natürlich müsste man einen Richter im Rahmen eines Prozesses zunächst einmal davon überzeugen, dass ein Blog heutzutage mitunter durchaus auch so etwas sein kann wie ein Pressespiegel. Aber dafür gäbe es in diesem Fall dingfeste Belege.

Davon abgesehen: Ist das hier eigentlich inzwischen Makulatur? “Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist.” (§ 51 UrhG)

Stephan:

Mal ganz abgesehen von der Reichweite des Zitatrechts: Die urheberrechtliche Schöpfungshöhe kann man bei einem Nachrichtentext durchaus mal grundsätzlich anzweifeln. Im Perlentaucher-Urteil hat der BGH sich ziemlich viel Mühe damit gegeben, in Ausgangsmaterial und Abstract besonders hübsche und kreative Formulierungen zu finden, die die Bewertung “unfreie Bearbeitung” rechtfertigen. Bei Nachrichtentexten, bei denen die zugrundeliegende Sachlage kaum eine abweichende Gestaltung zulässt und die keine wesentlichen eigenschöpferischen Elemente enthalten, kann das anders sein. Schutzgegenstand ist ja die schöpferische Qualität, nicht die wirtschaftlich-organisatorische Leistung. Und genau so ist das ja auch gewollt: Tatsachenmitteilungen sollen eben nicht schutzfähig sein, schon um den freien Meinungsaustausch und die Meinungsbildung nicht zu beeinträchtigen. Und noch gibt es ja kein Leistungsschutzrecht für Presseprodukte…

In der Tat sehe ich mich in vielen Blogbeiträgen hier als eine Art Kurator. Ich bin ein Fachidiot, kenne mich in meinen Themenfeldern (internationale Sportpolitik, Korruptionsbekämpfung, Finanzierung von Mega-Events etc) einigermaßen aus, recherchiere auch manchmal und versuche meinen Job zu machen, ich will ein bisschen Licht in Dunkelfelder und Struktur in komplizierte Sachverhalte bringen – und vor allem will ich meine Angebote und die Themenfelder öffentlich diskutieren und dazu lernen. That’s it. Das habe ich so ähnlich schon tausendmal formuliert.

Ich sehe mich als öffentlicher Bearbeiter eines Themas. Ich versuche, auf meinen Gebieten die Diskussion zu bereichern und – wenn alles gut läuft – einen Erkenntnisgewinn herbei zu führen. Mehr nicht.

Auch bei Thomas Stadler habe ich heute interessante Anregungen gefunden. Und „Mashup“ von Dirk von Gehlen werde ich jetzt endlich mal lesen.

Stadler schreibt:

Man kann und sollte sich meines Erachtens von der Vorstellung des geistigen Eigentums verabschieden und aufhören, das Urheberrecht oder gewerbliche Schutzrechte als absolute, eigentumsgleiche Rechte zu betrachten. Vielmehr sollte man übergehen zu einem Konstrukt einer zwar geschützten Rechtsposition, die sich aber der ergebnisoffenen Abwägung mit anderen legitimen Interessen und Rechtspositionen stellen muss und keinen regelmäßigen Vorrang für sich reklamieren kann.

Wenn man stattdessen den tradierten Weg fortsetzen will, so muss man doch erkennen, dass es dem Wesen des “geistigen Eigentums” entspricht, einer wesentlich stärkeren Sozialbindung zu unterliegen als das Sacheigentum. Denn Geisteswerke sind gleichzeitig auch Bestandteil des Wissens und der Kultur der gesamten Menschheit und als solches ab dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung auch Allgemeingut. Sie sollten deshalb idealerweise nicht nur ungehindert zugänglich sein, sondern auch einer möglichst ungestörten Weiterentwicklung unterliegen.

Genau an diesem Prozess der Weiterentwicklung, wenn man so will, der Themenentwicklung, des Öffentlichmachens, des Erklärens, manchmal auch des Enthüllens, versuche ich mich.

Auf einer Journalismus-Konferenz Anfang Oktober 2011 im Deutschlandfunk habe ich versucht, meine Art des sportpolitischen Journalismus zu beschreiben. Ein Auszug:

Wir leben in einer Medien-Revolution. Wir wissen nicht, ob das, was wir heute noch Journalismus nennen, auch morgen noch so heißt und noch existiert.

Weil sich das Mediensystem aber so kolossal ändert und auf Dauer kein Stein auf dem anderen bleibt, muss sich ja wohl auch der Journalismus ändern. Oder?

Es gibt kein Zurück in die gemütlichen, guten alten Zeiten.

Eine Google-Vizepräsidentin sagt voraus: „2025 kann ein iPod alle Lieder, Filme und Texte speichern, die in der Geschichte der Menschen erschaffen wurden.“

Ich kann also ein komplettes Menschheitsarchiv in der Tasche haben – oder in der Cloud.

Außerdem: Jeder hier im Saal kann in wenigen Minuten ein Massenmedium etablieren. Wenn er nicht will, muss er für sein Blog, also sein Medium, und andere Tools der Informationsverbreitung und Kommunikation, wie Twitter und Facebook, nicht einmal etwas bezahlen.

Ausgestattet mit der nötigen Expertise und Engagement kann jeder auf seinem Fachgebiet mit herkömmlichen Massenmedien konkurrieren.

Was heißt das für Journalismus?

Es heißt unter anderem, dass Journalisten vom hohen Ross herunter müssen. Sie müssen sich öffnen, wirklich kommunizieren mit dem Kunden, den ich kaum noch Rezipient nenne, sondern eher: Diskussionsteilnehmer.

Wer komplizierte sportpolitische Themen im dritten Jahrtausend noch immer in einer Einweg-Kommunikation aus den Anfangsjahren des Zeitungswesens abhandelt, ist gewiss nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Wer zu derlei Themen, nehmen wir etwa den Dopingfall Pechstein oder andere Prozesse, nicht Dokumente auf seinen Plattformen bereit stellt und diskutiert, wird seinem Job nicht mehr gerecht. Glaube ich. In 100 Zeilen, alle paar Wochen, ist das nicht abzuhandeln.

Zudem: Auch sportpolitischer Journalismus muss Echtzeit-Journalismus sein. (Das gilt gewiss nicht für alle Recherchethemen, grundsätzlich aber schon.)

Monopole auf Information werden aufgebrochen. Wir reden über Open Data, Open Access – und ich meine damit nicht die Fußballstatistiken, die derzeit überhand nehmen, wobei viele meinen, mit dem Zählen von gelaufenen Metern alles erklären zu können. Womöglich sogar Korruption bei der FIFA? Das hat zum Glück noch niemand versucht.

Wir diskutieren also über freien Datenzugang und über Informationsfreiheitsgesetze.

Das Imperium wehrt sich noch, doch auch auf Dauer wird mehr Information verfügbar sein, sogar im traditionell rückschrittlichen Deutschland, wo beispielsweise der sportpolitische Komplex, wie ich es gern bezeichne, die Veröffentlichung von Daten verhindert, die der Steuerzahler zur Verfügung haben sollte.

Die Aufgabe an Journalismus lautet natürlich immer noch, Journalisten haben Informationen zu recherchieren, Missstände aufzudecken, nicht nur PR-Meldungen widerzukäuen. Mehr aber ist der Journalist als Kurator und Moderator gefordert.

Und da sind wir, im sportpolitischen Bereich, über den wir hier reden, noch in der Steinzeit. Schauen Sie sich doch die Angebote der Mediengiganten an – wo wird wirklich offen diskutiert, anhand von Dokumenten, wo werden Recherchewege offengelegt?

Dabei sind die Chancen doch so groß. Journalisten müssen nur teilen lernen, geben und teilhaben lassen – dann werden sie auch nehmen dürfen.

Der Internet-Philosoph Sascha Lobo, der Mann mit dem Irokesenschnitt, hat kürzlich nach dem Erfolg der Piratenpartei geschrieben, irgendwo da draußen ist immer jemand, der seine zweite Doktorarbeit zu diesem oder jenen Thema geschrieben hat. Ein Experte.

Das muss man nutzen.

So kompliziert sich der Journalismus und die Organisation des Journalismus auch gestalten. Im Prinzip gilt eines weiter:

Gewisse Grundtugenden sind gefragt.

Tugenden, Tätigkeiten, Aufgaben, wie immer sie es nennen wollen:

1. Haltung zeigen. Haltung bewahren. Widerstände überwinden.

2. Recherchieren.

3. Öffentlichkeit herstellen.

4. Mit Haltung, Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit Vertrauen aufbauen.

5. Moderieren und Kuratieren.

Subjektivität ist gefragt. Was beispielsweise im Feuilleton oder der Reportage seit jeher goutiert wird, muss auch im sportpolitischen Journalismus gelten. Das Dogma der Trennung von so genannter Information und Kommentar war immer verlogen.

Entscheidend ist, was man seinen Kunden mit an die Hand gibt – mir hat einmal ein Leser, oder nennen wir ihn Diskutant, in meinem Blog geschrieben: Ich kämpfe mich durch deine Texte, ich stimme nicht immer inhaltlich mit dir überein, aber weil du auf Originalquellen, andere Medien verlinkst und Dokumente bereitstellst, kann ich mich einlesen, wenn ich will, und überprüfen, wie du zu deinen Kommentaren und Schlussfolgerungen kommst.

Ich glaube, die Zeit der allwissenden Großkommentatoren ist vorbei. Der Rezipient, um doch noch mal den Begriff zu verwenden, weiß oft besser als Journalisten, wie man an Informationen kommt und diese überprüft.

In meinem Blog stellt beispielsweise ein gewisser Ralf stets die richtigen Fragen, bereichert die Diskussion mit ungezählten Links, findet Dokumente im Internet in Lichtgeschwindigkeit (woraus manche Medien Exklusivmeldungen basteln würden) – Ralf ist also eigentlich journalistisch tätig, finde ich. Aber er ist kein Journalist. Sondern Wissenschaftler.

Fragen stellen, die richtigen Fragen stellen, ist eine Kernaufgabe des Journalismus. (Nicht zu verwechseln mit Gefälligkeitsinterviews, harmlosen Gesprächen etwa zur Fußball-Bundesliga, die letztlich nichts anderes sind als Marketing.)

Fakt ist: sein Recht als „Informationsmanager“ muss sich der Journalist unter neuen Bedingungen neu erarbeiten.

Der Journalist als reiner Bote verliert an Bedeutung und ist in vielen Bereichen schon heute überflüssig.

Ich habe meine eigenen Nachrichtenagenturen zusammengestellt, über Feeds und Tweets, über Facebook-Empfehlungen. Ich hole mir die Informationen direkt von den Quellen, also auch vom potenziellen Gegner, ob er nun DOSB oder FIFA heißt, also auch direkt von PR-Schaffenden und Propagandisten, und von Menschen, denen ich vertraue, weil sie Fachkenntnis haben und offen kommunizieren.

Offen kommunizieren heißt u.a.: Quellen nennen. Geben – nicht nur nehmen. Diskutieren. Einstecken können. Fehler eingestehen und korrigieren.

Ich weiß, dass es noch immer viele Journalisten gibt, die darüber die Nase rümpfen.

Denen schmettere ich fröhlich entgegen: Freunde, lernt die neuen Kulturtechniken!

Wir reden nicht über Trends, wir reden über Umwälzungen.

Aber das führt gewiss schon zu weit. Oder?

Ralf hat übrigens auch heute eine wichtige Frage gestellt. Er schrieb mir:

Was ist denn von solchen dapd-Zitaten zu halten? Alle löschen?

http://www.jensweinreich.de/2009/07/27/renaissance-der-gansefusschen-ddr-doping-bock-ullrich-stasi-verbotenes-und-eine-opferdebatte/#comment-34880

http://www.jensweinreich.de/2011/02/22/burgerbegehren-gegen-olympia-2018-in-garmisch-partenkirchen/#comment-30141

http://www.jensweinreich.de/2011/01/10/ein-bayrisches-qualitatsprodukt/#comment-29733

http://www.jensweinreich.de/2008/10/10/die-machtigsten-sportfursten-der-welt/#comment-32857

etc. pp.

Nö. Mit meiner bescheidenen Erfahrung von heute fühle ich mich darin bestärkt, dass diese Art des Zitierens, die Ralf und andere da pflegen, völlig in Ordnung ist, wenn wir gemeinsam ein Thema öffentlich verhandeln.

Ich sage aber einmal mehr, dass ich mich sehr oft von Journalisten beklaut fühle. Denn natürlich bin ich einerseits so blöd, hier alles zu veröffentlichen, oft genug auch Zwischenergebnisse laufender Recherchen, und öfter als mir lieb ist, finde ich Formulierungen oder Textpassagen in anderen Medien wieder oder sehe meine Dokumente als vermeintlich exklusiv woanders verkauft oder beobachte ähnliche Ideen bei der Bearbeitung eines Themas. Das wäre alles total in Ordnung, wenn die Quelle/der Ideengeber (also www.jensweinreich.de) zitiert würde, gemäß jener Lizenz, die ich im Impressum des Blogs verlinkt habe – das passiert aber in vielleicht einem von zehn Fällen. Maximal.

Abschließend, was ich heute früh vergessen hatte:

Ich wurde in den vergangenen Wochen, wenn ich mich recht erinnere, ohne die Unterlagen durchzugehen, von drei Verlagen, für die ich gelegentlich tätig bin, aufgefordert, meine eigenen Beiträge von meinem Blog zu nehmen oder Lizenzgebühren zu zahlen. Ich denke gar nicht daran. Ich leiste mir naiv-optimistische Ansichten und gehe immer davon aus, dass ich Produkte, die ich an Medienunternehmen verkaufe, hier im Blog (meist verbessert, ergänzt und wenigstens verlinkt) auch veröffentlichen und zur Diskussion stellen darf. Das habe ich den Herrschaften jeweils unaufgeregt mitgeteilt.

Bis jetzt ging das gut.

Heute ging das gut.

Und morgen?

24 Gedanken zu „dapd sagt: Schadenersatzforderung gegenstandslos“

  1. Vielen Dank! Super Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt eines Urhebers und Abmahnopfers!

    Zur Aufforderung, die eigenen Beiträge vom Blog zu nehmen oder Lizenzgebühren zu zahlen, ist doch die Frage, ob es einen Vertrag gibt, der besagt, dass Sie den Verlagen die Texte zur exklusiven Verwertung verkauft haben. Verlage glauben das manchmal, beanspruchen das z.B. für ein Jahr (wie beim Leistungsschutzrecht), obwohl sie gar keinen schriftlichen Vertrag mit einem Urheber geschlossen haben.

    Zur Lizenz CC BY-NC-SA 2.0 muss ich sagen, dass ich Ihre CC-Lizenzierung gut finde. Aber „wenn die Quelle/der Ideengeber (also http://www.jensweinreich.de) zitiert würde“, wären die Lizenzbedingungen keineswegs erfüllt. Für viele potentielle „Lizenznehmer“ wäre die Einhaltung dieser Lizenz allerdings derzeit auch gar nicht machbar: NC=nicht kommerziell und SA=Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Wenn ein Journalist Ihre Recherchen qua CC-Lizenz verwerten will, erfüllt er beides i.d.R. nicht.

    Aber ich werde demnächst mal einen Artikel von Ihnen per CC-Lizenz in mein Blog aufnehmen. Zur symbolischen Unterstützung von freien Lizenzen.

  2. Wenn das alles nur ein ganz traurig und nicht nachvollziehbares und dadurch auch in Zukunft leider nicht zu verhinderndes Versehen war, kannst Du dann das Zitat im Emig-Artikl wieder nchtragen?

    Oder war nur die monetäre Forderung ein Versehen und das Zitat muß gelöscht bleiben?

  3. Morgen wird alles wieder anders

    Entschuldigung wegen aus “Versehen”

    Weils mich interessiert, habe ich mal weiter geschaut und es scheint so, als habe dapd auch die Fahndung nach Bildrechte-Verletzern/Bilderdieben optimiert.
    Da gibt es den Service von Photopatrol.de.
    Illegale Bildnutzungssuche mit Anwaltsanschluß
    Schaut man sich die Anschrift an, dann landet man wo?
    Just da wo auch dapd sitzt: Reinhardtstr.52, 10117 Berlin.
    Schön, wenn man so mitbekommt wem die von Steuerzahlern finanzierte Förderung zunutze kommt: Entwickelt wurde das Monitoring-System in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut HHI und wird durch ein Förderprogramm der Bundesregierung (ZIM-Projekt) unterstützt. (Steht in einer der Pressemitteilungen).
    Toll, dass es jetzt mal so richtig los geht und sich eine Nachrichtenagentur um die Kleinkriminellen im Netz kümmert.
    Das konnte ja so nicht weitergehen.
    Und da die Nachrichtenagtur das allgemeine Bild über das Gesindel im Netz maßgeblich bestimmen kann, durch die Beiratsbesetzung Zugriff auf politische Kreise hat, durch die Investorenhistorie ingesamt bestens vernetzt ist, wird es wohl kaum ein entkommen geben.
    Die Deutschland AG ist wieder aktiv.
    Schönes, neues Wirtschaftswunderland.
    Ein Paradies für Investmentmanager.
    Bitte zahlen Sie vor dem ausschalten des PCs mit Kreditkarte an der Online-Kasse …

    Derzeit sind es nur unbestätigte Gerüchte, aber angeblich soll bei dapd und ihren Töchtern ein Entschuldigungsautomat in Entwicklung sein. Der verschickt dann die Entschuldigung an jeden Abgemahnten, der in seinen Blogs mehr als 1.000 Klicks bekommt. Gegen Bezahlung einer geringen Aufwandsentschädigung gibts eine Pressemeldung als Add-On.

    Ein sist sicher: Morgen gehts schneller, einfacher, optimierter. Dann brauchts auch keine PR-Leute mehr, die sich angestrengt bemühen.

  4. Sie schiessen nicht einfach mit Kanonen auf Spatzen, das wäre ja simpel. Sie schiessen auf die Spatzen mit Schrotgewehren in Kanonengrösse, und man glaubt auch garnicht, wie irre viel Munition sie für die Dinger haben.

  5. Genau das ist die entscheidende Frage: Was ist MORGEN? Exakt deshalb ist der Kampf gegen eine Pervertierung des Begriffs des geistigen Eigentums zu führen. Gegen ein „Leistungsschutzrecht“, gegen ACTA, gegen 2-Strikes und ALLES, was sich (inter)nationale Regierungen und EU da so einfallen lassen.

    Als Bundestagsabgeordneter wollte es mir der BT-Drucksachenverlag übrigens vor Jahren schon mal verbieten, meine eigenen (!) parlamentarischen Anträge auf meiner Homepage zu veröffentlichen. Es trifft also nicht „nur“ Journalisten.

    Jörg Tauss
    Freier Journalist
    MdB von 1994 – 2009

  6. Gut so. Übrigens das Design sieht mit der neuen Schrift (viel lesbarer, leicht zu skalieren), den anderen Eingabefeldern, der Kommentarvorschau, den Hinweisen zu HTML-Tags darüber und der jetzt angenehm gekürzten Linkliste in der mittleren Spalte viel besser aus. Sehr schön.

  7. Wenn der Link nicht schon in der Diskussion im Ausgangsartikel stand: Everything is a remix halte ich für die bislang beste Zusammenfassung zu dem Thema. Nachrichtenagentur ist ReMix pur, bei der Vielzahl von Quellen, Zitaten und dem immer wieder einfließenden Archivmaterial.

  8. @Jens:

    danke fürs Zitieren. Aber ich sehe, ich hab mal wieder „Stefan“ anstatt „Jens“ geschrieben. Ich bring euch beide immer durcheinander…^^

    Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich Verständnis für beide Seiten habe. Wer tatsächlich eigene inhaltliche und textliche „Leistung“ erbringt ( ob alle der Nachrichtenagenturen das tun, kann ich nicht beurteilen ), muss auch die Möglichkeit haben, seine Rechte als Urheber durchzusetzen.

    Gleichzeitig muss es aber auch den Medienschaffenden möglich sein, sich auf die Texte anderer zu beziehen, und aus ihnen im Rahmen einer wiederum eigenen textlichen / inhaltlichen Leistung zu zitieren,ohne direkt in den Fängen der Abmahnanwälte zu landen ( eine rechtliche Regelung übrigens, die ebenfalls dringend der Reform bedarf ).

    Die Frage ist, wo man diese Grenze zieht. Und ob man überhaupt eine Regelung finden kann, die im modernen digitalen Zeitalter besteht.
    Meine Befürchtung ist aber, dass es im Zweifelsfall immer eine Abwägungsfrage bleiben wird, und damit letztendlich eine Frage für die Gerichte.

  9. Das ist eine grundsätzlich sehr unbefriedigende Situation, die sich künftig, wenn dieses Leistungssschutzgesetz, für das die Verleger-Lobby seit Jahren mit vielen unsauberen und skandalösen Mitteln kämpft und munter die Wahrheit beugt, demnächst wie geplant von der Koalition verabschiedet wird.

    Da fehlt was: verschlimmern wird?

  10. @sebastian (#10)
    äh… wie meinen? wenn sich hier seit gutenbergs zeiten etwas nicht geändert hat, dann die schriftarten. dachte ich zumindest. ich meine, solange du der meinung bist, dass es jetzt besser ist als vorher, ist sowieso alles gut — aber würde mich schon interessieren, was genau sich da jetzt geändert haben soll. außer deinem OS, deinem browser und deinen systemschriften…

    und was die mittlere spalte angeht — die steht, glaube ich, tendenziell sowieso schon mit mindestens einem fuß am ufer der wupper und wartet auf die fähre… aber schaun mer mal…

  11. Die mittlere Leiste hat hier bis vor einiger Zeit alle Beiträge der letzten 365 Tage angezeigt.

    Und in der Tat sieht die Schrift besser aus weil ich die Seite mal in Chrome aufgemacht habe. Der glättet die Schriften.

  12. Das freut einen natürlich erstmal – also die Nachricht, dass es jemand geschafft hat, dank seines „Bekanntheitsgrades“ (ich führe das jetzt einfach mal darauf zurück), einem Vertreter dieser Branche die Stirn zu bieten. Andererseits ist wird auf jeden Journalisten oder Unternehmner mit etwas Einfluss im Netz, der der Abmahnung entgeht – eine unbekannte Zahl von kleinen Blogger-Lichtern kommen, denen einfach nichts anderes übrigbleibt, als zu zahlen oder gleich entmutigt das Handtuch zu werfen.
    Und warum? Weil hier in diesem Land (ist das anderswo auch nur ansatzweise so sozial verkümmert?) niemand mehr dem anderen auch nur irgendwas gönnt. Warum tolle Ideen umsetzen oder nützliche Dienste etablieren, wenn man einfach nur Serienbriefe mit Phantasieforderungen aufsetzen braucht.

  13. Glückwunsch, Herr Weinreich!

    Ich meine das nicht, weil mal jemand (wie ich es irgendwo mal las) „die dapd niedergerungen“ hat. Sondern weil ein Qualitätsblog immer mit Hintergrundinformationen rumkommen muss und die eigenen Aussagen mit Zitaten und dergleichen unterfüttern muss. Nicht jeder klickt auf die Links in einem Beitrag. Oder wenn, dann nur durch „Anfüttern“ in Form eines Zitats.

    Mein Streit mit der dapd ist noch im Gange. Ich hoffe auf ein ähnliches Ergebnis, erwarte es aber nicht.

    Sie haben übrigens Recht: Wenn wenigstens auch der Blog genannt werden würde, aus welchem ein Nachrichtenportal oder ähnliches zitiert, wäre die Welt doch in Ordnung. Ich fand auch das eine oder andere, was von mir zitiert wurde. Als Quelle fand ich „Ein Blogger“. Ein Blogger hat aber einen Namen und eine URL. Beides kann man nennen. Oder ist das zu viel verlangt?

    Ihnen alles gute!

  14. Das ist leider zuviel verlangt. „Ein Blogger“ ist schon fast das Maximum. Wenn überhaupt, dann heißt es ja meist nur „im Internet tauchte auf …“

    Dumme, feige Menschen/Journalisten. Verachtenswerte Verhaltensweisen.

    Ich drücke Ihnen die Daumen!

  15. dapd hat Insolvenz angemeldet; schade für die Mitarbeiter nicht für die Agentur und ihr Geschäftsgebahren

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