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Das Olympische Bildungsmagazin

Lost in translation: „I have no case. I have no information“

hotel-weihnachtsbaum in tokioTOKIO. Ich habe einige Tage unterm Weihnachtsbaum der FIFA-Familie verbracht. Bin vor Arbeit gar nicht zum Schreiben gekommen. Das wird nun ansatzweise nachgeholt. Es gibt viel zu erzählen.

Don Julio war da, wollte aber nicht mit mir sprechen.

Worawi war da, mochte aber nicht mir mir sprechen.

Issa war da, hatte aber kein Bedürfnis, mit mir zu reden.

Sepp war auch kurz angebunden auf der Pressekonferenz, komisch eigentlich, er fühlte sich mal wieder missverstanden. Dabei hatte ich doch nur nachgefragt:

Just to clarify, do I understand it right: You don’t care about the past, you don’t want to know who has paid bribes and who has received bribes. But you will penalize all members of the FIFA family who want to know how Russia and Katar have secured the World Cup?

Nein, nein, nein, sagt der Sepp, so habe er das nicht gemeint.

This is totally wrong.

Er hatte – ich habe die Simultanübersetzung gehört – demnach formuliert:

Ich kann ihnen sagen, dass die Entscheidung der FIFA-Exekutive am 2. Dezember 2010, die WM 2018 an Russland und 2022 die WM an Katar zu vergeben, aufrechterhalten bleibt. Ich weiß nicht, wer diese Entscheidungen umstoßen sollte.

Wenn sie die Leute innerhalb der FIFA fragen, ob es Mitglieder gibt innerhalb des Exekutivkomitees, die solche Erklärungen abgeben, dann werde ich persönlich eingreifen. Ich kann natürlich nicht die gesamte FIFA-Familie aufhalten.

Wer mag, kann es nachhören (im Englischen Original, das ich auch aufgezeichnet habe, doppelt hält besser), der Extrakt einer weitgehend absurden PK, wie ich fand, von mir auf 6:48 Minuten zusammengeschnitten:

:

Ich denke, dass dieser erste Fragesteller, ein so genannter Journalist aus Katar, bestellt war. Vom Emir oder vom Sepp? Was weiß denn ich. Jedenfalls, der Typ bedankte sich nach dem Termin ganz euphorisch beim Sepp. So ist’s recht. Da hat noch einer Respekt.

Für den Deutschlandfunk habe ich gerade gedichtet:

:

In Tokio traf sich am Rande der Klub-Weltmeisterschaft zum letzten Mal in diesem turbulenten Jahr das Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes FIFA. Eigentlich hatte Präsident Joseph Blatter zu diesem Termin versprochen, die so genannte Einstellungsverfügung im ISL-Bestechungsskandal zu veröffentlichen. Doch dies wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Dafür hat Blatter einige korrupte FIFA-Funktionäre entlastet.

Schon am Freitag hatte die FIFA in einer dürren Mitteilung das Exekutivmitglied Worawi Makudi aus Thailand vom Vorwurf freigesprochen, eigenen Grundbesitz mit Mitteln aus dem Entwicklungshilfeprogramm GOAL aufgewertet zu haben. Makudi habe entlastende Unterlagen vorgelegt, hieß es. Nähere Angaben dazu wurden nicht gemacht.

Makudi, den ich in diesem Jahr schon einige Male getroffen und vergeblich gefragt habe, verweigerte sich auch diesmal einem Gespräch und sagte, nachdem er erst tat, als verstehe er nichts, gleichzeitig flüchtete, aber vom Aufzug gestoppt wurde:

I have no case. I have no information.

No case. Das sagte ja die FIFA auch. Gestern Abend erhielt ich diese Email:

Dear Mr Weinreich,

FIFA has completed its analysis of the documents provided by Worawi Makudi and has been able to ascertain that Mr Makudi had in fact donated part of his plot of land to the Thailand FA for the purpose of the construction of FIFA Goal projects in Thailand. Therefore, no proceedings have been opened against Mr Makudi and the matter is now closed.

Best regards,

FIFA Media department

* * *

Kleiner Einschub. Denn diese Email erinnerte mich irgendwie an jene Email, die mir der gewesene FIFA-Kommunikationsdirektor Hans Klaus einmal schrieb, als ich ihn nach den Umständen eines Treffens von FIFA-Präsident Joseph Blatter mit einem international gesuchten russischen Schwerverbrecher und Mafioso namens Alimsan Tochtachunow gefragt habe.

Der damalige FIFA-Kommunikationsdirektor antwortete nach vier Tagen:

Ein Zusammenkommen mit der von Ihnen genannten Person ist uns in Bezug der Namen und des Zeitpunktes nicht bekannt.

Wohlgemerkt, das Treffen von Blatter mit dem Dieb im Gesetz Tochtachunow, an dem auch das damalige FIFA-Exekutivmitglied Wjatscheslaw Koloskow teilnahm, fand statt und ist auch mit mehreren Fotos dokumentiert:

Joseph Blatter, Wjatscheslaw Koloskow, Alimsan Tochtachunow

Die FIFA-Familie stößt an: Sepp Blatter, Präsident; Wjatscheslaw Koloskow, Ex-Exekutivler und Blatter-Günstling; Alimsan Tochtachunow alias ‚Taiwantschik‘, Mafioso (v.l.)

Koloskow, dem Blatter schon einmal 100.000 Dollar gezahlt hat, treibt sich natürlich auch hier in Tokio herum – ich sah ihn täglich im Ritz Carlton. Koloskow bleibt ja wichtig, Russland richtet die WM 2018 aus. Und, by the way, er bringt zu den Jahresendparties stets Kaviar und Wodka mit. Die Parties in kleinem Kreise sind legendär.

* * *

Doch zurück zum Thema Makudi:

Heute erfuhr ich dann dankenswerterweise doch, auf welcher Grundlage Makudi „entlastet“ wurde: Mit Datum vom 16. November 2011 hat Makudi die Grundstücke/das Grundstück an Thailands Fußballverband übertragen. Ein von der FIFA in Auftrag gegebenes Gutachten der Zürcher Kanzlei Niederer, Kraft & Frey hält das mit Datum vom 6. Dezember 2011 fest. Die beglaubigte Übertragung geschah also erst

  • … acht Jahre, nachdem Makudi das Versprechen gegeben und zugleich das GOAL-Geld beantragt hatte, damals noch als Generalsekretär.
  • … und erst, nachdem die FIFA ihm bis 1. Dezember eine zweite Frist gesetzt hatte, Unterlagen beizubringen.
Makudi Land Promises 2003

September 2003: „To whom it may concern: … I, Worawi Makudi, officially agree to donate 25,000 square meters of land located in Nongjok District, Bangkok to build the project.“

Ob er zur ersten Frist gelogen hat und gefälschte Unterlagen einreichte, wie thailändische Quellen vermuten, lässt sich nicht sagen. Die FIFA gibt dazu und zu vielen anderen Fragen in der Causa Makudi keine Antwort.

Ich komme auf den Fall Makudi zurück, keine Bange.

Den Vizepräsidenten Issa Hayatou aus Kamerun, ISL-Schmiergeldempfänger, unterstützte Blatter in Tokio ebenfalls. Hayatou war vergangene Woche vom IOC nur ermahnt worden. Die FIFA unternimmt gar nichts.

Blatters Aussage, simultan übersetzt in Tokio:

Herr Hayatou ist immer noch ein gutes, ständiges Mitglied. Und das Exekutivkomitee hat das ebenfalls betont, und die meisten haben sogar geklatscht.

Ovations für Hayatou? Diese Frage geht an den DFB-Präsidenten Theo Zwanziger.

Stimmt es, dass Hayatou Beifall bekommen hat heute?

Haben Sie bitte Verständnis, dass ich also über Sitzungsinhalte, über Wortbeiträge und auch über Beifall oder Pfiffe keine Auskunft geben möchte.

Nur zwei Stunden dauerte die Sitzung heute morgen, in der die Namen der Mitglieder der Governance-Kommission des Basler Professors Mark Pieth bekannt gegeben wurden. Reformen im Schnelldurchlauf. Die Besetzung ist wenig spektakulär, Transparency International verzichtet auf einen Sitz. Während sich Zwanzigers Statutenkommission bereits zweimal getroffen hat, wird Pieths Kommission im Januar die Arbeit aufnehmen und dabei auch Journalisten befragen. Ende Februar soll es gemeinsame Sitzungen aller fünf Kommissionen geben, die zum so genannten Reformpaket gehören.

Entscheidend für die Glaubwürdigkeit dieser mit viel PR-Gedöns vermarkteten Gruppen wird der Umgang mit der Vergangenheit sein.

Blatter benutzte in Tokio einige Male die Vokabel „Schlussstrich“. Auf eine offenbar bestellte Frage eines so genannten Journalisten aus Katar, der all jene bestrafen lassen will, die die WM-Vergabe an das Emirat kritisieren, erklärte Blatter, wie oben bereits zitiert:

Ich kann ihnen sagen, dass die Entscheidung der FIFA-Exekutive am 2. Dezember 2010, die WM 2018 an Russland und 2022 die WM an Katar zu vergeben, aufrechterhalten bleibt. Ich weiß nicht, wer diese Entscheidungen umstoßen sollte. Wenn sie die Leute innerhalb der FIFA fragen, ob es Mitglieder gibt innerhalb des Exekutivkomitees, die solche Erklärungen abgeben, dann werde ich persönlich eingreifen. Ich kann natürlich nicht die gesamte FIFA-Familie aufhalten.

Der Interpretation, er sei nicht daran interessiert, Korruption bei der WM-Vergabe aufzuklären, werde aber gegen all jene vorgehen, die Aufklärung fordern und die skandalumtoste WM-Vergabe kritisieren, widersprach Blatter vehement. Ein Eiertanz.

Zwanziger, der im Zusammenhang mit der WM in Katar kürzlich das Wort „pervers“ benutzt hat, blieb von Blatters Drohungen unbeeindruckt.

Normalerweise ist das doch nicht der Ort, wo man eine Weltmeisterschaft austragen sollte. Und natürlich auch all das, was darum herum gerankt und geschrieben werden kann.

Allerdings muss ich auch sagen, es gibt für mich erkennbar bis heute keinen Beleg, dass dort Korruption oder was auch immer am Platz gewesen sein könnte. Es sind wohl Interessen eingeflossen, die ein Stück über den rein sportlichen Vergabeprozess hinausgehen. Und ich denke, diese Aussage habe ich in der Vergangenheit gemacht und die werde ich auch in der Zukunft machen. Das muss ich sagen und das werde ich mir auch nicht verbieten lassen.

Blatter schützt etliche alte Weggefährten wie Makudi und Hayatou. Er will nach vorn schauen, nicht zurück, das sagte er oft. Er trägt vernehmbar auch nichts zur Aufklärung der märchenhaften Reichtümer des Ersten Vizepräsidenten und FIFA-Finanzchefs Julio Grondona und des Amerikaners Chuck Blazer bei. Zum Beispiel.

Zwanziger unterstellt Blatter dennoch ein Interesse an Reformen. Vor allem aber nennt er zwei der entscheidenden Themen in den kommenden Wochen:

Also einfach Vergangenheit totreden und sagen, die ist jetzt weg, das wird man nicht können. Und von daher denke ich schon, dass diese Punkte WM-Vergaben und auch das Thema ISL auf der Tagesordnung bleiben werden, ob man es will oder nicht. An diesem Punkt wird man nicht vorbei kommen. Dass man einfach auch klar und deutlich beschreibt: Was ist gewesen? Wo hat es Zahlungen gegeben? Inwieweit sind die zu beanstanden, inwieweit sind die ethisch vorwerfbar?

Und wenn das auf dem Tisch liegt, dann muss die Frage geprüft werden, gibt es unter den heutigen Statuten die Möglichkeit einzuschreiten oder gibt es sie nicht mehr. Also das ist für diesen Vorgang aus meiner Sicht völlig klar: Offenlegung, so schnell wie möglich. Und auch da gilt nur, konsequent zu sein.

Zwanziger sagt, er wolle es nicht nur in der Frage der WM-Vergabe an Katar genau wissen. Unabhängig von den angeblich rechtlichen Problemen bei der Veröffentlichung der ISL-Einstellungsverfügung, für die die FIFA einst sogar ein Millionen-Schweigegeld gezahlt hat, will Zwanziger gern alle FIFA-Funktionäre und FIFA-verbundene Vorgänge überprüfen, die in den ISL-Unterlagen auftauchen. Und das betrifft neben Hayatou auch Ehrenpräsident Havelange sowie aus dem Exekutivkomitee Südamerikas Konföderationschef Leoz und Brasiliens Verbandschef Teixeira.

Teixeira, auch WM-Organisationschef 2014, hat sich zunächst einmal von der FIFA beurlauben lassen – bis Ende Januar.

später kommen wir dann darauf zurück …

… sagte Sepp.

Aber gewiss doch.

[Der Beitrag musste ein wenig dahingeschludert werden, die durchwachte Nacht ist gleich vorbei. Sorry. Beim nächsten Mal wieder gründlicher.]

32 Gedanken zu „Lost in translation: „I have no case. I have no information““

  1. „Wir haben keine Problem. Unsere Reformen laufen.“ Wow.
    Ich bewundere die Medienvertreter, die in der 1. Reihe der PK da ruhig und gelassen auf ihren Plätzen sitzen bleiben können.

    Und später beim ZDF: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer“. Irgendwo und irgendwann schon mal so etwas gehört. Diesmal kommt Blatter damit und hat gleich noch einen Professor mit der rechtlichen und formalen Ausschmückung des Schwachsinns beauftragt. Mark Pieth scheint sein Honorar wert zu sein, wenn er cool und seinem Auftraggeber verbunden, sich um die formalen Hindernisse, zumindest zwei an der Zahl, kümmert, die eine Aufklärung von Unregelmäßigkeiten zurzeit behindern. Einfach toll, wie er da mit sophistischen Mitteln Zeitspiel – im wahren Fussball als Regelverstoß geahndet – zelebriert.
    Die Formulierung von T20, dass es sich lediglich um Verdachts m o m e n t e handelt, trifft es dann natürlich auch.

    Ein makabres Schmierenstück für kleine Fussball-Fans läuft da. Man darf sich schon auf den baldigen, sicherlich juristisch gesicherten Beschluss des FIFA-Präsidiums freuen, dass Fragen zur Vergangenheit der FIFA im Interesse der Wahrung des Weltfriedens ab sofort nicht mehr beantwortet werden dürfen. ;-)

  2. Besteht eigentlich Hoffnung, dass die Nachfolger der jetzigen südamerikanischen Exekutivmitglieder (die meisten sollten ja doch in nicht allzu ferner Zukunft ihr biologisches Ende erleben, es ist ja ohnehin erstaunlich, dass so wenige von ihnen frühzeitig Herzinfarkte erlitten haben) anders agieren werden oder stehen dort schon weitere überall vernetzte 50-jährige Vielfachvermarkter bereit? Oder können Leoz, Grondona und Teixeira ihre Positionen innerhalb ihrer eigenen Familie weitervererben?

  3. Pingback: FIFA’s “Independent Governance Committee” is far from independent : jens weinreich

  4. @ Free Wilhelm: Ich kenne die zweite Reihe kaum. Aber alle Signale, die ich wahrnehme, deuten darauf hin, dass Du die Antwort bereits gegeben hast. Ich wandle mal flugs Deine Fragen in Aussagen um, ok?

    1. Dort stehen schon weitere überall vernetzte 50-jährige Vielfachvermarkter bereit.

    2. Leoz, Grondona und Teixeira können ihre Positionen innerhalb ihrer eigenen Familie weitervererben.

    Im Prinzip wird das so sein.

  5. @Jens

    Mich würden allerdings mehr die Schlussfolgerungen aus solcher Erkenntnis interessieren.

    Wenn man diese arrogante Verkommenheit regelmäßig medial erlebt, da wird man leicht depressiv. Aber wie muss es denn erst denen ergehen, die zum Pudelskern durchgedrungen sind, regelmäßig live Augen- und Ohrenzeugen werden und nevertheless gleichermassen wie der anonyme Medienkonsument ohnmächtig sind ?

  6. Ich lebe noch, Herbert. Das ist eine Antwort. Eine zweite ist: in der Tat ist das schwer zu ertragen. Eine dritte ist: ich kann aber die Angst sehen, riechen und spüren. Eine vierte ist: das Imperium ist mächtig. Eine fünfte ist: ich/wir lasse/n mich/uns nicht entmutigen. Es waren immer Einzelkämpfer, die sich mit dem Establishment angelegt haben – es sind im Prinzip Einzelkämpfer geblieben.

    Aber ich war noch nie so nah dran. Keine überzogenen Erwartungen. Arbeiten. Und dann gilt: schaun mer mal.

  7. JW für den DLF: Makudi und die Fußball-TV-Rechte – Handelte auch der thailändische FIFA-Vorständler mit WM-Rechten?

    So soll er während der deutschen Bewerbung für die WM 2006 Zahlungen aus dem Reich des damaligen TV-Rechtehändlers Leo Kirch erhalten haben. In anderen Ländern, etwa England, hat er bei Spielen seiner Nationalmannschaft ebenfalls an TV-Verträgen verdienen wollen.
    […]
    Viel weist darauf hin, dass er hinter der Firma „Inter Broadcasting and Sport Challenges“ steht, die die WM-Rechte 2010 und 2014 vermarktet.

  8. so ist das leben: der eine bleibt, der andere geht — unser theo nimmt bekanntlich seinen hut und so haben gerade nachrufe konjunktur:

    moritz küpper hat für den dlf einen „hintergrund politik“ zum thema gemacht: Das Ende einer Ära – Machtwechsel beim Deutschen Fußball-Bund
    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/03/01/dlf_20120301_1840_c14350a8.mp3

    für spon hat peter ahrens gedichtet: eitel bis wolkig

    Zwanziger hat den DFB verändert, genauso hat das Amt aber auch ihn selbst verändert. Irgendwann begann der Präsident, sich in seiner Rolle zu sehr zu gefallen.

  9. Moritz Küpper hat für den Deutschlandfunk auch einen Kommentar gemacht:
    Erwartbarer Machtwechsel beim DFB mit dieser Bilanz:

    Doch Sportpolitik, das ist die Botschaft dieses außerordentlichen DFB-Bundestages und auch ein Stück weit des neuen DFB-Präsidenten, Sportpolitik hat nichts mit Demokratie zu tun, sondern vielmehr mit Unternehmen. Und so gesehen, ist der DFB mit seinem Machtwechsel und der Personalie Niersbach ein Stück weit ehrlicher geworden.

    Wenn Journalisten beginnen, das als „ehrlich“ zu bezeichnen und gleichzeitig vergessen zu erwähnen, dass „Unternehmen“ wie der DFB Wert auf das Vorrecht legen, politisch, steuerlich, jurstisch wie Vereine behandelt werden – dann kann können sie eigentlich zum DFB wechseln ;-D

  10. Vllt. sollte aber nicht auch jeder meinen, über alles schreiben zu können. Besser wäre, sich ab und zu mal an den eigenen Grenzen zu orientieren.
    Zumindest hatte Astrid Rawohl schon einmal auch für ihren Kollegen Moritz Küpper die Schwierigkeiten der „Eierlegenden Wollmilchsau“ erkannt. ;-)

    Der Sportjournalist moderner Prägung muss, um einigermaßen kompetent und glaubwürdig berichten zu können, sich fast als eine „Eierlegende Wollmilchsau“ präsentieren. Er/sie muss juristisch, medizinisch, wirtschaftlich und politisch vorgebildet sein, um die Dinge vor und hinter den Kulissen sehen, erkennen und darstellen zu können. All dies beschäftigt uns seit einiger Zeit täglich und den Kopf in den Sand stecken und auf bessere Zeiten zu hoffen, ist mit Sicherheit der falsche Weg.

    Die Kollegen/Kolleginnen unserer Sportredaktion Astrid Rawohl, Herbert Fischer-Solms und Moritz Küpper versuchen im Labyrinth der Querelen, Anschuldigungen und Skandale immer einen klaren Blick zu bewahren.

    http://www.dradio.de/wir/visitenkarte/1067389/

  11. Ja, da ist was dran. Nichts wird einfacher.

    Zum „klaren Blick“ gehören nur ein paar grundlegende Geschichten. Dazu gehört die vielfach beschriebene „Spezialdemokratie“ des Sports mitsamt ihren Widersprüchen – für meine Begriffe. Vielleicht ist diese Annahme auch falsch.
    Wenn man es als Selbstverständlichkeit darstellt, dass Sport, hier euphemistisch „moderne Sportpolitik“ genannt, „nichts mit Demokratie zu tun hat“ (und als Argument dafür einen Begriff wie „Gewaltenteilung“ braucht, die es im Sport noch nie gegeben hat und auch nicht geben wird, selbstverständlich), dann ist der Kern der Verfasstheit des Sports nicht verstanden.
    Wenn man dann sein Einverständnis offenbart bzw. die „neue Ehrlichkeit“ eines vermeintlichen Unternehmertums im Sport belobigt, bei einem Verband, der wesentlich aus Amateuren besteht und alle Vorteile eines e.V. genießt – dann könnte man schon etwas konsequenter sein und auch gleich diese Vorrechte infrage stellen.
    Dieser Kommentar kommt hochtrabend grundsätzlich mit einer Scheinkritik daher, um letztlich etwas, das vielleicht doch kritikwürdig ist, in welche Richtung man das auch immer tun möchte, auf Hochglanz zu polieren.

  12. bei einem Verband, der wesentlich aus Amateuren besteht und alle Vorteile eines e.V. genießt

    Hier liegt das, zumindest ein Problem. Der DFB ist eher eine nirgendwo sanktionierte Mischform von e.V. und eingetragenem Wirtschaftsunternehmen. Die kleinen Vereine erledigen die notwendige Nachwuchsarbeit zum großen Teil ehrenamtlich und die Ergebnisse werden nach unternehmerischen Prinzipien vergoldet und das große Geld wird privatisiert( z. B. 18 Mill. EURO Ablöse für Podolski, toll !). Das ist aber fast in jeder Sportart so. Wenn hier u.a eine wie auch immer geartete anteilige Gewinnrückführung in den Nachwuchsbereich und in die Dopingüberwachung vereinbart werden könnte, wären wir im Sport gerechter und sauberer. Wir wären einfach weiter.

  13. Herbert, #17
    „Der DFB“ besteht aus einem ‚DFB e. V.‘, und einer ‚DFB-Wirtschaftsdienste GmbH‘ – noch gar nicht gewusst? (Eine sicherlich osmotische Geschichte, die Niersbach den Funktionären gegenüber nur beizubehalten zusagen musste, um seine 100 Prozent einzufahren.)
    Deren beider Boß – hie ‚Präsident‘, da ‚Aufsichtsratsvorsitzender‘ – in Personalunion war bis zu seinem Abgang der ehemalige Verwaltungsrichter bzw. Sport-/Politik-/Kassen- und Propaganda- Spagatspezialist Dr. Theo Zwanziger/CDU.

    Bei dem ganzen Übertünchungs-Bohei – denn Zwanziger ging schließlich auch als ein solcher zwielichtiger Dreibeiner (Moment, muss mal nachzählen – na, ist ja jetzt egal) – anlässlich der „Neuwahl“ Niersbachs konnte man keinerlei Information zu dieser Personalien-Spezialität vernehmen.

    Ich bin gespannt, wie sich das CDU-Vollmachts-Staats-Propagandaministerium alias DFB-Konstrukt (siehe oben) weiterhin in dieser Eigenschaft machen wird; noch „professioneller“ (in Unterweltbegriffen) wird es kaum werden können. Dafür – sag‘ niemals nie – aber locker noch etwas dilettantischer.

    Insofern gibt es vielleicht bald schon was zu lachen mit dem „Neuen“.

  14. @ pecas

    Ich danke dir. Hab´s nicht gewußt. Dubios und doch rechtens ? Auf jeden Fall scheint es abgebrüht geregelt. Ein paar Euro will man in diesen Etagen auch halt mit dem Fussball verdienen. ;)
    Wir essen samstags beim Spiel Bockwurst und trinken Kaffee dazu und spülen so Geld in die Vereinskasse. Auch ´ne Variante, wenn auch nur ´ne ehrliche.

  15. @ Herbert
    „Dubios und doch rechtens“ nennt man es offiziell allerdings nicht; man nennt es – traraaa – „die rechtliche Sonderstellung des Sports“!
    Ich bin der Sache mal ein bisschen nachgegangen, weil mit diesem Zauberschlüssel, wenn man’s ganz zu Ende denkt, das (für den verdammten Normalsterblichen dann tödliche) Zentrum der Rechtsordnung in eine Räuberhöhle, wahlweise auch in das Sprungbrett für einen Staatsstreich verwandelt werden kann – Kombination dieser beiden Möglichkeiten in letzterem Falle bevorzugt (und aus meiner Sicht in den letzten Jahren nicht mehr unbedingt als Brache betrachtet).
    Der Clou an dieser rechtlichen Sonderstellung des Sports, oder genauer gesagt an deren Einräumung, scheint eine Entsprechung zu theologischen Notwendigkeiten zu sein: dem „Gesetzgeber“ (von mir aus gerne auch mit dem Benjaminschen Begriff, dann wird’s klarer: der schaltenden mythischen Gewalt) ist daran gelegen, die (- manche sagen: fiktive -) „Substanz“, von der er spricht bzw. faselt, in Form auftreten zu lassen – und zwar um jeden Preis (s. o.).
    „Heiliges“ show business, wenn man so will.
    Kurzes Zitat dazu aus einem Text von Hans Ulrich Gumbrecht, Ästhetik und Sport, in: Warum Fußball?, Matías Martínez (Hg.), Bielefeld 2002 (S. 40), das vielleicht auch zu einem guten Teil das Phänomen des „Doppelpasses zwischen Sport und Politik“ veranschaulichen hilft, von dem Jens Weinreich vor kurzem in einem DLF-Beitrag gesprochen hat; es geht dabei um die Relation >Erzeugung von Präsenz – reale Präsenz Gottes< (Gumbrecht) … denn was wäre schon unsere Politik ohne ihren Gott, und unsere Kultur ohne das Geistige, die Bedeutung?

    … die mittelalterliche Theologie der Eucharistie, die Lehre von der Präsenz Gottes: Brot und Wein [wahlweise Fußball und Bier, oder Jan Ullrich und Wasser, seitens der Fans natürlich auch gern Bockwurst und Kaffee; so gesehen eigentlich alles, aber vor allem doch jenes Geistige und jene Bedeutung; p] sind nach der Wandlung [bzw. durch den event; p] nicht mehr Bedeutungsträger oder Symbole des Fleisches und Blutes Gottes, sondern Formen (…); Formen, in denen Gott substanziell präsent ist. (…) Reale Präsenz, körperliche Präsenz kann man in vielen Fällen als eine magisch hergestellte Präsenz bezeichnen [Und da ham’wer’s: die metarechtlich-anomische Dimension der Veranstaltung, die sich die normativ-rechtliche Einmischung hier aber bitteschön so was von verbitten darf, weil diese sich ohne die Propagandaleistung jener gar nicht halten lässt – da muss man nur so einen privatisierten Verwaltungsrichter wie Zwanziger, wahlweise auch so einen Ausnahmezustandsjuristen wie Schäuble fragen; p]. An der Theologie der Eucharistie kann man gut illustrieren, was eine Handlung ist, die etwas ‚Magisches‘ hat. Aus anthropologischer Perspektive ist die Transsubstantiation (Wandlung) ein magischer Akt, etwas, das etwas Abwesendes in räumliche Nähe bringt.

  16. Und was sagt es nun eigentlich, dass Teixeira aber Chef des Organisationskomitees COL für die WM bleibt? Seine Tochter Joana Havelange dessen Generalsekretärin, sein Anwalt der Anwalt des COL, sein persönlicher Finanzberater der Schatzmeister des COL, der Pressesprecher der brasilianischen Fußballverbandes der Pressesperecher des COL?

  17. Und was wird der Herr Blatter dazu sagen, dass die Frau Rouseff sich nun so einfach in die Belange der Familie einmischen will? Wird er den Brasilianern einen Tritt in den Hintern verpassen? Wo findet dann die WM statt?

  18. Pingback: FIFA-Reformen? Widerstand der Altgardisten : jens weinreich

  19. Pingback: Online-Sittenlehre für Spezialethiker der FIFA-Parallelgesellschaft : sport and politics

  20. FIFA: Adjudicatory chamber of the independent Ethics Committee bans Worawi Makudi for five years

    Due to the fact that Mr Makudi made alterations to the FAT Statutes without the approval of the FAT Congress, the adjudicatory chamber of the Ethics Committee found Mr Makudi guilty of forgery and falsification under art. 17 of the FIFA Code of Ethics (FCE). In addition, Mr Makudi was found guilty of violating art. 41 of the FCE (Obligation of the parties to collaborate).

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