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Das Olympische Bildungsmagazin

Südafrika, Tag 9: Deutschland vs Australien – agony and ecstasy und ein „Reichsparteitag“

SANDTON. Ich fang schon mal an, auch wenn noch knapp drei Stunden Zeit sind bis zum Anpfiff in Durban. Im Stadion bin ich heute nicht, sondern werde mir Deutschland vs Australien hier in Sandton ansehen. Gerade schlägt Ghana die Serben, was mir sehr gut gefällt.

Im südafrikanischen Fernsehen analysiert Sammy Kuffour. Hat ungefähr meine Statur, der Gute. Zu seiner Analyse sage ich mal besser nichts. Kürzlich hat er vor dem Afrika Cup prophezeit, dass Ägypten keinesfalls gewinnen werde, weil: „Drei Mal hintereinander geht einfach nicht!“

So ist das mit dem Fußballsachverstand. Ich frage mich zum Beispiel, was ich hier unten mache. Völlig fehl am Platze. Mein gerade sechs gewordener Messi-Fan daheim ist heute in unserem Tippspiel nahezu uneinholbar in Führung gegangen. Zweimal 1:0. Zweimal hat der Kerl den Vater abgezockt.

19.02 Uhr: Gerade hat jemand einen Termin mit mir platzen lassen. Ich bleibe gleich hier im Intercontinental sitzen und schaue hier das Deutschland-Spiel. Es stört keine Vuvuzela, nur der Wasserfall im Foyer. Werde fragen, ob die den austrocknen lassen können. Falls jemand vorbei kommen möchte. Noch ist Platz. Sogar Fernsehen mit Ton:

DRIVING DIRECTIONS

From OR Tambo International Airport, take the R24 towards JHB. Take the offramp to N3 towards Pretoria; take the offramp at M1 south heading towards JHB; take the Grayston Drive offramp and at the traffic lights turn right over the bridge. Take the slip road to the left into Katherine Drive. Turn right into 5th Street. Cross over Rivonia Road and trun right into Maude Street. The Hotel is on the left hand side on the Corner of 5th and Maude Streets.

Oh, jetzt erst bekomme ich mit, dass Kuffour gemeinsam mit Thomas Berthold analysiert. Auf Supersport3. Den Vuvuzela-Contest gewinnt Kuffour.

Das Michelangelo Towers Hotel wirkt ziemlich leer. Kann man mal sehen, wie viele australische Lobbyisten (außer Fedor Radmann und Peter Hargitay) sonst noch hier rumsausen. Sind jetzt alle in Durban.

19.38 Uhr: Bin jetzt nicht mehr allein vor dem Fernseher. Noch bevor der Kollege eintrifft, der sich angekündigt hat, schaut eine neugierige Kakerlake vorbei. XXXL, würde ich sagen.

Mir gefällt das Stadion in Durban übrigens auch sehr. Habe es im vergangenen Jahr mal in der Bauphase gesehen. Und darüber, dass das ein Weißer Elefant ist, völlig überdimensioniert für Durban und viel zu teuer, darüber reden wir jetzt mal nicht, okay? Don’t mix politics with games!

19.45 Uhr: Die Details zum Spiel, (c) FIFA and Emirates Airlines

19.54 Uhr: Mein Tipp ist: Das Event am 6. Juli 2011 in Durban wird spannender. Und weil heute viele Leute vorbei schauen, lasse ich weiter abstimmen. Da geht noch was:

[poll id=“7″]

20.10 Uhr: Noch 19 Grad in Durban, sensationell. Am Dienstag, zum Brasilien-Spiel gegen Nordkorea, denke ich, dass in Joburg der Gefrierpunkt touchiert wird.

20.37 Uhr: Klose mit dem Fuß? Kann ja nichts werden. Das sieht bei Podolskis linkem Fuß schon anders aus.  Einsnull. Nur hart geschossen, nicht mal platziert.

20.54 Uhr: Klose mit dem Fuß. Muss ich mehr sagen? Das wird noch zum running gag.

20.56 Uhr: Klose mit dem Kopf. Muss ich mehr sagen? Zweinull.

21.10 Uhr: Große Leistung von Özil, sich jetzt nicht wieder fallen zu lassen. Denn er riskierte Gelb-Rot.

@ Daniel: Du fragst nach den Vuvuzelas. Ich habe das Original mit der Aussage von Danny Jordaan in der BBC nicht gesehen. Es steht aber bestimmt online. Schätze sogar, dass mein Freund David Bond das Gespräch geführt hat. Mein Tipp, ins Blaue hinein: Jordaan hat das gesagt, aber der Zusammenhang, der da jetzt hergestellt wird, ist absurd. Natürlich wird nie jemand die Vuvuzelas verbieten. Auch nicht, wenn eine Vuvuzela aufs Spielfeld fliegen sollte.

Wie absurd diese Diskussion („wenn etwas passiert“) ist, siehst Du u. a. daran: Im Stadion werden von den Getränkeflaschen die Plastikdeckel abgeschraubt. Man darf nur offene Flaschen mit auf den Platz nehmen, worüber sich Journalisten besonders freuen, denn ich habe immer Angst, dass mir der Mist auf den Laptop kleckert. Warum werden die Deckelchen nicht ausgegeben? Weil man aus 150 Meter Entfernung eventuell ein Deckelchen aufs Spielfeld schmeißen könnte – wirklich! Dagegen sind zehntausende Vuvuzelas auf allen Plätzen erlaubt.

21.41 Uhr: Die Slomos, die sie hier anbieten, sagen mir nicht viel. Habe den Eindruck, dass Cahill sich beim Tackling auf Podolski konzentriert und Schweinsteiger von der Seite dazu kommt. Cahill sieht ihn gar nicht, oder? Rot? Nach den Bildern, die ich sehe, eher nicht. Aber passt gut in diese Phase, als die Australier beinahe zurück ins Spiel gefunden hätten.

21.46 Uhr: Klose mit dem Fuß. Muss ich mehr sagen?

Ich bin vielleicht etwas abgelenkt hier. Aber es scheint mir doch ein recht flottes Spiel zu sein. Bisschen wild, aber unterhaltsam. Viel mehr verlange ich nicht, wenn diese persönliche Bemerkung gestattet ist. Das unterhaltsamste Spiel bisher, mit großem Abstand, oder?

21.54 Uhr: Das, mein lieber Thomas Müller, war Gerd-Müller-Like. Dreinull. Und größten Respekt. Faszinierend, was dieser Junge in dieser ersten großen Saison spielt. Für mich Deutschlands Fußballer des Jahres.

21.56 Uhr: Das war eigentlich ein Ball für Klose. Aber der war Gottseidank schon draußen. Also: Cacau mit dem Fuß. Muss ich mehr sagen? Viernull.

Was man als gewöhnlich überkritischer Deutscher stets unterschätzt: Welchen Eindruck so fulminante Auftaktsiege mit Sturm und Drang und Spielfreude auf die Konkurrenz machen. Der Kommentator im südafrikanischen Fernsehen überschlägt sich geradezu. Zurecht. Natürlich macht die Abwehr oft keinen guten Eindruck. Aber das ist zu vernachlässigen, solange nach vorn dermaßen die Post abgeht. Gefällt mir viel besser übrigens, auch wenn sich Vergleiche eigentlich verbieten, als der Fußball bei der WM 2006.

22.01 Uhr: Mir gefällt das gut, dass Löw nicht Marin oder Kroos bringt. Ist gar nichts gegen diese Jungs, die genauso marschieren würden wie vorher Özil. Löw will Gomez helfen und ihm Sicherheit geben.

Wenn Katrin Müller-Hohenstein im ZDF tatsächlich vom „inneren Reichsparteitag“ gesprochen hat, droht ihr dann ein ähnliches Schicksal wie Eva Herman?

22.19 Uhr: Schönes Schlusswort vom südafrikanischen Reporter:

The agony is over for Australia. Ecstasy for Germany!

23.48 Uhr: Angekommen in meiner Behausung sehe ich gerade, dass etliche Kollegen, Blogger und Twitterer daheim das gerede vom „Reichsparteitag“ gar nicht lustig fanden. Die Meldungslage verheißt nichts Gutes für Katrin Müller-Hohenstein:

ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz via Twitter:

„Es war eine sprachliche Entgleisung im Eifer der Halbzeitpause. Wir haben mit Katrin Müller-Hohenstein gesprochen, sie bedauert die Formulierung. Es wird nicht wieder vorkommen.“

82 Gedanken zu „Südafrika, Tag 9: Deutschland vs Australien – agony and ecstasy und ein „Reichsparteitag““

  1. Moin! Wie ist es möglich, dass Robben und Drogba so schnell fit werden? Das geht doch gar nicht ohne Doping oder?

  2. Wenn die WM so weiter verläuft, bin ich am Ende Weltmeister …
    … und zwar darin, freihändig Einsen und Nullen in meine Spielpläne einzutragen… gääähn… ich wünsche mir mehr Tore: Wir liegen noch weiter unter dem Durchschnitt von 2,3 Toren pro Fußballspiel!

  3. Krass! Und keiner in der Fußball- und Medienwelt interessiert sich dafür. Naja, irgendwo ist das ja auch ganz gut. Sind ja ganz coole Spieler. ;)

  4. Jens, wenn du das sagst MUSS es ja stimmen. :D
    Ich tippe übrigens auch (wenn ich schon nicht gucke muss ich halt woanders die Ergebnisse herbekommen) und lag auch zwei Mal bisher heute falsch. Egal, weil Frankreich und Südkorea hatte ich schon richtig…

  5. spätestens seit klinsmanns wunderheilung bei der euro 96 sollte ja hinreichend bewiesen sein, dass wunderheilungen von muskelfaserrissen nichts mit verbotenen mittelchen zu tun haben!!1!

  6. Lieber Jens Weinreich,

    ich fände es super, wenn von deiner/ Ihrer Seite eine Einschätzung bezgl. der „Vuvuzela-Problematik“ kommen würde. Die Quellen widersprechen sich momentan, zwischen diversen Medien (die sich alle auf eine Quelle beziehen), die gute Chancen für ein Verbot sehen, und anderen Meldungen (z.B. Focus), die das für unrealistisch halten.

  7. Wie hat denn der Junior getippt? Dann kann ich mich wieder auf die Arbeit konzentrieren und muss nicht so oft hinschauen.

  8. Klose? Spielt der überhaupt mit? Ich dachte, der muss mehr trainieren als alle anderen… jetzt wäre doch ein guter Zeitpunkt dafür!?

  9. Kann mir jemand erklären, was der Begriff „ein innerer Reichsparteitag“ (KMH) bedeuten soll?

  10. Er bezieht sich auf die Propagandaveranstaltungen und Jubelfeste der Nazis, bezeichnet große Selbstzufriedenheit und innere Freude, ist politisch nicht korrekt, und sollte besser nicht verwendet werden…

  11. Danke für die Info (ich kannte den Begriff tatsächlich nicht).
    Fällt dann wohl unter „Ist halt WM…“

  12. Wird sicher noch Ärger geben in der ZDF-Redaktion…

    Natürlich ist es Klose, wir haben ihn erkannt, Bela… wie immer stolpert er nur durch den Strafraum. Dritte Großchance verhauen… aber der neue Müller wie der alte!!! 3:0

  13. @JW:
    Denke auch, dass das Spiel gerade nach dem holprigen Auftakt der anderen drei Großen gewaltigen Respekt einflößt. Kann mir gut vorstellen, dass sie in der Halbzeit ausdrücklich die Anweisung bekommen haben, weiter nach vorne zu spielen.

  14. Der Vergleich mit Eva Hermann bietet sich erst an, wenn mit aller Vehemenz die Äußerung verteidigt wird: „Das muss man doch in einem freien Land noch sagen dürfen“.

    Wenn sie clever ist, gibt es zeitnah eine Entschuldigung und man wird den Fauxpas vergessen.

    Ansonsten: Schönes Spiel. Zum Glück haben sich die Kommentatoren bei Sky nicht vergaloppiert.

  15. Sollte Lahm etwa recht gehabt haben? Die stärkste Nationalmannschaft seit 1990? Das war wirklich beeindruckend, mit angezogener Handbremse! Dennoch:Cacau für Klose.

  16. Seit wann setzt der Löw eigentlich nimmer auf die gestärkten Hemden sondern auf das legere Longsleeve mit V-Ausschnitt?

    Ich hatte übrigens auch 3:1 … dammit.

  17. Selbst in der Redaktion scheint ja niemand etwas merkwürdig gefunden zu haben. Ich habe also mal dem ZDF gemailt…

  18. Dem Autokorso hier nach zu urteilen haben wir gerade drei Weltmeisterschaften auf einmal gewonnen…

  19. Hast du das Gesicht von Katrin Müller-Hohenstein gesehen, kurz nachdem sie ihren Spruch mit dem Reichsparteitag abgelassen hat? Die wusste sofort, dass das Folgen haben wird…

  20. Das Computermagazin „c’t“ hat mal einen Bericht über Firewalls (oder waren es Virenscanner?) mit „Schutz-Staffel“ übertitelt.

    Ich denke diese Äußerungen kommen daher, weil sie eingängig sind. Es sind Sprüche. Ich halte die Aussage für im Eifer des Gefechts getätigt. Mir ging schon das Verhalten des ehemaligen „ran“ Moderators gegenüber Eva Hermann auf die Nerven (auch wenn ich finde dass Herrmann sich absolut ins Abseits gestellt hat), die Zeilen da im taz-Blog sind wirklich irr.

    Man muss auch mal unterscheiden können. Der Spruch war total daneben, wir waren vor dem Fernseher auch ziemlich geschockt, aber das war’s dann auch schon. Nicht nachgedacht im Eifer des Gefechts und gut ist. Immer dieses nervige Überbewerten. Eintrag ins Klassenbuch und gut ist. Hat das ZDF ja auch schon gemacht. Wir sind schließlich alle nur Menschen.

  21. sebastian: sprache und denken gehören zusammen. zumindest sollten sie das bei leuten, die bei den Öffentlich-Rechtlichen arbeiten. eine gute immunisierung gegen die eingängigen sprüche bietet immer noch victor klemperer: LTI. die sprache des dritten reiches.

  22. Die Aufregung über KMH’s „Reichsparteitagsnummer“ finde ich ehrlich gesagt vollkommen albern. Für mich ist dies auch eine normale Redewendung und kein politisches Statement.
    Und dann auch noch mit „der Klose ist aus Polen“ und „KMH ist aus Nürnberg (bzw Erlangen), mal ernsthaft: Will man in diesen Ausspruch von KMH im Bezug auf das Tor von Klose bei einem Fußballspiel jetzt wirklich eine politische Diskussion machen? Ist doch mehr als albern…

  23. Auch wenn es alle gegenteilig beschwören, die Diskussion zum „inneren Reichsparteitag“ ist eröffnet und kann nur durch einen derberen faux-pas von wem auch immer substituiert werden. Eva Herrman wird es freuen und Frau Müller-Hohenstein bei ihrer WM-Moderation begleiten, wenn nicht sogar verfolgen.
    Da sie außerordentlich um ihr Image bemüht ist, wird sie sich sicherlich in Kürze auch auf ihrer HP äußern ?

    http://www.mueller-hohenstein.de/

    Ihre dortige Begrüßung „Surferinnen und Surfer, Segler und Snowboarder, …“ zeigt, dass sie mit sprachlichen Vergleichen exzellent umgehen kann. Dass die Sprache ein entscheidendes Merkmal der psychologischen Situation des Menschen darstellt und demzufolge vor allem auf sein Denken schließen läßt, wird sie ja bereits wissen.

    Zum Glück für uns und KMH gibt es bis zum 11. Juli ausreichend und hoffentlich der deutschen Seele wohl tuenden Fussball.

  24. Wie kleingeistig vom ZDF, sich hier für die Moderatorin für eine Redewendung zu entschuldigen, die mit Sicherheit nicht aus der rechten Ecke kommt. Bezeichnend, dass sich hier auch noch Medien aufregen (wie die „Welt“), die den Begriff schon selbst mehrfach in ihren Artikeln verwendet haben, ohne deshalb in Nazi-Verdacht zu geraten.

    Ich bekenne, diesen Begriff schon vor rund 35 Jahren in meiner Schülerzeit gebraucht zu haben, obwohl ich mich damals eher „links“ eingeordnet habe.

    Man muss nicht über jedes Stöckchen der „Empörung“ von offenbar falsch Informierten springen. Da verstehe ich auch Jens nicht, der sich in einem Blog-Kommentar über Niggemeiers Sicht der Dinge wundert.

  25. Wer die Redewendung zum Reichsparteitag für harmlos hält, hat nicht verstanden, worum es bei den Reichsparteitagen ging und warum manche ihn ‚innerlich‘ haben mussten! Vor 35 Jahren (Siebziger Jahre) mag man noch recht unsensibel in diesen Dingen gewesen sein (hatte ja auch einige gesellschaftliche Umwälzungen zur Folge), heute ist man es eben. Und in den Medien geht das schon gar nicht!

    Vjef, darf man hier aus der Antwortmail zitieren, die mir die ZDF-Redaktion schrieb?

  26. Natürlich zeigt der Fauxpas nicht, dass KHM ‚rechtskonservativ‘ ist, sondern er zeigt ihre Gedankenlosigkeit und Ungebildetheit – das gilt auch für diejenigen, die den Ausspruch für harmlos halten. Zu meinem Wortschatz gehört die Redewendung jedenfalls nicht und jeder Gebildete, vor allem, wenn er als Sprachrohr in den Medien tätig ist, sollte sie ebenfalls nicht verwenden, schon gar nicht, wenn wir uns beim Fußball seit 2006 wieder ein wenig Nationalismus erlauben wollen…

  27. @Laie: Na gut, dann bin ich eben in Ihren Augen ebenfalls „gedankenlos“ und „ungebildet“. Damit kann ich leben. Und bitte beim nächsten Mal wieder über die wirklichen Neonazis aufregen, ja?

  28. Mir geht es um die Sprache. Wenn sie in den Medien nicht wertgeschätzt wird, wo eigentlich sonst?

  29. @Laie: sobald alle Sprecher der Tagesschau nicht mehr „wie“ und „als“ verwechseln, und den Vulkan in Island richtig aussprechen, stimme ich Ihnen zu.

    KMH hat in der Pause nicht vom Blatt abgelesen. Mehr noch: der Spruch beschreibt dieses Gefühl des „Ihr könnt mich alle mal für Eure Scheiß Kritik an mir, jetzt hab ich mein Tor gemacht, jetzt müsst ihr den Mund halten“ exakt. Es ist hämische Retourkutsche in einem Satz zusammengefasst. KHM hat dieses Gefühl, dass sie nachempfunden hat, mit dem Verbunden, was in ihrem Kopf als genau das Gleiche abgespeichert war. Genau das Beschreibt der Spruch.

    Ich sage auch sachen wie „Wir waren draußen und haben bis zu Vergasung Fußball gespielt“. Das ist Umgangssprache. Es ist jetzt 65 Jahre nach dem Krieg und Sie verlangen, dass man immer noch wie auf Eierschalen um solche Sachen rumtänzelt, während in England die Thronfolger sich zu Karneval als Nazis verkleiden. Mehr noch: bei der Menge an „Daily Show“ und „Colbert Report“, „Late Late Show /w Craig Ferguson“ und Conan O’Brien und Bill Maher die ich in den letzten 5 Jahren durch das Internet gesehen habe, ist es ein Wunder, dass ich nicht die ganze Zeit einen Naziwitz nach dem anderen reiße. Alle machen das, bis zum erbrechen, weil es eine Art ist, mit den Dingen umzugehen.

    Diese Überinterpretation, dieses „Ja aber was bedeutet das“. Ja. Was bedeutet das? Gar nichts. Ich habe keine Nazi-Ideologie in mir, und deshalb bedeutet ein Satz wie „Ich war bis zur Vergasung Fußball spielen“ eben „Ich habe so lange Fußball gespielt, bis es nicht mehr ging und ich aufhören musste“ und nicht, dass ich… mein Gott mir fällt überhaupt nicht ein, womit man das vergleichen könnte, bzw. was daran schlimm wäre, sowas zu sagen. Nichts in meinem Leben kann ich mit „Vergasung“ in Verbindung bringen außer dem hier:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Vergasen

    Wasserdampf. Vielleicht ist ja sogar der Punkt gemeint, wo man so sehr schwitzt, dass man fast zum kochen gebracht wird. Ich denke eher nicht aber ich hab davon keine Ahnung, ich bin 30 Jahre nach Kriegsende geboren genau wie KMH, was zum Geier soll diese besemmelte Political Correctness wegen so eines Spruchs?

    Echt jetzt. Ich könnt mich sowas von künstlich aufregen gerade aber dann wär ich ja nicht besser als die Schaumschläger in der Welt.

    Apropos: das in der taz war ja Satire. Hab ich auch erst beim Hinweis anderer gemerkt. Und Danke für’s Verschieben, Jens. Ich kenne den Spruch übrigens auch nicht aus meinem Sprachgebrauch und kann Deine Verwunderung verstehen, hab ihn aber schon einmal gehört und was es ausdrücken soll hab ich ja oben beschrieben.

  30. Ist ja toll, wenn Sie solche Sachen wie ‚Vergasung‘ sagen können – Respekt!
    Vielleicht möchte ich dann aber lieber nichts mehr Ihnen zu tun haben!?

  31. Also entweder habe ich ihre Ironie ueberlesen, oder aber Sie sind wirklich unswissend darueber, dass man die Deckel nicht mitnhemen darf, weil eine gefuellte Flasche mit angeschraubtem Deckel zu einem boesen Wurfgeschoss werden kann.

    Nix fuer ungut,

    herzlichst

    Basti

  32. Ich bin dann mal hier drüben und weine darüber, dass der Laie mit mir nichts zu tun haben will, weil ich Sachen sage, die ihn traurig machen.

    Go hug a tree.

  33. Ich hoffe, ich darf hier überhaupt noch schreiben, weil ich ja nun einmal nachweislich blond und blauäugig bin (und die Haare im Laufe der letzten 30 Jahre immer kürzer, falls sie nicht lieber ganz ausfallen): Theo ist diesmal nicht gegen den Rest der Welt, sondern bedankt sich ausdrücklich auch bei den Journalisten! Was haben wir falsch gemacht?

  34. eh hier noch die tränen fließen, @sebastian und @laie, vielleicht lässt sich zwischen euch ja doch noch eine brücke bauen… ich meine, der Øresund wurde schließlich auch überbrückt.

    wenn sebastian sagt

    Das ist Umgangssprache.

    trifft das meines erachtens genau den punkt. einerseits wird man kaum behaupten können, dass solche äußerunge eine nähe des aussprechers zum nationalsozialismus ausdrücken oder dessen opfer herabwürdigen. andererseits kann man es auch niemanden verdenken, wenn er persönlich diese assoziationen hat. mir persönlich sind solche redewendungen auch eher unangenehm, weshalb ich auch keinen gebrauch von ihnen mache. ich denke, letztlich ist es wohl eine frage des persönlichen geschmacks — in trauter runde okay (je nach gusto), im (ör) fernsehen aber sicher unangemessen und unangebracht. aber mein gott, es war eine live-sendung — und nach der nunmehr losgebrochenen empörungswelle dürfte KMH auch ihre lektion für die zukunft gelernt haben und die wiederholungsgefahr entsprechend gering sein. und das ist irgendwo auch gut so — man sollte es dann aber auch dabei (und die kirche im dorf) belassen.

  35. Pingback: Südafrika, Tag 10: Holland vs Dänemark : jens weinreich

  36. Die Anwendung der Sprache kann viel heilen oder auch verderben.
    Allerdings sollten diejenigen, deren Werkzeug die Sprache ist, das stets berücksichtigen. Da sie auch nur Menschen sind und bei Hochemotionen ihre eigene Sozialisierung nicht verbergen können, passiert dann schon mal so etwas.
    Wenn jemand aus der ostdeutschen Ecke gesagt hätte, dass sei sein „innerer Parteitag“ gewesen, hoffe ich nur, wir könnten mit diesem ostdeutschen Proverb auch locker umgehen.

    @ Howie Munson
    Wir empfinden Laudas gesprochene Wort als Fauxpas, da es bei uns sehr schlecht belegt ist. In Österreich wahrscheinlich nicht. Und wie ich weiß, in Polen ist es normale Umgangssprache.
    Ja, überall hat uns die Geschichte Haufen zum Reintreten hingelegt. Allerdings selber Schuld.

  37. kann mich Sebastian in #61 nur anschliessen. Meiner Ansicht nach können wir nur zu einem „normalen“ Umgang mit unserer Geschichte kommen, wenn wir uns dazu durchrigen können, die Sache etwas lockerer zu sehen, und auch mal einen solchen Spruch zu machen, bzw. zu ertragen, ohne gleich wieder die Nazi-Keule rauszuholen.

    Wir sind alle weit nach dem Krieg geboren. Irgendwann ist auch gut.

    @Laie,#62: na, dann kannn Sebastian ja froh sein, dass sie beide sich bloss aus dem Netz „kennen“….^^

  38. Da ich den Hausherrn nicht erzürnen möchte, verkneife ich mir argumentative Widersprüche. Wer allerdings ‚bis zur Vergasung‘ Fußball spielt, wird mit mir niemals gemeinsam auf dem Platz stehen. Ich kenne solche Sprüche nur von besoffenen Pennern ohne Hauptschulabschluss.

  39. Laie,
    ich bin entsetzt.Kennst du das Schicksal jedes Obdachlosen? Nur weil du einen Hauptschulabschluß hast, muß du die doch nicht so beschimpfen.

  40. Na, na, na, Walter – auch wenn ich dem Laien in seiner Sichtweise nicht folgen mag, muss es nun doch nicht persönlich werden.

  41. Pingback: WM-Tage 3 und 4, Geheimfavoriten « Safftis Spottplatz

  42. Also ich erkenne den Ausdruck schon fast als Alltagsprache an, jedoch würde ich ihn auch nur benutzen, wenn das Bild wirklich perfekt passt und das umfasst in meinen Augen ein Aspekt der Radikalität. (d.h. nicht, dass ich den Ausdruck in einem positiven Zusammenhang verwenden würde)
    Und genau dabei liegt für mich das Problem: Vielleicht trifft der Ausdruck in seinem übertragenden Sinn ansatzweise das, was in Miroslav Klose nach seinem Treffer vorging. Aber in der Bildsprache muss man auch beachten, was man ausdrückt. Um die Bildsprache des „inneren Reichsparteitag“ zu erfassen, muss man die Geschichte der Reichsparteitage des Dritten Reiches (und davor) kennen, auch wenn einige andere Parteien Reichsparteitage veranstaltet haben. Diese Redewendung entfaltet ihre volle Ausdruckskraft nur vor dem Hintergrund der Reichsparteitage der NSDAP und unweigerlich hat man dabei Sachen wie die Sportpalastrede im Kopf. Auch wenn diese nicht auf einem Parteitag stattfand, wird der Durchschnittsfussballgucker, der Bildsprache und Geschenisse einsortieren kann, dazu neigen diese Dinge miteinander zu vermischen. Daher halte ich es für sehr unglücklich das KMH zu dieser (fast) martialischen Ausdruckweise gegriffen hat, aber ich kann dennoch die ausufernde Empörung darum nicht nachvollziehen.
    Einerseits finde ich es gut, dass Ausdrücke die im Kontext der Nazi Dikatatur stehen immer kritisch betrachtet werden, anderseits kann ich die Überskandalisierung mancher Sachen einfach nicht gutheißen.
    KMH wollte damit einfach nicht etwas rechtsradikales ausdrücken, sie wollte nicht auf Kloses Herkunft anspielen, sie wollte keine Naziverbrechen bagatellisieren und sie wollte auch schon garnicht eine Sympathie zur Nazidiktatur ausdrücken. Ich finde die Entschuldigung dafür schon fast übertrieben, einfach darauf achten, dass es nicht wieder passiert und bevor man mal eine Metapher ansetzt ganz kurz das Hirn einschalten.

  43. Coole Artikel, vor allem endlich mal ein Blogger der nicht irgend welche öden Fakten von anderen Seiten kopiert, sondern mal wirklich seine Meinung sagt. Cool wäre es noch wenn es mehr Bilder geben würde, dass macht den Artikel noch attraktiver ;-)

  44. Würde mich nicht wundern, wenn Theo Zwanziger ankündigt, gegen alle Verwender des Begriffs „innerer Reichsparteitag“ im, beim und außerhalb des DFB vorgehen zu wollen. Er könnte auf seinen persönlichen Hintergrund verweisen. hier gut nachzulesen

    http://www.direkter-freistoss.de/2008/11/16/ich-bin-kein-prozesshansel/

    und beim Stichwort „innerer Reichsparteitag“ an Goebbels denken. Insbesondere die Unterstellung einer Gefühlslage, die so eng mit der Nazi-Ideologie verknüpft ist, beschädigt das Ansehen des DFB in der Welt. Und er könnte etwas ankündigen.

    KMH könnte auf ihrer homepage unter der Rubrik „das ist mir wichtig“ die Sparte aufnehmen „Meine schönsten Inneren“

    Aber das ist reine Spekulation, fast schon ausgedacht und lediglich als Gedankenspiel einer Hochrechnung bisherigen Verhaltens begreifbar, die Klaas Faber wohl eindeutig als nicht valide einordnen würde.

  45. @nocheinjurist
    also wirklich! mit derlei angedeuteten respektlosen scherzen beschädigst du ganz klar die würde des amtes — stell dir nur mal vor, der dfb-präsident hieße horst köhler… … ^^

  46. Bin jetzt nicht mehr allein vor dem Fernseher. Noch bevor der Kollege eintrifft, der sich angekündigt hat, schaut eine neugierige Kakerlake vorbei. XXXL, würde ich sagen.

    In Südafrika ist ALLES 3XL. MIndestens!! :D Ich glaub, gerade ist die falsche Jahreszeit für die Viecher, aber meine Favoriten sind ja die Parktown Prawns. :D

  47. apropos katrin „KMH“ müller-hohenstein… für sie ist die wm 2010 noch immer nicht so ganz vorbei — zumindest auf dem juristischen spielfeld: die damalige designierte „Schirmherrin des Weihenstephan-Qualitätsbeirats“ möchte deswegen jetzt von ihrem ehemaligen marketingberater die provision zurückhaben: Die Milch-Botschafterin.

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